Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Mag Pfeifer über die Berufung des Herrn Roland B vom 13.6.1995 gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 29.5.1995, Zlen MA 4/5 - GAG 18473/4/0, 18474/4/2, 18475/4/5, 18476/4/8, 18477/4/0, 18479/4/6, 18480/4/5, 18481/4/8, 18482/4/0 und 18483/4/3, wegen Übertretung des § 1 Abs 1 in Verbindung mit § 1 Abs 2 Tarifpost B 7 des Gebrauchsabgabegesetzes (GAG) vom 8. Juli 1966, LGBl für Wien Nr 20 in der derzeit geltenden Fassung, im Zusammenhalt mit § 9 Abs 1 des Verwaltungsstrafgesetzes, in der geltenden Fassung, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung in der Schuldfrage keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß die Tatumschreibung wie folgt zu lauten hat:
"Sie haben als zur Vertretung nach außen Berufener (Geschäftsführer) der R BetriebsgesmbH zu verantworten, daß vor der Liegenschaft in Wien, K-Straße auf dem öffentlichen Gemeindegrund, der dem öffentlichen Verkehr dient, ohne daß Sie hiefür vorher eine Gebrauchserlaubnis erwirkt haben, einen Schanigarten (Tische & Sessel) aufgestellt war, und zwar :
am 29. März 1994 im Ausmaß von 12,5 m Länge und 5 m Breite, 3,8 m von der Portalfront entfernt,
am 1. April 1994 im Ausmaß von 5,5 m Breite und 13,7 m Länge,
am 14. April 1994 im Ausmaß von 5,5 m Breite und 1,7 m Länge,
am 19. April 1994 im Ausmaß von 5,5 m Breite und 13,7 m Länge,
am 22. April 1994 im Ausmaß von 5,5 m Breite und 13,7 m Länge,
am 27. April 1994 im Ausmaß vom 5,5 m Breite und 13,7 m Länge, am 3. Mai 1994 im Ausmaß von 12,5 m Länge und 5 m Breite, 3,8 m von der Portalfront entfernt,
am 24. Mai 1994 im Ausmaß von 5,5 m Breite und 13,7 m Länge,
am 28. Mai 1994 im Ausmaß von 13,5 m Länge und 5,8 m Breite,
am 9. Mai 1995 im Ausmaß von 12,5 m Länge und 5 m Breite, 3,8 m von der Portalfront entfernt."
Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung in der Straffrage insoweit Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf S 4.500,-- und demgemäß die Ersatzfreiheitsstrafe auf 4 Tage herabgesetzt wird. Entsprechend der verhängten Geldstrafe reduziert sich der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Strafverfahrens auf S 450,--. Gemäß § 65 VStG hat der Berufungswerber keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.
Begründung:
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber als zur Vertretung nach außen Berufener der R BetriebsgesmbH dafür bestraft, daß diese zu den im Straferkenntnis näher angeführten Tatzeitpunkten ohne Gebrauchserlaubnis auf öffentlichem Gemeindegrund, nämlich vor der Liegenschaft in Wien, K-Straße einen Schanigarten aufgestellt hatte. Für jede Tathandlung zu den jeweiligen Tatzeitpunkten wurde eine eigene Zahl vergeben. Für diese Verwaltungsübertretungen wurden über den Berufungswerber zehn Geldstrafen und demzufolge zehn Ersatzfreiheitsstrafen verhängt, sowie Verfahrenskostenbeiträge zur Zahlung vorgeschrieben.
Innerhalb offener Frist hat der Beschuldigte Berufung erhoben und führte hiezu im wesentlichen aus, daß er am 2.1.1994 schriftlich um die Erteilung einer Gebrauchserlaubnis für den Schanigarten bei der Magistratsabteilung 35 angesucht habe. Als bis März 1994 noch keine Augenscheinsverhandlung anberaumt worden wäre, habe er bei der Magistratsabteilung 35 angerufen und sei ihm mitgeteilt worden, daß die Abteilung überlastet sei und er noch einige Monate zuwarten müsse. Ihm sei geraten worden, den Schanigarten in der Zwischenzeit aufzustellen, da sein Ansuchen ja zeitgerecht gestellt worden wäre. Im übrigen sei es üblich und wirtschaftlich auch nicht vertretbar, die mündliche Verhandlung abzuwarten, wenn man zeitgerecht eingereicht habe, da viele Verhandlungen erst am Ende der Saison stattfinden würden.
Zur Klärung des Sachverhaltes wurde am 15.11.1995 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in welcher der Berufungswerber im wesentlichen ergänzend vorbrachte, daß er um den 15. März 1994 bei der Magistratsabteilung 35 nachgefragt habe, wann eine Bewilligung erteilt werde und sei ihm mitgeteilt worden, daß die Abteilung zur Zeit überlastet sei, er trotzdem die Tische und Sessel aufstellen solle. Welche Person ihm diese Mitteilung gemacht habe, könne er heute nicht mehr angeben. Dies sei die dritte Saison gewesen, in welcher er den Schanigarten an dem Ort K-Straße betrieben habe. Das Betreiben des Schanigartens sei für seine wirtschaftliche Existenz unabdingbar gewesen. Die Sessel und Tische seien am Vormittag aufgestellt und am Abend auf eine kleinere Abstellfläche zurückgestellt worden. Im maßgeblichen Zeitraum seien die Gegebenheiten so, wie von ihm in seinem Antrag vom 7.1.1994 in der Skizze festgehalten, gewesen. Die in den Anzeigen festgestellten Ausmaße des Schanigartens würden nicht bestritten.
Hiezu wurde erwogen:
Gemäß § 1 Abs 1 des Gebrauchsabgabegesetzes ist für den Gebrauch von öffentlichem Gemeindegrund, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, samt den dazugehörigen Anlagen und Grünstreifen einschließlich seines Untergrundes und des darüber befindlichen Luftraumes vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken, wenn der Gebrauch über die widmungsmäßigen Zwecke dieser Fläche hinausgehen soll.
Gemäß § 1 Abs 2 des Gebrauchsabgabegesetzes gehen die im angeschlossenen Tarif angegebenen Arten des Gebrauches von öffentlichem Gemeindegrund (Abs 1) über die widmungsmäßigen Zwecke hinaus.
Gemäß Tarifpost B 7 des Gebrauchsabgabegesetzes ist für Vorgärten (Aufstellung von Tischen, Sesseln ua) von Geschäftslokalen aller Art je m2 Fläche 25 S, in Fußgängerzonen und verkehrsarmen Zonen je m2 125 S, mindestens aber 190 S; die Abfriedung (Geländer, Gitter, Abschlußwand, Zierpflanzen u dgl) innerhalb der bewilligten Ausmaße aufzustellen; für etwaige Gegenstände innerhalb der Einfriedung, die weder mit dem Gebäude noch mit dem Gehsteig fest verbunden sind und über die zugestandene Vorgartenfläche nicht hinausragen, ist eine weitere Abgabe nicht zu entrichten; die Bewilligung für Vorgärten gilt nur für die Zeit vom 1. März bis 15. November; wird ausnahmsweise die Belassung der Abfriedung ganz oder teilweise über den genannten Zeitraum hinaus bewilligt, erhöht sich die Abgabe um ein Drittel.
Gemäß § 16 Abs 4 des Gebrauchsabgabegesetzes sind Übertretungen der Gebote und Verbote des Abschnittes I dieses Gesetzes als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 30 000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu einem Monat zu bestrafen.
Im vorliegenden Fall blieb sohin unbestritten, daß der Berufungswerber als Geschäftsführer der gegenständlichen GmbH gemäß § 9 Abs1 VStG zu verantworten hatte, daß Sessel und Tische in der im Straferkenntnis näher angeführten Örtlichkeit zu den jeweiligen Tatzeitpunkten in den in den Straferkenntnissen genannten Ausmaßen aufgestellt waren. Die diesbezügliche Gebrauchserlaubnis wurde der gegenständlichen GmbH mit Bescheid vom 15.6.1994, GZ MA 35-G/1-48/94, erteilt.
Strittig ist lediglich, ob der Berufungswerber die ihm angelastete Verwaltungsübertretung auch in Ansehung der subjektiven Tatseite zu verantworten hat.
Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens im Zusammenhalt mit der Aktenlage steht als erwiesen fest, daß sich der Berufungswerber nicht bei der zuständigen Magistratsabteilung hinsichtlich des Verfahrensstandes der von der Gesellschaft am 7.1.1994 beantragten Gebrauchserlaubnis erkundigt hat. Eine Auskunft, es sei üblich, den Schanigarten ohne Gebrauchserlaubnis zu betreiben, wurde ihm gegenüber nicht erteilt. Dies war bereits die dritte Saison, in welcher er diesen Schanigarten betrieb. Seine Ausführungen, wonach er sich um den 15. März 1994 bei der zuständigen Abteilung nach dem Verfahrensstand erkundigt habe, da bis dahin noch keine Augenscheinsverhandlung anberaumt gewesen sei, steht mit dem eingeholten Akt der MA 35, GZ: MA 35-G/1/48/94, im Widerspruch, zumal ihm am 9.3.1994 eine Ladung zur mündlichen Verhandlung am 16.3.1994 zugestellt wurde, an welcher er auch teilgenommen hat. Es bestand für ihn zum angegebenen Zeitpunkt sohin keine Veranlassung, eine Auskunft bei der MA 35 einzuholen, da er ja - wie bereits ausgeführt - zu einer Verhandlung geladen war. Ebenso ist es völlig unglaubwürdig, daß die MA 35 ihm zu diesem Zeitpunkt die Auskunft erteilt habe, er solle den Schanigarten ohne Bewilligung betreiben, da die Abteilung überlastet sei, wodurch eine mündliche Verhandlung in nächster Zeit nicht durchgeführt werden könne, wenn gerade eine solche bereits anberaumt war, diese Erwägung steht im übrigen auch mit den von der Erstbehörde durchgeführten Ermittlungen, wonach eine diesbezügliche Zusage von Organen der Magistratsabteilung 35 nicht erteilt wurde, im Einklang. Die diesbezügliche Aussage des Berufungswerbers wurde vom erkennenden Senat sohin als reine Schutzbehauptung angesehen. Der Wahrheitsgehalt dieser Aussage wird zudem auch im Hinblick darauf, daß dem Berufungswerber jene Person, die ihm angeblich diese Auskunft gab, nicht mehr erinnerlich war, in Zweifel gezogen.
Fest steht, daß der Berufungswerber den Schanigarten errichten ließ, obwohl ihm bekannt war, daß für das Aufstellen der Sessel und der Tische (Schanigarten) zu den Tatzeitpunkten noch keine Gebrauchserlaubnis vorlag. Der Umstand, daß der Beschuldigte das Betreiben des Schanigartens als wirtschaftlich unabdingbar betrachtet hat und trotz der Vielzahl der Anzeigen davon nicht Abstand nahm, läßt die Schlußfolgerung zu, daß er zur Erreichung der Einnahmenserzielung die ihm angelastete Verwaltungsübertretung in Kauf genommen hat.
Er hat sohin die ihm angelastete Verwaltungsübertretung zumindest bedingt vorsätzlich begangen.
Die Vielzahl der gesetzwidrigen Einzelhandlungen bildet spruchgemäß ein (fortgesetztes) Delikt, wobei folgende Erwägungen maßgebend waren:
Gemäß § 22 VStG gilt im Verwaltungsstrafverfahren das sogenannte Komulationsprinzip das bedeutet, daß für jedes Delikt eine eigene Strafe, bei einer Mehrheit von Delikten somit nebeneinander mehrere Strafen zu verhängen sind.
Hat der Täter sohin mehrere Verwaltungsübertretungen begangen, so gilt im Verwaltungsstrafverfahren, anders als im gerichtlichen Strafverfahren, das Komulationsprinzip. Das bedeutet, daß für jedes Delikt eine eigene Strafe, bei einer Mehrheit von Delikten somit nebeneinander mehrere Strafen zu verhängen sind. Eine Ausnahme von diesem Prinzip besteht (ua) bei einem fortgesetzten Delikt (VwSlg 6932 A/1966). Diesfalls treten mehrere gesetzwidrige Einzelhandlungen des Täters zufolge der Gleichartigkeit der Begehungsform und der äußeren Begleitumstände, des engen zeitlichen Zusammenhanges und des diesbezüglichen Gesamtkonzeptes des Täters zu einer Einheit zusammen (siehe unter vielen anderen VwSlg 10.138 A/1980, verstärkter Senat; zuletzt VwGH 17.12.1993, 93/17/0062 ua). Ein solches fortgesetztes Delikt wird nun nicht etwa in jedem Augenblick neu begangen, vielmehr handelt es sich dabei um ein Delikt, weshalb tatbestandsmäßige Einzelhandlungen bis zur Erlassung eines Straferkenntnisses nur als eine Verwaltungsübertretung anzusehen und dementsprechend auch nur mit einer Strafe zu bedenken sind, solange der Täter nicht nach außen hin erkennbar seine deliktische Tätigkeit aufgegeben hat (VwGH 3.11.1991, 1211, 1725, 3523/80).
Zweifellos handelt es sich in den genannten Fällen um eine Reihe von gesetzwidrigen Einzelhandlungen.
Aus dem Verwaltungsakt geht hervor, daß der Berufungswerber aus dem Betreiben dieses Schanigartens seinen Lebensunterhalt bestritt und er trotz des Umstandes, daß ihn der Meldungsleger jeweils zur Beendigung seines unerlaubten Verhaltens aufgefordert und ihn von der Erstattung der Anzeige in Kenntnis gesetzt hat, sein Verhalten nicht änderte.
Dies läßt darauf schließen, daß diesem Verhalten ein Gesamtvorsatz im Sinne der oben dargestellten Rechtsprechung zugrunde lag. Auch ist die Gleichartigkeit der Begehungsform und der äußeren Begleitumstände sowie der zeitliche Zusammenhang der Einzeltathandlungen evident, weswegen die Berufungsbehörde vom Vorliegen eines fortgesetzten Deliktes ausgeht.
So liegt ein noch erkennbarer zeitlicher Zusammenhang nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann vor, wenn die einzelnen Handlungen nicht durch einen großen Zeitraum unterbrochen sind; der Zusammenhang muß sich demnach äußerlich durch zeitliche Verbundenheit objektivieren lassen (vergl dazu VwGH 27.1.1981, Slg 10352/A und 5.7.1982, 3593/80). Im gegenständlichen Fall wurden die Taten am 29.3.1994, 1.4.1994, 14.4.1994, 19.4.1994, 22.4.1994, 27.4.1994, 3.5.1994, 9.5.1994, 24.5.1994 und 28.5.1994 begangen. Der enge zeitliche Zusammenhang ergibt sich somit schon daraus, daß die deliktischen Handlungen im Zeitraum zwischen dem 29.3.1994 und dem 28.5.1994 begangen wurden, somit innerhalb einer Zeitspanne von ungefähr zwei Monaten. Im vorliegenden Fall lagen sohin diese Voraussetzungen vor, insbesondere der zeitliche Zusammenhang, sowie ein - zumindest bedingter - Gesamtvorsatz.
Zur Strafbemessung bestimmt § 19 VStG folgendes:
(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe ist stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Wenngleich die Tat sonst keine nachteiligen Folgen nach sich gezogen hat, so hat sie doch das durch die Strafdrohung geschützte Interesse an der Freihaltung des öffentlichen Gemeindegrundes von widmungswidriger Benützung ohne Gebrauchserlaubnis erheblich geschädigt. Der Unrechtsgehalt der Tat an sich war daher nicht gering.
Das Verschulden, auf das bei der Strafbemessung besonders Bedacht zu nehmen ist, war als erheblich anzusehen, wurde doch die Übertretung vorsätzlich begangen.
Jedoch erscheint dem erkennenden Senat unter Berücksichtigung der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit, der keine Erschwerungsgründe gegenüberstehen und bei Bedachtnahme auf die bekanntgegebenen äußerst ungünstigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse die nunmehr verhängte Geldstrafe ausreichend, um den Berufungswerber in Hinkunft von der Begehung gleichartiger Verwaltungsübertretungen wirksam abzuhalten.