TE UVS Wien 1995/06/22 07/03/741/93

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Veröffentlicht am 22.06.1995
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr Wilfert über die Berufung der Frau Gabriele S, vertreten durch Rechtsanwaltskanzlei, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 10. Bezirk, vom 9.6.1993, MBA 10 - S 9136/92, wegen Übertretung des § 8 Abs 1 Allgemeine Arbeitnehmerschutzverordnung entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung Folge gegeben, und die verhängte Geldstrafe auf S 1.000,--, die für den Fall der Uneinbringlichkeit verhängte Ersatzfreiheitsstrafe auf 1 Tag, herabgesetzt. Im übrigen wird das Strafekenntnis bestätigt. Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG verringert sich der Beitrag zu den Kosten

des erstinstanzlichen Verfahrens auf S 100,--, ds 10 % der

verhängten

Geldstrafe.

Gemäß § 65 VStG hat die Berufungswerberin keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Text

Begründung:

1. Das angefochtene Straferkenntnis hat folgenden Spruch:

"Sie haben es als verantwortliche Beauftragte im Sinne des § 9 Abs 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG - der als Arbeitgeberin fungierenden L GesmbH mit dem Sitz in Wien, O-Straße zu verantworten,

daß in der Betriebsanlage in Wien, T-straße, wie anläßlich einer Überprüfung durch ein Organ des Arbeitsinspektorates für den 2.

Aufsichtsbezirk am 11.8.1992 festgestellt wurde, die Vorschriften der

Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung, BGBl Nr 218/1983 idgF insoferne nicht eingehalten wurden, als im Verkaufsraum 11,5 m2 der direkt ins Freie führenden Lichteintrittsflächen (das Fenster an der Front zur T-straße) durch Aufkleber verklebt waren, wodurch sich die direkt ins Freie führenden Lichteintrittflächen dieses Raumes auf 15,5 m2 verringern und daher nicht mindestens ein Zehntel der Fußbodenfläche dieses Raumes (250 m2) betrugen.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 8 Abs 1 Allgemeine Arbeitnehmerschutzverordnung.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von Schilling 5.000,--, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen, gemäß § 31 Abs 2 lit p Arbeitnehmerschutzgesetz.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen: S 500,--, als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, ds 10 % der Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher S 5.500,--.

Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54 d VStG)."

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die Berufung vom 3.8.1993, in welcher die Berufungswerberin im wesentlichen ausführt, der Spruch

des angefochtenen Straferkenntnisses entspreche nicht dem Erfordernis

des § 44a VStG. Im Spruch des Straferkenntnisses werde lediglich ausgeführt, wann die Verwaltungsübertretung von einem Organ des Arbeitsinspektorates für den 2. Aufsichtsbezirk festgestellt worden sei, der Spruch enthalte jedoch nicht die Bezeichnung des Zeitpunktes

der ihr angelasteten Tathandlung. Der Bescheid sei dadurch mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Im übrigen wird die Höhe der verhängten Strafe bekämpft. Insbesondere damit, daß es die erstinstanzliche Behörde unterlassen hätte, die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Berufungswerberin festzustellen.

Mit Schriftsatz vom 4.1.1994 erstattete das Arbeitsinspektorat fd 2. Aufsichtsbezirk als Partei eine Stellungnahme.

2. Die Berufung ist, soweit sie sich gegen die Höhe der verhängten Strafe richtet, begründet.

Gemäß § 8 Abs 1 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV) müssen Arbeitsräume, soweit die Art der Arbeitsvorgänge oder die Zweckbestimmung des Raumes dem nicht entgegenstehen, ins Freie führende Lichteintrittsflächen, wie Fenster, Oberlichten oder Lichtkuppeln, besitzen, deren Summe mindestens 1/10 der Fußbodenfläche des Raumes betragen muß.

Auf Grund der Aktenlage, insbesondere auf Grund der unbedenklichen Anzeige des Arbeitsinspektorates für den 2. Aufsichtsbezirk vom 31.8.1992 ist erwiesen, daß anläßlich einer Erhebung am 11.8.1992 festgestellt wurde, daß in der Filiale der L GesmbH in Wien, T-straße, im Verkaufsraum 11,5 m2 der direkt ins Freie führenden Lichteintrittsflächen (das Fenster an der Front zur T-straße) durch Aufkleber verklebt waren, wodurch sich die direkt ins Freie führenden

Lichteintrittsflächen dieses Raumes auf 15,5 m2 verringerten und daher nicht mindestens 1/10 der Fußbodenfläche dieses Raumes (250 m2)

betrugen.

Die Berufungswerberin ist gemäß der vorgelegten Bestellungsurkunde seit 11.10.1991 verantwortliche Beauftragte im Sinne des § 9 Abs 2 und 4 VStG.

Dies wird von der Berufungswerberin auch nicht bestritten. Die Berufungswerberin wendet vielmehr ein, daß der Spruch des Straferkenntnisses nicht dem Erfordernis des § 44a VStG entspreche, da nicht die Bezeichnung des Zeitpunktes der angelasteten Tathandlung

enthalten sei.

Dieses Vorbringen ist unbegründet, da der Schuldvorwurf mit anderen Worten lautet, daß die Berufungswerberin den am 11.8.1992 festgestellten rechtswidrigen Zustand zu verantworten habe. Sie hätte

für seine Beseitigung vor der Feststellung am 11.8.1992 zu sorgen gehabt. Die Tatzeit ist damit ausreichend konkretisiert (vgl VwGH vom 20.12.1993, 93/02/0169).

Aus der, von der Berufungswerberin zitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 25.2.1992, 91/04/0258, ist für den Berufungsfall nichts zu gewinnen, da es sich dort nicht um die Beseitigung eines rechtswidrigen Zustandes gehandelt hat, sondern Gegenstand dieses Verfahrens die Anstiftung (§ 7 VStG) zu einer Übertretung der Gewerbeordnung war. In diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof festgestellt, daß das Datum der Feststellung der Verwaltungsübertretung den Tatzeitpunkt der angelasteten Tathandlung, nämlich die Beauftragung und damit vorsätzliche Veranlassung zur Begehung einer Verwaltungsübertretung, nicht bezeichnet.

Bei der verfahrensgegenständlichen Verwaltungsübertretung handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt, weil weder der Eintritt eines Schadens

oder einer Gefahr vorausgesetzt, noch über das Verschulden etwas bestimmt wird. Bei solchen Delikten obliegt es gemäß § 5 Abs 1 VStG dem Beschuldigten glaubhaft zu machen, daß ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich war. Das bedeutet, daß der Beschuldigte initiativ alles darzulegen hat, was für seine Entlastung spricht, zB durch die Beibringung von Beweismittel bzw die Stellung entsprechender Beweisanträge. Die Berufungswerberin hat nicht glaubhaft gemacht, daß ihr die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne ihr Verschulden nicht möglich gewesen wäre.

Soweit die Berufungswerberin jedoch die Höhe der verhängten Strafe bekämpft ist sie im Recht:

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist die Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient

und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach

sich

gezogen hat.

Gemäß Abs 2 leg cit sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40-46 VStG) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches (StGB) sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Die verfahrensgegenständliche Verwaltungsübertretung schädigt in nicht unerheblichem Ausmaß das gesetzlich geschützte Interesse an einer menschengerechten Gestaltung von Arbeitsplätzen. Dazu gehört es

nämlich auch, daß Arbeitsräume hinreichend belichtet sind. Der objektive Unrechtsgehalt der Tat ist daher nicht als gering zu beurteilen.

Das Verschulden kann nicht als geringfügig angesehen werden, da weder

hervorgekommen ist, noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen war, daß die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder daß die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können. Die erstinstanzliche Behörde hat zutreffend die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit der Berufungswerberin als

mildernd gewertet, Erschwerungsgründe sind nicht hervorgekommen. Im Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien hat die Berufungswerberin über Aufforderung ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse bekanntgegeben. Unter Berücksichtigung der Strafzumessungsgründe und der allseitigen Verhältnisse der Berufungswerberin - sie ist geschieden, verfügt weder über ein eigenes Einkommen noch Vermögen und ist für 1 Kind sorgepflichtig - ist die verhängte Strafe zu hoch und war spruchgemäß herabzusetzen. Eine weitere Herabsetzung der Strafe kam nicht in Betracht, zumal weitere besondere Milderungsgründe nicht hervorgekommen sind und auch

eine geringere Strafe nicht geeignet schiene, andere zur Einhaltung der verfahrensgegenständlichen Bestimmungen wirksam zu verhalten.

3. Gemäß § 51e Abs 2 VStG konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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