Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Mag Fritz über die Berufung des Herrn Ing Johann St, vertreten durch Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 3. Bezirk, vom 29.8.1994, Zl MBA 3 - S/4050/94, betreffend Übertretung der Bauarbeiterschutzverordnung, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung entschieden:
Gemäß §66 Abs4 AVG wird der Berufung in der Schuldfrage keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß die Tatumschreibung wie folgt lautet:
"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der T-Gesellschaft mbH, welche Komplementär der U GesmbH Nf KG ist, mit dem Sitz in Wien, M-gasse, als gemäß §9 Abs1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ zu verantworten, daß auf der Baustelle in H-straße am 30.3.1994, in der für die Verlegung von Gasrohren bereits fertig gegrabenen Künette mit einer Tiefe von ca 1,70 m, die Arbeitnehmer P Leopold und B Marco der U GesmbH Nf KG, Rohrverlege- und Schweißarbeiten durchgeführt haben, obwohl diese Künette nicht gepölzt war, und vorgeschrieben ist, daß Künetten, die nicht in Felsen oder in einem Boden, dessen örtliche Standfestigkeit an jene von Felsen herankommt, ausgeführt werden, bei Tiefen von mehr als 1,25 m auf jeden Fall gepölzt werden müssen.
Sie haben dadurch eine Verwaltungsübertretung nach §16 Abs4 der Verordnung des Bundesministeriums für soziale Verwaltung vom 10.11.1954, über Vorschriften zum Schutze des Lebens und der Gesundheit von Dienstnehmern bei Ausführung von Bauarbeiten, Bauneben- und Bauhilfsarbeiten (im folgenden kurz: BArbSchV) in Verbindung mit §31 Abs2 litp des Arbeitnehmerschutzgesetzes (ASchG) begangen."
In der Straffrage wird der Berufung insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe gemäß §31 Abs2 litp iVm §33 Abs1 lita Z12 und Abs7 ASchG von S 10.000,-- auf S 8.000,-- und die für den Fall der Uneinbringlichkeit festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen auf 3 Tage herabgesetzt wird.
Dementsprechend verringert sich der erstinstanzliche Kostenbeitrag gemäß §64 Abs2 VStG von S 1.000,-- auf S 800,--.
Gemäß §65 VStG wird dem Berufungswerber kein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.
Begründung:
Der Magistrat der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den
3. Bezirk, erließ als Strafbehörde erster Instanz aufgrund einer Anzeige des Arbeitsinspektorates für Bauarbeiten und nach ergänzenden Ermittlungen das nunmehr vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien angefochtene Straferkenntnis vom 29.8.1994, dessen Spruch wie folgt lautet:
"Sie haben als für die T-GesmbH, welche Komplimentär der U GesmbH Nf KG ist, mit dem Sitz in Wien, M-gasse Verantwortlicher zu verantworten, daß auf der Baustelle in H-straße, am 30. März 1994, in der für die Verlegung von Gasrohren bereits fertig gegrabenen Künette mit einer Tiefe von ca 1,70 m, die Arbeitnehmer P Leopold und B Marco der U GesmbH Nf KG, Rohrverlege- und Schweißarbeiten durchgeführt haben, obwohl diese Künette nicht gepölzt war. Sie haben dadurch eine Verwaltungsübertretung nach §16 Abs4 der Verordnung des Bundesministeriums für soziale Verwaltung vom 10.11.1954, Bundesgesetzblatt Nr 267, über Vorschriften zum Schutze des Lebens und der Gesundheit von Dienstnehmern bei Ausführung von Bauarbeiten, Bauneben- und Bauhilfsarbeiten (Bauarbeiterschutzverordnung) in Verbindung mit §31 Abs2 litp Arbeitnehmerschutzgesetz.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von Schilling 10.000,-- falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen gemäß §31 (2) litp Arbeitnehmerschutzgesetz, BGBlNr 234/72
Ferner haben Sie gemäß §64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:
1.000,-- Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher Schilling 11.000,--. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§54d VStG)."
Begründend wurde ausgeführt, der Berufungswerber (Bw) habe in seiner Rechtfertigung die Ansicht vertreten, die Firma, deren vertretungsbefugtes Organ er sei, sei für die allfällige Verletzung von Arbeitnehmerschutzvorschriften überhaupt nicht verantwortlich. U führe nämlich keine Grabungsarbeiten, sondern ausschließlich Rohrverlegungsarbeiten durch. Dazu werde zunächst vom jeweiligen Auftraggeber ein Bauunternehmen mit der Durchführung der Grabung der Künette betraut. Erst anschließend (also nachdem die Künette gegraben sei), ergehe von dem jeweiligen Vertragspartner der Auftrag, in der bereits fertiggestellten Künette die Rohrverlegungsarbeiten durchzuführen. Mit dieser Verantwortung könne sich der Bw jedoch keinesfalls entlasten. Durch die BArbSchV würden Arbeitnehmer generell geschützt, also auch jene, die in einer Künette Arbeiten durchführten. Nach Wiedergabe des §16 Abs4 BArbSchV führte die Erstbehörde weiters aus, der Bw hätte sich, bevor Arbeitnehmer die Künette betreten, davon überzeugen müssen, daß diese den Vorschriften der BArbSchV entsprechend ausgeführt worden sei und allfällige Mängel bei der herstellenden Baufirma rügen müssen. Der Bw habe im Verfahren diesbezüglich nichts vorgebracht.
Gemäß §5 Abs1 VStG genüge zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimme. Fahrlässigkeit sei bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehöre und der Täter nicht glaubhaft mache, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe. Dies sei dem Bw nicht gelungen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei. Die Höhe der verhängten Geldstrafe entspreche der Schwere der Übertretung, weil durch die festgestellten Mängel eine erhebliche Gefährdung für Leben und Gesundheit der Arbeitnehmer bestanden habe.
Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende Berufung, mit der dieses zur Gänze wegen formeller und materieller Rechtswidrigkeit angefochten wird.
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien holte zum Berufungsvorbringen eine Stellungnahme des Arbeitsinspektorates für Bauarbeiten vom 30.11.1994 ein und führte am 10.5.1995 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der Bw, der in Begleitung seines Rechtsvertreters erschienen ist, und ein Vertreter des Arbeitsinspektorates für Bauarbeiten teilnahmen und in der Herr Helmuth D als Zeuge einvernommen wurde. Am 8.6.1995 wurde der Berufungsbescheid dann mündlich verkündet.
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:
Der Vertreter des Bw wies in der mündlichen Verhandlung zu Beginn darauf hin, daß der Unabhängige Verwaltungssenat Wien für die gegenständliche Sache unzuständig sei.
Damit ist der Bw nicht im Recht.
Wird ein zur Vertretung einer juristischen Person nach außen befugtes Organ gemäß §9 Abs1 VStG verwaltungsstrafrechtlich zur Verantwortung gezogen, so ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Bereich des Arbeitnehmerschutzrechtes Tatort der Verwaltungsübertretung der Sitz der Unternehmensleitung (vgl das Erk des VwGH v 24.6.1994, Zl 94/02/0021, und die dort zitierte Vorjudikatur), weil an diesem Ort die Dispositionen und Anordnungen zur Verhinderung der Verstöße gegen Arbeitnehmerschutzbestimmungen zu treffen gewesen wären. In Entsprechung dieser Rechtslage ist auch als Strafbehörde erster Instanz der Magistrat der Stadt Wien eingeschritten. Gemäß §51 Abs1 VStG steht dem Beschuldigten das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat zu, in dessen Sprengel nach dem Ausspruch der Behörde erster Instanz die Tat begangen wurde. Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses ist auch die in Niederösterreich gelegene Baustelle angeführt. Diese Angabe ist dabei im Lichte der wiedergegebenen Rechtsprechung (vgl auch das Erk des VwGH v 3.5.1993, Zl 93/18/0070) als Teil der Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat im Sinne des §44a Z1 VStG anzusehen. Tatort ist vielmehr die ebenfalls im Spruch genannte Anschrift des Unternehmens (in Wien), als deren Geschäftsführer der Bw zur Verantwortung gezogen wird. Aufgrund des somit in Wien gelegenen Tatortes, welcher auch im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführt worden ist, folgt gemäß §51 Abs1 VStG - entgegen dem in der mündlichen Verhandlung vertretenen Standpunkt des Bw - die örtliche Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien, über die gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 29.8.1994 erhobene Berufung des Bw zu entscheiden (siehe dazu die Ausführungen bei Thienel, Das Verfahren der Verwaltungssenate, Seite 209 ff; ferner auch in diesem Zusammenhang die bereits oben angeführten Erkenntnisse des VwGH).
Der Bw bringt in seiner Berufung (unter Punkt 1) vor, es sei zutreffend, daß er als Geschäftsführer des Komplementärs der U GesmbH Nf KG, in der Folge kurz U bezeichnet, nämlich der T-Gesellschaft mbH, zur Vertretung der U nach außen berufen sei. U sei jedoch für die allfällige Verletzung von Arbeitnehmerschutzvorschriften nicht verantwortlich. Die Künette sei im gegenständlichen Fall von der P & B GesmbH gegraben worden. Die U habe anschließend von der E - AG den Auftrag erhalten, in der fertiggestellten Künette Rohrverlegungsarbeiten durchzuführen. Auf die Grabungsarbeiten selbst habe U keinen Einfluß ausüben können; U hätte sich nur allenfalls weigern können, die Arbeiten durchzuführen. Dies hätte jedoch als Vertragsbruch Schadenersatzansprüche nach sich gezogen. Die allfällige Übertretung der Arbeitnehmerschutzvorschriften sei somit durch Notstand entschuldigt. Der Abteilungsleiter der U Johann S habe sehr wohl den Mangel bei dem Auftraggeber der U, nämlich der E, gerügt. In einem arbeitsteiligen Unternehmen könne nicht davon ausgegangen werden, daß der Geschäftsführer allfällige Mängel selbst rüge; die Rüge durch einen Abteilungsleiter müsse diesbezüglich ausreichend sein.
Gemäß §16 Abs4 BArbSchV müssen Künetten, die nicht in Felsen oder in einem Boden, dessen örtliche Standfestigkeit an jene von Felsen herankommt, ausgeführt werden, bei Tiefen von mehr als 1,25 m auf jeden Fall gepölzt werden. Beim Vorliegen von schlechten Bodenverhältnissen oder besonderen Einflüssen, wie Erschütterungen durch Straßenverkehr oder ähnlichen Einwirkungen, ist auch schon bei geringerer Tiefe zu pölzen.
Gemäß §31 Abs2 litp ASchG begehen Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die den Vorschriften der auf Grund des §24 dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen oder den auf Grund des §27 dieses Bundesgesetzes vorgeschriebenen Bedingungen und Auflagen oder den erteilten Aufträgen zuwiderhandeln, eine Verwaltungsübertretung und sind, sofern die Tat nicht nach anderen Gesetzen strenger zu bestrafen ist, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl zB das Erk vom 12.6.1992, Zl 92/18/0135) handelt es sich beim Tatbild der Übertretung nach §16 Abs4 BArbSchV nicht um die Pflicht zur Sicherung von Baugruben, Gräben und Künetten während ihres Aushubes, sondern um die Pflicht zur Sicherung fertiggestellter Künetten oder Künettenteile von einer Tiefe über 1,25 m, die nicht in Felsen oder ebenso festem Boden ausgeführt worden sind, unmittelbar im zeitlichen Anschluß an ihre Fertigstellung in Gestalt der unabhängig von einer konkreten Gefährdung der Arbeitnehmer anzubringenden Pölzung.
Vorauszuschicken ist, daß der Bw den in der Anzeige des Arbeitsinspektorates für Bauarbeiten (diese wurde sogar mit einem entsprechenden Lichtbild untermauert) beschriebenen Sachverhalt nicht in Zweifel gezogen oder etwa behauptet hat, daß die gegenständliche Künette mit einer Tiefe von ca 1,70 m gepölzt gewesen wäre.
Was den Einwand des Bw anlangt, die U habe auf die Grabungsarbeiten selbst keinen Einfluß ausüben können (die Grabungsarbeiten hätte die P & B GmbH durchgeführt), ist dem Bw entgegenzuhalten, daß Normadressat des §16 Abs4 BArbSchV nicht das die Künette aushebende Unternehmen, sondern der Arbeitgeber der in der Künette tätigen Arbeitnehmer und dieser daher für die Einhaltung dieser Vorschrift verantwortlich ist (vgl zum Fall, daß der Errichter des Gerüstes nicht mit dem Arbeitgeber der auf dem Gerüst tätigen Arbeitnehmer identisch ist die Erk des VwGH v 15.4.1991, Zl 90/19/0501 und v 20.7.1992, Zl 92/18/0197). Zur subjektiven Tatseite bringt der Bw in der Berufung - wie bereits vorher in der im erstinstanzlichen Verfahren abgegebenen Stellungnahme - vor, U besitze eine arbeitsteilige Organisation. Im gegenständlichen Fall sei für die Durchführung des Auftrages die Abteilung für Anlagenrohrleitungsbau bzw Industrierohrleitungsbau zuständig gewesen. Deren verantwortlicher Abteilungsleiter Herr Johann S sei vom Bw angewiesen worden, rechtliche Vorschriften, insbesondere auch die Arbeitnehmerschutzvorschriften, einzuhalten. Der Bw überwache die Einhaltung dieser Vorschriften regelmäßig stichprobenweise. Johann S sei regelmäßig, jeweils zumindest einmal am Tag auf der Baustelle, wo er wiederum die Arbeiten überwache. Vor Ort verantwortlich sei jeweils ein Meister, im gegenständlichen Fall Helmuth D. Dieser Meister sei jeweils den ganzen Tag an der Baustelle aufhältig. Auch der Meister sei vom Bw bzw vom Abteilungsleiter angewiesen, rechtliche Vorschriften, wie insbesondere die Arbeitnehmerschutzvorschriften, zu beachten. Die Einhaltung dieser Vorschriften werde vom Abteilungsleiter überwacht. Sowohl die Auswahl der Mitarbeiter als auch deren Überwachung erfolge somit mit pflichtgemäßer Aufmerksamkeit; ihn treffe daher kein Verschulden.
Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, der Berufung zum Erfolg zu verhelfen.
Gemäß §6 VStG ist eine Tat nicht strafbar, wenn sie durch Notstand entschuldigt, oder, obgleich sie dem Tatbestand einer Verwaltungsübertretung entspricht, vom Gesetz geboten oder erlaubt ist.
Unter dem Schuldausschließungsgrund des Notstandes kann nur ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten verstanden werden, in dem jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und allein dadurch retten kann, daß er eine im allgemeinen strafbare Handlung begeht. In der Möglichkeit einer wirtschaftlichen Schädigung, durch die die Lebensmöglichkeiten selbst nicht unmittelbar bedroht sind, kann eine unmittelbar drohende Gefahr und ein Notstand im Sinne des §6 VStG nicht gesehen werden. So sind insbesondere auch auf bloß mögliche nachteilige Folgen verweisende Gründe mangels Unmittelbarkeit einer drohenden Gefahr nicht geeignet, die Annahme eines Notstandes zu rechtfertigen. Des weiteren gehört es zum Wesen des Notstandes, daß die Gefahr zumutbarerweise nicht in anderer Art als durch Begehung der objektiv strafbaren Handlung zu beheben ist und ferner, daß die Zwangslage nicht selbst verschuldet ist (vgl zum Ganzen das Erk des VwGH v 20.10.1992, Zl 92/04/0151). Derjenige, der zum Schutz des Lebens und der Gesundheit von Arbeitnehmern bestehende Vorschriften nicht einhält, um bloß eine, wenn auch schwere Gefahr für sein Vermögen abzuwenden, kann sich unter dem Gesichtspunkt der Interessenabwägung nicht zu Recht auf Notstand berufen. Allein eine solche aber hat der Bw in seiner Berufung (die Weigerung der U, die Arbeiten durchzuführen, hätte als Vertragsbruch Schadenersatzansprüche nach sich gezogen) ins Treffen geführt, weshalb ihm das Vorliegen von Notstand iSd §6 VStG nicht zugebilligt werden kann.
Der Beschuldigte stellt sein Verschulden mit dem Hinweis in Abrede, daß sowohl die Auswahl der Mitarbeiter als auch deren Überwachung (gemeint: von Herrn Johann S bzw Herrn Helmuth D) mit pflichtgemäßer Aufmerksamkeit erfolgt sei. In der Berufung hat der Bw vorgebracht, daß der Abteilungsleiter Herr S von ihm angewiesen worden sei, insbesondere auch die Arbeitnehmerschutzvorschriften einzuhalten. Er überwache die Einhaltung dieser Vorschriften regelmäßig stichprobenweise. Der in der mündlichen Verhandlung als Zeuge einvernommene Helmuth D hat angegeben, bei der Rohrverlegung die Aufsicht gehabt zu haben. Er sei am Montag, den 28.3.1994, (an diesem Tag sei mit den Grabungsarbeiten begonnen worden) auf der gegenständlichen Baustelle gewesen. Am Dienstag sei er nicht auf der Baustelle gewesen (und zwar aus privaten Gründen). Ihr Unternehmen habe in Klosterneuburg mehrere Baustellen gehabt. Der Auftraggeber habe sie gedrängt, daß die gesamten Arbeiten spätestens bis 1.4.1994 (Karfreitag) mittags abgeschlossen sein sollten; es sollte die Künette auch zu diesem Zeitpunkt von der Baufirma bereits wieder zugeschüttet worden sein, weil es sich um einen Hauptverkehrsweg gehandelt habe. Die Monteure hätten unterschrieben gehabt, daß sie nicht hineinsteigen sollten, wenn es zu tief sei. Aber aufgrund der Wünsche des Auftraggebers hätten sie nicht anders handeln können. Weder der Bw noch Herr S sei in dieser Woche auf der Baustelle gewesen. Zu dieser Zeit sei ein Obermonteur (Herr D) auf der Baustelle gewesen. Er habe - bei der Kontrolle - gehört, daß einer der in der Künette tätigen Arbeitnehmer gesagt habe, er mache noch die Naht fertig, wobei dies notwendig sei, um die Künette dann zuzuschütten. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien geht aufgrund der glaubwürdigen Aussage dieses Zeugen davon aus, daß weder der Bw noch Herr S zur fraglichen Zeit auf der gegenständlichen Baustelle Kontrollen durchgeführt haben.
Gemäß §31 Abs2 ASchG kommen als Täter Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte in Betracht. "Arbeitgeber" im Sinne dieser Gesetzesstelle ist der Einzelunternehmer oder im Falle von juristischen Personen und Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit das im §9 Abs1 VStG genannte Organ, also derjenige, der zur Vertretung nach außen berufen ist (vgl zB die Erk des VwGH v 9.7.1992, Zl 90/19/0579 und v 4.2.1994, Zl 93/02/0299-0303).
Nach §31 Abs5 ASchG sind Arbeitgeber neben ihren Bevollmächtigten strafbar, wenn die Übertretung mit ihrem Wissen begangen wurde oder wenn sie bei der nach den Verhältnissen möglichen eigenen Beaufsichtigung des Betriebes oder bei der Auswahl oder der Beaufsichtigung des Bevollmächtigten es an der erforderlichen Sorgfalt haben fehlen lassen. Diese Vorschrift regelt somit das Veschulden, das den Arbeitgeber im Falle der Bestellung eines Bevollmächtigten treffen muß, um sich strafbar zu machen. Enthält eine Verwaltungsvorschrift aber besondere Bestimmungen über das für die Begehung einer Verwaltungsübertretung erforderliche Verschulden, dann kommt die für Ungehorsamsdelikte im Sinne des §5 Abs1 zweiter Satz VStG angeordnete Umkehr der Beweislast nicht zur Anwendung. In diesem Fall hat damit nicht der Täter den Entlastungsbeweis, sondern die Behörde den Nachweis des Verschuldens zu erbringen (vgl das Erk des VwGH v 25.2.1988, Zl 87/08/0240). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl die Erk v 28.10.1993, Zl 91/19/0119 und v 27.1.1995, Zl 94/02/0422) ist von der Behörde von Amts wegen zu ermitteln, ob der Arbeitgeber (bzw in den Fällen des §9 VStG das dort genannte Organ) es etwa bei der Beaufsichtigung des Bevollmächtigten an der erforderlichen Sorgfalt habe fehlen lassen, wobei dem Arbeitgeber dabei die Verpflichtung obliegt, zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes beizutragen. Ob der Arbeitgeber dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit ist, hängt im Einzelfall davon ab, ob er sich (entsprechend dieser Mitwirkungspflicht) darauf zu berufen vermag, daß er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Die bloße Erteilung von Weisungen reicht nicht hin, entscheidend ist deren wirksame Kontrolle, wobei vom Arbeitgeber das bezügliche Kontrollsystem darzulegen ist. Von der Darlegung eines solchen Kontrollsystems durch den Bw im Verwaltungsverfahren kann allerdings keine Rede sein, zumal selbst stichprobenartige Besuche keine ausreichende Kontrolle im beschriebenen Sinn darstellen würden (vgl abermals das Erk des VwGH v 27.1.1995, Zl 94/02/0422).
Der Bw hat in der mündlichen Verhandlung ein Schreiben des Arbeitsinspektorates für Bauarbeiten vom 11.3.1994 vorgelegt, das ihm auch zur Kenntnis gebracht worden sei. In diesem Schreiben (betreffend die Baustelle in Klosterneuburg, allerdings einen anderen Bauabschnitt) findet sich der Hinweis, daß die Künette ab einer Tiefe von 1,25 m in jedem Fall zu pölzen sei (§16 Abs4 BArbSchV). Der Bw hat im Verfahren weder behauptet noch unter Beweis gestellt, daß er im Hinblick darauf konkrete Maßnahmen getroffen habe, um die Einhaltung der von ihm erteilten Anweisungen zwecks Beachtung der Arbeitnehmerschutzvorschriften (insbesondere des §16 Abs4 BArbSchV) zu gewährleisten, insbesondere welche Kontrollen er daraufhin eingerichtet und welche wirksamen Schritte er für den Fall von ihm festgestellter Verstöße auf diesem Gebiet in Aussicht gestellt und unternommen habe, um derartigen Verstößen vorzubeugen. Hiezu hat der als Zeuge einvernommene Helmuth D angegeben, daß das gegenständliche Schreiben des Arbeitsinspektorates ihm bekannt gewesen sei; die Monteure hätten unterschrieben, daß sie nicht hineinsteigen sollten, wenn es zu tief sei. Aufgrund der Wünsche des Auftraggebers hätten sie jedoch nicht anders handeln können. Mit dem Hinweis des Bw in der mündlichen Verhandlung, "mit der gegenständlichen Baustelle nichts zu tun gehabt" zu haben, ist für ihn nichts gewonnen. Von der ihn als handelsrechtlichen Geschäftsführer treffenden strafrechtlichen Verantwortlichkeit hätte den Bw ua die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten im Sinne des §9 Abs2 und 4 VStG befreien können. Eine derartige Bestellung ist vom Bw jedoch im Verwaltungsstrafverfahren nicht behauptet worden (der Bw hat vielmehr in der Verhandlung klargestellt, daß kein verantworlticher Beauftragter bestellt gewesen sei).
Selbst bei der Annahme, der zuständige Abteilungsleiter Herr S sei zum Bevollmächtigten im Sinne des §31 Abs2 ASchG bestellt worden, trifft den Bw dennoch ein Verschulden, weil er in seiner Berufung selbst ausführte, er habe die Einhaltung (insbesondere auch) der Arbeitnehmerschutzvorschriften stichprobenweise überwacht. Bereits aus diesem Vorbringen konnte auf eine Sorgfaltsverletzung des Bw geschlossen werden. Der Bw ist hiebei auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl zB das Erk v 21.10.1993, Zl 93/02/0220-0224) zu verweisen, wonach eine "stichprobenartige" Überwachung des Bevollmächtigten nicht als ausreichend erachtet wird (vgl zB das Erk des VwGH v 18.10.1993, Zl 91/19/0119). Wie sich aus den glaubwürdigen Angaben von Helmuth D ergibt, mußten die gegenständlichen Arbeiten über Wunsch des Auftraggebers rasch abgeschlossen werden. Im Zeitpunkt der Kontrolle hatten die Arbeitnehmer des Unternehmens des Bw ihre Arbeiten in der Künette fast abgeschlossen. Um von einem den betrieblichen Erfordernissen angepaßten, wirksamen Kontrollsystem sprechen zu können, muß dieses unabhängig von der Dauer der Arbeiten an einer bestimmten Baustelle bzw auf einem bestimmten Gerüst funktionieren, maW die Beachtung der Arbeitnehmerschutzvorschriften auch in Fällen lediglich kurzzeitiger Arbeiten gewährleisten (vgl das Erk des VwGH v 15.4.1991, Zl 90/19/0501). Von der Darlegung eines solchen wirksamen Kontrollsystems durch den Bw kann allerdings keine Rede sein. Seine in der Berufung enthaltene Behauptung, er kontrolliere regelmäßig stichprobenartig die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften, vermag keine ausreichende Kontrolle im beschriebenen Sinne darzutun (vgl zB das Erk des VwGH v 27.1.1995, Zl 94/02/0381).
Aufgrund dieser Erwägungen war der Berufung in der Schuldfrage somit keine Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis insoweit zu bestätigen, wobei die Spruchänderung der richtigen und vollständigen Tatumschreibung diente.
Zur Strafbemessung ist folgendes auszuführen:
Gemäß §19 Abs1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Gemäß §19 Abs2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§40-46 VStG) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§32 bis 35 des Strafgesetzbuches (StGB) sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Vorweg ist zu bemerken, daß die Erstbehörde als Strafnorm iSd §44a Z3 VStG lediglich §31 Abs2 litp ASchG und nicht, wie erforderlich, auch §33 Abs7 leg cit angeführt hat (vgl dazu die Erk des VwGH v 2.7.1990, Zl 90/19/0205 und vom 23.4.1990, Zl 90/19/0057). Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat nunmehr im Spruch die angewendeten Gesetzesbestimmungen iSd §44a Z3 VStG vollständig angeführt. Der Bw rügt in diesem Zusammenhang, es sei nicht in genügender Klarheit normiert, daß ein Verstoß gegen §16 Abs4 BArbSchV auch eine Verwaltungsübertretung darstelle und daß diese gemäß §31 Abs2 litp ASchG zu bestrafen sei, sodaß der Bescheid wegen Verstoßes gegen §1 VStG materiell rechtswidrig sei. Die Zitierung des §31 Abs2 litp ASchG und nicht einer anderen lit dieses Absatzes oder des Abs3 entspricht aber dem Gesetz, da die Übertretungen aller Bestimmungen der nach §33 ASchG vorläufig als Bundesgesetz in Geltung stehenden Verordnungen (die BArbSchV zählt gemäß §33 Abs1 lita Z12 leg cit dazu), die - wie im vorliegenden Fall - nicht einem anderen Straftatbestand des Abs2 oder 3 des §31 ASchG zu unterstellen sind, nach §31 Abs2 litp leg cit zu bestrafen sind, auch wenn es sich bei der übergeleiteten Vorschrift nicht um eine Verordnung aufgrund des §24 ASchG, sondern um ein Bundesgesetz handelt (vgl dazu das Erk des VwGH v 24.11.1992, Zl 88/08/0221 und das Erk des VfGH v 7.12.1979, VfSlg 8695).
Jede Mißachtung von arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften schädigt in nicht unerheblichem Maße das an der Hintanhaltung der Gefährdung der Sicherheit und körperlichen Unversehrtheit der Arbeitskräfte bestehende öffentliche Interesse, dem die Strafdrohung dient. Wie schon die Erstinstanz zutreffend ausführte, waren die Arbeitnehmer im gegenständlichen Fall aufgrund der festgestellten Mängel einer erheblichen Gefährdung für Leben und Gesundheit ausgesetzt. Der objektive Unrechtsgehalt der Tat war daher im vorliegenden Fall, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, als beträchtlich anzusehen. Das Ausmaß des Verschuldens konnte in Anbetracht der offensichtlichen Außerachtlassung der im gegenständlichen Fall objektiv gebotenen Sorgfalt, deren Beachtung dem Bw jedenfalls zuzumuten war und wozu er - da nichts Gegenteiliges hervorkam - subjektiv auch befähigt war, nicht als gering gewertet werden. Die Tatsache, daß die Künette von einem vom Arbeitgeber verschiedenen Dritten gegraben worden ist, ändert nichts an der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit des Erstgenannten für Mängel im Grunde des §16 Abs4 BArbSchV; dieser Umstand ist auch nicht geeignet, das Verschulden des Arbeitgebers an einem Verstoß gegen §16 Abs4 BArbSchV als geringfügig erscheinen zu lassen.
Das Vorbringen des Bw, er sei unbescholten, widerspricht der Aktenlage, sodaß ihm dieser (wesentliche) Milderungsgrund nicht mehr zugute kommt.
Entgegen der Meinung des Bw vermögen wirtschaftliche Gründe (mögliche schwere wirtschaftliche Schäden) keine Situation zu schaffen, die einem Notstand nahekommt; der von der Berufung offenbar ins Auge gefaßte besondere Milderungsgrund des §34 Z11 StGB (iVm §19 Abs2 VStG) liegt demnach nicht vor (vgl zB das Erk des VwGH v 13.7.1990, Zl 90/19/0263).
Was den vom Bw angeführten besonderen Milderungsgrund nach §34 Z13 StGB (trotz Vollendung der Tat sei kein Schaden herbeigeführt worden) betrifft, ist darauf hinzuweisen, daß dieser im vorliegenden Fall nicht in Betracht kommt: §16 Abs4 BArbSchV ist ein sogenanntes "Ungehorsamsdelikt", zu dessen Verwirklichung weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört: Bei einem Ungehorsamsdelikt könnte der Eintritt eines Schadens nur als Erschwerungs- (der Nichteintritt eines Schadens aber nicht als Milderungs-)grund von Bedeutung sein (vgl das Erk des VwGH v 17.1.1991, Zl 90/09/0154).
Hinsichtlich der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse ging der Unabhängige Verwaltungssenat Wien von den eigenen Angaben des Bw aus (verheiratet, Einkommen von S 50.000,-- netto monatlich, sorgepflichtig für die Ehegattin, Vermögen von ca 1,5 Mio).
Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe, den Unrechtsgehalt der Tat, das Verschulden des Bw sowie den bis S 50.000,-- reichenden gesetzlichen Strafsatz scheint die auf das im Spruch ersichtliche Ausmaß herabgesetzte Geldstrafe nunmehr angemessen und keineswegs zu hoch. Zudem scheint das nunmehr festgesetzte Ausmaß der Geldstrafe als ausreichend, um den Bw künftig von strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten. Die Ersatzfreiheitsstrafe war im Sinne der erforderlichen Verhältnismäßigkeit zwischen Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe spruchgemäß neu zu bemessen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§64 und 65 VStG.