Gemäß §66 Abs4 AVG i.V.m. den §§24, 51 Abs1 und 51e Abs1 VStG wird der Berufung Folge gegeben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß §45 Abs1 Z und 3 VStG eingestellt.
Begründung
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe es als das zur Vertretung nach außen berufene Organ der I, I U GesmbH, mit Sitz in J zu verantworten, daß die dort am
1. 28.07.1993 um 11.45 Uhr,
2. 28.07.1993 um 11.50 Uhr
im Keller neben der Abfüllanlage,
3. 17.08.1993
im Keller des Erzeugungsbetriebes,
4. 02.12.1993
im Abfüll- und Erzeugungsraum/Lager
gezogenen Proben Original Grander Wasser (zu 1. und 2. jeweils 1 Liter, zu 3. 2 x 1 Liter, zu 4. 8 x 1 Liter = 2 Kartons) laut bakteriologischem Befund bei 22 C erhöhte Keimzahlen aufwiesen, die auf Hygienemängel bei der Förderung, beim Transport, bei der Lagerung in den Vorratstanks oder bei der Abfüllung hinweisen.
Er habe durch dieses Verhalten nicht vorgesorgt, daß das Wasser durch äußere Einwirkung nicht hygienisch nachteilig beeinflußt wird, soweit das nach dem jeweiligen Stand der Wissenschaft möglich und nach der Verkehrsauffassung nicht unzumutbar sei, und dadurch zu 1. bis 4. jeweils eine Verwaltungsübertretung nach §74 Abs5 Ziff.3 LMG iVm §20 LMG idgF begangen, weshalb über ihn nach §74 Abs5 LMG zu 1. bis 4. je eine Geldstrafe in der Höhe von S 500,-- (insgesamt S 2.000,--) verhängt wurden. Im Fall der Uneinbringlichkeit wurden Ersatzarreststrafen in der Dauer von je 12 Stunden verhängt. Ferner wurde dem Berufungswerber der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Strafverfahrens in Höhe von S 200,-- auferlegt sowie die Kosten der im Strafverfahren entstandenen Untersuchungsgebühren in Höhe von S 11.040,-- der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung Innsbruck zu ersetzen.
Die Erstbehörde stützt ihren Schuldspruch auf das Gutachten der Lebensmitteluntersuchungsanstalt mit den Untersuchungszahlen 6088/93, 6089/93, 7110/93 und 10228/93. Laut diesem Gutachten weist die Mehrzahl der vorliegenden Proben aufgrund des bakteriologischen Befundes erhöhte Keimzahlen bei 22 C bzw. 37 C auf, die auf Hygienemängel bei Förderung, beim Transport, bei der Lagerung in den Vorratstanks oder bei der Abfüllung hinweisen würden.
Außerdem wird in diesem Gutachten festgehalten, laut Aussage des Ortfbefundes werde das Wasser durch Zugabe einer nicht bekannten Substanz "magnetisiert". Nach Codexkapitel B 1 Abs18 müsse Trinkwasser aber möglichst naturbelassen abgegeben werden.
Hinsichtlich des Vorwurfes einer Übertretung nach §8 lit.e LMG wurde allerdings keine Verfolgungshandlung gesetzt. Es wurde in der Strafverfügung und im Straferkenntnis nur der Vorwurf der mangelnden Hygiene bei der Förderung, beim Transport, bei der Lagerung in den Vorratstanks oder bei der Abfüllung erhoben.
In der fristgerecht erhobenen Berufung bestreitet der Berufungswerber die Übertretung mit der Verantwortung, daß sich alle gezogenen Grander-Wasserproben noch in Quarantäne befunden hätten. Dies gehe aus dem Probenbegleitschreiben der Proben Emba 658 und Emba 659 (Emba für Kontrollorgan E) hervor. Die Proben hätten sich in der Quarantäne befunden. Es werde grundsätzlich eine vierwöchige Quarantänezeit eingehalten, um zu gewährleisten, daß eingeschickte Proben innerhalb dieser Frist vom Hygieneinstitut der Universität Graz begutachtet würden. Dessen Erledigung dauere meistens 3 Wochen. Der Berufungswerber könne auch nachweisen, daß die bakteriologische Keimzahl innerhalb der Quarantänezeit deutlich zurückgehe. Dies sei in Zusammenarbeit mit den Hygieneinstitut der Universität Graz nachgewiesen worden. Aus arbeitstechnischen Gründen würden alle Flaschen sofort fix und fertig ettiketiert und verpackt. Während der Quarantänezeit bleibe die gesamte Ware im Keller des Produktionsgebäudes, weil dieser eine Temperatur von durchschnittlich 15 C habe. Erst wenn die Ware freigegeben werde, werde sie in das deutlich wärmere Erdgeschoß hinaufbefördert und danach ausgeliefert. Mit anderen Worten, sämtliche von der Lebensmittelkontrollstelle Kitzbühel entnommenen Proben hätten sich noch in der Quarantänezeit befunden. Dies sei auch (leider nur ein einziges Mal) in dem Probebegleitschreiben vom 17.8.1993 angeführt. Der Tatbestand des Inverkehrbringens im Sinne des §7 bzw. des §20 LMG sei nicht erfüllt. Daher könne dem Geschäftsführer der Firma I auch keine Mißachtung der beiden Paragraphen vorgeworfen werden. Im übrigen werde durch die Probebegleitschreiben bestätigt, daß die Ware stets im Keller neben der Abfüllanlage entnommen wurde und dort kühl gestanden sei. Dies sei ebenfalls ein Hinweis auf die Quarantänelagerung der Proben nach Abfüllung.
Das Lebensmittelkontrollorgan habe auch stets von den entnommenen amtlichen Proben Rückstellmuster in plombierter Form an den Geschäftsführer übergeben. Diese seien durchwegs an das Hygieneinstitut der Universität Graz zur bakteriologischen Gegenkontrolle geschickt worden. Aus dessen Zertifikaten ergebe sich keine einzige Beanstandung im Sinne des Lebensmittelbuches Codexkapitel B 1 Trinkwasser. Abschließend wurde die Einstellung des Verfahrens beantragt.
Die Durchführung des Berufungsverfahrens hat ergeben, daß alle Proben aus den selben Räumlichkeiten entnommen wurden. Laut Angabe des Lebensmittelkontrollorganes wies nichts darauf hin, daß die Proben nicht verkehrsfähig wären bzw. in Quarantäne wären. Der Berufungswerber gab an, bei den 8 Flaschen der Gegenprobe seien bei der Analyse durch das Hygieneinstitut in Graz deutlich niedrigere Keimzahlen hervorgekommen. Die Gesamtbeurteilung des Hygieneinstitutes habe gelautet, die verlängerten Bebrütungszeiten hätten einen Anstieg der KBE-Werte bei 22 C erbracht. Das untersuchte Wasser entspreche aber trotzdem hinsichtlich der untersuchten Parameter den Anforderungen der zutreffenden Önormen. Auch bei der Gegenprobe der am 23.08.1995 entnommenen amtlichen Probe seien im Ringversuch beim Hygieneinstitut Graz und bei einem anderen Institut deutlich niedrigere Werte herausgekommen. Bei den ersten beiden Proben seien keine Gegenproben ausgehändigt worden. Die Gegenproben habe der Berufungswerber erst auf Anregung von seinem wissenschaftlichen Berater beantragt. Zwischen den Zeiträumen der Probeentnahmen Emba 658 und 659 habe man interne Untersuchungen gemacht, wobei eine Probenentnahme am 5.08.1993 durch Dipl.Ing. Dr. F erfolgt sei und eine Probenentnahme am 5.08.1993 durch Dr. F beim Abfülltank im Keller der Firma I. Damals seien keineswegs erhöhte Keimzahlen herausgekommen. Als zusätzliche Sicherheit für die Hygiene sei nun eingeführt, daß eine Flasche von jeder Charge zur Probe an das Hygieneinstitut in Graz geschickt werde. Bei den Kartons habe es sich um normale Kartons ohne Beschriftung gehandelt.
Die Kontrollorgane gaben zusätzlich an, weder der Beschriftung der Räumlichkeit noch der Beschriftung der Kartons sei zu entnehmen gewesen, daß die Ware noch nicht im Verkehr sei. Der Entnahmeort sei immer der selbe gewesen. Bei der Probe 698 sei der Hinweis, die Ware ist noch nicht für den freien Verkehr freigegeben, deswegen dazugeschrieben worden, weil sich der Berufungswerber diesbezüglich geäußert habe.
Der Zivilingenieur für technische Chemie Dipl.Ing. Dr. F, gab folgende Aussage zu Protokoll:
"Ich bin der Sachverständige der Firma I und deren Berater. Ich habe aber nur einen Werkvertrag mit der Firma I. Als die Firma sich entschlossen hat, Wasser abzufüllen und zu verkaufen, ist sie an mich herangetreten, um die notwendigen Unterlagen für die gewerbebehördliche Genehmigung zu erstellen. In diesem Zusammenhang habe ich dann auch das Lebensmittelhygieneprogramm im Sinne des §20 LMG erstellt. Ich war nur bei einer Probeentnahme dabei, die zu einer Ringanalyse führte. Dies war, nachdem uns bekanntgegeben wurde, daß die Werte nicht stimmen würden. Es war unser persönlicher Wunsch, daß wir eine solche Ringanalyse durchführen. Ich weiß aus der Erfahrung, daß bakteriologische Untersuchungen einen großen Streuwert haben. Wir haben vereinbart, daß wir 5 Untersuchungsstellen mit diesen Proben beschicken. Über die Probenummern weiß ich nicht Bescheid. Ich weiß aber, daß Herr E uns 2 Gegenproben gab und daß wir diese nach Plombierung ans Institut weiterleiteten. Es war das Hygieneinstitut in Graz sowie der Wasseruntersucher Dr. B. Weiters habe ich selbst eine Probe untersucht. Alle restlichen Proben sind an die Lebensmitteluntersuchungsanstalt gegangen. Die Ergebnisse waren so, daß die Werte zwischen 0 und 50 KBE bei 22 C schwankten. Bei 37 C Bebrütungstemperatur waren die KBE-Werte unter 10. Aufgrund des Lebensmittelkodex sind 100 KBE-Werte erlaubt. Es ist richtig, daß oft unterschiedliche Untersuchungsmethoden vorliegen. Mir ist aber bekannt, daß das Hygieneinstitut in Graz und die Lebensmitteluntersuchungsanstalt in Innsbruck dieselbe Methode anwenden. Es handelt sich also bei den Werten der Lebensmitteluntersuchungsanstalt und des Institutes in Graz um vergleichbare Werte. Diese Werte zeigen, daß das Wasser an sich genußtauglich ist und erlaubt. Wir haben schon von Anfang an im Jahre 1993 eine Hygienekontrolle dahingehend vorgenommen, daß wir von jeder Charge eine Probe alle 15 Minuten mit der Abfüllung entnehmen und weiterverschicken. Diese kommen dann zunächst zu mir, dann zum bakteriologischen Institut. Ich schicke zusätzlich eine Flasche noch zum Hygieneinstitut in Graz, sodaß wir eine Kontrolle haben. Weil wir durch den Hin- und Rückweg erst nach 4 Wochen die Untersuchungsergebnisse bekommen, haben wir für die Flaschen 4 Wochen Quarantänezeit bestimmt. Während dieser Zeit darf keine Flasche wegtransportiert bzw. verkauft werden. Die Flaschen stehen auch in einem gesonderten Bereich, dem Quarantänebereich. Es kann durchaus sein, daß dies den Lebensmittelorganen nicht ersichtlich war. Wir haben erst später im Zuge der Konsequenzen aufgrund dieses Strafverfahrens einen Zettel auf den Kartons angebracht, daß die Ware in Quarantäne sei. Der Abfüllraum ist sehr groß. Das Lager ist tatsächlich dadurch, daß die Ware völlig fertig verpackt ist, so gekennzeichnet und so getrennt, daß es nicht mit den sonstigen Lagerräumlichkeiten verwechselt werden kann. Es ist richtig, daß keine Beschilderung mit der Aufschrift "Quarantäneraum" auf diesem Raum ist, aber in dem großen Raum ist das Quarantänelager in einem bestimmten Eck des Lagers. Dies ergibt sich aus dem Produktionsfluß. Es ist richtig, daß erst, wenn von mir das Aviso kommt, die Ware fertig verpackt wird und weiterverschickt wird. Es ist möglich, eine konkrete Probe und deren Analyse einer bestimmten Charge zuzuordnen. Es kann sein, daß wir dieses System Anfang 1994 gefunden haben. Es hat sich nämlich gezeigt, daß bei manchen Chargen zunächst erhöhte Keimzahlen auftraten und daß dann durch die längere Quarantänezeit diese Keimzahlen absanken. Es kann zu derartig überhöhten Keimzahlen durch die Wässer kommen, die in der Abfüllmaschine zurückgeblieben sind. Der beste Fall der Abfüllung ist, daß die Abfüllmaschine nie stillsteht, sondern fortlaufend Füllungen vornimmt. Die Absatzzahlen des Wassers sind aber nicht so, daß man dies ermöglicht. Es ist die Erfahrung, daß wenn die Abfüllmaschine länger steht, man sie länger spülen muß, um danach die Produktion wieder aufzunehmen. So haben wir ein System finden müssen, daß wir dem Rechnung tragen, daß die ersten 15 Minuten der Abfüllung heikel sind und danach keine zu beanstandenden Proben zustandekommen. Das Hygienesystem mußte also sicherstellen, daß Proben, die aus den ersten 15 Minuten stammen, nicht weitergegeben werden. Wir haben nur eine Möglichkeit, die Flaschen länger stehen zu lassen und wir mußten nachweisen, daß durch das längere Stehenlassen die Keimzahlen zurückgehen. Dieser Nachweis ist uns durch das Hygieneinstitut in Graz gelungen. Jedenfalls ist es so, daß das Hygieneprogramm sicherstellt, daß keine Flasche mit erhöhter Keimzahl mehr in den Verkehr gelangt. Alle Proben die je genommen wurden, also auch amtlicherseits, wurden innerhalb der Quarantänezeit entnommen. Dies wurde meinerseits bisher nicht so zum Ausdruck gebracht.
Als Beweis für unsere Vorgangsweise wird eine Folge von einer Probeziehung in unserem Betrieb mit den nachfolgenden Analyseergebnissen vorgelegt. In diesem Beispiel wollten wir zeigen, daß unsere Hygienekontrolle funktioniert. Was ich am bisherigen Verwaltungsstrafverfahren bemängle, ist daß zu unserer Widerlegung keine ausführliche Begründung eingeholt wurde und daß uns die Ergebnisse der Lebensmitteluntersuchungsanstalt erst 1 Jahr nach der Probeziehung bekanntgegeben wurden. Der Wert 100 bei 22 C ist nur eine Richtzahl und kann gelegentlich überschritten werden. Das Wasser ist als bedingt genußtauglich einzustufen. Keineswegs überschritten werden darf der Wert 10 KBE bei 37 C. Meines Erachtens nach zeigt gerade die Gegenprobe bei der mir nunmehr vorgelesenen Analyse der Probe vom 02.12.1993, welche Schwankungsbereiche Untersuchungsmethoden und Untersuchungen haben. Es ist also meines Erachtens nach auch bei der letzten Probe nicht nachgewiesen, daß genußuntaugliches Wasser vorlag, bzw. daß die Hygiene vernachlässigt wurde."
Nach Ansicht der Berufungsbehörde muß im Zweifel aufgrund der Anführung im Probebegleitschreiben und aufgrund der gegebenen Umstände davon ausgegangen werden, daß die Ware zum Zeitpunkt der Probenentnahmen noch nicht in Verkehr gebracht wurde, sondern sich tatsächlich im Quarantänelager befand. Darauf weist auch die Tatsache hin, daß die Kartons überhaupt nicht beschriftet waren. Hätten sie schon eine Anschrift enthalten, wäre dies ein Hinweis gewesen, daß sie demnächst in Verkehr gebracht würden. Darüber hinaus ist das Verfahren wegen Verfolgungsverjährung einzustellen, da laut der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom 18.04.1983, Zahl 82/10/0196), im Straferkenntnis angegeben sein muß, durch Unterlassung welchen nach dem Stand der Technik möglichen und nach der Verkehrsauffassung zumutbaren Vorsorge eine hygienisch nachteilige Beeinflussung im Sinne des §20 herbeigeführt worden ist und worin diese bestehen soll. Diesen Anforderungen wurde weder das Straferkenntnis noch die Strafverfügung gerecht, weshalb keine geeigneten Verfolgungshandlungen gesetzt wurden. Es konnte daher nur mit Einstellung vorgegangen werden.