TE UVS Steiermark 1995/12/20 30.15-46/95

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Veröffentlicht am 20.12.1995
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Renate Merl über die Berufung des Herrn Dr. P.S., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Christian Schoberl, Alberstraße 9, 8010 Graz, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Graz, Steueramt, vom 20.3.1995, GZ.:

A8aP-6207B, wie folgt entschieden:

I.) Die Berufung zu Punkt 1.) wird gemäß § 66 Abs 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) dem Grunde nach abgewiesen.

Hinsichtlich der verhängten Strafe wird der Berufung dahingehend Folge gegeben, daß über den Berufungswerber gemäß § 19 VStG eine Strafe von S 300,--, im Uneinbringlichkeitsfall 3 Stunden Ersatzarrest, welche binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten ist, verhängt wird.

Dadurch vermindert sich der Kostenbeitrag für das Verwaltungsstrafverfahren erster Instanz auf den Betrag von S 30,--, dieser ist binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten.

II.) Im Punkt 2.) wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden dem Berufungswerber nachstehende Sachverhalte zur Last gelegt:

Sie haben laut Feststellung eines beeideten Aufsichtsorganes am 9.6.1994 Ihr mehrspuriges Kraftfahrzeug G.. in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Graz vor dem Haus Lessingstraße 14 geparkt, und die von Ihnen laut Parkschein bezahlte Parkzeit, die um

10.30 Uhr geendet hat, bis 11.04 Uhr überschritten, wodurch die vorgeschriebene Parkgebühr verkürzt wurde. Außerdem haben Sie die ha. Aufforderung von 24.8.1994, den Namen und die Adresse jener Person binnen zwei Wochen, gerechnet vom Tage der am 30.8.1994 erfolgten Zustellung, anher bekanntzugeben, der Sie zur oben bezeichneten Tatzeit das in Rede stehende Kraftfahrzeug überlassen oder ob Sie es selbst gelenkt haben, nicht befolgt, obwohl Sie dazu verpflichtet gewesen wären.

Sie haben dadurch folgende Verwaltungsübertretungen begangen:

I: § 2 des Steiermärkischen Parkgebührengesetzes 1979, LGBl. Nr. 21/1979, in der dzt. geltenden Fassung in Verbindung mit §§ 2 und 4 der Grazer Parkgebührenverordnung 1979 in der dzt. geltenden

Fassung

II: § 6 Abs 5 leg cit in Verbindung mit § 5 Abs 4 der

zitierten Verordnung.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden gemäß § 6 Abs 1 leg cit über Sie folgende Verwaltungsstrafen

verhängt:

zu I. Geldstrafe von S 1.200,--;

zu II. Geldstrafe von S 1.000,--.

In seiner dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung rügte der Berufungswerber Verfahrensmängel des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens und brachte hinsichtlich des Punktes 1.) im übrigen vor, er habe sein Fahrzeug zur Tatzeit nicht am Tatort abgestellt gehabt. Der Meldungsleger müsse sich beim Ablesen der Zeit, welche offensichtlich durch ein nicht geeichtes Zeiterfassungsgerät festgestellt wurde, verlesen haben bzw. habe dieses Zeiterfassungsgerät eine falsche Zeit angezeigt. Darüberhinaus befände sich am Tatort keine ordnungsgemäß kundgemachte

Kurzparkzonenverordnung. Weiters habe der Verfassungsgerichtshof die Gesetzeswidrigkeit der Verordnung festgestellt. Zu II.) brachte er vor, daß ihm eine Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe nicht zugestellt worden sei. Darüberhinaus könne er nicht in verfassungswidriger Weise gezwungen werden sich selbst zu beschuldigen.

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark

hat erwogen:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde,

sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht den Parteien das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Wenn der einer Behörde zugewiesene Sprengel gänzlich außerhalb des Bundeslandes liegt, in dem die Behörde ihren Sitz hat, dann steht die Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes zu, in dem der Sprengel liegt; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung.

Zu Punkt I.):

Am 19.12.1995 fand vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark eine öffentliche, mündliche Berufungsverhandlung statt, welcher der Berufungswerber wie in sämtlich bisher durchgeführten Parallelverfahren einmal mehr unentschuldigt ferngeblieben ist. In dieser Verhandlung wurde die Meldungslegerin, Frau P.P., als Zeugin einvernommen und wird nach dem Ergebnis dieser Einvernahme nachstehender Sachverhalt als erwiesen angenommen:

Zum Tatzeitpunkt stand am Tatort die Kurzparkzonenverordnung des Grazer Stadtsenates vom 1.7.1992, GZ.: A10/1-1045/13-1992 in Geltung, welche dem Aktenvermerk zufolge am 8.10.1992, 8.30 Uhr durch Aufstellung der entsprechenden Verkehrszeichen kundgemacht wurde. Bei dieser Verordnung handelt es sich nicht um jene flächendeckende Kurzparkzone in der Grazer Innenstadt, welche mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 3.3.1995 für verfassungswidrig erklärt wurde und hinsichtlich derer der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark bis zum 23.3.1995 überdies einen Kundmachungsmangel festgestellt hat.

Der Berufungswerber hat das auf seinen Namen zugelassene Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen G.. am Tatort, Lessingstraße 14, am 9.6.1994 in der Zeit von 10.48 Uhr bis 11.04 Uhr geparkt, obwohl der von ihm verwendete 90 Minuten-Parkschein seit 10.30 Uhr abgelaufen war.

Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen gründen sich auf die glaubwürdige und widerspruchsfreie Aussage der beeideten Meldungslegerin, welche überdies noch im Besitz ihrer handschriftlichen Aufzeichnungen war, welche in allen Details mit den Daten der im Akt erliegenden Anzeige übereinstimmen. Im Lichte dieser Aussage muß daher die pauschale Rechtfertigung des Berufungswerbers, der Meldungsleger müsse sich bei der Erstattung der Anzeige geirrt haben, als Schutzbehauptung anzusehen ist, zumal die Meldungslegerin das Fahrzeug des Berufungswerbers zweimal, nämlich um 10.48 Uhr und nochmals um 11.04 Uhr mit einem schon längst abgelaufenen Parkschein am Tatort vorfand

Rechtliche Beurteilung:

Gemäß Artikel I § 1 Abs 3 des Stmk. ParkgebG 1979 gilt als Parken im Sinne dieses Gesetzes das Stehenlassen eines Fahrzeuges, das nicht durch die Verkehrslage oder durch sonstige wichtige Umstände erzwungen ist, für mehr als 10 Minuten.

Nach dem durchgeführten Ermittlungsverfahren ist als erwiesen angenommen, daß der Berufungswerber das

auf seinen Namen zugelassene Kraftfahrzeug am Tatort im Zeitraum von mindestens 10.48 Uhr bis 11.04 geparkt hat, obwohl der von ihm verwendete 90 Minuten-Parkschein mit der Nummer 1185341C bereits um 10.30 Uhr abgelaufen war.

Es kann von einem in Graz wohnhaften und berufstätigen Rechtsanwalt, welcher, wie unter anderem aus einer Vielzahl von beim Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark anhängigen Berufungsverfahren bekannt ist, seinen PKW regelmäßig in verschiedenen Kurzparkzonen im Grazer Stadtgebiet parkt, verlangt werden, daß er am jeweiligen Abstellungsort seines Kraftfahrzeuges mit dem Vorhandensein einer Kurzparkzone rechnet und sich mit einem entsprechenden Vorrat an Parkscheinen ausstattet und diese auch unter Zugrundelegung einer realistischen Zeitplanung verwendet. Läßt er die gebotene Sorgfalt außer Acht, hat er sich das zumindest als Fahrlässigkeit anrechnen zu lassen, was als Voraussetzung der Strafbarkeit genügt, da die Strafnorm des § 6 Abs 1 des Steiermärkischen Parkgebührengesetzes auf vorsätzliche Begehung nicht abstellt.

Hinsichtlich der Strafbemessung wird Nachstehendes

erwogen:

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen.

Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat in seiner bisherigen Spruchpraxis die Strafen für Verwaltungsübertretungen wie die verfahrensgegenständliche bei Unbescholtenheit mit 300,-- festgesetzt. Da der Berufungswerber zum Tatzeitpunkt der Begehung der neuerlichen Verwaltungsübertretung noch keine einschlägigen Vorstrafen aufweist, war daher die von der belangten Behörde verhängte Strafe als bei weitem überhöht auf das im Spruch verhängte Ausmaß herabzusetzen.

Als mildernd war im Einvernehmen mit der belangten Behörde die Unbescholtenheit, als erschwerend nichts anzunehmen und vermochten die wie bisher S 18.000,-- netto monatlich geschätzten Einkommensverhältnisse keine weitere Herabsetzung der Strafe zu rechtfertigten.

Zu Punkt II.):

Gemäß § 6 Abs 5 des Stmk. ParkgebG 1979 i.d.g.F.

(wortgleich § 5 Abs 4 der Grazer Parkgebührenverordnung 1979 i.d.g.F.) hat der Zulassungsbesitzer oder jeder, der einem Dritten das Lenken eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges überläßt, für dessen Abstellen Parkgebühr zu entrichten war, falls das mehrspurige Kraftfahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt war, der Bezirksverwaltungsbehörde darüber Auskunft zu geben, wem er das Kraftfahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt überlassen hatte. Die Auskunft, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten muß, ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen. Wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht erteilt werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen.

Gemäß § 6 Abs 1 leg cit begeht, wer einer Auskunftspflicht nach § 6 Abs 5 nicht nachkommt, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu S 3.000,-- zu bestrafen.

Verpflichtet zur Auskunft sind der Zulassungsbesitzer und jeder, der einem Dritten das Lenken eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges überläßt. Inhalt ist nach dem klaren Wortlaut der obzitierten Bestimmungen die Mitteilung, wem diese Personen das Kraftfahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt überlassen haben. Die belangte Behörde ist nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes nämlich nur berechtigt, vom Berufungswerber als Zulassungsbesitzer eines bestimmten Fahrzeuges Auskunft darüber zu verlangen, wem er das Kraftfahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt überlassen hat, nicht jedoch danach zu fragen, wer dieses Kraftfahrzeug zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort gelenkt hat (vgl. das zum Stmk. ParkgebG ergangene Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten, GZ.:

KUVS-1802-1803/1/94). Verwiesen sei auch auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 103 Abs 2 KFG (VwGH 20.9.1989, 89/03/0089), wonach die Auskunftspflicht nach dieser Bestimmung nach der nunmehrigen Rechtslage dahin gerichtet ist, wer ein Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt gelenkt hat bzw. das Fahrzeug zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt abgestellt hat. Zum Unterschied davon bestand die Auskunftspflicht vor der 10. KFG-Novelle darin anzugeben, wem ein Fahrzeug zum Lenken überlassen wurde. Der Verwaltungsgerichtshof hat hinsichtlich des geänderten Wortlautes dieses Auskunftsbegehrens ausgeführt, daß diese beiden Fragestellungen keineswegs absolut ident sind, muß doch nicht zwingend jene Person, der ein Fahrzeug zum Lenken überlassen wurde, dieses auch tatsächlich gelenkt haben.

Da im Anlaßfall die als erste Verfolgungshandlung anzusehende, am 10.10.1994 per Hinterlegung zugestellte Strafverfügung, Belegnummer 0741226/SZD, derzufolge der Berufungswerber nicht mitgeteilt habe, wer das gegenständliche Kraftfahrzeug zur Tatzeit am Tatort abgestellt habe und ebenso die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 5.12.1994 (gelenkt hat) einen im Sinne der obigen Ausführungen unrichtigen Tatvorwurf enthalten und darüberhinaus das gegenständliche Straferkenntnis erst nach Ablauf der sechsmonatigen Frist für die Verfolgungsverjährung, welche am 13.3.1995 geendet hat, am 27.3.1995 abgefertigt wurde, ist weiters bereits Verfolgungsverjährung eingetreten, weshalb das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG einzustellen war.

Schlagworte
Auskunftspflicht lenken überlassen Tatbestandsmerkmal Lenkererhebung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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