Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Mag Pfeifer über die Berufung der Frau Monika R vom 3.4.1995 gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 19.12.1994, Zl MA 4/5-GAG-16431/3/7, wegen Übertretung des § 1 Abs 1 iVm § 16 Abs 2 lit a des Gebrauchsabgabegesetzes in der mündlichen Verhandlung am 9.8.1995, entschieden:
Die Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 AVG als verspätet zurückgewiesen.
Begründung:
1.) Die Berufungswerberin wurde mit dem angefochtenen Straferkenntnis
der Begehung einer Verwaltungsübertretung nach dem Gebrauchsabgabegesetz für schuldig erkannt.
Hinsichtlich des gegenständliches Straferkenntnisses wurde, laut dem im erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt einliegenden Rückschein, durch ein Organ der Post an der Adresse Wien, S-Straße am 13.1.1995 ein Zustellversuch unternommen und dieses am Postamt hinterlegt (Hinterlegung gemäß § 17 Abs 1 Zustellgesetz-ZustG) und ab dem 16.1.1995 zur Abholung bereitgehalten.
2.) Dagegen hat die Berufungswerberin mit Schriftsatz vom 3.4.1995, laut Postaufgabestempel auf dem im erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt einliegenden Kuvert, am 11.4.1995 Berufung erhoben.
3.) Hiezu wurde erwogen:
Gemäß § 63 Abs 5 AVG ist die Berufung von der Partei binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat oder bei der Behörde, die über die Berufung zu entscheiden hat. Die Frist beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Falle bloß mündlicher Verkündigung mit dieser.
Gemäß § 24 VStG ist § 63 Abs 5 AVG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden.
Die Zustellung des Straferkenntnisses an die Berufungswerberin ist durch Hinterlegung am 16.1.1995 mit Rückschein bezeugt. Der Rückschein enthält die Angaben:
Zustellversuch am 13.1.1995, Verständigung über die Hinterlegung in das Hausbrieffach eingelegt, Hinterlegung beim Postamt, Beginn der Abholfrist 16.1.1995.
Die Zustellung wurde gemäß § 17 Abs 3 Zustellgesetz mit dem Tag, an dem das Straferkenntnis erstmals zur Abholung bereitgehalten wurde, sohin mit dem 16.1.1995, bewirkt.
Mit diesem Tag gilt eine hinterlegte Sendung als zugestellt, wenn ein
Zustellmangel nicht unterlaufen ist und sich auch nicht ergeben hat, daß der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle vom Zustellvorgang nicht rechtzeitig Kenntnis erlangen konnte. Die zweiwöchige Rechtsmittelfrist begann daher am 16.1.1995 und endete am 30.1.1995, da nach Wochen berechnete Fristen gemäß § 32 Abs 2 AVG mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche enden, der durch seine Benennung dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat.
Die Berufungswerberin hat die mit 3.4.1995 datierte verfahrensgegenständliche Berufung laut Postaufgabestempel auf dem im
erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt einliegenden Kuvert am 11.4.1995, sohin nach Ablauf der
zweiwöchigen Rechtsmittelfrist, eingebracht.
Die mit 3.4.1995 datierte und am 11.4.1995 zur Post gegebene
Berufung
war nach der Aktenlage als verspätet zu beurteilen. Der Berufungswerberin wurde im Rahmen des Parteiengehörs mit Schriftsatz vom 15.5.1995 die offensichtlich verspätete Einbringung der Berufung zur Kenntnis gebracht und ihr gleichzeitig Gelegenheit gegeben, hiezu binnen zwei Wochen ab Zustellung schriftlich Stellung zu nehmen.
Die Berufungswerberin führte mit schriftlicher Stellungnahme vom 28.5.1995 aus, ihr sei eine Benachrichtigung von der Zustellung niemals zugekommen, am Tag des ersten Zustellversuches am 13.1.1995 sei sie zu Hause gewesen, da sie ein schulpflichtiges Kind habe. In der Verhandlung vom 9.8.1995 führte sie, wie in der genannten Stellungnahme, aus, daß ihr niemals eine Hinterlegungsanzeige zugekommen sei.
An die, in der Berufung nunmehrige bekanntgegebene, Adresse M-weg
sei
sie am 1.3.1995 verzogen.
Die Verständigung von der Hinterlegung wurde nach den Angaben auf
dem
Rückschein in das Hausbrieffach eingelegt. Da nach § 17 Abs 4 des Zustellgesetzes die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung auch dann gültig ist, wenn die Verständigung über die Hinterlegung beschädigt oder entfernt wurde, erfolgt diese Verständigung insgesamt
auf Gefahr des Empfängers.
Das Zustellorgan hat anläßlich seiner zeugenschaftlichen Einvernahme vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat, wobei es eindringlich auf die Wahrheitspflicht hingewiesen wurde, klar und schlüssig angegeben, daß
er entsprechend der von ihm vorgenommenen Eintragungen am Zustellnachweis (Aktenblatt 20) vorgegangen ist.
Die schlüssige, sachliche und im unmittelbaren Eindruck, sohin glaubwürdige Aussage des Zeugen in der Verhandlung ließ im Zusammenhalt mit den Angaben auf dem Rückschein keine Zweifel daran bestehen, daß der Zeuge die Hinterlegungsanzeige in das Hausbrieffach
der Berufungswerberin gelegt hat. Inbesondere vermag der Umstand, daß
der Zeuge zu Beginn seiner Tätigkeit als Briefträger, welche zum Zeitpunkt des gegenständlichen Zustellversuches immerhin bereits ein Jahr betrug, Beanstandungen hatte, da er Schriftstücke ins falsche Hausbrieffach gelegt hatte, jedoch in weitere Folge keine mehr gehabt
hat, zumal ihm die Gegebenheiten bekannt waren, keine Zweifel an einem ordungsgemäßen Zurücklassen der gegenständlichen Hinterlegungsanzeige, nämlich im Hausbrieffach der Berufungswerberin,
zu begründen, insbesondere, da dieser im unmittelbaren Eindruck die Berufungswerberin an persönlicher Glaubwürdigkeit bei weitem übertraf
und doch anzunehmen ist, daß er nach einem Jahr das richtige Zuordnen
der Schriftstücke nunmehr beherrschte, was er im übrigen auch selbst behauptet, zumal davon auszugehen war, daß diese Aufgabe nach einem Jahr ordungsgemäß erfüllt werden kann, insbesondere vom Zeugen zu erfüllen war.
Die vom Zusteller erstellten Zustellnachweise sind öffentliche Urkunden, über deren Echtheit kein Zweifel besteht und die über den Zustellvorgang vollen Beweis liefern.
Sohin vermag das Vorbringen der Berufungswerberin, an der Adresse Wien, S-Straße sei keine Hinterlegungsanzeige hinterlassen worden, eine Rechtsunwirksamkeit der Zustellung durch Hinterlegung am 16.1.1995 nicht darzutun.
Insbesondere konnte sie keinen Gegenbeweis gegen die Richtigkeit des am Zustellnachweis enthaltenen Vermerks betreffend die Verständigung der Berufungswerberin von der Hinterlegung anbieten. Insgesamt wurde daher das Straferkenntnis an die zum Zeitpunkt des Zustellvorganges aufrechte Wohnadresse der Berufungswerberin, S-Straße, Wien, und daher Abgabestelle im Sinne des § 4 Zustellgesetz, zugestellt.
Da nach Prüfung der oben angeführten Tatsachen durch den Unabhängigen
Verwaltungssenat Wien die Einbringung der Berufung als verspätet zu beurteilen war und auch nach Einräumung des Parteiengehörs von der Berufungswerberin der Gegenbeweis der durch den Rückschein bezeugten rechtswirksamen Zustellung durch Hinterlegung am 16.1.1995 nicht erbracht wurde, war die erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist erhobene Berufung als verspätet zurückzuweisen.
Bemerkt wird in diesem Zusammenhang, daß Voraussetzung für die Zurückweisung eines Rechtsmittels als verspätet allein die Versäumung
der Rechtsmittelfrist und nicht auch ein Verschulden der Partei an der Verspätung ist (VwGH 11.7.1988, 88/10/0113).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es im Falle der verspäteten Einbringung eines Rechtsmittels der Berufungsbehörde verwehrt, auf das Vorbringen einzugehen und eine Sachentscheidung zu treffen (VwGH vom 27.3.1990, Zl 89/08/013). Sohin war, ohne auf das Berufungsvorbringen näher einzugehen, spruchgemäß zu entscheiden.