Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch Mag Fridl als Vorsitzenden, Mag Zotter als Berichter und Dr Königshofer als Beisitzer über die undatierte Berufung des Herrn Gerhard W, vertreten
durch Herrn RA Dr Ronald I, eingelangt am 15.3.1994 gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 20.1.1994, Zl MBA 3-S 7640/93, wegen Übertretung des § 28 Abs 1 Z 1 lit a iVm § 3 Abs 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 7.4.1995, entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung unter Bedachtnahme auf § 20 VStG betreffend der unerlaubten Beschäftigung der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses vier erstgenannten Ausländer insoweit Folge gegeben, als die verhängten Geldstrafen von je S 20.000,-- auf je S 5.000,-- und die Ersatzfreiheitsstrafen von je 5
Tagen auf je 2 Tage herabgesetzt werden. Dementsprechend wird der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens auf insgesamt S 2.000,--, ds 10 % der verhängten Geldstrafen, reduziert. Hinsichtlich des unter Punkt 5) genannten Ausländers wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt. Der Berufungswerber hat daher gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.
Begründung:
Das angefochtene Straferkenntnis enthält folgenden Spruch:
"Sie haben es als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der D-GesmbH zu verantworten, daß diese Gesellschaft, mit Sitz in Wien, M-straße, auf der Baustelle in Wien, L-straße, am 2.8.1993 um 11.45 Uhr folgende Ausländer beschäftigt hat, obwohl für diese Ausländer weder eine gültige Beschäftigungsbewilligung erteilt noch ihnen ein Befreiungsschein oder eine gültige Arbeitserlaubnis ausgestellt wurde.
1)
A Laszlo Zoltan,
2)
T György,
3)
T Istvan,
4)
L Antal,
5)
F Janos;
Sie haben dadurch fünf Verwaltungsübertretungen nach § 28 Abs 1 Z 1 lit a in Verbindung mit § 3 Abs 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes
(AuslBG), BGBl Nr 218/75, in der geltenden Fassung begangen. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von je S 20.000,-- zusammen S 100.000,--, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von je 5 Tagen zusammen 25 Tage gemäß § 28 Abs 1 Z 1, AuslBG.
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:
je S 2.000,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das
sind
10 % der Strafe zusammen S 10.000,--.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher S 110.000,--. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen
(§ 54d VStG)."
In der dagegen erhobenen Berufung bestreitet der Berufungswerber zunächst die ihm angelasteten Verwaltungsübertretungen begangen zu haben mit dem Hinweis, daß ihm die im angefochtenen Straferkenntnis genannten Ausländer nicht einmal bekannt seien, geschweige denn, daß er sie beschäftigt hätte.
In der am 7.4.1995 durchgeführten Berufungsverhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien schränkte der Berufungswerber die Berufung betreffend der im angefochtenen Straferkenntnis genannten Ausländer Zoltan Laszlo A, György T, Istvan T und Antal L auf die Strafhöhe ein und gestand die diesbezüglichen Verwaltungsübertretungen ein. Wegen seines Befähigungsnachweises hätte er im verfahrensgegenständlichen Zeitraum formell die Geschäftsführerfunktion der D-GesmbH übernommen, wobei die eigentlichen Geschäftsführeragenden von Herrn Dr I wahrgenommen worden seien. Er hätte sich darauf verlassen, daß er von Dr I als Geschäftsführer schad- und klaglos gehalten werde, wie ihm dies vom Letztgenannten zugesagt worden sei. Er hätte es verabsäumt, entsprechende Kontrolltätigkeiten als Geschäftsführer wahrzunehmen. Als strafmildernd machte der Berufungswerber seine bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit geltend und die Tatsache,
daß keine Erschwerungsgründe vorliegen. Der Berufungswerber sei derzeit arbeitslos und beziehe ca monatlich S 12.000,-- bis S 13.000,-- an Arbeitslosenunterstützung.
Hinsichtlich des Ausländers Janos F ersuchte der Berufungswerber um Einstellung des Verfahrens, da die Beschäftigung dieses Ausländers durch die D keinesfalls erfolgt sei.
Betreffend der unerlaubten Beschäftigung des letztgenannten Ausländers liegt folgendes Beweisergebnis vor:
In der Berufungsverhandlung vom 5.12.1994 haben Christian Z und Erich
S, beide Bedienstete des Magistrates der Stadt Wien, und Andreas H, Bediensteter des Landesarbeitsamtes Wien, zeugenschaftlich einvernommen übereinstimmend angegeben, daß anläßlich der verfahrensgegenständlichen Überprüfung der im angefochtenen Straferkenntnis angeführten Ausländer auf der Baustelle in Wien, L-straße, diese bei der Sanierung von Wohnungen angetroffen worden seien. Vor Ort hätte sich kein Hinweis auf den Arbeitgeber ergeben. Es seien lediglich Pläne vorgelegen, auf denen der Name Dr Ronald I aufgeschienen sei. Anläßlich der vor dem Bezirkspolizeikommissariat erfolgten Einvernahme gab Janos F zu Protokoll, daß er für die Firma D an der vorhin erwähnten Baustelle arbeite. Die Arbeitsanweisungen würde Herr Dr I erteilen. Die Entlohnung sei ebenfalls von Herrn Dr I
zugesagt worden. Aufgenommen sei der Genannte von Dr I und von Herrn F, "dem zweiten Chef der Firma" als Hilfsarbeiter worden. In einer Stellungnahme vom 3.5.1994 teilte das Landesarbeitsamt Wien mit, daß die Firma D zur sogenannten W-Gruppe gehöre, einem Firmenkonglomerat, welches Althäuser aufkaufe, saniere und die Wohnungen verkaufe bzw vermiete. Bekannt aus der W-Gruppe seien dem Landesarbeitsamt Wien die Firma R bzw W. Beteiligt an den Gesellschaften sei Herr Dr I und verwalte dieser sämtliche Häuser der
W-Gruppe.
Janos F konnte zeugenschaftlich nicht einvernommen werden, da er
sich
am 4.8.1993 unbekannt abgemeldet hatte und keine ladungsfähige Adresse bekannt ist. Ebenfalls unbekannten Aufenthaltes ist Dr Ronald
I, sodaß auch dessen zeugenschaftliche Einvernahme nicht möglich war.
Im Hinblick auf die Tatsache, daß der Berufungswerber in der Berufungsverhandlung hinsichtlich der im angefochtenen Straferkenntnis vier erstgenannten Ausländer ein umfassendes Geständnis abgelegt hat und unter einem glaubhaft versicherte, daß Janos F von der D keinesfalls beschäftigt worden sei, folgt der erkennende Senat in diesem Punkt seinen Angaben. Erhärtet wird das Vorbringen durch den Umstand, daß Dr Ronald I, der das illegale Beschäftigungsverhältnis laut den Angaben des Ausländers begründet hat, an mehreren Firmen beteiligt war, die Sanierungsarbeiten in den aufgekauften Häusern durchführten. Eine zweifelsfreie Zurechnung zur D kann daher auch aus diesem Grund nicht erfolgen.
Insgesamt erachtet der erkennende Senat das vorliegende Beweisergebnis jedenfalls nicht für ausreichend, um mit der für eine Verurteilung im Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit feststellen zu können, daß der Berufungswerber für die ihm in diesem Punkt angelastete Verwaltungsübertretung verantwortlich ist. Das angefochtene Straferkenntnis war daher betreffend der illegalen Beschäftigung des Janos F zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.
Hinsichtlich der vier erstgenannten Ausländer ist das angefochtene Straferkenntnis in der Schuldfrage in Rechtskraft erwachsen, da der Berufungswerber die Berufung auf die Strafhöhe eingeschränkt hat.
Zur Strafbemessung bestimmt § 19 VStG folgendes:
(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe ist stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von
Geldstrafen zu berücksichtigen.
Gemäß § 10 VStG richten sich Strafart und Strafsatz nach den Verwaltungsvorschriften, soweit in diesem Gesetz nicht anderes bestimmt ist.
Gemäß § 28 Abs 1 Z 1 lit a Ausländerbeschäftigungsgesetz begeht eine Verwaltungsübertretung, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt noch eine Arbeitserlaubnis
(§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde, bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von S 5.000,-- bis zu S 60.000,--, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von S 10.000,-- bis zu S 120.000,--, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von S 10.000,-- bis zu S 120.000,--, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von S 20.000,-- bis S 240.000,--.
Der Berufungswerber war nach der Aktenlage zum Tatzeitpunkt nicht wegen unerlaubter Beschäftigung von Ausländern nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz rechtskräftig vorbestraft. Weiters wurde er im gegenständlichen Fall der unerlaubten Beschäftigung von vier Ausländern für schuldig erkannt, sodaß der dritte Strafsatz des § 28 Abs 1 Z 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (S 10.000,-- bis zu S 120.000,--) Anwendung findet.
Aus der Aktenlage und dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens sind keine Umstände ersichtlich, wonach der mit den gegenständlichen Übertretungen verbunden gewesene Unrechtsgehalt hinter jenem an sich mit einer derartigen Übertretung verbundenen Unrechtsgehalt wesentlich zurückgeblieben oder über diesen wesentlich hinausgegangen
wäre. Zu berücksichtigen war allerdings, daß der Berufungswerber der Beschäftigung der Ausländer an nur einem Tag für schuldig erkannt wurde. Der objektive Unrechtsgehalt der Taten war sohin als gering zu
werten.
Was das Ausmaß des Verschuldens angelangt, war zu berücksichtigen, daß der Berufungswerber die Funktion als Geschäftsführer nur formal ausgeübt hat und die tatsächlichen Unternehmensentscheidungen, sohin auch Entscheidungen über Personalaufnahmen, von Dr Ronald I ausgegangen sind. Tatsächlich hatte der Berufungswerber auf die Führung des Unternehmens und auf Personalentscheidungen keinen Einfluß. Er hatte sich darauf verlassen, von Dr Ronald I, wie von diesem zugesagt, hinsichtlich allfälliger Verpflichtungen aus seiner Geschäftsführertätigkeit schad- und klaglos gehalten zu werden.
Unter
Berücksichtigung dieser Begleitumstände und der dem erkennenden Senat
in der Zwischenzeit bekanntgewordenen Geschäftspraktiken des Dr Ronald I, war das Verschulden des Berufungswerbers als nicht erheblich zu bewerten.
Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich
überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist. Die Milderungsgründe müssen die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen. Es kommt nicht auf die Zahl, sondern auf das Gewicht der Milderungsgründe an (VwGH vom 15.12.1989, 89/09/0100). Unter Umständen kann ein einziger Milderungsgrund so schwerwiegend sein, daß er mehrere Erschwerungsgründe überwiegt und daher eine außerordentliche Strafmilderung rechtfertigt.
Im gegenständlichen Fall ist mildernd die absolute verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit und der Umstand, daß die Tat schon vor längerer Zeit begangen wurde und der Berufungswerber sich seither wohlverhalten hat (§ 34 Z 18 StGB). Weiters ist davon auszugehen, daß die Tat nicht ohne Einwirkung des Dr Ronald I begangen wurde (vgl § 34 Z 4 StGB). Erschwerungsgründe kommen nicht zum Tragen.
Der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit in Verbindung mit dem maßgeblichen Einfluß, den Dr Ronald I im gegeständlichen Fall ausübte, kommt daher mangels erschwerender Umstände bei Bemessung der
Strafe jedenfalls erhebliche Bedeutung bei, sodaß die Voraussetzungen
des § 20 VStG gegeben sind.
Desweiteren war bei Bemessung der Geldstrafe zu berücksichtigen, daß sich der Berufungswerber in der Berufungsverhandlung schuldeinsichtig
zeigte und daher davon ausgegangen werden kann, daß ihn die nunmehr verhängten Geldstrafen wirksam von der Begehung weiterer gleichartiger Verwaltungsübertretungen abhalten.
Die vom Berufungswerber bekanntgegebenen Einkommens- und Vermögensverhältnisse wurden als eher ungünstig bewertet und als solche bei Bemessung der Geldstrafe berücksichtigt.