Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch die Kammermitglieder unter Vorsitz von Dr. Helmut Pollak, Berichter Dr. Herbert Thaller und Beisitzer Dr. Gerhard Wittmann über die Berufung des Herrn R.M., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Helmut Klementschitz, 8010 Graz, gegen Punkt 3.) und 4.) des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung, vom 22.03.1994, GZ.: 15.1 1993/11967, wie folgt entschieden:
I.)
Die Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) soweit sie sich gegen Punkt 3.) und 4.) richtet, mit der Maßgabe abgewiesen, daß der Ersatzarrest auf je 6 Tage herabgesetzt wird.
II.)
Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Einzelmitglied Dr. Herbert Thaller über die Berufung des Herrn R.M., geb. am 26.12.1949, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Helmut Klementschitz, 8010 Graz, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung, vom 22.03.1994, GZ.:
15.1 1993/11967, soweit sie sich gegen Punkt 1.) und 2.) richtet, wie folgt entschieden:
Die Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) abgewiesen.
Als Verfahrenskostenbeitrag für das Verfahren der zweiten Instanz hat der Berufungswerber zu den Punkten 1.) und 2.) je S 400,-- binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstiger Exekution zu leisten.
Mit oben genannten Straferkenntnis wurden dem Berufungswerber vier Übertretungen der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung zur Last gelegt:
Zu 1.) des Straferkenntnisses die Übertretung des § 59 Abs 1 AAV, welche vom Berufungswerber dadurch
begangen wurde, daß auf der Baustelle keine geeignete fachkundige Person bestellt worden war, die die notwendigen Schutzmaßnahmen für das Befahren eines Brunnens schriftlich anordnete. Diese Anordnung hätte deshalb erfolgen müssen, da bei der herrschenden Wetterlage (meist heißes, trockenes Wetter) mit dem Mangel an Sauerstoff im Brunnenschacht zu rechnen gewesen sei. Für diese Übertretung wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von S 2.000,-- (im Uneinbringlichkeitsfall 1 Tag Ersatzarrest) verhängt; Zu 2.) des angefochtenen Straferkenntnisses die Übertretung des § 59 Abs 4 der AAV, da der Schacht befahren worden war, ohne daß sich eine Aufsichtsperson über die angeordneten
Schutzmaßnahmen (z.B. Einblasen von Frischluft in den Schacht) überzeugt hätte, und die Ausführung der angeordneten Schutzmaßnahmen auch von ihr überprüft worden wäre, und diese Person hierüber eine schriftliche Befahrerlaubnis erteilt hätte. Wegen dieser Übertretung wurde über den Berufungswerber ebenfalls eine Geldstrafe von S 2.000,--, im Uneinbringlichkeitsfall 1 Tag Ersatzarrest, verhängt;
Zu 3.) des angefochtenen Straferkenntnisses die Übertretung des § 59 Abs 13 letzter Satz AAV, da die Prüfung des Sauerstoffgehaltes vor und während des Befahrens des Schachtes mit einem Sauerstoffmeßgerät bzw. Warngerät nicht erfolgt sei, obwohl bei der herrschenden Wetterlage mit einem Sauerstoffmangel im Schachtinneren zu rechnen gewesen sei. Wegen dieser Übertretung wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von S 20.000,--, im Uneinbringlichkeitsfall 10 Tage Ersatzarrest, verhängt;
Zu 4.) des angefochtenen Straferkenntnisses die Übertretung des § 59 Abs 10 AAV, da der Einfahrende nur mit einem Materialkübel, der am Seilende der Winde befestigt gewesen sei, geborgen hätte werden können. Wegen dieser Übertretung wurde über den Berufungswerber ebenfalls eine Geldstrafe von S 20.000,--, im Uneinbringlichkeitsfall 10 Tage Ersatzarrest, verhängt.
Diese Übertretungen seien dem Berufungswerber als Inhaber der Fa. R.M., Brunnenbau, Pumpenanlagen, Baggerarbeiten mit dem Sitz in D., F. 14, verwaltungsstrafrechtlich zuzuordnen und anläßlich der durchgeführten Kontrolle der Baustelle in K., Parkplatzabfahrt der A 9, am 4.7.1993 festgestellt worden. In der Begründung des Straferkenntnisses führt die belangte Behörde aus, daß die Ermittlung des Sauerstoffgehaltes im Brunnenschacht lediglich mit einer brennenden Kerze keine ausreichende geeignete
Maßnahme zur Feststellung der Sauerstoffkonzentration darstelle. Die Unkenntnis der gesetzlichen Lage schütze den Beschuldigten nicht vor Strafe; bei der Strafbemessung sei als mildernd nichts gewertet worden. Gegen dieses Straferkenntnis wurde rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter das Rechtsmittel der Berufung erhoben, in der behauptet wurde, es sei eine geeignete fachkundige Person, die die notwendigen
Schutzmaßnahmen für das Befahren angeordnet habe, bestellt worden. Dies sei Herr A.R. gewesen. Zudem werde ebenfalls bestritten, daß aufgrund der herrschenden Wetterlage mit dem Mangel an Sauerstoff im Brunnenschacht zu rechnen gewesen sei,
insbesondere deshalb, da zwar am 4.7.1993 extreme
Hitze geherrscht habe, dies jedoch keine länger
herrschende Wetterlage gewesen sei. Aus diesem Grunde sei auch nicht mit einem Sauerstoffmangel im Brunnenschacht zu rechnen gewesen. Darüber hinaus
habe der Berufungswerber seine Arbeiter angewiesen, bei derartigen Hitzeeinflüssen und auch sonst immer mittels dem von ihm bereitgestellten Kompressor über Schläuche eine ausreichende Sauerstoffzufuhr zu bewirken. Um auch den Sauerstoffgehalt messen zu können, hätten die Arbeiter den Auftrag gehabt, die Kerzenprobe durchzuführen. Die Kerzenprobe sei zur Sauerstoffmessung ausreichend und dem Beschuldigten sowohl in der Berufsschule als auch bei der Meisterprüfung gelehrt worden. Es sei der verunglückte Arbeiter selbst für den Arbeitsunfall verantwortlich gewesen, da er nicht der Anweisung entsprechend Luft mittels Kompressor in den Brunnenschacht geblasen
habe. Ebenfalls bestritten wird in der Berufung, es hätte kein Sicherheitsgeschirr gegeben, da der verunfallte A.R. auch rasch geborgen worden sei. Bezüglich der Strafhöhe seien einerseits die wirtschaftlichen Verhältnisse nicht berücksichtigt und andererseits Erschwerungs- und Milderungsgründe falsch angewandt worden. Es bestehe beim Berufungswerber Unbescholtenheit und liege ein Sachgeständnis vor, welche Umstände zusammen mit
der nicht bestehenden Folge einer etwaigen Verwaltungsübertretung als Milderungsgründe heranzuziehen gewesen wären. Abschließend stellt der Berufungswerber die Anträge das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen und den Bescheid zu beheben, in eventu an die erste Instanz zur neuerlichen Sachverhaltsermittlung zurückzuverweisen, in eventu eine geringere Strafe zu verhängen.
Der Unabhängige Verwaltungssenat beraumte eine öffentliche, mündliche Verhandlung an, zu der neben dem Berufungswerber und der belangten Behörde auch
die mitbeteiligte Partei und die Zeugen A.R. und B. geladen und einvernommen wurden. Aus den Angaben
der mitbeteiligten Partei in der mündlichen Verhandlung, den Angaben des Berufungswerbers und den Zeugenangaben ergibt sich daher folgender als erwiesen angenommener Sachverhalt:
Der Berufungswerber führt ein Brunnenbauunternehmen, in welchem zum Tatzeitpunkt Juli 1993 insgesamt 7 Arbeiter beschäftigt waren, und zwar ein Facharbeiter, drei angelernte Arbeiter, zwei Hilfsarbeiter und der Sohn des Berufungswerbers. Auf der strafgegenständlichen Baustelle waren der angelernte Arbeiter A.R., der damals bereits 3 Jahre für den Berufungswerber gearbeitet hatte, und der Hilfsarbeiter D. beschäftigt. A.R. hatte vor Arbeitsaufnahme im Betrieb des Berufungswerbers in Marburg in einer Autobatteriefabrik gearbeitet. Der Berufungswerber hatte A.R. als zuständigen Vorarbeiter für die gegenständliche Baustelle eingeteilt. Der Berufungswerber ordnete an, vor Arbeitsbeginn im Brunnenschacht Wasser abzupumpen und Luft in den Brunnenschacht zu leiten. Der Berufungswerber besaß weder zum damaligen Zeitpunkt noch zur Zeit der mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat, knapp 2 1/2 Jahre nach dem Vorfall, ein Gasspürgerät. A.R. ist der deutschen Sprache zwar in Wort aber nicht in Schrift mächtig, er kann die deutsche Sprache weder schreiben noch lesen.
Die beiden Arbeitnehmer kamen am 4.7.1993 um ca. 08.15 Uhr auf die Brunnenbaustelle, als sich A.R., ohne vom Vorgesetzten eine schriftliche Befahrerlaubnis erteilt bekommen zu haben, noch daß er selbst eine solche Befahrerlaubnis erteilt hatte, in den Brunnenschacht stieg, um Ausschalungsarbeiten vorzunehmen.
Weisungsgemäß hatte der Berufungswerber nur das Wasser im Schacht ausgepumpt. Ein Einblasen von Luft mittels Kompressor fand nicht statt. Zum Abstieg benützte A.R. nicht das an sich vorgesehene Bergeseil und den Bergegurt, die damals im Auto verblieben waren,
sondern bediente sich des Materialliftes, um in den Schacht zu gelangen. Dort brach A.R. zusammen, der dann, nachdem ein anderer Arbeiter, der auf der Baustelle zufällig anwesend war, Luft in den Brunnenschacht geblasen hatte, durch das Wiedererlangen des Bewußtseins mit dem Materiallift geborgen werden konnte. Die herrschende Wetterlage
war eine sehr beständige Hitze und entgegen den Ausführungen in der Berufung eine, die bereits über zumindestens zwei Wochen lang andauerte. Der Berufungswerber selbst gab in der mündlichen Verhandlung an, keine Kenntnisse davon zu haben, daß Erlaubnisse zum Befahren von Brunnenschächten schriftlich zu erteilen sind. Laut Aussage A.R.s führte der Berufungswerber Baustellenbesuche durch, welche aber nicht täglich erfolgten.
Der ermittelte Sachverhalt ergibt sich, wie bereits oben ausgeführt, aus den Angaben des Berufungswerbers und vorwiegend des Zeugen A.R.. Selbst die Angaben des Berufungswerbers konnten, da sie glaubhaft erschienen, der Entscheidung zugrunde gelegt werden.
Die gemäß § 51 Abs 1 VStG sachlich und örtlich zuständige Berufungsbehörde ist bei ihrer Entscheidung von folgenden Überlegungen ausgegangen:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde,
sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den
angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung
abzuändern.
Im gegenständlichen Fall kommt die Bestimmung des § 59 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung zur Anwendung. Diese lautet auszugsweise:
§ 59 (1) Wenn Betriebseinrichtungen, wie Behälter, Silos, Schächte, Gruben, Kanäle oder Rohrleitungen, befahren werden, ist eine geeignete, fachkundige
Person zu bestellen, welche die notwendigen Schutzmaßnahmen für das Befahren schriftlich anordnet; das Befahren solcher Einrichtungen ist nur mit Zustimmung dieser Person gestattet. Die Einhaltung der Schutzmaßnahmen muß durch eine ständig anwesende Aufsichtsperson sichergestellt sein.
(2) Maßnahmen nach Abs 1 sind nicht erforderlich, wenn sichergestellt ist, daß in den Betriebseinrichtungen weder Sauerstoffmangel auftreten kann noch gesundheitsgefährdende oder brandgefährliche Arbeitsstoffe vorhanden sind, die in diesen Einrichtungen enthalten waren, in diese Einrichtungen zur Durchführung von Arbeiten eingebracht wurden oder die sich sonst in diesen Einrichtungen ansammeln können.
(3) § 41 Abs 3 ist auf Einstiegs- und Befahröffnungen von Schächten, Gruben, Kanälen und ähnlichen Betriebseinrichtungen anzuwenden.
(4) Betriebseinrichtungen, bei denen Maßnahmen nach Abs 1 erforderlich sind, dürfen erst befahren werden, wenn die Aufsichtsperson eine schriftliche Befahrerlaubnis erteilt hat. Diese darf erst erteilt werden, wenn sich die Aufsichtsperson davon überzeugt hat, daß die angeordneten Schutzmaßnahmen durchgeführt sind.
(5) Vor dem Befahren von Einrichtungen nach Abs 1 müssen die in diese führenden Leitungen oder sonstigen Beschickungsvorrichtungen sowie die Verbindung mit anderen Betriebseinrichtungen dicht und zuverlässig abgeschlossen sein. Es ist sicherzustellen, daß der Abschluß dieser Leitungen, sonstigen Beschickungsvorrichtungen oder Verbindungen während des Befahrens nicht geöffnet wird. In besonderen Fällen, insbesondere bei automatischen oder ferngesteuerten Absperrvorrichtungen, dürfen zum Abschluß der Zuleitungen nur Blindflansche verwendet werden, sofern die Rohrleitung nicht durch zwei hintereinander angeordnete Vorrichtungen mit einer dazwischenliegenden Öffnung abgesperrt werden kann, durch die das Entstehen eines Überdruckes sicher verhindert wird. Die Verwendung von Steckscheiben in dem im § 43 Abs 4 angeführten Umfang ist zulässig.
(10) Der Einfahrende ist, soweit nicht Befahreinrichtungen eingesetzt werden, unter
Verwendung eines Sicherheitsgeschirres so anzuseilen, daß eine allenfalls erforderliche Bergung rasch erfolgen kann. Das Seilende ist außerhalb der Betriebseinrichtung derart zu befestigen, daß es nicht in diese hineinfallen kann; Schlaffseilbildung ist nach Möglichkeit zu vermeiden. Muß die Bergung nach oben erfolgen, so müssen hiezu erforderlichenfalls geeignete Bergeeinrichtungen, wie Seilwinden oder Hubzüge, beigestellt sein. Sofern die Betriebseinrichtung brandgefährliche Arbeitsstoffe enthält, enthalten hat oder sich solche Arbeitsstoffe in der Betriebseinrichtung ansammeln können, dürfen nur kunststoffumhüllte Stahlseile oder Seile mit zumindest gleichwertiger Hitzebeständigkeit verwendet werden. Befahr- und Bergeeinrichtungen müssen entsprechend § 44 Abs 4 geprüft sein.
(11)...
(13) In regelmäßig oder öfter befahrenen Schächten, Gruben, Kanälen oder ähnlichen engen Betriebseinrichtungen, in denen Rohrleitungen verlegt sind, die gesundheitsgefährdende, leicht entzündliche, entzündliche oder schwer entzündliche Arbeitsstoffe enthalten, müssen kontinuierlich messende Einrichtungen vorhanden sein. Diese Einrichtungen müssen rechtzeitig vor dem Erreichen einer Konzentration von Gasen oder Dämpfen gesundheitsgefährdender Arbeitsstoffe im Sinne des § 16 Abs 2 ein Warnsignal geben; dies gilt auch, wenn die Luft einen Volumenanteil von weniger als 17 Prozent Sauerstoff enthält oder eine Konzentration von 10 Prozent der unteren Explosionsgrenze von Gasen oder Dämpfen leicht entzündlicher, entzündlicher oder schwer entzündlicher Arbeitsstoffe überschritten wird. Sofern die Möglichkeit einer Messung mit solchen Einrichtungen nicht besteht sowie in nicht regelmäßig oder selten befahrenen Betriebseinrichtungen im Sinne des ersten Satzes, ist vor dem Befahren und während desselben durch andere geeignete Meßeinrichtungen festzustellen, ob solche Konzentrationen vorhanden sind.
Gemäß § 31 Abs 2 lit p des ANSchG. begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen, wer den gemäß § 24 des Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen
zuwiderhandelt. Im konkreten handelt es sich um
Übertretungen der Allgemeinen
Arbeitnehmerschutzverordnung.
Zu Punkt 1.) des angefochtenen Straferkenntnisses:
Da gemäß § 59 Abs 1 AAV eine geeignete fachkundige Person zu bestellen ist, die die notwendigen Schutzmaßnahmen für das Befahren von Betriebseinrichtungen schriftlich anordnet, und der Berufungswerber eine solche qualifizierte, geeignete, fachkundige Person auf der konkreten Baustelle in K. nicht bestellt hat, liegt diese Übertretung vor. Der Berufungswerber hat den der deutschen Sprache in Schrift nicht mächtigen A.R. als Anordnungsbefugten auf der Baustelle zurückgelassen. Es fehlte somit dem vom Berufungswerber zurückgelassenen Anordnungsbefugten an der Fähigkeit, schriftliche Anordnungen erteilen zu können. Darüber hinaus ist A.R. keine geeignete, fachkundige Person, da es sich bei ihm um einen angelernten Hilfsarbeiter handelte, der zum damaligen Zeitpunkt lediglich über eine 3-jährige praktische Erfahrung im Brunnenbau verfügt. Zwar ist diese Maßnahme des Zurücklassens eines Anordnungsbefugten dann nicht erforderlich (siehe Abs 2 leg cit), wenn sichergestellt ist, daß Sauerstoffmangel nicht auftreten kann, doch ergibt sich allein aus der Aussage des Berufungswerbers, daß mit Sauerstoffmangel gerechnet worden war, da er den A.R. sowie seinem ihm beigestellten Hilfsarbeiter D. die Anordnung erteilt hatte, vor Befahren des Brunnenschachtes diesen mittels Kompressor auszublasen. Darüber hinaus konnte
aufgrund der Zeugenaussage ermittelt werden, daß die am Tattag herrschende Wetterlage bereits seit 14 Tagen bestand, weshalb mit einem Sauerstoffmangel im Brunnenschacht jedenfalls zu rechnen war.
Zu Punkt 2.) des angefochtenen Straferkenntnisses:
Gemäß § 59 Abs 4 der AAV dürfen Betriebseinrichtungen, Schächte usw. nur befahren werden, wenn sich die Aufsichtsperson davon überzeugt hat, daß die angeordneten Schutzmaßnahmen
durchgeführt wurden, und sie eine schriftliche Befahrerlaubnis erteilt hat.
Eine Aufsichtsperson, die die in § 59 Abs 1 AAV geforderte Qualifikation besaß, war nicht auf der Baustelle. Allein schon deshalb liegt die Übertretung gemäß § 59 Abs 4 AAV vor.
Aber selbst dann, wenn - wie der Berufungswerber meint - A.R. als Aufsichtsperson anzusehen wäre, ist darin nichts für den Berufungswerber zu gewinnen. Dies, weil sich A.R. nicht vom Durchführen der angeordneten Sicherheitsmaßnahmen vor Befahren des Schachtes überzeugt hatte und zudem weder der Berufungswerber noch A.R. dem Einfahrenden eine schriftliche Befahrerlaubnis erteilt hatten. Zuvor hatte der Berufungswerber von der gesetzlichen Vorschrift des Erteilens einer schriftlichen Befahrerlaubnis keine Ahnung, doch kann ihn dies allein schon aufgrund der seit 1983 geltenden AAV nicht entschuldigen.
Zu Punkt 3.) des angefochtenen Straferkenntnisses:
Gemäß § 59 Abs 13 letzter Satz der AAV ist vor und während des Befahrens eines Schachtes die Sauerstoffkonzentration zu messen. Dabei hat dieses Sauerstoffmeßgerät bei einer Unterschreitung des Sauerstoffgehaltes von 17 Volumsprozent entsprechende Warnungen zu erteilen. Der Berufungswerber besitzt als Brunnenbauunternehmer kein solches Sauerstoffmeßgerät. Die Notwendigkeit eines solchen Sauerstoffmeßgerätes ergibt sich aber bereits daraus, daß bei einem Unterschreiten von 17 Volumsprozent Sauerstoff in der Atemluft zumindestens große Verletzungsgefahr, wenn nicht sogar Lebensgefahr, besteht. Der Berufungswerber besitzt bis dato noch kein solches Sauerstoffmeßgerät.
Soweit sich der Berufungswerber inhaltlich auf § 59 Abs 13 letzter Satz AAV dahingehend beruft, daß auch der angestrebte Zweck der Sauerstoffmessung durch andere geeignete Meßeinrichtungen erreicht werden kann und dabei die Kerzenprobe nennt, so muß dem Berufungswerber entgegengehalten werden, daß die Kerzenprobe keine geeignete Meßeinrichtung darstellt. Dies deshalb, da mit der Kerze keine Sauerstoffmessung durchgeführt werden kann, die einen das Leben und die Gesundheit von Menschen gefährdenden Sauerstoffgehalt von unter 17 Volumsprozent anzeigt. Ist es doch allgemein bekannt, daß die Kerze auch bei unter 17 Volumsprozent Sauerstoff in der Luft weiterbrennt. Auch die vom Berufungswerber abgegebene Rechtfertigung,
die Kerzenprobe sei als gängige Methode in der Berufsschule gelehrt worden, kann den Berufungswerber nicht entschuldigen. Liegt doch der Meisterprüfungsabschluß im Jahre 1972 und wäre es dem Berufungswerber nicht nur möglich gewesen seine Erkenntnisse auf rechtlichem und technischem Gebiet zu erweitern, sondern wäre er hiezu als verantwortlicher Brunnenbauer verpflichtet gewesen. Der Berufungswerber hat somit die Übertretung nach § 59 Abs 13 letzter Satz AAV zu verantworten.
Zu Punkt 4.) des angefochtenen Straferkenntnisses:
Gemäß § 59 Abs 10 der AAV ist der Einfahrende unter Verwendung eines Sicherheitsgeschirrs so anzuseilen, daß die erforderliche Bergung rasch erfolgen kann. Wie R. in seiner Zeugeneinvernahme ausgeführt hat, befand sich das dazugehörende Sicherheitsgeschirr und Seil im Auto. Begründet wurde diese von A.R. unterlassene Verwendung des Sicherheitsgeschirrs damit, daß das Arbeiten in angeseiltem Zustand, wenn zugleich auch ein Materialseilzug vorhanden ist, umständlich sei. Das vom Berufungswerber angegebene Argument, anläßlich von Kontrollen durch Einsichtnahme des Brunnenschachtes nicht feststellen zu können, ob der betreffende am Boden des Schachtes Arbeitende das Sicherheitsgeschirr verwendet hat, ist als Schutzbehauptung anzusehen: Es kann doch durch bloßes Ziehen am Sicherheitsseil festgestellt werden, ob sich der Arbeiter auch angeseilt hat. Dies setzt aber voraus, daß überhaupt ein Sicherheitsseil Verwendung findet, was im gegenständlichen Fall überhaupt nicht geschah.
Zur Frage der Schuld ist auszuführen, daß der Berufungswerber durch Nichtzurücklassen einer anordnungsbefugten und fachlich geeigneten Aufsichtsperson durch seine selbst nur lückenhaft durchgeführte Kontrolle (keine tägliche Kontrolle bei einem eher kleinen Unternehmen) und durch sein besonderes Verhalten, auch bis jetzt trotz Auftretens eines Arbeitsunfalles noch immer kein Sauerstoffmeßgerät (oder ähnliche geeignete Meßeinrichtungen) angeschafft zu haben, einen sehr hohen Grad an Verschulden aufzuweisen hat. Wie sich aus dem Ablauf des dargestellten Arbeitsunfalles ergibt, war die einzige Maßnahme, die der Berufungswerber angeordnet hat, das Ausblasen des Brunnenschachtes. Offensichtlich wurde dies auch immer durchgeführt, sodaß es bislang zu keinem Arbeitsunfall gekommen war. Wie sich aber aus den dargestellten und übertretenen Rechtsvorschriften eindeutig ergibt, sind die zu treffenden Maßnahmen solcher Art, daß geradezu ein Sicherheitsnetz aufgebaut werden soll. Versagt eine Maßnahme, so hat dann die nächste zu greifen. Bei der Arbeitsweise des Berufungswerbers hingegen hat das bloße Versagen einer einzigen angeordneten Maßnahme (das ist hier das Ausblasen des Brunnenschachtes) bereits schwerwiegende Konsequenzen. Der Berufungswerber war darüber hinaus nicht über die geltenden Rechtsvorschriften informiert, wobei im Bezug auf die Allgemeine Arbeitnehmerschutzverordnung,
welche im konkreten übertreten wurde, auf deren Gültigkeit ab 1983 hinzuweisen ist. Der Berufungswerber wußte großteils über die von ihm übertretenen Rechtsvorschriften nicht Bescheid, er hatte keine Ahnung, daß die Befahrerlaubnis schriftlich zu erteilen ist, ebensowenig wie er die Verpflichtung hat, durch Messen der Sauerstoffkonzentration das Leben und die Gesundheit seiner Arbeitnehmer in einem Brunnenschacht zu gewährleisten. Der Berufungswerber hat zudem nicht angegeben, die Anordnung erteilt zu haben, das Sicherheitsgeschirr und Sicherheitsseil zu verwenden. Gerade diese Maßnahme soll aber dazu
dienen, allenfalls verunglückte Personen rasch und sicher zu bergen, ohne daß es zu einer Gefährdung einer anderen infolge der Nichtverwendung eines solchen Sicherheitsseiles hinabsteigenden Hilfsperson kommen kann.
Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen.
Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß
anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Gemäß § 31 Abs 2 lit p ANSchG. ist der Arbeitgeber wegen einer Übertretung einer gemäß § 24 ANSchG.
erlassenen Verordnung mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen.
Ausgehend vom Schutzzweck der übertretenen Rechtsvorschriften, der teilweise bereits unter dem Thema Schuld behandelt wurde, ist evident, daß das von der Erstbehörde verhängte Strafausmaß völlig zu Recht verhängt wurde. Der Berufungswerber kann nur von Glück reden, daß der Arbeitsunfall keine weiteren Folgen nach sich gezogen hat. Dies kann ihm aber nicht strafmildernd zugerechnet werden, da gerade infolge der Nichteinhaltung der Schutzvorschriften ein Arbeitsunfall entstanden ist. Insofern irrt der Berufungswerber bei seinen Berufungsausführungen. Den Unterschied in der Strafzumessung der Delikte 1 und 2 zu den Delikten 3 und 4 ergibt sich allein schon aus der damit verbundenen Konsequenz bei der Nichteinhaltung: Wird bloß die schriftliche Anordnung gemäß § 59 Abs 1 AAV unterlassen, sie aber mündlich angeordnet und durchgeführt, so ist dies von der Schwere der Übertretung her eher als geringfügig einzustufen, als wenn bei der Übertretung nach § 59 Abs 10 der Einfahrende nicht mit dem Sicherheitsgeschirr angeseilt wird. Ähnlich verhält es sich mit den Übertretungen zu § 59 Abs 4 und § 59 Abs 13 letzter Satz AAV. Der beim Berufungswerber bestehende Milderungsgrund der
völligen Unbescholtenheit ist in dieser von der ersten Instanz gewählten Strafzumessung hinreichend berücksichtigt. Erschwerungsumstände bestehen im aufgetretenen Arbeitsunfall und in der vom Berufungswerber zur Schau getragenen völligen Uneinsichtigkeit. Es muß daher gerade aus spezialpräventiven Gründen diese Strafhöhe belassen werden. Das beim Berufungswerber einbekannte
Einkommen (S 16.000,-- mtl. ein Vermögen von einem Einfamilienwohnhaus samt Liegenschaft, welches im Hälfteeigentum des Berufungswerbers steht sowie bei Sorgepflichten für zwei Kinder) ist nicht geeignet, eine Herabsetzung der Geldstrafen zu bewirken. Die Anpassung der Ersatzarreststrafe erfolgte, um Unverhältnismäßigkeiten hintanzuhalten.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.