Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
VStG §1 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde des OK in W, vertreten durch PP, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 6. August 1998, Zl. UVS- 04/A/41/00337/95, betreffend Übertretung der Bauordnung für Wien (weitere Partei des Verfahrens: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aufgrund des Vorbringens in der Beschwerde, des vorgelegten, angefochtenen Bescheides sowie der vorliegenden Akten des Verwaltungsverfahrens geht der Verwaltungsgerichtshof von folgendem Sachverhalt aus:
Der Beschwerdeführer ist (zu 10/12) Miteigentümer eines Hauses in Wien. Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien (MA 37) vom 14. Mai 1991 war ihm (sowie einem weiteren Miteigentümer) der Auftrag erteilt worden, innerhalb von acht Wochen alle sieben Rauchfangköpfe des Hauses in Stand zu setzen und näher bezeichnete schadhafte Kehrtürchen erneuern zu lassen.
Mit Strafverfügung des Magistrates der Stadt Wien, MBA 9, vom 5. August 1993, wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe als Eigentümer jenes Hauses in der Zeit vom 25. Juni 1991 bis 26. Juli 1993 insofern nicht dafür gesorgt, dass die Baulichkeiten in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften der Bauordnung für Wien entsprechendem Zustand erhalten worden seien, als er
1.
alle sieben Rauchfangköpfe nicht in Stand gesetzt und
2.
jene schadhaften Kehrtürchen nicht habe erneuern lassen.
Er wurde hiefür (zu jedem Punkt) mit jeweils S 3.000,-- (jeweils drei Tagen Ersatzfreiheitsstrafe), zusammen daher mit S 6.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von insgesamt sechs Tagen) bestraft.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Einspruch.
Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens wurde dem Beschwerdeführer mit dem (am 21. Juni 1995 zugestellten) erstinstanzlichen Straferkenntnis vom 16. Juni 1995 (weiterhin) zur Last gelegt, dass er
1.
alle sieben Rauchfangköpfe nicht in Stand gesetzt und
2.
jene (sechs) schadhaften Kehrtürchen nicht habe erneuern lassen,
wobei allerdings der Tatzeitraum auf den Zeitraum vom 6. Oktober 1992 bis 26. Juli 1993 eingeschränkt wurde. Zu Punkt 1. wurde über ihn eine Geldstrafe von S 30.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 30 Tagen) und zu Punkt 2. eine Geldstrafe von S 15.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 15 Tagen) verhängt.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung. Am 12. Dezember 1995 fand vor der belangten Behörde eine Berufungsverhandlung statt, in welcher (in Gegenwart eines Vertreters des Beschwerdeführers; die erstinstanzliche Behörde hatte auf eine Teilnahme verzichtet) der angefochtene Berufungsbescheid verkündet wurde.
Mit dem angefochtenen Bescheid (datiert mit 6. August 1998) hat die belangte Behörde, soweit für das Beschwerdeverfahren erheblich, der Berufung (nur) insofern Folge gegeben, als statt der beiden mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis verhängten Strafen eine einzige Geldstrafe in Höhe von S 45.000,-- verhängt und die Ersatzfreiheitsstrafe auf insgesamt zehn Tage herabgesetzt wurde.
Soweit für das Beschwerdeverfahren erheblich, heißt es begründend insbesondere, die Mängel seien derart gravierend gewesen, dass es einerseits zu einem Feuerwehreinsatz gekommen (Anmerkung: dabei wurden lose und absturzgefährdete Bauteile beseitigt), andererseits für das gegenständliche Haus ein Heizverbot erlassen worden sei. Dies bedeute, dass eine unmittelbare Gefahr für das Leben und die Gesundheit von Personen gegeben gewesen sei, weshalb der Unrechtsgehalt der Tat sehr schwerwiegend sei.
Auch das Verschulden des Beschwerdeführers sei erheblich gewesen, habe er doch die gegenständlichen Mängel gekannt und diese über einen langen Zeitraum nicht saniert. Dabei habe er wissentlich gehandelt.
Unter Berücksichtigung dieser Strafzumessungsgründe "sowie anzunehmender guter Einkommens- und Vermögensverhältnisse (Angaben über Einkommen und Vermögen wurden verweigert, sind jedoch bei einem Steuerberater als zumindest gut anzunehmen, zudem liegt der Miteigentumsanteil am gegenständlichen Haus vor)" erscheine die verhängte Geldstrafe auch unter Bedachtnahme auf die im Gesetz vorgesehene Strafobergrenze tat- und schuldangemessen, zumal eine einschlägige Vorstrafe vorliege.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der nach Einleitung des Vorverfahrens mit Beschluss vom 11. Juni 2001, B 1824/98-7, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie (mit den Verwaltungsakten) dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
In der über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer bringt vor, es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die belangte Behörde nicht von einer Strafbarkeitsverjährung im Sinne des § 31 Abs. 3 VStG ausgegangen sei, weil sowohl seit Ende des Tatzeitraumes als auch seit der Erlassung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses bis "zur Fällung des Berufungsbescheides" der belangten Behörde mehr als drei Jahre verstrichen seien, sodass die Berufungsbehörde verhalten gewesen wäre, den erstinstanzlichen Bescheid aufzuheben.
Diese Auffassung trifft nicht zu, weil die Berufungsentscheidung am 12. Dezember 1995, somit (im Sinne der Verjährungsbestimmungen) rechtzeitig verkündet wurde. Darauf kommt es entscheidend an; Verjährung ist somit nicht eingetreten. Die geradezu exorbitant verspätete Ausfertigung (und daher auch Zustellung) dieser Entscheidung, für die die Aktenlage keine Erklärung bietet, vermochte daran nichts zu ändern, weil das Gesetz keine Sanktion für einen solchen Ausfertigungsverzug vorsieht.
In der Sache selbst ist dem Beschwerdeführer Folgendes zu entgegnen:
Mit der Novelle BGBl. Nr. 620/1995 wurde dem § 49 Abs. 2 VStG folgender letzter Satz angefügt:
"In dem aufgrund des Einspruches ergehenden Straferkenntnis darf keine höhere Strafe verhängt werden als in der Strafverfügung."
Gemäß § 66b Abs. 7 VStG (in der Fassung dieser Novelle) ist dieser (neue) letzte Satz des § 49 Abs. 2 VStG für Bescheide anzuwenden, die nach dem 30. Juni 1995 erlassen werden.
Da das erstinstanzliche Straferkenntnis vor Ablauf des 30. Juni 1995 erlassen wurde, galt vorliegendenfalls das mit dieser Novelle eingeführte "Verschlechterungsverbot" nicht (siehe dazu im Übrigen auch Ringhofer, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze II, E 21 ff zu § 49 VStG). Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist auch aus § 1 Abs. 2 VStG nicht abzuleiten, dass dennoch (ungeachtet der Übergangsbestimmungen der Novelle BGBl. Nr. 620/1995) dieses "Verschlechterungsverbot" hier zu gelten hätte, zumal diese Norm auf den Zeitpunkt des erstinstanzlichen Straferkenntnisses abstellt. Ebensowenig hatte die belangte Behörde bei der Strafzumessung so vorzugehen, als würde dieses "Verschlechterungsverbot" auch schon vorliegendenfalls gelten.
Die belangte Behörde hat die Strafzumessung schlüssig begründet. Der Beschwerdeführer vermag diesbezüglich keine Rechtswidrigkeit aufzuzeigen. Insbesondere bestreitet er nicht, dass er Steuerberater war und seine Vermögens- und Einkommensverhältnisse verschwiegen hatte. Eine allfällige zwischenzeitige Änderung seiner (nicht bekanntgegebenen) seinerzeitigen wirtschaftlichen Verhältnisse infolge Pensionierung vermag keine Rechtswidrigkeit des bekämpften Strafausspruches zu begründen. Auch aus dem - nicht weiter konkretisierten - Hinweis in der Beschwerdeergänzung, es liege "bereits eine Abbruchbewilligung vor", ein Abbruch des Gebäudes stehe bevor, die Strafe sei daher überhöht, ist für den Beschwerdeführer schon im Hinblick auf die von der belangten Behörde - unbestritten - aufgezeigte Gefährlichkeit der Mängel nichts zu gewinnen (wozu noch eine einschlägige Vorstrafe kommt). Damit erübrigt sich eine Prüfung der Frage, ob es sich bei diesem nicht konkretisierten Vorbringen, es liege bereits eine Abbruchbewilligung vor, nicht überhaupt um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung (§ 41 VwGG) handelt.
Da somit schon das Vorbringen der Beschwerde erkennen lässt, dass die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren und ohne weitere Kostenbelastung für den Beschwerdeführer gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Damit erübrigt sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Wien, am 9. Oktober 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2001050333.X00Im RIS seit
19.02.2002