Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch sein Mitglied
über die Berufung des Herrn , geboren am ,
wohnhaft in , vertreten durch ,
vom , gegen das Straferkenntnis der
Bezirkshauptmannschaft
Mattersburg vom 18 07 1995, Zl 333-5642/1-1994, wegen Bestrafung
nach § 8 Abs 4 StVO 1960 zu Recht erkannt:
Gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 51 Abs. 1 VStG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG ist ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens von 20 % der Strafhöhe, das sind S 140,--, zu leisten.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber für schuldig erkannt, er habe am 01 10 1994 zwischen 21 50 Uhr und 22 05 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen in , mit allen vier Rädern auf den Gehsteig abgestellt und dadurch den Gehsteig vorschriftswidrig benützt. Er habe dadurch § 8 Abs 4 StVO 1960 verletzt.
Es wurde über ihn eine Geldstrafe von S 700,--
(Ersatzfreiheitsstrafe von 42 Stunden) verhängt.
Über die rechtzeitig erhobene Berufung hat der Verwaltungssenat nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwogen:
Gemäß § 8 Abs 4 StVO ist die Benützung von Gehsteigen mit Fahrzeugen aller Art verboten.
Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den vorgelegten Fotos und Skizzen, daß vor dem Gasthaus bis zur Fahrbahn ein asphaltierter Parkplatz besteht, dessen straßenseitiger Rand als Fortsetzung des von den Nachbarhäusern heranführenden Gehsteiges anzusehen ist. Auch zeigen die Fotos, daß der Gehsteig vor dem gegenständlichen Restaurant abgeschrägt ist, damit eine Zufahrt auf der vor dem Restaurant befindlichen Parkfläche ermöglicht wird. Dazu ist in rechtlicher Hinsicht festzuhalten, daß die Tatsache der Abschrägung einer Randsteinkante der durch diese Kante begrenzten Fläche nicht die Eigenschaft eines Gehsteiges nimmt. Am Charakter einer Verkehrsfläche als Gehsteig würde nur dann zu zweifeln sein, wenn die strittige Fläche wenigstens zum Teil auf gleichem Niveau wie
die Fahrbahn gelegen wäre (VwGH vom 22 03 1989, Zl 88/18/0378). Dies ist aber im vorliegenden Fall nicht gegeben. Es ist daher davon auszugehen, daß die Fläche, auf der der PKW des Berufungswerbers laut
Anzeige abgestellt war, als Gehsteig anzusehen ist, weshalb § 8 Abs 4 StVO anzuwenden ist.
Im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung hat der
Berufungswerber - wie schon im Verfahren - angegeben, daß er nie so
gestanden sei, wie es in der Skizze des Gendarmeriepostens S
vom 09 01 1995 verzeichnet ist. Er sei damals zur Feier des Herrn
J um ca 18 Uhr bis 18 30 Uhr gestoßen und habe sich bis ca
23 Uhr oder 23 30 Uhr im Lokal aufgehalten. Sein Fahrzeug sei die
ganze Zeit hindurch auf dem Parkplatz, rechtwinkelig zum Gehsteig,
in
einer Reihe parkender Fahrzeuge abgestellt gewesen. Dort, wo
angeblich sein Fahrzeug gestanden sein soll, sei das Fahrzeug des
Herrn H J , W , welches gleichfalls ein Passat Kombi
sei, gestanden. Wann die Verladung der Geschenke erfolgte, könne er
nicht mehr sagen. Diese Angaben des Berufungswerbers, die sich mit
seinem Vorbringen im Zuge des Verfahrens decken, wurde von Frau
M J mit Schreiben vom 27 11 1995 bestätigt.
Der Zeuge M J gab an, daß zum damaligen Zeitpunkt der
Geburtstag seiner Eltern gefeiert wurde. Die Feier habe um 20 Uhr begonnen. Das Fahrzeug seines Vaters sei vorerst ordnungsgemäß am Parkplatz abgestellt worden. Er habe dann, ungefähr um 21 45 Uhr, den
ersten Teil der Geschenke mit diesem Fahrzeug in das Wochenendhaus gebracht. Als er zum Gasthaus zurückkam, sei kein Parkplatz mehr frei
gewesen und er habe daher das Fahrzeug parallel zur Fahrbahn auf dem Gehsteig abgestellt. Diese Tat sei auch bestraft worden. Das Fahrzeug
des Berufungswerbers hingegen sei ordnungsgemäß am Parkplatz rechtwinkelig zur Fahrbahn abgestellt gewesen.
Der Zeuge C S bestätigte, daß der Berufungswerber sein
Fahrzeug neben das des Zeugen ordnungsgemäß am Parkplatz abgestellt
habe. Im Verlauf des Abends seien dann Geschenke zum PKW des Herrn
H J hinausgetragen worden. Den Zeitpunkt könne er
allerdings nicht mehr angeben. Das Fahrzeug des Herrn J sei
am
Gehsteig parallel zur Fahrbahn gestanden. Das Fahrzeug des
Berufungswerbers sei zu diesem Zeitpunkt ordnungsgemäß neben seinem
Fahrzeug abgestellt gewesen.
Die beiden Gendarmeriebeamten gaben übereinstimmend an, daß sie sich zum damaligen Zeitpunkt auf Patrouillenfahrt befanden. Dabei sahen sie, daß vor dem Gasthaus am Gehsteig parallel zur Fahrbahn zwei Fahrzeuge abgestellt waren. Das Fahrzeug des Berufungswerbers sei so wie in der Skizze vom 09 01 1995 angegeben, gestanden. Dahinter sei ein weiteres Fahrzeug gestanden. Nach einiger Zeit seien
die Beamten zurückgekommen, und hätten festgestellt, daß beide Fahrzeuge noch immer dort abgestellt waren. Daraufhin sei die Anzeige
erfolgt. Ein Irrtum beim Ablesen der Kennzeichen sei auszuschließen. Eine Eintragung des zweiten Fahrzeuges in die Skizze vom 09 01 1995 sei deshalb nicht erfolgt, weil dies nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens gewesen sei. Die Lenker der angezeigten Fahrzeuge seien nicht angetroffen worden. Ein Verständigungszettel sei deshalb nicht hinterlegt worden, weil es in keinen Gendarmerieposten mehr gibt, bei dem die Strafe hätte beglichen werden können.
Wie aus einer gleichfalls vom 04 10 1995 stammenden Anzeige
hervorgeht, wurde das Fahrzeug mit dem Kennzeichen wegen
des gleichen Deliktes wie das des Berufungswerbers betreten. Es ist
dies das Fahrzeug des Herrn J .
Der Verwaltungssenat folgt den unbedenklichen und glaubwürdigen Aussagen der Gendarmeriebeamten, denen als geschulte Straßenaufsichtsorgane die Wahrnehmung und Wiedergabe von Übertretungen der Straßenverkehrsordnung zuzumuten ist. Da diese Zeugen unter Wahrheitserinnerung und im Bewußtsein der Strafdrohung des § 289 StGB ausgesagt haben, kommt ihren Angaben ein größerer Beweiswert zu, als dem Vorbringen des Berufungswerbers, der sich so verantworten kann, daß er straffrei geht.
Was die Angaben der Entlastungszeugen anbelangt, so ist deren
Beweiswert deshalb geringer zu veranschlagen, weil sie erstmalig im
Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung, also mehr als ein Jahr
nach dem Vorfall, ausgesagt haben. Demgegenüber haben die
Gendarmeriebeamten bereits unmittelbar nach dem Vorfall die
Tatsache,
daß das Kraftfahrzeug des Berufungswerbers auf dem Gehsteig stand,
festgehalten und in weiterer Folge den Bericht mit Skizze vom 09 01
1995 erstellt. Aufgrund dieser Umstände spricht schon die innere
Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der Angaben der
Gendarmeriebeamten. Im übrigen ist es schwer vorstellbar, warum die
Gendarmeriebeamten das Fahrzeug des Berufungswerbers anzeigen hätten
sollen, wenn es nicht wie angegeben am Gehsteig stand. Eine
Verwechslung mit dem Fahrzeug des Herrn H J , polizeiliches
Kennzeichen , ist schon deshalb auszuschließen, weil ja
auch
dieses Fahrzeug angezeigt wurde.
Zur Zeugenaussage des Herrn C S ist noch darauf
hinzuweisen, daß dieser in keiner Weise angeben konnte, um welche
Zeit die Geschenke in das Fahrzeug des Herrn H J verstaut
wurden. Seine Wahrnehmung, daß anläßlich seiner damaligen Tätigkeit
das Fahrzeug des Berufungswerbers ordnungsgemäß abgestellt war, sagt
daher nichts darüber aus, ob dieses von 21 50 Uhr bis 22 05 Uhr
nicht
doch am Gehsteig stand.
Gleiches gilt für die Aussage des Herrn M J , da auch dieser keine genauen Zeitpunkte angeben konnte. Wenn er tatsächlich um 21 45 Uhr die Geschenke in das Wochenendhaus brachte, hätte das von ihm benützte Fahrzeug nicht schon um 21 50 Uhr vor dem Gasthaus abgestellt sein können.
Von Bedeutung ist auch der Umstand, daß der Berufungswerber erst im September 1995 die Skizze des Gendarmeriepostens S vom 09 01 1995 erhalten hat. Nach seinem Schreiben vom 20 09 1995 konnte er erst dadurch die Geschehnisse des Abends mit einigen Personen rekonstruieren und hat er erst in diesem Schreiben seine Entlastungszeugen bekanntgegeben. Dies zeigt, daß erst zu diesem Zeitpunkt eine Erörterung des Vorfalles mit den Zeugen erfolgte, was aufgrund des Zeitabstandes durchaus zu Fehlmeinungen führen konnte. Ist es doch eine Erfahrungstatsache, daß sich Zeugen nach so langer Zeit kaum genau an den Ablauf der Ereignisse erinnern können. Auch dies mindert den Beweiswert der Zeugenaussagen sowie den der Bestätigung der Frau M J .
Insgesamt ist daher davon auszugehen, daß aufgrund der Zeugenaussagen
der Gendarmeriebeamten die vorgeworfene Tat als erwiesen anzunehmen ist.
Zur Strafbemessung:
Die der Bestrafung zugrundeliegende Handlung schädigte in nicht unerheblichem Maße das an der Freihaltung von Gehsteigen für den Fußgängerverkehr bestehende Interesse, dem die Strafdrohung dient. Der objektive Unrechtsgehalt der Tat kann selbst bei Fehlen sonstiger
nachteiliger Folgen nicht als gering angesehen werden.
Daß die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder, daß die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist weder hervorgekommen noch auf Grund besonderer Tatumstände anzunehmen
und kann daher das Verschulden des Berufungswerbers nicht als geringfügig angesehen werden.
Bei der Strafbemessung war der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zu berücksichtigen. Erschwerend war kein Umstand zu werten.
Gleichzeitig war auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers Bedacht zu nehmen (Einkommen: S 14000,-- netto monatlich; Vermögen: PKW; Sorgepflichten: keine).
Unter Bedachtnahme auf den gesetzlichen Strafsatz, den Unrechtsgehalt
der Tat und das Verschulden des Berufungswerbers ist die verhängte Strafe als angemessen anzusehen, zumal sie im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens liegt.
Eine Strafe muß geeignet sein, den Berufungswerber von einer Wiederholung der Tat ausreichend abzuschrecken und generalpräventive Wirkungen zu entfalten.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.