Gemäß §66 Abs4 AVG iVm §§24, 51, 51c und 51e VStG wird die Berufung hinsichtlich beider zur Last gelegten Tatbestände als unbegründet abgewiesen. Gemäß §64 Abs2 VStG beträgt die Beitragspflicht des Berufungswerbers zu den Kosten des Berufungsverfahrens zweimal S 400,--, insgesamt S 800,--.
Begründung
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer der W GmbH mit Sitz in
I vorgeworfen, daß in deren Niederlassung in I die Bestimmungen des §20 des Lebensmittelgesetzes dadurch außer Acht gelassen wurden, daß
1) am 8.3.1994 in der do. Kühlzelle Shrimps in der Originalverpackung bei einer Temperatur von +8 C gelagert wurden, obwohl gemäß der Kennzeichnung dieser Ware diese bei einer Temperatur von 0 C bis +2 C zu lagern gewesen wäre. Außerdem wurden ebenfalls am 8.3.1994 im Verkaufsraum Shrimps offen in einer Glasschüssel bei einer Temperatur von +9,1 C feilgehalten. Außerdem sei ebenfalls am 8.3.1994 in der do. Kühlzelle Lachsschinken bei einer Temperatur von +8 C gelagert worden, obwohl laut Kennzeichnung der Ware die Lagertemperatur höchstens +4 C betragen hätte dürfen. Des weiteren seien ebenfalls am 8.3.1994 im do. Lagerraum mehrere VAC-Packungen Frankfurter Würste bei einer Temperatur von +8 C gelagert worden, obwohl gemäß Kennzeichnung der Ware die Lagertemperatur höchstens +4 C betragen hätte dürfen.
2) Am 7.4.1994 seien in der do. Kühlzelle Shrimps bei einer Temperatur von +5 C gelagert worden, obwohl gemäß der Kennzeichnung der Ware die Lagertemperatur 0 C bis +2 C betragen hätte müssen. Des weiteren seien damals am 7.4.1994 in der Verkaufskühlvitrine im do. Verkaufsraum in einer Glasschüssel Shrimps bei einer Kerntemperatur von +5 C feilgehalten worden.
Diese unter Punkt 1) und unter Punkt 2) angeführten unsachgemäßen Lagerungen würden sich als Außerachtlassungen des §20 des LMG darstellen und sei somit unterlassen worden, durch eine ordnungsgemäße Lagerung bei entsprechender Temperatur der hygienisch nachteiligen äußeren Beeinflussung derselben vorzubeugen, da bei der Lagerung der Waren bei einer höheren als der zulässigen Temperatur das Bakterienwachstum rasch fortschreite und der Verderb früher eintrete.
Wegen zweier Verwaltungsübertretungen nach §74 Abs5 Z3 iVm §20 des LMG wurden über den Berufungswerber Geldstrafen im Ausmaß von zweimal S 2.000,--, Ersatzarrest im Ausmaß von je 2 Tagen, verhängt. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung bestritt der Berufungswerber seine Verantwortlichkeit damit, daß er zwar handelsrechtlicher Geschäftsführer sei, daß aber die Verantwortlichkeit für die Einhaltung aller lebensmittelrechtlichen Vorschriften für die Filiale dem do. Filialleiter, im gegenständlichen Fall Frau M S,
übertragen worden wäre. Beiliegend übersende er eine Bestellungsurkunde sowie eine Bestätigung, woraus zu entnehmen sei, daß Frau S für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften auch im Sinne des §9 VStG verantwortlich wäre. Die Filialleiter wären wiederum einem Vertriebsleiter unterstellt, in diesem Fall Herrn Hubert W. Er sei daher der Auffassung, daß ihm keine auch nur geringste Fahrlässigkeit vorgeworfen werden könne, da es ihm selber einfach nicht möglich sei, jederzeit in den Filialen sämtliche Waren nach den lebensmittelrechtlichen Vorschriften zu kontrollieren. Im erstinstanzlichen Verfahren war als Nachweis einer Bestellung nach §9 VStG lediglich der Filialleitervertrag vorgelegt worden, aus dem sich zunächst einmal keine Zustimmung der Filialleiterin zur Bestellung als Beauftragte nach §9 VStG er gibt. Es ist kein ausdrücklicher Hinweis enthalten, daß die Berufungswerberin einverstanden wäre, für Übertretungen, beispielsweise des Lebensmittelgesetzes, als verantwortliche Beauftragte nach dem Verwaltungsstrafrecht herangezogen zu werden. Enthalten sind in dem Vertrag lediglich Pflichten des Dienstnehmers gegenüber der Unternehmensleitung, wie etwa die reibungslose und erfolgreiche Verkaufstätigkeit, die Beachtung der gesetzlichen und behördlichen Bestimmungen z.B. aus dem Lebensmittelgesetz, dem Arbeitnehmerschutzgesetz, dem Mutterschutzgesetz, dem Arbeitszeitgesetz, dem Bundesgesetz über die Nachtarbeit der Frauen, der allgemeinen Dienstnehmerschutzverordnung, der Maschinenschutzvorrichtungsverordnung
sowie sämtlichen aus der Betriebsanlagengenehmigung vorgeschriebenen Punkte. Weiters hat der Dienstnehmer unter anderem folgende Aufgaben zu erfüllen: Er teilt die Arbeit ein. Er entscheidet über Einteilung von Freizeit und Pausen, sowie über Mehrarbeit im Einzelfall. Er hat laufend eine Anwesenheitsliste für alle in der Filiale beschäftigten Mitarbeiter zu führen. Er teilt den Urlaub seiner Mitarbeiter ein. Er prüft seinen Warenbestand auf Verkehrsfähigkeit und entscheidet, welche Waren eventuell aus dem Verkauf gezogen werden müssen. Er bestimmt die Verkaufspreise für Artikel in beschädigter Verpackung. Er entscheidet über Kassenreklamtionen. Er stellt bei Ladendiebstählen die Personalien fest und stellt Strafantrag. Er öffnet und schließt die Filiale (bzw. betraut damit seine Vertretung). Er hat bei Probeziehungen sofort die Zentrale zu verständigen. Er hat bei Unfällen, Einbrüchen und Beraubung die entsprechende Meldung zu erstatten und sofort den Nah & Frisch-Filialinspektor zu verständigen. Dieser Dienstvertrag wurde im Oktober 1989 unterfertigt.
Die Erstbehörde hat hiezu ausgeführt, für einen Nachweis im Sinne des §9 Abs2 VStG fehle eine Passage, wonach die bestellte Person ihrer Bestellung nachweislich zustimme, und es fehle auch jeglicher Anhaltspunkt für eine entsprechende Anordnungsbefugnis. Dabei berief sich die Erstbehörde auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vom 22.3.1993, Zl 91/10/0094.
Mit der Berufung wurden nun folgende Unterlagen vorgelegt:
Bestätigung mit folgendem Wortlaut:
"Ich, Frau M S, geboren am , wohnhaft in I, bestätige, daß ich zur verantwortlichen Beauftragten mit Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften im Sinne des §9 VStG im bestimmt abgegrenzten Bereich für die Filiale in I mit Wirksamkeit ab 23.10.1989 bestellt wurde. Ich habe dieser Bestellung zugestimmt."
Weiters wurde eine Bestellungsurkunde vorgelegt:
"Die Bestellungsurkunde über die Bestellung der Frau M S, wohnhaft in I, zur verantwortlichen Beauftragten, welche in ihrer Funktion als Filialleiterin für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften, insbesondere für den nachstehenden abgegrenzten Unternehmensbereich in I, verantwortlich ist. Die Bestellung erfolgte mit Wirksamkeit ab 23.10.1989 mit Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften im Sinn des §9 VStG im bestimmt abgegrenzten Bereich. Für den Verantwortungsbereich ist dem verantwortlichen Beauftragten eine Anordnungsbefugnis zugewiesen, die die Einhaltung der übernommenen Verpflichtung ermöglicht. Die verantwortlich Beauftragte stimmt dieser Bestellung zu."
Beide Unterlagen enthalten lediglich die Unterschrift der Filialleiterin. Das Ermittlungsverfahren, insbesondere die Einvernahme der Filialleiterin und des Filialinspektors Hubert W. haben ergeben, daß außer diesen Unterlagen keine weiteren Nachweise im Sinne des §9 Abs2 VStG vorliegen. Der objektive Tatbestand einer unrichtigen Lagerung der Lebensmittel wurde nicht bestritten. Der Filialinspektor legte außerdem klar, daß Maßnahmen gesetzt worden seien, um weitere Verstöße gegen die Ladungsbedingungen hintanzuhalten. Es sei die Kühlzelle verstärkt worden (Kühlleistung) und eine Temperaturfolie darübergehängt worden. Dies sei unverzüglich gemacht worden und habe S 40.000,-- gekostet. Die Reparatur sei auf seine Anordnung hin gemacht worden, unverzüglich nach Bekanntwerden dieses Vorfalles. Er stellte allerdings klar, daß er vom ersten Vorfall am 8.3.1994 von der Filialleiterin nicht verständigt worden sei und erst aufgrund der Anzeige seine Maßnahmen gesetzt habe. Weiters führte er aus, der Berufungswerber wisse von dem Vorfall überhaupt nichts. Es würde seine Zeit sprengen, wenn er für derartige Dinge auch noch Zeit investieren müßte und selber diesen Dingen nachgehen müßte. Er sei wegen der gegenständlichen Übertretung zum Komm.-Rat zitiert worden.
Aufgrund des Ermittlungsverfahrens steht jedenfalls fest, daß der objektive Tatbestand der Übertretung in beiden Fällen gesetzt wurde.
Nach §9 Abs2 VStG sind die zur Vertretung nach außen Berufenen einer juristischen Person berechtigt und soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, die für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften überblickt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlich Beauftragte bestellt werden. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes muß spätestens während des Verwaltungsstrafverfahrens der Behörde ein - aus der Zeit vor der Begehung der Übertretung stammender - Zustimmungsnachweis des verantwortlich Beauftragten einlangen. Von einem aus dieser Zeit stammenden Zustimmungsnachweis kann nur dann gesprochen werden, wenn ein die Zustimmung zur Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten betreffendes Beweisergebnis schon vor Begehung der Tat vorhanden war (etwa in Form einer entsprechenden Urkunde oder auch eine Zeugenaussage), vgl Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 17.3.1988, Zl87/08/0306, und vom 9.6.1988, Zl86/08/0213. Beispielsweise beinhaltet die einseitige Erklärung eines der Geschäftsführer einer GesmbH, die Verantwortung für ein bestimmtes Sachgebiet zu übernehmen, keinen derartigen Bestellungsakt (VwGH 15.10.1985, Zl85/01/0270). Beispielsweise ist auch die Unterfertigung eines Dienstvertrages seitens eines Poliers bei Fehlen einer entsprechenden Konkretisierung keine Zustimmung zur Bestellung als verantwortlicher Beauftragter im Sinne des §9 Abs4 VStG.
Nach Meinung des Verwaltungssenates in Tirol ist daher für eine Bestellungsurkunde im Sinne des §9 Abs2 VStG 1) die klare Abgrenzung des Verantwortungsbereiches erforderlich, 2) die Darlegung, inwieweit und in welcher Form die Beauftragten befugt sind, Anordnungen zu geben, 3) die Angabe des inländischen Wohnsitzes und 4) die Unterfertigung durch die Person, die den verantwortlichen Beauftragten bestellt. Die vorliegenden Unterlagen erfüllen diese Erfordernisse nicht. Es liegt daher keine wirksame Bestellung eines Verantwortlichen nach §9 Abs2 VStG vor. Auch hat der Filialinspektor eingeräumt, daß er zwar einen Dienstvertrag unterschrieben habe, er aber nicht einer Bestellung nach §9 VStG zugestimmt hat. Daher kann weder er noch die Filialleiterin als verantwortliche Beauftragte im Sinne des §9 VStG herangezogen werden. Verantwortlich bleibt der handelsrechtliche Geschäftsführer. Er hat zumindest zu verantworten, daß er nicht für ein lückenloses Kontrollsystem gesorgt hat, durch die die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen hätten vermieden werden können. Innerhalb der Gesellschaft gibt es nämlich die generelle Anweisung, die Temperaturkontrollen an den Kühlgeräten einmal täglich vorzunehmen. Der Filialinspektor räumte allerdings ein, ob diese Anweisung lückenlos befolgt werde, könne er nicht sagen. Durch mangelnde Kontrolltätigkeit ist es also zu den Übertretungen gekommen.
Als Verschuldensgrad ist grobe Fahrlässigkeit anzunehmen. Der Unrechtsgehalt der Übertretungen ist wegen der möglichen nachteiligen Beeinflussung für die Waren schwerwiegend. Die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers ist als mildernd zu werten, als erschwerend ist nichts zu werten. Zu den Einkommensverhältnissen hat der Berufungswerber nichts ausgeführt, sodaß anzunehmen ist, daß die Strafhöhe seinen persönlichen Verhältnissen angemessen ist. Aufgrund dieser für die Strafbemessung maßgebenden Umstände ist die Strafe in beiden Fällen zu bestätigen.