Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Dr Leitner über die auf Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG in Zusammenhalt mit § 67a Abs 1 Z 2 AVG gestützte Beschwerde der Firma S Bau GesmbH, vertreten durch RAe, im Zusammenhang mit der am 26.9.1994 gegen
7.40 Uhr erfolgten Abnahme der Kennzeichen an dem in Eigentum der Firma stehenden Fahrzeug Ford Transit-Bus TSD mit dem Kennzeichen N 81 nach Durchführung einer am 10.3.1995 abgehaltenen öffentlichen mündlichen Verhandlung entschieden:
Die Beschwerdeführerin ist durch die Abnahme der Kennzeichentafeln an dem nach Nummern zuordbaren Fahrzeug Ford Transit Bus TSD (Kennzeichen N 81) durch ein Organ der Bundespolizeidirektion Wien am 26.9.1994, gegen 7.40 Uhr, in Wien, H-straße, welche entgegen der Bestimmungen des § 57 Abs 8 KFG vorgenommen worden war, in ihrem Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentum gemäß Art 5 Staatsgrundgesetz, (StGG) RGBl 142/1867, bzw Art I Abs 1 und 2 des 1. Zusatzprotokolls zur EMRK, BGBl 210/1958, verletzt. Der Beschwerdeführerin werden zu Handen ihres ausgewiesenen Vertreters gemäß § 79a AVG als Kosten zugesprochen:
S 7.413.-- Schriftsatzaufwand (antragsgemäß), S 10.400.-- Verhandlungsaufwand sowie S 120,-- Bundesstempelmarken, (zusammen S 17.933,--), welche der Bund (Bundesminster für Inneres) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen verpflichtet wird. Das Mehrbegehren von S 240.-- an Bundesstempelmarken war abzuweisen.
Begründung:
1) Die Bechwerdeführerin brachte - fristgerecht - am 4.11.1994 die verfahrensgegenständliche Beschwerde ein, worin ausgeführt wurde, daß das Fahrzeug an der genannten Tatörtlichkeit abgestellt worden war und von einem Organ der Bundespolizeidirektion Wien (Generalinspektorat der Sicherheitswache) alle vier Reifen beanstandet worden waren, weshalb die Abnahme der Kennzeichen gemäß § 57 Abs 8 KFG vor Ort vorgenommen worden war. Die Beschwerdeführerin weist darauf hin, daß die Reifen bei der Firma W GesmbH in O, danach gewechselt worden waren, welche Firma auf den einwandfreien Zustand der Reifen hingewiesen hatte. Es wird sohin beantragt, die auf § 57 Abs 8 KFG gestützte unverzügliche Abnahme der Kennzeichen als ungerechtfertigten Eingriff in das Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums zu erklären und diese Ausübung unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Zwanges für rechtswidrig zu erklären.
2) Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien ersuchte mit Schreiben vom 8.11.1994 die Bundespolizeidirektion Wien als belangte Behörde um Erstattung einer Gegenschrift, welche ha zur Aktenzahl P 1978/a/94 am 14.12.1994 vorgelegt worden war; darin wird im wesentlichen ausgeführt, daß das einschreitende Organ Insp B am 26.9.1994, um 7.40 Uhr, in Wien, H-straße feststellte, "daß sämtliche auf dem Kraftfahrzeug mit dem polizeilichen Kennzeichen
N 81 montierten Reifen nicht den Bestimmungen des § 7 Abs 1 KFG iVm § 4 Abs 4 KDV entsprochen haben".
Es wird darauf hingewiesen, daß in einer Breite von jeweils ca 3 cm der Lauffläche sowohl auf der Innen- als auch auf der Außenseite "kein meßbares Profil mehr vorhanden war". Die belangte Behörde vertritt die Ansicht, daß - unter Verweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vom 6.7.1965, Zahl 1671/64 - ein Straßenaufsichtsorgan zumutbarerweise feststellen kann, ob Reifen stark abgefahren und glatt sind bzw ob dies nicht der Fall ist. Es wird der Antrag gestellt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und auf Kostenzuspruch.
3.1) Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien anberaumte eine öffentliche mündliche Verhandlung, 10.03.1995, zu der die Beschwerdeführerin, vertreten durch die Rechtsanwaltskanzlei H, als auch durch den Vertreter der Firma, Herrn Leopold S, die belangte Behörde, der Meldungsleger als auch der Lenker zum Beanstandungszeitpunkt K vorgeladen worden waren.
Der BwV:
"Es ist unbestritten, daß am gegenständlichen Fahrzeug zum Beanstandungszeitpunkt am Beanstandungsort 4 Reifen der Marke P DV 82 mit der Dimension 185 R 14C montiert waren.
Die Besonderheit dieser Reifen liegt aber darin, daß sie bereits im Neuzustand sowohl am linken als auch am rechten Rand der Lauffläche, einen etwa 3 cm breiten profillosen Bereich aufweisen. Es werden dem UVS zwei Sofortbildphotos, als auch ein Reifen dieser Serie vorgelegt (von dem behauptet wird, daß er zur Tatzeit montiert war), dessen Lauffläche die eben beschriebenen Merkmale eindeutig aufweist.
Der Behördenvertreter als auch der Verhandlungsleiter nehmen dies zur Kenntnis und bestätigen diese Tatsache.
Der Beschwerdeführer und sein Vertreter erklären sich damit einverstanden, daß der hier vorgeführte Reifen zur Sachverständigen-Begutachtung beim UVS Wien verbleibt. Das verfahrensgegenständliche Fahrzeug Ford Transit-Bus, TSD, KZ N 81 ist als PKW zugelassen."
Der Meldungsleger als Zeuge:
"Das beanstandete Fahrzeug war als PKW zugelassen, daß weiß ich, da ich auch den Zulassungsschein abgenommen habe und die Daten in der Anzeige festgehalten habe. Der mir gezeigte Reifen, welcher vom Beschwerdeführer vorgeführt worden ist, dürfte ein solcher sein, der am Fahrzeug zum Beanstandungszeitpunkt montiert war. Nach meinem Informationsstand sind Reifen dieser Bauart lediglich bei LKW zulässig, fallweise bei Hochgeschwindigkeitsreifen sind mir im PKW-Bereich ähnliche profilarme Ausführungen bekannt. Nach meiner Ansicht haben diese Reifen aber auf dem profillosen Bereich schon Querrillen für die Ableitung des Wassers. Ich glaube daher, daß der hier vorgeführte Reifen jedenfalls (zumindest im Randbereich) zu sehr abgefahren ist."
Der Zeuge K:
"Bei dem hier vorgeführten Reifen handelt es sich um einen jener Reifen, welcher zum Beanstandungszeitpunkt auf dem Fahrzeug montiert war.
Ob dieser Reifen im Neuzustand auch im Randbereich ein Profil aufweist, weiß ich nicht."
3.2) Der Beschwerdeführer-Vertreter stellte den Antrag auf Einholung eines Sachverständigen-Gutachtens im Sinne des Vorbringens des Beschwerdeführers.
Der Behörden-Vertreter stellt fest, daß der hier vorgeführte Reifen nicht unbedingt jener sein muß, welcher zum Beanstandungszeitpunkt verwendet worden ist; aber offenkundig von jener Type und sich in jenem Zustand befindet, wie die 4 am Fahrzeug montierten Reifen waren.
Vorgelegt wurde eine Bestätigung der Firma Reifen-W GesmbH vom 30.9.1994, worin ausdrücklich bestätigt wurde, daß die vier beanstandeten Reifen den gesetzlichen Erfordernissen entsprächen.
3.3) Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien ersuchte die Landesfahrzeugprüfstelle des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 46, in Wien 3, Schlechtastraße 4, per 14.3.1995 um Erstellung eines kraftfahrtechnischen Gutachtens im Hinblick darauf, ob der - unstrittig verwendete - Reifen, welcher von der Beschwerdeführerin bereitwillig zur Untersuchung ha zurückgelassen worden war - den gesetzlichen Vorschriften des § 7 Abs 1 KFG im Zusammenhalt mit § 4 Abs 4 KDV entspräche. Der gegenständliche Reifen der Marke P DV82 185 R 14C wurde in einem der Magistratsabteilung 46 zur Begutachtung vorgelegt. Am 24.4.1995 wurde zur Zahl MA 46-A/1317/95/Sg/Kr vom Amtssachverständigen Dipl Ing Dr Z folgendes Gutachten erstellt:
"Bezugnehmend auf die Anfrage des UVS wird nach Besichtigung des ha übermittelten Reifens festgestellt, daß es sich um einen Reifen der Dimension 185 R14C 102/100N, Marke P, Typ DV 82 handelt. Dieser Reifen muß der ECE 54 entsprechen um auf Kraftfahrzeugen im Sinne des KFG 1967 benutzt zu werden. Dieser Reifen ist - entsprechend der angebrachten Aufschrift - nach der entsprechenden Regelung genehmigt: Prüfzeichen: E3-0041868. Bezüglich der Eignung des vorgelegten Reifens auf dem gegenständlichen Kraftfahrzeug kann nur auf die Angaben in dessen Typen- bzw Einzelgenemigungsbescheid verwiesen werden, da die aktenkundigen Angaben über die Fahrzeugtype keine entsprechende Zuordnung ermöglichen. Es handelt sich um einen Sommerreifen für Leicht-LKW. Dieser Reifentyp weist bereits im Neuzustand an den Außenrändern einen ca 3 cm breiten, praktisch nicht profilierten Rand auf. Bezugnehmend auf den Erlaß des Bundesministeriums für Handel, Gewerbe und Industrie, Zahl 19.986-II/20-/73, wurde beim Reifenhersteller um Bekanntgabe der entsprechenden Vertiefungen des Reifens ersucht. Die für die Wasserableitung erforderlichen Profilrillen befinden sich laut Angabe des Reifenherstellers im Mittelbereich. In diesem Bereich sind jedoch nur die äußeren Rillen durchgehend, die Mittelrille nur teilweise dafür ausgelegt. In diesem Bereich befinden sich auch die Indikatoren für die Profiltiefe. Der vorgelegte Reifen weist in diesen Profilnuten eine Profiltiefe von ca 3,7 - 4,5 mm auf. Er entspricht daher den Anforderungen des KFG hinsichtl der Mindestprofiltiefe. Nachgeschnitten wurde dieser Reifen nicht."
Es wurde weiters der darin zitierte Erlaß des Bundesministeriums für Handel, Gewerbe und Industrie vom 10.12.1973 beigegeben (Zl 195.986-II/20/73), sowie eine den verfahrensgegenständlichen (Lieferwagen)-Reifen betreffende Verkaufsliste der Firma P (DV 82).
Ebendort ist im 2. Absatz festgeschrieben, daß "bei der Prüfung der Profiltiefe von Reifen..bei Nutzfahrzeugen...eine verbindliche Auskunft...für die Beurteilung der Profiltiefe nur der Erzeuger des betreffenden Reifens geben" kann.
3.3) Die Bundespolizeidirektion Wien erstattete am 5.7.1995 folgende Stellungnahme:
"Aus dem Gutachten ist nach Ansicht der ha Behörde nicht schlüssig und eindeutig abzuleiten, daß die zum Vorfallszeitpunkt am Kraftfahrzeug mit dem pol Kennzeichen N 81 montierten Reifen den Bestimmungen des § 7 KFG und im speziellen des § 4 Abs 4 KDV in der damals geltenden Fassung (vgl hiezu die seit 25. März 1995 in Kraft getretene neue Fassung) entsprochen haben.
Gemäß der letztgenannten Norm muß die Tiefe der für die Ableitung des Wassers von der Lauffläche des Reifens erforderlichen Vertiefungen des Laufstreifens (Profiltiefe) auf der ganzen Lauffläche bei Kraftfahrzeugen wie dem gegenständlichem mindestens 1,6 mm betragen.
Am 26. September 1994 hat Insp Gerhard B festgestellt, daß alle vier am Kraftfahrzeug mit dem pol Kennzeichen N 81 montierten Reifen sowohl an der Außen- als auch an den Innenseiten (sehr wohl aber im Bereich der Lauffläche) um den gesamten Radumfang in einer Breite von ca 3 cm der Lauffläche keinerlei meßbares Profil aufwiesen. Im Gutachten der MA 46 ist hingegen angeführt, daß die gegenständlichen Reifen im Neuzustand lediglich an den Außenrändern einen ca 3 cm breiten praktisch nicht profilierten Rand aufweisen. Die Formulierung "praktisch" ist in diesem Zusammenhang mißverständlich, anläßlich der mündlichen Verhandlung beim UVS am 10. März 1995 konnten sich sämtliche Anwesende davon überzeugen, daß der mitgebrachte Reifen in den fraglichen Bereichen keinerlei Profil aufwies.
Insoferne kann die im Gutachten getroffene Feststellung hinsichtlich der Angaben des Reifenherstellers über die für die Wasserableitung erforderlichen Profilrinnen und der daraus geschlossene Schluß, nicht nachvollzogen werden. Daß der vorgelegte Reifen in den nicht zur Frage stehenden Bereichen eine Profiltiefe von ca 3,7 bis 4,5 cm aufweist, ist für die Beurteilung der profillosen Stellen unerheblich.
Im ersten Absatz des Gutachtens wird festgestellt, daß der gegenständliche Reifen der ECE 54 entsprechen muß, um auf Kraftfahrzeugen im Sinne des KFG 1967 benutzt zu werden, auch eine Genehmigung des Reifentyps liege vor.
Gleichzeitig wird jedoch die Frage aufgeworfen, ob der vorgelegte Reifen dazu geeignet ist, auf dem Kraftfahrzeug mit dem pol Kennzeichen N 81 verwendet zu werden. Diese Eignung ließe sich nur aus den Angaben im Typen- bzw Einzelgenehmigungsbescheid ableiten. Ungeachtet dessen steht auf Grund der Aktenlage fest, daß das gegenständliche Kraftfahrzeug eine PKW - Zulassung aufweist, im Gutachten findet sich die Aussage, es handle sich um einen Sommerreifen für Leicht-LKW.
Gemäß § 67 a Abs 1 AVG hat der Unabhängige Verwaltungssenat bei Maßnahmenbeschwerden, wie im konkreten Falle, ex post über die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes zu entschieden. Seine Prüfung bezieht sich also darauf, ob der Verwaltungsakt im Zeitpunkt seiner Setzung rechtmäßig war.
Bei der Beurteilung dieser Rechtmäßigkeit vertritt der Verfassungsgerichtshof die Auffassung, daß bei einer ex post - Betrachtung von vertretbaren Annahmen auszugehen ist (so etwa bzgl der Festnahme VfGH am 7. Oktober 1991, Zl: B 1352/90-6). Bei der Abnahme der Kennzeichentafeln am 26. September 1994 war für Insp Gerhard B der Verdacht gerechtfertigt, daß durch die weitere Verwendung des Fahrzeuges die Verkehrssicherheit gefährdet würde. Somit konnte der Organwalter vertretbarerweise gem § 57 Abs 8 KFG die Kennzeichentafeln abnehmen.
Diese Überlegungen müssen selbst für den Fall gelten, daß eine Genehmigung der konkreten Reifentype für Leicht-LKW (aber sicher nicht für PKW) zum Vorfallszeitpunkt vorgelegen war. Die diesbezügliche Rechtsnorm auf Grund welcher eine solche Genehmigung hätte erteilt werden können, kann von ho nirgends gesehen werden.
Die Bundespolizeidirektion Wien erlaubt sich darauf hinzuweisen, daß anläßlich der Verhandlung selbst dem Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenats als erkennender Behörde die Beurteilung des rechtmäßigen Zustandes des Reifens nicht möglich war, ja sogar der Gutachter der MA 46 bezüglich der Feststellung einer Eignung des vorgelegten Reifens für das gegenständliche Kraftfahrzeug auf die Angaben im Typen- bzw Einzelgenehmigungsbescheid verweisen mußte".
3.4) Die Magistratsabteilung 46 erstattete über Ersuchen der erkennenden Behörde per 18.9.1995 Zl MA 46-A/4575/95/Sg/Kr folgendes (Ergänzungs)-Gutachten:
"Bezüglich der Profiltiefe auf der ganzen Lauffläche:
Der belangten Behörde schwebt hier offensichtlich ein Reifen vor, der sich mindestens 1,6 mm über der Fahrbahn befindet ohne mit dieser Kontakt zu haben. Anders läßt sich dieser Einwand nicht erklären. Einen derartigen Reifen gibt es jedoch nicht und es ist auch technisch nicht vorstellbar, daß eine solche Reifenausführung jemals erzeugt werden könnte. Es kann daher der Begriff "auf der ganzen Lauffläche" nur dahingehend ausgelegt werden, daß die Profilrillen welche für die Wasserableitung erforderlich sind über den ganzen Umfang des Reifen eine Tiefe von mindestens 1,6 mm aufweisen. Das war beim gegenständlichen Reifen eindeutig der Fall.
Hinsichtlich des praktisch profillosen Bereiches an den Außenrändern wird auf die angeschlossenen Profilbilder verwiesen, auf denen klar ersichtlich ist, daß der Reifen im Neuzustand dort feine Einschnitte aufweist - diese reichen jedoch (weil nicht für die Wasserableitung erforderlich) nicht bis zum Profilgrund. Da diese Einschnitte durch die Abnützung des Reifen verschwinden ist dieser daher im gegenständlichen Bereich praktisch nicht profiliert.
In diesem Zusammenhang wird auch auf die ÖNORM V 5030 (vom 1.3.1982) verwiesen, die eindeutig den Verwendungsbereich des vorliegenden Reifens definiert. Des weiteren ist der Norm auch zu entnehmen, daß die Außenränder der Reifen (Reifenschulter) nicht profiliert sein müssen.
Angemerkt wird, daß Reifen mit einer Profilgestaltung, wie der gegenständliche, bereits seit vielen Jahren für Fahrzeuge dieser Gewichtsklasse produziert und auch in Österreich verwendet werden. Es sind daher einige Kopien von Reifenprofilbildern aus den Jahren 1972, 1982/93, 1988 und 1989/90 zur Information angeschlossen. Eine derartige Profilgestaltung dürfte daher für ein entsprechend geschultes Sicherheitswacheorgan nicht unbekannt sein. Bezüglich der Aussage, daß es dem Amtssachverständigen nicht möglich war nur auf Grund der Handelsbezeichnung des Fahrzeuges "Ford Transit" festzustellen ob die gegenständliche Reifendimension für das gegenständliche Fahrzeug geeignet ist, wird nur festgehalten, daß Fahrzeuge mit dieser Bezeichnung seit mehr als einem Jahrzehnt und in verschiedensten Fahrgestell-, Aufbau- und Fahrwerksausführungen in den Handel gebracht wurden. Da jedoch weder die Typenbezeichnung noch sonstige nähere Angaben zum Fahrzeug aktenkundig waren, mußte auf den Genehmigungsbescheid verwiesen werden.
Entsprechend den Bestimmungen des KFG 1967 in der entsprechenden Fassung ist bezüglich der Bereifung keine Zuordnung von Normbezeichnungen für Reifendimension und Tragkraft (Reifen für Leicht-LKW) und den Fahrzeugruppen gem § 2 und § 3 KFG 1967 gegeben. Eine Zuordnung von Fahrzeug und Bereifung kann daher nur im Zuge der Genehmigung gem § 31 KFG 1967 erfolgen. Aus dem vorliegenden Typengenehmigungsbescheid des BM für öffentl Wirtschaft und Verkehr geht eindeutig hervor, daß die Reifen der Dimension 185 R14C am gegenständlichen Fahrzeug verwendet werden dürfen.
3.5) Ergänzend erstattete die Bundespolizeidirektion Wien mit Schreiben vom 30.10.1995 folgende Stellungnahme:
"Nach ho Meinung ist dieses Gutachten nicht geeignet, die maßgeblichen im ho Schriftsatz vom 5. Juli 1995 aufgestellten Überlegungen zu widerlegen. Einerseits finden sich darin Hinweise auf dem Gutachten angeschlossene Profilbilder, wobei jedoch nicht annähernd ähnliche Strukturierungen der Profile wie jene des Reifens zu sehen ist, welcher anläßlich der mündlichen Verhandlung beim Unabhängigen Verwaltungssenat am 10. März 1995 vom Beschwerdeführer vorgezeigt worden war.
Wenn im Gutachten von einem praktisch profillosen Bereich an den Außenrändern gesprochen wird, so darf darauf hingewiesen werden, daß beim maßgeblichen Reifen, und davon konnte sich auch das Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates anläßlich der Verhandlung am 10. März 1995 überzeugen, sich eben nicht nur an den Rändern sondern auf einem großen Teil der Lauffläche ein absolut profilloser Bereich befand.
Die Bundespolizeidirektion Wien erlaubt sich abermals darauf hinzuweisen, daß der Unabhängige Verwaltungssenat bei Maßnahmebeschwerden gemäß § 67 a AVG jeweils ex ante die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes zu beurteilen hat. Hiebei ist laut Verfassungsgerichtshof keine Rechtswidrigkeit gegeben, wenn der Organwalter in der konkreten Situation von vertretbaren Voraussetzungen ausgegangen ist (so etwa hinsichtlich der Festnahme: VfGH am 7. Oktober 1991, Zl B 1352/90-6). Daß bei der Abnahme der Kennzeichentafeln für den Sicherheitswachebeamten Gerhard B am Vorfallstag der Verdacht durchaus gerechtfertigt gewesen war, durch die weitere Verwendung des Kraftfahrzeuges würde die Verkehrssicherheit gefährdet werden, bestätigt nach ho Auffassung nunmehr auch die aufgezeigte Argumentation im Gutachten der Magistratsabteilung 46 vom 18. September 1995.
Eine Profilgestaltung wie jene in den, dem Gutachten beigeschlossenen Profilbildern, ist einem entsprechend geschulten Sicherheitswacheorgan durchaus bekannt, nicht jedoch ein Reifenbild welches sich anläßlich der Amtshandlung am 26. September 1994 gezeigt hat".
3.6) Der Berufungswerber nahm dies am 2.10.1995 zur Kenntnis und sah jedoch von einer Äußerung ab.
4.) Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat hiezu erwogen:
Die Beschwerdeführerin ist mit ihrem Vorbringen im Recht. Es bedarf keiner Sachverhaltsfeststellung, daß der ha (im Beisein der Verfahrensparteien) vorgeführte und von der Landesprüfstelle des Magistrates der Stadt Wien untersuchte Reifen einer der zum Beanstandungszeitpunkt typengleich verwendeten und am Fahrzeug (PKW Ford Transit mit dem Kennzeichen N 81) angebrachten 4 (gleichen) Reifen der Type u Dimension P DV 82 185 R14C 102/100N ist.
§ 57 Abs 8 KFG (in der damals geltenden Fassung) lautet:
Wird die Verkehrssicherheit durch die weitere Verwendung des Fahrzeuges gefährdet, so sind bei Gefahr im Verzug unbeschadete Bestimmungen des § 44 Abs 1 lit a über die Aufhebung der Zulassung, der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln unverzüglich abzunehmen.
§ 7 Abs 1 KFG lautet:
Kfz und die mit ihnen gezogenen Anhänger außer Anhängeschlitten müssen mit Reifen oder Gleisketten versehen sein, die nach ihrer Bauart, ihren Abmessungen und ihrem Zustand auch bei den höchsten für das Fzg zul Achslasten u bei der Bauartgeschw des Fzg verkehrs- u betriebssicher u durch die Fahrbahn bei üblicher Benützung nicht in einem unzul Ausmaß abgenützt werden kann. Räder von Kfz mit einer Bauartgeschw von mehr als 25 km/h und Räder v Anhängern, mit denen eine Geschw von 25 km/h überschritten werden darf, müssen mit ausreichenden Radabdeckungen wie Kotflügeln udgl versehen sein.
§ 4 Abs 4 KDV lautet:
Die Tiefe der für die Ableitung des Wassers von der Lauffläche des Reifens erforderl Vertiefungen des Laufstreifens (Profiltiefe) muß auf der ganzen Lauffläche bei Kfz mit einer Bauartgeschw von mehr als 25 km/h und bei Anhängern, mit denen eine Geschw von 25 km/h überschritten werden darf, 1,6 mm, bei Kfz mit einem höchsten zul Gesamtgewicht von mehr als 3 500 kg, bei den mit diesem gezogenen Anhängern sowie bei Krafträdern, ausgenommen Motorfahrräder, jedoch mindestens 2 mm, bei Motorfahrrädern mind 1 mm, betragen. Die Abnahme der Kennzeichentafeln greift in das verfassungsgesetzlich geschützte Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums ein; Art 5 StGG erster Satz umfaßt nach der stRsp des VfGH, etwa Slg 6780, 9189, neben Eigentumsverletzungen auch dessen Beschränkungen, auf die sich allerdings der im 2. Satz leg cit festgelegte Gesetzesvorbehalt erstreckt:
Der Gesetzgeber kann daher einen verfassungsrechtlich einwandfreien Eigentumsvorbehalt verfügen, sofern dadurch nicht der Wesensgehalt des Grundrechts auf Unverletzlichkeit des Eigentums berührt oder in anderer Weise gegen einen auch ihn bindenden Verfassungsgrundsatz verstoßen wird (VfSlg 9911, 12 227); (etwa die verfahrensgegenständliche verwaltungsbehördliche Maßnahme).
Im Lichte der ständigen Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts stellt sich eine auf § 57 Abs 8 KFG gestützte Abnahme der Kennzeichen vor Ort als Ausübung unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Zwanges dar; Voraussetzung für die Qualifikation als sogenannte faktische Amtshandlung ist, daß die Amtshandlung ein behördliches Handeln im Rahmen der dieser Behörde zustehenden Befehls- u Zwangsgewalt darstellt. Die verfahrensgegenständliche bekämpfte Amtshandlung entfaltete durch den vor Ort vorgenommenen Eingriff gegen eine individuell bestimmte (jur) Person rechtsfeststellende bzw rechtserzeugende Wirkung und ist somit als Amtshandlung individuellen normativen Inhalts zu werten (vgl bereits VfSlg 7346), und als solche vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat (B-VG Nov BGBl 685/1988) zu bekämpfen.
Durch Abnahme der Kennzeichentafel ist der Eigentümer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums dann verletzt, wenn dies auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruht oder wenn sie sich als gesetzlos erweist, wobei die denkunmögliche Anwendung eines Gesetzes der Gesetzlosigkeit gleichzusehen ist (vgl hiezu VfGH vom 4.10.1980, B 625/78 sowie 12.6.1986, B 904/84 und Slg 8776 und 9490).
Die belangte Behörde ist mit ihrem Vorbringen im Recht, als sie darauf hinweist, daß der Unabhängige Verwaltungssenat Wien die "konkrete Situation" hinsichtlich deren Rechtmäßigkeit bzw -widrigkeit zum Zeitpunkt der bekämpften Amtshandlung zu beurteilen hat; auch der Verweis auf VfGH v 7.10.1991, B 1352/90 erfolgte vom richtigen Ansatz her. Für die erkennende Behörde bleiben jedoch - unter Würdigung aller aufgenommenen und vorliegenden Beweise - respektive der eindeutig gehaltenen Gutachten des Amtssachverständigen - erhebliche Zweifel, ob das einschreitende Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes, welches auch als besonders geschultes Organ der Straßenaufsicht zu gelten hat, in Anbetracht der gesamten Situation während der in Beschwerde gezogenen Amtshandlung (Zeitpunkt des Einschreitens; Kennzeichenabnahme aufgrund der 4 inspizierten und beanstandeten o a Reifen (Bild hievon im Akt der erkennenden Behörde)), mit gutem Grunde davon ausgehen hatte können, i e eine vertretbare Annahme dahingehend zweifelsfrei vorgelegen hatte, daß die in der Mitte der Lauffläche unbestrittenermaßen ausreichend Profil aufweisenden 4 Reifen am Fzg der Bf (siehe Gutachten) den Bestimmungen des § 7 KFG iVm § 4 Abs 4 KDV zuwiderliefen.
Im Hinblick auf die bereits zu diesem Zeitpunkt nicht vollkommen eindeutige Annahme des Einschreiters, daß vier gleichartige Reifen allesamt "auf der Innen- u Außenseite rund um den gesamten Radumfang in einer Breite von ca 3 cm kein meßbares Profil mehr aufwiesen" (siehe Anzeige Seite 1/verso), und deshalb vorschriftswidrig wären, dies bei einem Fzg, das lt anwesendem Lenker in diesem Zustand (offenkundig guten Gewissens) verwendet wurde, wäre nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien die Beiziehung eines Organes mit spezieller kraftfahrrechtlicher Schulung, wie etwa ein Offizier oder Angehöriger der motorisierten Verkehrsabteilung geboten gewesen. Im Lichte dieser Auffassung der erkennenden Behörde ist auch der von der belangten Behörde in der Gegenschrift v 14.12.1994, Zl P 1978/a/94 vertretenen Meinung das Wort zu reden, daß nämlich "einem Straßenaufsichtsorgan zuzumuten ist, daß es feststellen kann, daß die Reifen so stark abgefahren und glatt waren, daß nur teilweise das Profil sichtbar war". (ebda unter Verweis auf VwGH v 6.7.1965, Zl 1671/64).
Auch der Sachverständige äußerte sich hiezu ebenso, mit der Feststellung, daß die verwendete Reifentype älteren Baujahres ist, auf dem verfahrensgegenständlichen Lieferwagen verwendet werden darf, und dem einschreitenden Organ bekanntsein hätte müssen. Aufgrund der vom Amtssachverständigen Dipl Ing Dr Z der Landesfahrzeugprüfstelle erstatteten Sachverständigenäußerung stellt sich die vorgenommene Abnahme der Kennzeichentafeln unter Zugrundelegung des festgestellten mängelfreien Reifenzustandes als rechtswidrig dar und war deshalb auszusprechen, daß die Beschwerdeführerin durch diesen Eingriff in ihrem verfassungsgesetzlich geschützten Recht auf Unverletzlichkeit ihres Eigentums verletzt wurde.
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien verkennt bei gegebener Sachlage nicht, daß das einschreitende Sicherheitswacheorgan vorort mit der Lösung einer diffizilen (Rechts)-frage befaßt gewesen sein mag; doch kann selbst unter Würdigung aller Umstände nicht von rechtmäßigem Vorgehen gesprochen werden, wenngleich es dem intervenierenden Beamten aufgrund der ungewöhnlichen Reifentype nicht zum Vorwurf gereichen dürfte.
3. Beide Parteien hatten auf die Teilnahme an der öffentl mündlichen Verkündung verzichtet.
4. Kostenentscheidung:
Gemäß § 79a AVG sind der obsiegenden Partei die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zuzusprechen.
Der Bundeskanzler hat am 7.6.1994 zu BGBl 416/1994 gemäß Art I lit a Z 1 und 2 unter Verweis auf § 48 ff Verwaltungsgerichtshofgesetz verordnet, daß dem Beschwerdeführer der Ersatz des Aufwandes für Schriftsatzaufwand in der Höhe von S 12.500,-- sowie Verhandlungsaufwand in der Höhe von S 15.600,-- zuzüglich S 120,-- Bundesstempelmarken zu erstatten sind.
Der BfV beantragte - ungeachtet der bereits zum Einbringungszeitpunkt der Beschwerde in Geltung stehenden neuen cit Pauschalierungsverordnung - an Schriftsatzaufwand (nur) S 7.413.--, hingegen drei Mal Bundesstempelmarken im Wert von je 120.--; wobei eine mehrfache Einbringung bzw höhere Vergebührung als im Verfahren vor den Gerichtshöfen im Verfahren vor den unabhängigen Verwaltungssenaten nicht vorgesehen ist. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind diese Beträge im Verfahren vor den unabängigen Verwaltungssenaten der Länder auf 2/3 zu kürzen, weshalb insgesamt S 18.853,-- zuzusprechen wären, antrags- und spruchgemäß jedoch nur S 17.933.-- zugesprochen werden konnten.