Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch sein Mitglied
über die Berufung des Herrn , geboren am ,
wohnhaft in , vertreten durch
Rechtsanwälte , vom 07 11
1995, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf vom 25 10 1995, Zl 300-2686-1995, wegen Bestrafung nach der Straßenverkehrsordnung (StVO) 1960 zu Recht erkannt:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit § 51 Abs 1 VStG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit
der Maßgabe bestätigt, daß der Spruch wie folgt zu lauten hat:
Sie haben es am 26 03 1995 um 01 59 Uhr im öffentlichen Krankenhaus
verweigert, sich von einem diensthabenden Arzt dieses
Krankenhauses - zum Zweck der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes -
Blut abnehmen zu lassen, obwohl sie im Verdacht standen, in einem
durch Alkohol beeinträchtigten Zustand den PKW VW mit dem
behördlichen Kennzeichen am 26 03 1995 gegen 00 30 Uhr in
zum Parkplatz vor dem Gemeindezentrum, ,
gelenkt zu haben und eine Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt
aus in ihrer Person gelegenen Gründen nicht möglich war. Dadurch
haben Sie folgende Rechtsvorschrift verletzt:
§ 99 Abs 1 lit c iVm § 5 Abs 7 StVO 1960.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG ist ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens von 20 % der Strafhöhe, das sind S 2000,--, zu leisten.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber für
schuldig erkannt, er habe sich am 26 03 1995 um 01 59 Uhr im
Krankenhaus als Lenker des PKWs VW mit dem
behördlichen Kennzeichen geweigert, sich Blut abnehmen zu
lassen, obwohl er im Verdacht stand, in einem durch Alkohol
beeinträchtigten Zustand das Fahrzeug am 26 03 1995 gegen 00 30 Uhr
in zum Parkplatz vor dem Gemeindezentrum, ,
gelenkt zu haben. Als verletzte Rechtsvorschrift wurden die §§ 99 Abs 1 lit c) iVm 5 Abs 6 StVO 1960 zitiert und wurde eine Geldstrafe von S 10 000 (Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen) verhängt.
In der Berufung wird die Einstellung des Verfahrens im wesentlichen aus zwei Gründen beantragt:
1) Einerseits wird vorgebracht, daß der Beschuldigte keinerlei Erinnerung an den gegenständlichen Sachverhalt habe; zu berücksichtigen sei die fortgeschrittene Zeit (01 59 Uhr), die erheblichen Verletzungen (verbunden mit einer Bewußtlosigkeit) sowie die aus medizinischen Aspekten unmögliche Atemluftuntersuchung.
2) Zum anderen beruft sich der Berufungswerber auf einen entschuldbaren Rechtsirrtum; er habe mit gutem Grunde davon ausgehen können, daß ein medizinischer Eingriff an seinem Körper wegen eines Unfalles, den er schuldlos als Fußgänger erlitten hat, nicht geduldet
werden müsse. Zitiert wird in diesem Zusammenhang ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27 11 1979, Zahl 855/79.
Hierüber hat der Verwaltungssenat folgendes erwogen:
Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 5 StVO 1960 lauten wie folgt:
§ 5 Abs 2:
Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht sind berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand
1)
ein Fahrzeug gelenkt zu haben oder
2)
als Fußgänger einen Verkehrsunfall verursacht haben, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.
§ 5 Abs 5:
Die Organe der Straßenaufsicht sind weiters berechtigt, Personen, von
denen vermutet werden kann, daß sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden, zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol zu einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden oder bei einer Bundespolizeibehörde tätigen Arzt zu bringen, sofern eine Untersuchung gemäß Abs 2 ......
2) aus in der Person des Probanden gelegenen Gründen nicht möglich war .....
§ 5 Abs 6:
An Personen, die gemäß Abs 5 Z 2 zu einem Arzt gebracht werden und die verdächtig sind, sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand zu befinden, ist eine Blutabnahme zum Zweck der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes vorzunehmen; die Betroffenen haben diese Blutabnahme vornehmen zu lassen.
§ 5 Abs 7:
Zum Zweck einer Blutabnahme sind die Organe der Straßenaufsicht berechtigt, den Betroffenen (Abs 6) zum diensthabenden Arzt einer öffentlichen Krankenanstalt zu bringen. Dieser hat eine Blutabnahme zum Zweck der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes vorzunehmen.
Der unbestrittene und somit als erwiesen angenommene Sachverhalt stellt sich wie folgt dar:
Der Beschuldigte hat ein Fahrzeug unter den im Spruch umschriebenen näheren Umständen gelenkt. Nachdem er seinen PKW zum Parken abgestellt hatte, wurde er beim Überqueren der Straße von einem Fahrzeug erfaßt und niedergestoßen. Aufgrund seiner Verletzungen wurde er ins Krankenhaus gebracht. Dort wurde er - da der Verdacht einer Alkoholisierung bestand - von einem Gendarmeriebeamten zuerst zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert, was jedoch aufgrund der Angaben des diensthabenden Arztes, der die Unmöglichkeit des Alkomattestes aus medizinischen Gründen bestätigte, unterblieben ist. Da der Arzt jedoch die Möglichkeit einer Blutabnahme aus medizinischer Sicht bestätigte, wurde der Beschuldigte daraufhin zu einer Blutabnahme zum Zweck der Bestimmung seines Blutalkoholgehaltes aufgefordert. Dies hat er verweigert.
Nach dem obzitierten Tatbestand des § 5 Abs 7 hat ein diensthabender Arzt einer öffentlichen Krankenanstalt eine Blutabnahme an einem Betroffenen vorzunehmen. Wer Betroffener ist, bestimmt § 5 Abs 6. Demnach sind dies Personen nach § 5 Abs 5 Z 2 (=solche, bei denen eine Untersuchung der Atemluft aus in der Person des Probanden gelegenen Gründen nicht möglich war). Davon, daß beim Berufungswerber
ein Test mittels Alkomat aus an ihm gelegenen Gründen nicht möglich war, wurde im Verfahren stets ausgegangen und hat sich auch der Beschuldigte selbst immer auf diesen Umstand berufen. Der Spruch des Straferkenntnisses I Instanz konnte daher entsprechend ergänzt werden.
Weiters ist zu unterscheiden, welcher Arzt die Blutabnahme durchzuführen hat. Nach dem von der Behörde I Instanz angezogenen Tatbestand des § 5 Abs 6 ist nur der Arzt einer Bundespolizeidirektion bzw des öffentlichen Sanitätsdienstes gemeint. Im vorliegenden Fall jedoch hätte die Blutabnahme unbestrittenerweise - und wie auch aus dem Akteninhalt (Anzeige, Bericht des Krankenhauses , Beschuldigtenladungsbescheid)
hervorgeht - im Krankenhaus von einem dortigen Arzt
vorgenommen werden sollen. Dem Beschuldigten wurde dies auch zur Kenntnis gebracht und geht aus dem von ihm (bzw seinem Vertreter) eingesehenen Akt hervor, daß es sich beim Krankenhaus (es gibt in dieser Stadt im übrigen nur dieses eine) um ein öffentliches Krankenhaus handelt, und daß der in Rede stehende Arzt am Tattag diensthabender Arzt war. Auch diesbezüglich konnte daher eine Ergänzung des Spruches der I Instanz erfolgen und die Tat dem § 5 Abs 7 StVO (iVm § 99 Abs 1 lit c) StVO 1960 unterstellt werden.
Zu Punkt 1 des Berufungsvorbringens:
Zur Behauptung des Beschuldigten, er habe keine Erinnung an die Aufforderung zur Blutabnahme, wird festgestellt, daß es nicht um das Erinnerungsvermögen des Berufungswerbers zum jetzigen Zeitpunkt geht,
sondern lediglich seine Zurechnungsfähigkeit zur Tatzeit von Bedeutung ist. An dieser besteht kein Zweifel. Aus der Zeugenaussage des diensthabenden Arztes - der bei der Aufforderung zur Blutabnahme anwesend war - geht eindeutig hervor, daß dem Beschuldigten völlig klar war, worum es ging, daß er also dispositionsfähig war. Dieser glaubwürdigen und unter Wahrheitspflicht gemachten Aussage des Arztes, der außerdem ein sachverständiger Zeuge ist, wird daher gefolgt.
Der Berufungswerber selbst führt in seiner Stellungnahme zu dieser Zeugenaussage im wesentlichen nur aus, daß rechtlich relevant lediglich sei, ob dem Beschuldigten in der damaligen Situation ein Vorwurf gemacht werden kann, daß er einen medizinischen Eingriff an seinem Körper nicht zugelassen hat. Die in diesem Zusammenhang angeführten Motive aufgrund derer der Berufungswerber der Meinung war, sich der Blutabnahme nicht unterziehen zu müssen und die somit offensichtlich auf das Vorliegen eines Schuldausschließungsgrundes abzielen, weil nämlich
-
aufgrund der gegebenen Umstände (fortgeschrittene Zeit, Verletzungen etc) jeder mit rechtlichen Werten verbundene Mensch in dieser Situation in erster Linie seine Gesundheit und sein Leben schützen würde und diese Werte nicht durch eine, aus seiner Sicht nicht notwendige Blutabnahme gefährden würde,
-
aus seiner subjektiven Sicht eine Blutabnahme mit gesundheitlichen Problemen verbunden gewesen sei,
können jedoch die Berufung nicht zum Erfolg führen.
Zum einen genügt zur Strafbarkeit beim gegenständlichen Ungehorsamsdelikt fahrlässiges Verhalten und trifft den Berufungswerber die Beweislast dafür, daß ihm die Einhaltung der objektiv verletzten Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich war. Zum anderen ist - wie oben ausgeführt - von der Dispositionsfähigkeit des Beschuldigten zum Tatzeitpunkt auszugehen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist aber einem dispositionsfähig gebliebenen Unfallbeteiligten jedenfalls
ein pflichtgemäßes Verhalten zumutbar (VwGH vom 19 10 1988, Zl 88/03/0107). Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die Blutabnahme aus subjektiver Sicht des Berufungswerbers erforderlich war oder nicht. Aufgrund des Gesetzes wäre er verpflichtet gewesen, diese vornehmnen zu lassen. Im übrigen wurde der Umstand, daß damit gesundheitliche Probleme verbunden gewesen sein könnten, vom diensthabenden Arzt verneint, vielmehr wurde dem aus medizinischer Sicht ausdrücklich zugestimmt. Indem der Beschuldigte - trotz dieses ärztlichen Urteiles - die Blutabnahme verweigert hat, ist jedenfalls ein Verschulden zu erblicken. Ein gegenteiliger Nachweis konnte nicht
erbracht werden.
Zu Punkt 2 des Berufungsvorbringens:
Zur weiteren Verantwortung des Berufungswerbers, wonach ein entschuldbarer Rechtsirrtum deshalb vorliege, weil er davon ausgegangen sei, daß ein Eingriff an seinem Körper wegen eines Unfalles, den er schuldlos als Fußgänger erlitten hat, nicht geduldet
werden müsse, wird auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 5 Abs 2 VStG hingewiesen. Demnach ist ein Rechtsirrtum nur dann geeignet einen Schuldausschließungsgrund darzustellen, wenn er vom Beschuldigten nicht verschuldet ist. Ein Irrtum über Vorschriften, die ein lenkerberechtigter Kraftfahrer kennen muß, geht grundsätzlich zu seinen Lasten (VwGH vom 19 10 1988,
Zahl 88/02/0115). Weiters kann die Unkenntnis einer Verwaltungsvorschrift nur dann als unverschuldet angesehen werden, wenn sie jemandem trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. Gerade von einem Kraftfahrzeuglenker muß jedoch verlangt werden, daß er über die geltenden Vorschriften ausreichend orientiert ist. Er ist verpflichtet, sich über diese zu unterrichten (VwGH vom 23 05 1990, Zahl 90/17/0004).
Was das vom Berufungswerber zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes betrifft, wird (wie ohnehin in der Berufung angemerkt) darauf hingewiesen, daß dieses auf der alten Rechtslage beruht. Demnach hatte früher die Untersuchung nur dann eine Blutabnahme zu umfassen, wenn der Vorgeführte im Verdacht stand, in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand einen Verkehrsunfall verursacht zu haben, bei dem eine Person getötet oder erheblich verletzt worden ist und dies außerdem erforderlich und ärztlich unbedenklich war. Nach den obzit. geltenden Bestimmungen des § 5 StVO ist die Verpflichtung zur Blutabnahme nicht mehr an das Vorliegen eines Verkehrsunfalles geknüpft. Deshalb kann es auf den Umstand - an den das zit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshof anknüpft - ob nämlich nur der Vorgeführte selbst verletzt wurde oder auch ein Dritter, nicht mehr ankommen. Die alte Rechtslage ist diesbezüglich völlig aufgehoben und ist daher aus diesem Erkenntnis für den Standpunkt des Berufungswerbers nichts zu gewinnen.
Zur Strafbemessung:
Die der Bestrafung zugrundeliegende Handlung schädigte in nicht unerheblichem Maße das an der Verkehrssicherheit bestehende Interesse, dem die Strafdrohung dient. Der objektive Unrechtsgehalt der Tat kann selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen nicht als gering angesehen werden.
Daß die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder, daß die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist weder hervorgekommen noch auf Grund besonderer Tatumstände anzunehmen
und kann daher das Verschulden des Berufungswerbers nicht als geringfügig angesehen werden.
Bei der Strafbemessung war der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zu berücksichtigen. Erschwerend war kein Umstand zu werten.
Gleichzeitig war auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers Bedacht zu nehmen (Einkommen: 14 Mal jährlich S 12 000,-- ; Vermögen: Einfamilienhaus, 0,5 ha Weingärten ; Sorgepflichten: 1 Kind). Selbst unter der Annahme, daß der Beschuldigte derzeit über kein Einkommen verfügt, weil ihm die Auszahlung des Krankengeldes verweigert wird (was er im übrigen selbst zu verantworten hat), ist eine Herabsetzung der Strafe
nicht gerechtfertigt. Der Berufungswerber verfügt über ein Vermögen, ist nur für ein Kind sorgepflichtig und liegt die verhängte Strafe ohnehin im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens (der von S 8 000 bis S 50 000 reicht). Außerdem steht es ihm frei, bei der Behörde erster Instanz ein Ansuchen wegen Teilzahlung des Strafbetrages zu stellen.
Unter Bedachtnahme auf den gesetzlichen Strafsatz, den Unrechtsgehalt
der Tat und das Verschulden des Berufungswerbers ist die verhängte Strafe als angemessen anzusehen.
Eine Strafe muß geeignet sein, den Berufungswerber von einer Wiederholung der Tat ausreichend abzuschrecken und generalpräventive Wirkungen zu entfalten.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.