Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Dr Leitner über die auf Art 129a Abs 1 Zif 2 B-VG bzw § 67a Abs 1 Zif 2 AVG gestützte Beschwerde des Herrn Andreas G, im Zusammenhang mit der am 1.8.1994 erfolgten Festnahme wegen behaupteter rechtswidriger Einschränkung der persönlichen Freiheit als auch Beeinträchtigung der Menschenwürde durch Organe der Bundespolizeidirektion Wien nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 12.9.1995 entschieden.
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Die Beschwerde, soweit sie sich gegen die Festnahme am 1.8.1994, um 23.00 Uhr, im 10. Bezirk vor dem dort etablierten Lokal "C" an der Kreuzung C-gasse/D-gasse wendet und eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Schutz der persönlichen Freiheit gemäß Art I f des Gesetzes zum Schutz der persönlichen Freiheit BGBl 684/88 sowie Art 5 EMRK geltend macht, wird gemäß § 67c Abs 3 AVG als unbegründet abgewiesen.
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Die Beschwerde, soweit sie die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Unterlassung unmenschlicher und erniedrigender Behandlung gemäß Art 3 EMRK geltend macht, wird gemäß § 67c Abs 3 AVG als unbegründet abgewiesen.
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Der Antrag auf Kostenzuspruch in der Höhe von S 7.413,-- wird als unbegründet abgewiesen.
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Der Beschwerdeführer ist hingegen schuldig gemäß § 79a AVG dem Bund (Bundesminister für Inneres z Hdn der Bundespolizeidirektion Wien) die mit S 6.511,-- bestimmte Verfahrenskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution ab Zugang der Zahlungsaufforderung zu ersetzen.
Begründung:
I. Zuständigkeit
§ 67c Abs 1 lautet:
"Beschwerden nach § 67a Abs 1 Z 2 sind innerhalb von sechs Wochen ab dem Zeitpunkt, in dem der Beschwerdeführer von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt Kenntnis erlangt hat, sofern er aber durch sie behindert war, von seinem Beschwerderecht Gebrauch zu machen, ab dem Wegfall dieser Behinderung, bei dem unabhängigen Verwaltungssenat einzubringen, in dessen Sprengel dieser Verwaltungsakt gesetzt wurde."
§ 67c Abs 2 AVG lautet:
"Die Beschwerde hat zu enthalten:
1.
die Bezeichnung des angefochtenen Verwaltungsaktes,
2.
soweit dies zumutbar ist, eine Angabe darüber, welches Organ den angefochtenen Verwaltungsakt gesetzt hat, und welcher Behörde er zuzurechnen ist (belangte Behörde)
3.
den Sachverhalt,
4.
die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,
5. das Begehren, den angefochtenen Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären,
6. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist."
Die mit 12.9.1994 datierte und eingebrachte Beschwerde wurde somit innerhalb der sechwöchigen Einbringungsfrist gemäß § 67 c AVG fristgerecht erhoben.
Aufgrund des Beschwerdeinhaltes, wonach die Möglichkeit einer Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers durch Akte unmittelbaren Zwanges nicht ausgeschlossen können, ist der Unabhängige Verwaltungssenat Wien sowohl sachlich als auch örtlich zuständig; der Beschwerdeführer ist demnach aktiv beschwerdelegitimiert.
II. In der Beschwerde vom 12.9.1994, bezugnehmend auf die Amtshandlung vom 1.8.1994, wendet sich der Beschwerdeführer gegen die um 23.00 Uhr erfolgte Festnahme sowie "das unnotwendige Anlegen von Handschellen während des Transportes von der Festnahmeörtlichkeit zum Bezirkpolizeikommissariat Wien 10" sowie gegen die auf diesem Transport erfolgten Mißhandlungen.
II.a. Sachverhaltsdarstellung des Beschwerdeführers:
Bereits Mitte Juli wäre der Beschwerdeführer vom Sicherheitswachebeamten mit der Dienstnummer XXXX, während einer Fahrt mit dem Motorrad, beschimpft worden. Am 1.8.1994 wäre dieser und ein anderer Beamter vor dem C Ecke C-gasse/D-gasse aufgrund desselben Motorrades eingeschritten. An dem Motorrad wären die Kennzeichentafeln abgenommen worden. Es habe sich zwischen den Beamten und ihm ein Disput entwickelt, weshalb er sich während der Kennzeichenabnahme vom Fahrzeug entfernt habe. Die Polizisten wären ihm dann "in den Schrebergarten" gefolgt und hätten seinen Ausweis verlangt. Es sei wiederum "zu einer Diskussion" wegen des Motorrades gekommen. Ohne einen Grund zu nennen hätten ihn die Beamten - nach einer vermeintlichen Absprache - festgenommen. Es wären ihm Handschellen angelegt und Faustschläge verabreicht worden. Er wäre abwechselnd gegen Rippen, Bauch, Brust und Kopf als auch in die Hoden geschlagen worden. Während des gesamten Transportes wäre er geschlagen, mißhandelt und getreten worden. Er wäre schließlich im Kommissariat 10 in den Arrest abgegeben worden und er habe wegen Ruhestörung eine Geldstrafe erhalten. In weiterer Folge wäre er in den Gerichtsgewahrsam überstellt worden, wo gegen ihn ein Strafverfahren wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt und schwerer Körperverletzung eingeleitet worden ist. Er habe sich in das Lorenz-Böhler-Krankenhaus zur Behandlung begeben und wäre erst am darauffolgenden Montag wieder zur Arbeit gegangen.
II.b. Beschwerdegründe des Beschwerdeführer:
Die geschilderte Vorgangsweise widerspräche Art 3 EMRK, wonach niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden dürfe. Desweiteren sei Art 5 EMRK verletzt worden, wonach die Freiheit eines Menschen nur in den in der EMRK selbst aufgezählten Fällen und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden dürfe. Es möge eine mündliche Verhandlung anberaumt werden und ausgesprochen werden, daß die verfahrensgegenständliche Festnahme als auch das Anlegen der Handschellen sowie die Mißhandlung während des Transportes vom Festnahmeort in das Polizeikommissariat Wien 10 rechtswidrig war.
Es wurde Ersatz der Verfahrenskosten von S 7.413,-- beantragt. II.c. Der Unabhängige Verwaltungssenat ersuchte mit Schreiben vom 22.9.1994 die Bundespolizeidirektion Wien zur Vorlage der Verwaltungs(straf)akten und Erstattung einer Gegenschrift, welche am 20.12.1994, zur Zahl P 1843/a/94, abgefaßt worden war.
II.cc. Sachverhaltsdarstellung der belangten Behörde:
Aufgrund von Anrainerbeschwerden, daß seit mehreren Tagen jemand mit einem Motorrad mit überlautem Motorengeräusch fahre, wären zwei Sicherheitswachebeamten am Tatort eingeschritten. Der Beschwerdeführer habe sich vom gegenüberliegendem Lokal "C" mit verbalen Beschimpfungen in die Amtshandlung eingemischt. Die Charge habe sich daraufhin zum Beschwerdeführer begeben, der jüngere Beamte habe die Amtshandlung gegen den Zulassungsbesitzer weitergeführt. Eine Belehrung über das gesetzte strafbare Verhalten fruchtete beim Beschwerdeführer nicht. Er wurde von der Anzeigenlegung in Kenntnis gesetzt, verharrte aber weiterhin im strafbaren Verhalten nach Übertretungen nach dem Sicherheitspolizeigesetz als auch dem Wiener Landessicherheitsgesetz. Es wurde deshalb die Festnahme angedroht, und um 23.00 Uhr ausgesprochen. Als der dienstführende Beamte die Festnahme ausgesprochen hatte, widersetzte sich der Beschwerdeführer der Aufforderung, zum Sicherheitsdienstkraftwagen mitzukommen. Es mußte deshalb von beiden Sicherheitswachebeamten Körperkraft im Sinne des Waffengebrauchsgesetzes (WGG 1969) eingesetzt werden. Erst ein Faustschlag in das Gesicht konnte den Beschwerdeführer überwältigen, er wurde mit Handschellen am Rücken fixiert und in das Kommissariat 10 überstellt. Wegen der Verwaltungsdelikte war der Beschwerdeführer von der Bundepolizeidirektion Wien bestraft worden. Aufgrund der gerichtlich gesetzten Tatbestände war er über Antrag des JStA Dr S dem gerichtlichen Gefangenenhaus eingeliefert worden. Der Beschwerdeführer war vom Landesgericht Wien in erster Instanz zur Aktenzahl 3a E Vr 8537/94, HV 5591/94 wegen versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt verurteilt worden. Der vom Beschwerdeführer gegen die Beamten ausgesprochene Vorwurf der körperlichen Mißhandlung war von der Strafanstalt Wien zur Zahl 22/St/77468/95 am 1.9.1995 gemäß § 19 StPO zurückgelegt worden.
1. Nach rechtlicher Darstellung der Bundepolizeidirektion Wien gemäß § 177 Abs 1 Zif 1 StPO dürfen Organe der Sicherheitsbehörden Personen, die des Verbrechens oder Vergehens verdächtigt sind, auch ohne schriftliche Anordnung festnehmen, wenn diese auf frischer Tat betreten oder unmittelbar nach Begehung eines Verbrechens oder Vergehens glaubwürdig der Täterschaft beschuldigt werden. Aufgrund der dargelegten Sachverhaltsdarstellung durch die belangte Behörde konnten die einschreitenden Beamten in vertretbarer Weise vom Vorliegen der gerichtlich strafbaren Handlungen der schweren Körperverletzung und des versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt ausgehen, wie es durch das nunmehrige Gerichtsverfahren in erster Instanz bereits bestätigt worden ist. Es wird der Antrag gestellt die Beschwerde hinsichtlich der Festnahme als unbegründet abzuweisen.
2. Zum Vorwurf des unnotwendigen Anlegens von Handschellen und der Mißhandlung des Beschwerdeführers wird die Notwendigkeit des Einsatzes von Körperkraft gemäß § 4 Waffengebrauchsgesetz ins Treffen geführt. Der Beschwerdeführer habe trotz Aufforderung der Festnahme nicht Folge geleistet, weshalb zur Erzwingung und Durchsetzung der rechtmäßigen Festnahme die Anwendung von Körperkraft - als das gelindeste Mittel nach dem Waffengebrauchsgesetz - unausweichlich war. Der Beschwerdeführer habe bei seiner ersten Einvernahme vor der Bundespolizeidirektion Wien keine Mißhandlungsvorwürfe erhoben. Der rechtmäßige Einsatz von Körperkraft im Sinne des WGG kann aber niemals zu einer Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Unterlassung unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung führen, weshalb auch die Beschwerde in diesem Punkt als unbegründet abzuweisen wäre.
II.d. Die Bundespolizeidirektion Wien stellt den Antrag auf Zuspruch für Vorlage- und Schriftsatzaufwand in der Höhe von S 3.043,--.
II.e. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien ersuchte am 27.12.1994 das Landesgericht für Strafsachen Wien zu der zitierten Aktenzahl um Einsichtnahme in den dortigen Gerichtsakt, welches Schreiben am 27.2.1995 urgiert worden war. Am 19.7.1994 teilte das Obelandesgericht Wien zur Zl: 23 Bs 277, 278/95 mit, daß der Akt des Landesgerichtes Wien wegen des anhängigen Berufungsverfahrens dortamts aufliegen.
II.f. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien anberaumte für den 12.9.1995 eine öffentliche mündliche Verhandlung, zu der der Berufungswerber z Hdn seines (damals) ausgewiesenen Rechtsvertreters per 3.8.1995 durch eigenhändige Zustellung rechtskräftig geladen worden war, desweiteren die Bundespolizeidirektion Wien als Verfahrenspartei, sowie die zwei einschreitenden Sicherheitswachebeamten. Am 4.9.1995 war das Vollmachtsverhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Beschwerdevertreter aufgekündigt worden.
II.f.1. Der Beschwerdeführer war unentschuldigt der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 12.9.1995, um 9.00 Uhr, ferngeblieben. Auch das Zuwarten bis 9.10 Uhr war erfolglos geblieben, weshalb die Verhandlung in Abwesenheit des Beschwerdeführers (oder eines allfälligen Vertreters) durchzuführen war.
II.f.2. Der dienstführende Sicherheitswachebeamte gab zeugenschaftlich zu Protokoll:
"Ich wohne in der Nähe des Tatortes und kennen mich auch einige Anrainer als SWB. Ich war deshalb bereits - im Sinne des Beschwerdevorbringens - einige Zeit vor dem beschwerdegegenständlichen Sachverhalt mit dem Bf in Kontakt getreten, und hatte ihn gebeten, etwas gegen den übermäßigen Verkehrslärm seines FZ zu unternehmen. Es wurde aber weder damals als auch bei der eigentlichen Amtshandlung kein Verständnis vom Bf gezeigt.
Konkrete Vorwürfe wurden zu diesem Ereignis im Juli 1994 nicht erhoben.
Als Insp xxx und ich am 1.8.1994 wiederum wegen des Verkehrslärms des Motorrades eingeschritten sind, sprachen wir vorerst mit dem Zulassungsbesitzer dieses FZ. Diese Person ist vom Bf verschieden und hat mit dem gegenständlichen Vorfall nichts zu tun. Ungeachtet dieser Amtshandlung mit dem Zulassungsbesitzer mischte sich jedoch der Bf dazwischen, indem er fortwährend vom Lokal heraus (von der gegenüberliegenden Straßenseite) uns beschimpfte. Ich schenkte dem Bf vorerst keine Beachtung, aufgrund der Vielzahl der anwesenden Passanten war es jedoch unvermeidlich, daß ich dem Bf auf sein Fehlverhalten hinweisen mußte. Ich ging deshalb zu ihm und forderte ihn auf, seine Beschimpfungen einzustellen. Nach Androhung der Anzeige wegen SPG-Delikten, folglich Anzeigenverständigung, und Androhung der Festnahme mußte ich wegen Verharrens des Bf die Festnahme aussprechen.
Als die Festnahme ausgesprochen war und ich den Bf aufforderte mitzukommen, wurde dieser revident und setzte sich gewaltsam gegen die Festnahme zur Wehr. Insp Sch kam mir deshalb zur Hilfe und wurde der Bf gemeinsam überwältigt, wobei sowohl mein Kollege als auch der Bf leichte Verletzungen davon trugen.
Zu dem Schlag ins Gesicht gebe ich an, daß sich eine derartige Amtshandlung, bei der Körperkraft anzuwenden ist, erfahrungsgemäß ziemlich rasch abspielt und nicht lange Zeit zum überlegen bleibt, wo nun der effektivste oder auch gelindeste Schlag angebracht werden kann. Der Bf setzte "karateähnliche" Angriffe, weshalb primär die Verteidigung als auch die Durchsetzung der Festnahme im Vordergrund standen.
Der Bf wurde vor der Überstellung mittels VW-Bus am Rücken geschlossen. Die Mißhandlungsvorwürfe während der Überstellungsfahrt stimmen nicht. Der Bf saß relativ friedlich mit Insp xxx im Fond des VW-Busses, ich lenkte ihn.
Wenn "Watschen" im Bus ausgeteilt worden wären, so wäre mir das sicherlich aufgefallen. Ich wüßte auch nicht, weshalb dem Bf Haare ausgerissen werden hätten sollen.
Weshalb der Bf, der im übelsten Dialekt mit uns sprach und uns auch beschimpfte, sich dagegen verwehrt, daß auch die SWB im Dialekt ihm geantwortet hätten, ist mir unklar."
II.f.3. Der zweite Sicherheitswachebeamte gab zu Protokoll:
"Ich führte zunächst die Amtshandlung gegen den Zulassungsbesitzer, als der Bf vom gegenüberliegenden Lokal zu uns herüberschimpfte. Mein Kollege ging in weiterer Folge zum Bf hinüber, konnte ihn aber offenkundig nicht beruhigen. Obwohl ich noch auf der gegenüberliegenden Straßenseite beim Motorrad mich befunden hatte, konnte ich deutlich die Beschimpfungen des Bf wahrnehmen. Als ich meine Amtshandlung beendet hatte, ging ich zu G hinüber, der eben dem Bf die Festnahme androhte und in weiterer Folge auch aussprechen mußte.
Als der Bf aufgefordert wurde mitzukommen, widersetzte er sich, wobei es für mich den Anschein hatte, daß der Bf irgendeine Kampfsportart beherrscht, so ähnlich wie Kick-Boxen, da er mich als auch G systematisch attackierte. Der Bf hatte auch auf seinen Schuhen irgendwelche Eisenteile, mit welchen er mich auf meinem rechten Handgelenk verletzte.
Aufgrund der Heftigkeit dieser Angriffe, konnte ich nicht lange überlegen, wie und an welcher Stelle ich die anzuwendende Körperkraft einsetzen werde. Ich versetzte demnach dem Bf den erwähnten Faustschlag.
Mehrere Versuche eine Armwinkelsperre anzulegen, blieben vorerst erfolglos. Erst nachdem ich fester zugeschlagen hatte, konnte der Bf überwältigt und am Rücken geschlossen werden.
Darüberhinausgehende Tätlichkeiten wurden von mir nicht entfaltet, im Gegenteil, bei der Überstellung im VW-Bus gebärdete sich der Bf ziemlich ruhig. Besonders in den nachfolgenden Niederschriften war der Bf durchaus schuldeinsichtig.
Die Mißhandlungsvorwürfe, respektive während der Überstellung, sind unhaltbar.
Daß ich teilweise mit dem Bf im Dialekt gesprochen habe, ist zwar nicht beschwerdegegenständlich, bestreite ich aber auch nicht. Ich habe den Bf weder an den Ohren gezogen, noch Haare ausgerissen, noch im VW-Bus gegen die Wand getreten. G lenkte den VW-Bus, und konnte in dieser Eigenschaft gar keine Mißhandlungen setzen."
II.f.4. Der Behördenvertreter legt den Untersuchungsbefund des AA vor, wonach beim Beschwerdeführer unmittelbar nach der Festnahme frische Prellungen und Schwellungen über dem linken Auge diagnostiziert worden war. Er hält fest, daß im gerichtlichen Handakt kein anderer medizinischer Befund über den Beschwerdeführer vorliegt und stellt den Antrag auf Zuspruch für Verhandlungsaufwand. Das Beweisverfahren wurde in Ermangelung weiterer Anträge - respektive von Seiten des Beschwerdeführers - geschlossen.
III. Aufgrund der aufgenommenen und vorliegende Beweise hat der Unabhängige Verwaltungssenat Wien erwogen:
Die Beschwerde war als unbegründet abzuweisen.
III.a. Sachverhaltsfeststellung
Am 1.8.1994 gegen 22.45 Uhr intervenierten zwei Sicherheitswachebeamten gegen den Zulassungsbesitzer eines Motorfahrrades in Wien 10., C-gasse/D-gasse in der Nähe des dort etablierten Lokales C. Der Beschwerdeführer mischte sich von der gegenüberliegenden Straßenseite (aus dem Lokal heraus) in diese geführte Amtshandlung ein, in dem er die Beamten grob beschimpfte und sinngemäß aufforderte, sie mögen ihr Einschreiten unterlassen. Der dienstführende Beamten begab sich, da die Beschimpfungen über längere Zeit fortgesetzt worden waren, zu dem Beschwerdeführer und machte ihn auf sein strafbares Verhalten aufmerksam. Da der Beschwerdeführer die Übertretungen, welche von der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Favoriten, zur Aktenzahl Pst 5181/F/94, rechtskräftig bestraft worden war, unablässig fortsetzte, mußte - nach mehrmaliger Androhung - um 23.00 Uhr die Festnahme ausgesprochen werden.
Der Beschwerdeführer widersetzte sich der rechtmäßigen Durchsetzung der Festnahme, indem er beide Sicherheitswachebeamte attackierte. Der Beschwerdeführer setzte gezielte Angriffe gegen die Sicherheitswachebeamten, die die Festnahme durchzusetzen hatten, und konnte letztlich nur unter Anwendung von Körperkraft überwältigt werden. In weiterer Folge waren ihm die Hände durch Anlegen von Handfesseln auf den Rücken geschlossen worden und er war mit dem Sicherheitsdienstkraftwagen (ein VW-Bus) in das Kommissariat 10 überstellt worden. Über gerichtlichen Auftrag war er dem gerichtlichen Gefangenenhaus eingeliefert worden. III.b. Beweiswürdigung
Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren stehen einander die im erheblichem Umfang divergierenden Darstellungen bzw Aussagen des Beschwerdeführers einerseits als auch der belangten Behörde sowie der einvernommenen beamteten Zeugen gegenüber. In derartigen Fällen hat die erkennende Behörde nach bestem Wissen und Gewissen die aufgenommenen Beweise nach dem offenkundigen Wahrheitsgehalt zu beurteilen, ohne aber an normierte Beweisregeln gebunden zu sein. Nach den hieramts aufgenommenen, nunmehr vorliegenden Beweisen konnte die getroffene Sachverhaltsfeststellung aufgrund ausreichender und gesicherter Anhaltspunkte, welche zu der gezogenen Schlußfolgerung Anlaß gab, vorgenommen werden. Die erkennenden Behörden schenkt den Angaben und dem Vorbringen des Beschwerdeführers keinen Glauben und folgt der Darstellung der Bundespolizeidirektion Wien, untermauert durch die zeugenschaftliche Aussage der beiden einschreitenden Sicherheitswachebeamten. Das Beschwerdevorbringen steht in augenfälligem Widerspruch zu der Verantwortung des Beschwerdeführers, die er unmittelbar nach seiner Festnahme vor dem einvernehmenden Behördenvertreter der Bundespolizeidirekton Wien gegeben hatte. Wenngleich das gegen den Beschwerdeführer geführte gerichtliche Verfahren vor dem Landesgericht Wien, zur Aktenzahl 3a E Vr 8537/94, HV 5591/94, nicht rechtskräftig geworden ist, ist die Beurteilung durch ein unabhängiges Gericht unter dem Gesichtspunkt der Glaubwürdigkeit der Aussagen der einschreitenden Sicherheitswachebeamten heranzuziehen. Die Mißhandlungsvorwürfe, die der Beschwerdeführer ausgesprochen hatte, sind durch nichts zu belegen. Die beim Beschwerdeführer aufgetretenen Verletzungen, die auch der ihm untersuchende Polizeiamtsarzt nach der Angabe in den Arrest festgestellt hatte und auf dem Haftbericht vermerkt hatte, können keiner unter Mißhandlungsabsicht gesetzten Gewaltanwendung zugeordnet werden. Vielmehr hatte der Beschwerdeführer aufgrund der vorliegenden Beweise nach ausgesprochener Festnahme offenkundig versucht, sich dieser durch Anwendung von Körperkraft zu widersetzen, weshalb auch die einschreitenden Sicherheitswachebeamten dazu verhalten waren, gegen den Beschwerdeführer mit angemessener Körpergewalt vorzugehen. Der Beschwerdeführer hat es insbesondere unterlassen, die erhobenen Vorwürfe durch medizinische Gutachten oder durch Nennung von Zeugen zu untermauern; obwohl er in der Beschwerdeeingabe angeführt hatte, "Freunde" hätten ihn auf das Kommissariat begleitet und könnten sein Vorbringen bestätigen. Besonders dem diensterfahrenen, älteren Sicherheitswachebeamten ist ruhiges und besonnenes Einschreiten aufgrund des Eindruckes, den er vor der ermittelten Behörde hinterlassen hatte, zuzusinnen, weshalb für den Vorwurf des ungerechtfertigten und unangemessenen Einschreitens kein Raum bleibt. III.c. Zur Beschwerde wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich geschützen Rechts auf Schutz der persönlichen Freiheit durch die Festnahme am 1.8.1994, um 23.00 Uhr:
§ 35 Zif 3 VStG lautet:
"Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienste dürfen außer den gesetzlich besonderst geregelten Fällen, Personen, die auf frischer Tat betreten werden, zum Zwecke ihrer Vorführung vor der Behörden festnehmen, wenn der Betretene trotz Abmahnung in der Fortsetzung in der strafbaren Handlung verharrt oder sie zu wiederholen sucht."
§ 36 VStG lautet:
(1) "Jeder Festgenommene ist unverzüglich der nächsten sachlich zuständigen Behörde zu übergeben oder aber, wenn der Grund der Festnahme schon vorher wegfällt, freizulassen. Er ist ehestens, womöglich bei seiner Festnahme, in einer ihm verständlichen Sprache über die Gründe seiner Festnahme und die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen zu unterrichten. Die Behörde hat den Angehaltenen unverzüglich zu vernehmen. Er darf keinesfalls länger als 24 Stunden angehalten werden.
(2) Bei der Festnahme und Anhaltung ist unter Achtung der Menschenwürde und mit möglichster Schonung der Person vorzugehen. Für die Anhaltung gilt § 53 c Abs 1 und 2 sinngemäß; das Erfordernis genügenden Tageslichtes kann jedoch entfallen, sofern ausreichende künstliche Beleuchtung vorhanden ist.
(3) Dem Festgenommenen ist ohne unnötigen Aufschub zu gestatten, einen Angehörigen oder eine sonstige Person seines Vertrauens und einen Rechtsbeistand zu verständigen; über dieses Recht ist der Festgenommene zu belehren. Bestehen gegen eine Verständigung durch den Festgenommenen selbst Bedenken, so hat die Behörde die Verständigung vorzunehmen."
Die vom Berufungswerber gesetzen Verwaltungsstraftatbestände nach dem Sicherheitspolizeigesetz bzw nach dem Wiener Landessicherheitsgesetz sind von der Bundespolizeidirektion Wien zur Aktenzahl Pst 5181/94 (Bezirkspolizeikommissariat Favoriten) rechtskräftig bestraft worden. Der Verfassungsgerichtshof hat in ständiger Rechtssprechung (B 1310/90 vom 30.11.199O) den Standpunkt vertreten, daß für die Rechtmäßigkeit der Festnahme alleine ausschlaggebend ist - unter Bezugnahme auf die vorliegenden subjektiv wahrzunehmenden und bewertenden Fakten durch den Einschreiter - daß, das die Festnahme aussprechende Sicherheitswacheorgan vertretbarerweise davon ausgehen hatte können, daß der Beschwerdeführer durch sein Verhalten einen strafbaren Tatbestand begangen hatte. Im Hinblick auf die aufgenommenen Beweise und die darauffolgende Sachverhaltsfeststellung, war diese Annahme - bezeugt durch zwei Sicherheitswachebeamte - jedenfalls gerechtfertigt. Der Beschwerdeführer hatte offenkundig mehrere Verwaltungsstraftaten gesetzt und war - ungeachtet wiederholter Aufforderung dieses strafbare Verhalten einzustellen, nach erfolgter Androhung der Festnahme - in der Fortsetzung der strafbaren Handlung verharrt, sodaß die Festnahme gemäß § 35 Zif 3 VStG als rechtmäßig anzusehen ist. Insoweit sich die Bundespolizeidirektion Wien in der zitierten Gegeschrift vom 20.12.1994, Zl P 1843/a/94, auf § 177 Abs 1 Zif 1 StPO für die Durchsetzung der Festnahme beruft, war ihr in ihren rechtlichen Erwägungen deshalb nicht zu folgen, da der Widerstand gegen die Staatsgewalt - wie sich die Sachlage der erkennenden Behörde nunmehr darstellt - erst nach der ausgesprochenen Festnahme, aufgrund des Vorliegens mehrerer Verwaltungsstraftatbestände, gesetzt worden war; und es ist demnach der ursprüngliche Festnahmegrund einer Prüfung durch den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien zu unterziehen.
Die Festnahme war aber auch unter diesem Gesichtspunkt gerechtfertigt.
III.d. Zur Beschwerde wegen behaupteter Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Schutz vor erniedrigender Behandlung:
Zunächst ist an die Feststellung anzuknüpfen, daß sich für die erkennende Behörde kein konkreter Anhaltspunkt dafür ergeben hat, daß die gegen den Beschwerdeführer einzusetzende Gewalt in unangemessener oder in einer mit den angestrebten Zielen (der Durchsetzung der Festnahme) unvereinbarer Form angewendet worden wäre, oder daß die Sicherheitswachebeamten dem Beschwerdeführer sonst in einer in dem Schutzbereich des Art 3 MRK fallenden herabsetzenden oder demütigenden Art und Weise behandelt hätten. Vielmehr hat das Beweisverfahren gerade ergeben, daß für die erhobenen Mißhandlungsvorwürfe kein Raum bleibt, die von den Sicherheitswachebeamten zur Durchsetzung der Festnahme angewandte Körperkraft, welche die von einschreitenden Amtsarzt diagnostizierten Verletzungen zur Folge hatten, bedingten aber keiner Verletzung des Art 3 MRK (hiezu wird auch auf die Ausführungen der Bundespolizeidirektion Wien in ihrer Gegenschrift, Seite 7) verwiesen. Es ist weiters ständige Rechtsprechung, daß die Anwendung von Körperkraft im Sinne der Bestimmungen des WGG 1969 für sich alleine noch kein verpöntes Verhalten im Sinne der Schutzbestimmung des Art 3 MRK darzustellen vermag (vgl VfSlG 12747, ua). Die vom Beschwerdeführer besonders auf den Beamten mit der Dienstnummer XXXX projezierte Mißhandlungsabsicht konnte im Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien keine Bestätigung erfahren; besonderst der Umstand, daß gerade jener Beamte während der Überstellung den VW-Bus lenkte erhält einmal mehr die Unschlüssigkeit des Beschwerdevorbringens.
Die Beschwerde war daher im gesamten Umfang als unbegründet abzuweisen.
IV. Kosten
Der Beschwerdeführer hat in seiner - noch vertretenen Eingabe - eine Kostenersatz von S 7.413,-- (Schriftsatzaufwand) begehrt, da er jedoch nicht obsiegende Partei ist, konnte diesem Antrag nicht gefolgt werden.
Der Bundespolizeidirektion war hingegen als obsiegender Partei gemäß § 48 f Verwaltungsgerichtshofgesetz, BGBl 10/1985, im Zusammenhalt mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7.6.1994 BGBl 116/1994 Art I lit B Zif 4,5 u 6, für Vorlage,- Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand Ersatz in der Höhe von insgesamt S 6.511,-- zuzuerkennen.