TE UVS Wien 1995/08/02 03/08/2393/94

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Veröffentlicht am 02.08.1995
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr Pipal über die Berufung der Frau Liselotte S, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Liesing, vom 26.5.1994, Zl Cst 4914-Li/93, wegen Übertretung des § 24 Abs 1 lit a StVO, entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG wird daher ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von S 240,-- vorgeschrieben, das sind 20 % der verhängten Strafe.

Text

Begründung:

I. Der Berufung liegt folgendes Verfahren in der ersten Instanz zugrunde:

1. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses lautet:

"Sie haben am 1.9.1993 um 10.20 Uhr in Wien, S-Straße das Kfz W 74 nicht zur Durchführung einer Ladetätigkeit abgestellt, obwohl an dieser Stelle ein durch das Vorschriftszeichen "Halten und Parken verboten" kundgemachtes Halte- und Parkverbot ("Ladezone") besteht, wodurch ein berechtigter Fahrzeuglenker am Zufahren zur Ladezone gehindert war.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 24 (1)a StVO

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von Schilling 1.200,--, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden gemäß § 99 (3)a StVO. Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes - VStG zu zahlen:

120,-- Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, ds 10% der Strafe (je ein Tag Arrest wird gleich S 200,-- angerechnet).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 1.320,-- Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54d VStG)."

2. Dieser Vorwurf ergab sich aus einer Anzeige eines Sicherheitswachebeamten vom 1.9.1993.

Bei ihrer Vernehmung am 4.3.1994 gab die Berufungswerberin an, sie habe mit dem Firmenwagen ca 15 bis 30 Minuten lang eine Ladetätigkeit durchgeführt, nämlich ca 20 Sandwiches und eine Torte geliefert.

Am 25.5.1994 sagte sie bei der neuerlichen Beschuldigtenvernehmung aus, sie habe die Sandwiches und die Torte in das Krankenhaus geliefert, welches ca 300 bis 500 Meter entfernt sei, sie habe zweimal gehen müssen.

3. In der rechtzeitigen Berufung wurde das bisherige Vorbringen wiederholt, auch sei die Lieferung "rasch und zügig, ohne jegliche Unterbrechung" durchgeführt worden.

II. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:

1. Zuerst war die Schuldfrage zu überprüfen:

1.1. Der objektive Tatbestand war folgendermaßen zu beurteilen:

1.1.1. Die verletzte Verwaltungsvorschrift lautet:

Gemäß § 24 Abs 1 lit a StVO 1960 ist das Halten und das Parken im Bereich des Vorschriftszeichens "Halten und Parken verboten" nach Maßgabe der Bestimmungen des § 52 Z 13b verboten.

Nach § 52 Z 13b dieses Gesetzes zeigt das dort abgebildete Zeichen "Halten und Parken verboten" mit der Zusatztafel "Anfang" den Beginn und mit der Zusatztafel "Ende" das Ende eines Straßenabschnittes an, in dem das Halten und Parken verboten ist. Das Verbot bezieht sich auf die Straßenseite, auf der sich dieses Zeichen befindet. Eine Zusatztafel mit der Aufschrift "Ausgenommen Zustelldienste" zeigt an, daß das rasche Auf- oder Abladen geringer Warenmengen vom Halteverbot ausgenommen ist. Eine Zusatztafel mit der Aufschrift "Ausgenommen Ladetätigkeit" zeigt eine Ladezone an.

1.1.2. Der Sachverhalt wurde auf folgende Weise festgestellt:

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien führte am 2.8.1995 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, zu der jedoch die Berufungswerberin unentschuldigt nicht erschien. In der Verhandlung wurde der Akteninhalt verlesen.

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens nimmt der Unabhängige Verwaltungssenat Wien den im Spruch angeführten Sachverhalt als erwiesen an.

1.1.3. Die Beurteilung der Rechtsfrage ergab, daß der als erwiesen angenommene Sachverhalt den objektiven Tatbestand der verletzten Verwaltungsvorschrift erfüllt.

Denn § 62 Abs 1 StVO 1960 definiert den Begriff "Ladetätigkeit" als "das Beladen oder Entladen von Fahrzeugen sowie das Abschlauchen von Flüssigkeiten aus Fahrzeugen oder in Fahrzeuge". Zu dieser Bestimmung hat der Verwaltungsgerichtshof folgende Auslegung gefunden: "Als Objekt einer Ladetätigkeit kommt, da sich diese auf eine "Ladung" beziehen muß, weder ein einzelner Gegenstand, dessen Ausmaß und dessen Gewicht geringfügig sind und den eine Person bei sich trägt oder an sich nimmt, um ihn von einem Fahrzeug an einen anderen Ort zu bringen, noch eine Mehrzahl von Gegenständen (hier: zwei Aktentaschen und ein Aktenkoffer von nicht näher ausgeführter Größe und Gewicht, die zur Beschaffung von Aktenunterlagen verwendet wurden), die zusammengenommen das Merkmal der Geringfügigkeit nach Ausmaß und Gewicht aufweisen und von einer Person in der Hand, unter dem Arm oder in der Kleidung von einem Fahrzeug an einen anderen Ort gebracht werden, in Betracht (VwGH 18.5.1988, Zl 87/02/177; VwGH 13.11.1979, Zl 1671/79).

Weiters muß sich der Abstellplatz für die Tätigkeit des Be- und Entladens in allernächster Nähe vom Zielort befinden (VwGH 22.10.1970, Zl 593/69). Durch die Errichtung einer Ladezone soll ermöglicht werden, Ladetätigkeiten an Stellen durchzuführen, wo dies nicht besonders umständlich ist, sondern im Gegenteil die Ladetätigkeit durch einen möglichst geringen Transportweg einfach und zeitsparend durchgeführt werden kann. Folge dieser Zweckwidmung eines Teiles der Straße mit öffentlichem Verkehr zugunsten bestimmter Verkehrsteilnehmer ist eine Zweckgebundenheit dahingehend, daß zur erlaubten Tätigkeit nur alle jene Handlungen zählen, für deren leichtere Durchführung die Zweckwidmung notwendig wurde (VwGH 5.10.1990, Zl 90/18/0125). Der Sinn einer Ladezone ist ja nämlich gerade der, daß die Ladezone für die eigentliche Ladetätigkeit zur Verfügung stehen, nach deren Beendigung aber unverzüglich geräumt werden soll, um den Platz für den nächsten Berechtigten, der Güter ein- oder ausladen will, freizumachen. Wird eine zu weit vom Zielort entfernte Ladezone benützt, besteht der Großteil der Abstellzeit nicht in der unmittelbaren Entlade- oder Beladezeit, sondern in der Wegzeit, was den Sinn einer Ladezone geradezu ins Gegenteil verkehrt. Nach dieser vom Sinn und Zweck der Vorschriften über Ladetätigkeiten bestimmten Auslegung war die im vorliegenden Fall durchgeführte Lieferung von ca 20 Sandwiches und einer Torte weder vom Umfang her als "Ladetätigkeit" zu qualifizieren noch hinsichtlich der erforderlichen Wegstrecke von 300 bis 500 Meter, für welche 15 bis 30 Minuten benötigt wurden.

Daher fand die Ausnahmeregelung für Ladetätigkeiten keine Anwendung.

1.2. Das Verschulden war folgendermaßen zu beurteilen:

1.2.1. Nach § 5 Abs 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

1.2.2. Da die im vorliegenden Fall verletzte Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt und auch zu ihrem Tatbestand der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört, hätte also die Berufungswerberin glaubhaft machen müssen, daß sie an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Solche schuldbefreienden Umstände haben sich jedoch nicht ergeben.

Daher ist auch das Verschulden als erwiesen anzusehen.

2. Sodann war die verhängte Strafe zu überprüfen:

2.1. Die Strafbestimmung lautet:

Gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu S 10.000,--, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer ua als Lenker eines Fahrzeuges gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs 1, 2 oder 4 zu bestrafen ist.

2.2. Über die Strafbemessung bestimmt § 19 VStG folgendes:

(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe ist stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

2.3. Die Tat schädigte in nicht unerheblichem Ausmaß das Interesse an der Freihaltung von Ladezonen für berechtigte Fahrzeuglenker. An sonstigen nachteiligen Folgen war der Umstand zu berücksichtigen, daß tatsächlich ein berechtigter Fahrzeuglenker am Zufahren zur Ladezone gehindert war.

Mildernd war die bisherige Unbescholtenheit zu werten. Das Verschulden war angesichts der näheren Umstände der Tat nicht bloß geringfügig, weil auch nicht anzunehmen ist, daß womöglich die Übertretung aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.

Weiters waren bei der Bemessung der Geldstrafe das unterdurchschnittliche Einkommen, die Vermögenslosigkeit sowie die Sorgepflicht für ein Kind zu berücksichtigen.

2.4. Bei diesen Strafbemessungsgründen und dem gesetzlichen Strafrahmen kam eine Herabsetzung der Strafe nicht in Betracht, weil eine geringere Strafe auch nicht geeignet wäre, die Berufungswerberin und andere in Frage kommende Personen in Zukunft wirksam von der Begehung derartiger Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

3. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 64 bzw § 65 VStG.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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