TE UVS Steiermark 1995/11/24 30.12-76/95

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Veröffentlicht am 24.11.1995
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Einzelmitglied Dr. Wigbert Hütter über die Berufung des Herrn R.H., vertreten durch Dr. Heinrich Berger, Rechtsanwalt, 8600 Bruck an der Mur, Koloman-Wallisch-Platz 23, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Judenburg vom 21.9.1995, GZ.: 15.1 1994/2885, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird die Berufung abgewiesen.

Nach § 64 Abs 1 und 2 VStG wird dem Berufungswerber aufgetragen, die mit S 400,-- bestimmten Berufungskosten binnen vier Wochen bei sonstiger Exekution zu bezahlen. Die verletzte Rechtsvorschrift wird präzisiert und hat zu lauten: § 38 erster Satz zweiter Tatbestand Lebensmittelgesetz 1975. Die Verhängung der Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen erfolgte aufgrund des § 16 Abs 1 und 2 VStG.

Text

Im bezeichneten Straferkenntnis wurde dem nunmehrigen Berufungswerber folgendes vorgeworfen: Er habe als Inhaber des Bäckereigewerbes mit dem Standort O. 14 am 18.5.1994 gegen 5.30 Uhr dem Lebensmittel-Aufsichtsorgan H. die Kontrolle des o.g. Betriebes verweigert, indem er ihm den Zutritt mit den Worten Du kommst mir nicht herein verwehrt habe, obwohl er als Betriebsinhaber dazu verpflichtet sei, (dem Aufsichtsorgan) den Zutritt zu allen Orten und Beförderungsmitteln, die dem Verkehr mit den diesem Bundesgesetz unterliegenden Waren dienen, zu gestatten. Er habe § 38 Lebensmittelgesetz 1975 (LMG) verletzt. Nach § 74 Abs 4 Z 2 LMG wurde eine Geldstrafe von S 2.000,-- und - falls diese uneinbringlich ist - eine Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen verhängt.

Der Beschuldigte berief durch seinen Vertreter und beantragte die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, hilfsweise die Behebung des Straferkenntnisses und Zurückverweisung des Aktes zur Verfahrensergänzung an die erkennende Behörde.

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark als Berufungsbehörde nach § 51 Abs 1 VStG gelangt aufgrund der Aktenlage zu folgenden Feststellungen:

Nach § 37 (Befugnisse der Aufsichtsorgane) Abs 1 LMG sind die Aufsichtsorgane befugt, überall, wo Waren, die diesem Bundesgesetz unterliegen, in Verkehr gebracht werden, Nachschau zu halten.

Nach Abs 2 ist die Nachschau, abgesehen von der Kontrolle der Beförderungsmittel und bei Gefahr in Verzug, während der üblichen Geschäfts- oder Betriebsstunden oder während die Räumlichkeiten dem Verkehr (§ 1 Abs 2) geöffnet sind, vorzunehmen.

Nach Abs 4 haben die Aufsichtsorgane bei der Nachschau die Störung des Geschäftsbetriebes und jedes

Aufsehen tunlichst zu vermeiden.

Nach § 38 erster Satz LMG sind die Geschäfts- oder Betriebsinhaber sowie ihre Stellvertreter und Beauftragten verpflichtet, alle Orte und Beförderungsmittel dem Aufsichtsorgan über Aufforderung anzugeben, die dem Verkehr mit dem diesem Bundesgesetz unterliegenden Waren dienen oder wo Tiere (§ 15) gehalten oder Pflanzen (§ 16) gebaut werden und den Zutritt zu diesen Orten und Beförderungsmitteln zu gestatten.

Nach § 74 Abs 4 Z 2 LMG macht sich, wer den Bestimmungen des § 38 zuwiderhandelt, sofern die Tat nicht nach den §§ 56 bis 64 oder nach anderen Bestimmungen einer strengeren Strafe unterliegt, einer Verwaltungsübertretung schuldig und ist wie nach Abs 1 zu bestrafen. Nach Abs 1 ist (wer sich der dort näher bezeichneten Verwaltungsübertretung schuldig macht) von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis S 50.000,-- zu bestrafen.

Der Beschuldigte ist Betriebsinhaber eines Bäckereibetriebes in O. Nr. 14. Am 18.5.1994 gegen 5.30 Uhr wollten die beiden Aufsichtsorgane des Amtes der Stmk. Landesregierung, Fachabteilung für das Gesundheitswesen, die Herren H. und B. eine Kontrolle des oben genannten Betriebes durchführen. Dem Kontrollorgan Herrn H. wurde vom Beschuldigten der Zutritt mit den Worten Du kommst mir nicht herein verwehrt. Dies stellt eine Verletzung des § 38 Abs 1 zweiter Tatbestand LMG dar.

Es wurde nicht bestritten, daß es sich um zwei befugte Kontrollorgane handelte. Aus dem erstinstanzlichen Akt ergibt sich, daß gerade Backarbeiten stattfanden, was eine Herstellung von Waren und damit ein In-Verkehr-Bringen im Sinne des § 1 Abs 2 LMG darstellt. Daraus ergibt sich, daß die Aufsichtsorgane berechtigt waren, im Bäckereibetrieb Nachschau zu halten und weiters, daß sie gerade zu diesem Zeitpunkt dazu berechtigt waren, weil es sich um die üblichen Betriebsstunden im Sinne des § 37 Abs 2 LMG handelte, da gerade Backarbeiten im Gang waren.

In der Berufung wird unter anderem folgendes vorgebracht: In meiner Rechtfertigung vom 14.9.1995 habe ich beantragt, die Aufsichtsorgane zu befragen, welche Kontrolltätigkeiten am 18.5.1994 beabsichtigt waren. Dies wäre für den Schuldvorwurf nach § 38 LMG 1975 deshalb erforderlich gewesen, weil sich aus § 37 Abs 4 LMG ergibt, daß bei jeder Nachschau die Störung des Geschäftsbetriebes zu vermeiden ist. Wenn es sich nur um eine routinemäßige Kontrolle gehandelt hätte, so wäre dies auch zu einem anderen Zeitpunkt möglich gewesen, nicht gerade zu der Zeit, die ich für dringende Erledigungen von Arbeiten benötigte. Ich bin zu dieser Zeit allein im Betrieb, sodaß ich mich voll auf meine Arbeit zu konzentrieren habe. Eine Nachschau im Betrieb zu einem späteren Zeitpunkt kann jederzeit durchgeführt werden ......

Mit der Ansicht, daß sich aus § 37 Abs 4 LMG ergebe, daß die Dringlichkeit seiner Arbeiten zum Zeitpunkt der Kontrolle deren Verschiebung auf einen späteren Zeitpunkt gerechtfertigt habe, ist der Berufungswerber nicht im Recht: Da es im § 37 Abs 4 LMG heißt, daß die Aufsichtsorgane bei der Nachschau die Störung des Geschäftsbetriebes und jedes Aufsehen tunlichst zu vermeiden haben, ergibt sich aus dieser Bestimmung, daß die Nachschau überhaupt einmal begonnen haben

muß. Diese Bestimmung enthält somit keinen Hinweis darauf, daß die Nachschau gar nicht begonnen werden dürfte, um eine Störung des Geschäftsbetriebes zu vermeiden. Hat die Nachschau aber einmal begonnen, dann haben die Aufsichtsorgane mit der entsprechenden Rücksicht auf den Geschäftsbetrieb vorzugehen.

Im vorliegenden Fall ist es aber gar nicht so weit gekommen, daß diese Bestimmung hätte angewendet

werden können, weil, wie angeführt, die Kontrolltätigkeit

vom Aufsichtsorgan Herrn B. abgebrochen wurde,

nachdem seinem Kollegen Herrn H. vom

Berufungswerber der Zutritt in die Bäckerei verwehrt

worden war.

Daraus folgt, daß die Befragung des Kontrollorganes, Herrn H., nach der Art der Kontrolltätigkeiten am 18.5.1994, wie dies in der Berufung beantragt wurde, nicht relevant ist, weil der Zutritt zur Bäckerei auch bei einer routinemäßigen Kontrolle zu gestatten gewesen wäre.

Durch die Berufungsausführungen wird an der Tatbestandsmäßigkeit der Übertretung somit nichts geändert.

§ 5 VStG (Schuld) lautet:

(1)Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiters anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

(2) Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.

Die Verwehrung des Zutrittes mit den Worten Du kommst mir nicht herein gegenüber dem Aufsichtsorgan Herrn H. zeigt, daß der Berufungswerber diesem den Zutritt vorsätzlich verwehrt hat.

In der Berufung heißt es unter anderem: ..... doch war ich in einer gerechtfertigten Erregung, wobei es bei einer gütlichen Aussprache zu einer einvernehmlichen Lösung hätte kommen können. Da diese Ausführungen nicht präzisiert wurden, ist daraus ein Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nicht ableitbar.

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen.

Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Durch das vorstehende Delikt hat der Berufungswerber die Aufsichtstätigkeit der Kontrollorgane behindert und diese öffentlichen Interessen insoweit verletzt. Wenn nun die belangte Behörde die bisherige Straflosigkeit - somit die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit - als strafmildernd gewertet und als straferschwerend nichts gewertet hat, ist bei dem bis zu S 50.000,-- reichenden Strafrahmen die Verhängung einer Geldstrafe von S 2.000,-- durchaus gerechtfertigt, dies umsomehr, als nach Meinung der Berufungsbehörde der geschilderte Vorsatz als erschwerend zu berücksichtigen ist. Zu den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen wurde lediglich bekanntgegeben, daß der jährliche Bruttoumsatz S 1.400.000,-- beträgt und keine Einkommenssteuervorschreibung zu erwarten sein wird. Zum Vermögen und den Sorgepflichten wurden keine Angaben gemacht. Diese Einkommensverhältnisse

stehen somit der Verhängung einer Geldstrafe von S 2.000,-- nicht entgegen. Zu berücksichtigen ist auch, daß die Strafe auch den spezial- und generalpräventiven Zweck erfüllen muß.

Die verletzte Rechtsvorschrift war zu präzisieren, die bei Verhängung der Ersatzfreiheitsstrafe angewendete Gesetzesbestimmung des § 16 Abs 1 und 2 VStG war im Spruch anzuführen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens bestimmen sich

nach § 64 Abs 1 und 2 VStG.

Diese Entscheidung konnte ohne Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden (§ 51 e Abs 2 VStG).

Der Berufungsantrag war somit abzuweisen.

Schlagworte
Kontrolle Inhaber Betriebsinhaber Zutritt Störung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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