Gemäß §66 Abs4 AVG wird der Berufung hinsichtlich der am 24.3.1995 verhängten Ordnungsstrafe in der Höhe von S 1.000,-- insoweit entsprochen, als diese auf S 500,-- herabgesetzt wird.
Hingegen wird die Berufung gegen die am 24.4.1995 verhängte Ordnungsstrafe in der Höhe von S 1.000,-- als unbegründet abgewiesen.
Die ausgesprochenen Ersatzarreststrafen von je einem Tag haben ersatzlos zu entfallen.
Am 24.3.1995 war Herr W O bei der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck als Zeuge im Verwaltungsstrafverfahren betreffend F R, Verdacht der Übertretung nach der GewO, vorgeladen. Nach entsprechender Zeugenbelehrung durch den Leiter der Amtshandlung, Herrn P, erklärte W O, er entschlage sich der Zeugenaussage, da er der Meinung sei, daß die Gefahr bestehe, daß er sich damit selbst belaste. Er sei bei der Firma R als unselbständiger Arbeiter angestellt gewesen. Er sei bereit, beim unabhängigen Verwaltungssenat auszusagen. Vom Leiter der Amtshandlung wurde hierauf aufgeklärt, daß er aufgrund der Entschlagung der Zeugenaussage mit einer Ordnungsstrafe belegt werde, da keine hinreichenden Gründe für die Entschlagung seitens der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck erblickt werden können. Hierauf wurde der Bescheid, womit gemäß §34 AVG eine Ordnungsstrafe in der Höhe von S 1.000,-- verhängt wurde, mündlich verkündet und schriftlich beurkundet.
In der Begründung dieses Bescheides wird folgendes ausgeführt:
"Der Zeuge wurde im Zusammenhang mit der Durchführung eines Strafverfahrens wegen Verdacht der unbefugten Gewerbeausübung durch die Fa. R, Beschuldigter F R, mit dem er weder verwandt noch verschwägert ist, zur Behörde geladen. Im Zuge der Einvernahme hat er die Zeugenaussage mit der Begründung verweigert, daß er der Meinung sei, daß die Gefahr bestehe, sich durch die Zeugenaussage selbst zu belasten. Da der Genannte selbst angibt, Angestellter der Firma gewesen zu sein, kann die Behörde keinen Entschlagungsgrund im Sinne des §49 AVG erblicken, da die unbefugte Gewerbeausübung keinesfalls einem Angestellten zugerechnet werden kann. Der Zeuge versucht offensichtlich durch die Entschlagung den Beschuldigten R zu decken. Da sohin die Gründe für die Verhängung einer Ordnungsstrafe vorliegen, war spruchgemäß zu entscheiden.
Daß eine Ordnungsstrafe zu verhängen war, war auch durch die Bereitschaft des Genannten, beim unabhängigen Verwaltungssenat auszusagen, nicht abzuwenden, da es für die Verwaltungsstrafbehörde I. Instanz im Zuge des durchzuführenden Verfahrens von Wichtigkeit ist, die Angaben des Zeugen auch bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorliegen zu haben, um das Verfahren ordnungsgemäß abschließen zu können."
Dagegen wurde fristgerecht Berufung mit folgendem Inhalt erhoben:
"W O hat sich zu Recht der Zeugenaussage entschlagen, da er Gefahr lief, sich selbst zu belasten. Ausgehend vom Verdacht der Übertretung der GewO durch Ausübung eines Gewerbes ohne die hierür notwendige Berechtigung zu haben, wäre eine allfällige Zusammenarbeit mit R ebenfalls strafbar. O hat auch nicht gesagt, er werde vor dem unabhängigen Verwaltungssenat aussagen, er vermeinte lediglich, daß der UVS überprüfen solle, daß die Zeugenentschlagung gerechtfertigt ist."
In der gleichen Verwaltungsstrafsache war W O am 24.4.1995 bei der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck als Zeuge vorgelagen. Nach entsprechender Belehrung durch den Leiter der Amtshandlung erklärte W O, er entschlage sich der Zeugenaussage, da die Gefahr bestehe, daß er sich damit selbst belaste. Der unabhängige Verwaltungssenat solle prüfen, ob er recht habe, sich von der Zeugenaussage zu entschlagen. Vom Leiter der Amtshandlung wurde der Zeuge neuerlich aufgeklärt, daß er als Angestellter der Fa. R keine Übertretung, welche seitens der Fa. R bzw. des Herrn R gesetzt wurde, zu verantworten habe. Der Zeuge blieb bei seiner Entschlagung, worauf mit mündlich verkündetem und infolge schriftlich beurkundetem Bescheid gemäß §34 AVG eine Ordnungsstrafe in der Höhe von S 1.000,-- verhängt wurde. Dieser Bescheid ist folgendermaßen begründet:
"Der Zeuge wurde im Zusammenhang mit der Durchführung des Strafverfahrens wegen Verdacht der unbefugten Gewerbeausübung durch den Beschuldigten F R, mit dem er weder verwandt noch verschwägert ist, zur Behörde vorgeladen. Im Zuge der Einvernahme hat der Zeuge die Aussage mit der Begründung verweigert, daß er sich im Falle einer Aussage selbst belasten könnte. Da der Zeuge selbst angibt, Angestellter der Firma gewesen zu sein, ließ die Behörde keinen Entschlagungsgrund im Sinne des §49 AVG erblicken, da die unbefugte Gewerbeausübung keinesfalls von einem Angestellten verwirklicht bzw. diesem zugerechnet werden kann. Offensichtlich versucht der Zeuge seinen ehemaligen Arbeitgeber bei der unbefugten Gewerbeausübung durch seine Entschlagung zu decken. Da sohin die Gründe für die Verhängung der Ordnungsstrafe vorliegen, war spruchgemäß zu entscheiden."
Auch dagegen wurde fristgerecht Berufung erhoben, mit der die ersatzlose Behebung des Bescheides begehrt wird. In der Begründung wird folgendes ausgeführt:
"Dem Zeugen W O steht im Strafverfahren gegen F R ein Entschlagungsrecht zu, da er nicht während der gesamten inkriminierten Zeit Angestellter war und sich selbst möglicherweise belastet hätte, zumindest hätte eine Aussage gegen den Dienstgeber schwere vermögensrechtliche Nachteile nach sich gezogen."
Am 23.5.1995 wurde über die beiden vorliegenden Berufungen die mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt, wobei beide Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung verbunden wurden. Der Berufungswerber machte im Zuge der mündlichen Berufungsverhandlung folgende Angaben:
"Am 24.3.1995 und am 24.4.1995 wurde ich bei der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck in der Verwaltungsstrafsache F R (Verdacht der Übertretung nach der Gewerbeordnung) von Herrn P als Zeuge geladen. Nachdem mir von Herrn P die Bestimmung des §49 AVG vorgelesen wurde, erklärte ich, daß ich mich der Zeugenaussage entschlage, da die Gefahr bestehe, daß ich mich selbst damit belaste.
Wenn mir der Inhalt der Niederschriften vom 24.3.1995 und vom 24.4.1995 vorgelesen wird, gebe ich an, daß der Inhalt dieser Niederschriften richtig ist.
Auf Frage des Rechtsvertreters: Seit Anfang Dezember 1994 bin ich bei der Firma Installationen H beschäftigt. Wie lange das Arbeitsverhältnis bei der Firma R genau gedauert hat, kann ich nicht angeben, glaublich bis Ende Oktober 1994. Wenn mir die im erstinstanzlichen Akt befindliche Anzeige vom 6.12.1994 des Gp. Wattens vorgehalten wird, gebe ich an, daß die am 5. und 6.12.1994 vorgenommenen Arbeiten nicht für die Firma R, sondern für die Firma H ausgeführt worden sind. Meine beiden Angaben in den Niederschriften vom 24.3.1995 und vom 24.4.1995 sind so zu verstehen, daß die Aussageverweigerung hinsichtlich ihrer rechtlichen Richtigkeit beim unabhängigen Verwaltungssenat geprüft werden solle."
Martin P, Beamter des Gewerbereferates der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck, gab als Zeuge folgendes an:
"Ich habe über die beiden beabsichtigten Zeugeneinvernahmen des Herrn W O am 24.3.1995 und am 24.4.1995 eine Niederschrift aufgenommen. Ich habe Herrn O in beiden Fällen entsprechend dem im Formular vorgesehenen Text belehrt und ihn darüberhinaus auch dahingehend belehrt, daß er die Beantwortung einzelner Fragen verweigern dürfe, wenn er sich damit einer strafrechtlichen Verfolgung aussetzen könnte. Ich hatte den Eindruck, daß Herr O versteht, worum es bei dieser Belehrung geht. Bevor ich eine einzelne Frage an ihn stellen konnte, erklärte er, daß er sich generell der Zeugenaussage entschlage. Ich belehrte ihn dahingehend, daß er sich nicht entschlagen könne, da er als Angestellter der Firma R nicht der Gefahr einer strafrechtlichen Verfolgung wegen Verdachtes einer Übertretung der Gewerbeordnung ausgesetzt sei. Diese zusätzliche Belehrung hat jedoch nicht dazu geführt, daß Herr O von der Entschlagung seiner Aussage abgegangen ist. Es wurde daher von mir am 24.3.1995 und am 24.4.1995 eine Ordnungsstrafe in Höhe von jeweils S 1.000,-- mündlich verhängt."
Nach Verlesung der erstinstanzlichen Akten wurde die Beweisaufnahme geschlossen, wobei der Antrag des Rechtsvertreters auf Einholung einer Auskunft bei der Tiroler Gebietskrankenkasse darüber, für welche Firma und für welchen Zeitraum der Beschuldigte im Jahre 1994 angemeldet gewesen sei, im Rahmen einer Verfahrensanordnung als nichtentscheidungswesentlich abgewiesen wurde.
Aus dem vorliegenden Sachverhalt ergibt sich in rechtlicher Würdigung folgendes:
§49 Abs1 Z1 bis 3 AVG sieht vor, daß die Aussage von einem Zeugen zu bestimmten Fragen verweigert werden darf. Daraus ergibt sich, daß der Gesetzgeber davon ausgeht, daß eine Pflicht zur Zeugenaussage besteht und das Aussageverweigerungsrecht nur im Einzelfall zu bestimmten Fragen besteht.
Die mündliche Berufungsverhandlung hat zweifelsfrei ergeben, daß der Berufungswerber sowohl am 24.3.1995 als auch am 24.4.1995 von vornherein die Zeugenaussage verweigert hat und konkrete Fragen an ihn nicht gerichtet werden konnten. Trotz entsprechender Belehrung durch den Leiter der Amtshandlung, daß der vorgebrachte Grund für die Verweigerung der Zeugenaussage als nicht gerechtfertigt angesehen werden könne, beharrte der Berufungswerber auf seiner Weigerung.
Die beiden gemäß §34 AVG verhängten Ordnungsstrafen finden somit ihre gesetzliche Deckung in der Bestimmung des §49 Abs5 AVG.
Auch nach Ansicht der Berufungsbehörde erfolgte die Verhängung der beiden Ordnungsstrafen dem Grunde nach zu Recht. Hinsichtlich der mit Zeugenaussageverweigerung am 24.3.1995 verhängten Ordnungsstrafe erachtet die Berufungsbehörde jedoch deren Herabsetzung auf S 500,-- für gerechtfertigt, zumal es sich dabei um den ersten Fall der Aussageverweigerung gehandelt hat. Hinsichtlich der Ordnungsstrafe vom 24.4.1995 war diese jedoch auch der Höhe nach zu bestätigen, da der Berufungswerber auf einer ungerechtfertigten Aussageverweigerung beharrt hat.
Da Ordnungsstrafen nicht unter die Bestimmungen des VStG fallen, waren die mit beiden Bescheiden ausgesprochenen Ersatzarreststrafen von je einem Tag ersatzlos zu beheben.