TE UVS Niederösterreich 1996/01/02 Senat-BL-95-414

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Veröffentlicht am 02.01.1996
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 idgF - AVG keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

Der Berufungswerber hat gemäß §64 Abs1 und Abs2 des Straferkenntnis idgF - VStG S 500,-- als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu bezahlen.

 

Innerhalb gleicher Frist sind die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens zu bezahlen (§59 Abs2 AVG).

Text

Die Bezirkshauptmannschaft xx erkannte mit dem Straferkenntnis vom 01.02.1995, Zl 3-****-94, den Beschuldigten der Übertretung des

1.

§16 Abs1 litc iVm §99 Abs3 lita StVO,

2.

§20 Abs2 iVm §99 Abs3 lita StVO,

 

für schuldig und verhängte über ihn gemäß §99 Abs3 lita StVO

 

zu Punkt 1. eine Geldstrafe in der Höhe von S 800,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 48 Stunden) und

zu Punkt 2. eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.700,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden), weil er als Lenker des PKW mit dem behördlichen Kennzeichen ** ***R am 15.04.1994, um 05.30 Uhr, in B***********, vor dem Hause A******* 95, Fahrtrichtung W***,

1.

überholt hat, obwohl er nicht einwandfrei erkennen konnte, daß er sein Fahrzeug nach dem Überholvorgang in den Verkehr einordnen kann, ohne andere Straßenbenützer zu gefährden oder zu behindern,

2.

im Ortsgebiet schneller als die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h gefahren ist.

 

Gemäß §64 Abs2 VStG wurden die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens mit S 250,-- festgesetzt.

 

Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschuldigte fristgerecht Berufung, in welcher im wesentlichen ausführt, daß er auf seine bisher vorgebrachten Rechtfertigungen verweist und ihm nicht verständlich sei, daß er, nachdem er angeblich fünf Fahrzeuge überholt habe und mit der Laserpistole gemessen worden sein solle, von den Gendarmeriebeamten nicht sofort angehalten worden sei. Er fahre jeden Tag gegen 05,15 Uhr in seine Firma, da um 05,30 Uhr Arbeitsbeginn sei, unmittelbar darauf fahre er wieder zurück. Sollte er tatsächlich derartige Verwaltungsübertretungen gesetzt haben, so hätten ihn die Beamten sicherlich bei der Retourfahrt anhalten können. Außerdem sei festzuhalten, daß in der Anzeige ein PKW angegeben worden sei, im Beweisverfahren von einem Geländewagen gesprochen worden sei, bei seinem Fahrzeug handle es sich jedoch um einen Chrysler Voyager, der mit einem Geländewagen keine Ähnlichkeit habe. Es müsse sich also um einen Ablesefehler des Kennzeichens handeln und ersuche er um Einstellung des Verfahrens.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich hat nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen  Verhandlung am 23.11.1995 nach dem Sachverhalt seiner Entscheidung als erwiesen zugrunde gelegt:

 

Der Berufungsweber lenkte am 15.04.1994, gegen 05.30 Uhr, das Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ** ***R auf der B** in Fahrtrichtung W*** im Ortsgebiet von B***********. Zu dieser Zeit verrichteten Beamte des Gendarmeriepostens B***********, Insp R***** und Insp H***** Verkehrsüberwachungsdienst, indem sie Lasermessungen in beide Fahrtrichtungen durchführten. Die Beamten hatten ihren Standort auf der B** auf Höhe A******* 68. Insp R***** führte die Lasermessungen durch. Es herrschte gute Sicht, es regnete nicht und es war kein Nebel. Um 05,30 Uhr überholte der Berufungswerber mit dem von ihm gelenkten Fahrzeug auf Höhe des Hauses A******* Nr 95 mehrere in einer Kolonne fahrende Fahrzeuge, welche in etwa eine Geschwindigkeit von 50 km/h bis 55 km/h einhielten, wobei er nicht erkennen konnte, daß er sich nach dem Überholvorgang wieder einordnen wird können, da der Tiefenabstand der überholten Fahrzeuge zwischen den einzelnen Fahrzeuge derart gering war, daß sich der Überholende nicht mehr einreihen hätte können. Aufgrund dieses Überholvorganges lasen die beiden Beamten das Kennzeichen des überholenden Fahrzeuges ab und führte aufgrund der im Vorbeifahren geschätzten Geschwindigkeitsüberschreitung Insp R***** eine Lasermessung des sich von den Beamten entfernenden Fahrzeuges durch, welche eine gefahrene Geschwindigkeit von 84 km/h ergab. Die beiden Beamten notierten das Kennzeichen und brachten den Sachverhalt zur Anzeige. Eine Anhaltung erfolgte nicht, da die beiden Beamten erst ihr Dienstkraftfahrzeug in Betrieb nehmen hätten müssen und die Nachfahrt aufnehmen hätten müssen, was zufolge gehabt hätte, da die für diesen Vorgang erforderliche Zeit dazu geführt hätte, daß sie den von ihnen wegfahrenden Kfz-Lenker verloren hätten.

 

Die Sachverhaltsfeststellung gründen sich auf nachstehende Erfahrensergebnisse:

 

Die Meldungsleger gaben in der öffentlichen mündlichen Verhandlung glaubwürdig und übereinstimmend an, daß die damals zeitig in der Früh in B*********** Lasermessungen durchführten und ihren Standort auf der B** vor dem Hause A******* 68 hatten. Das Fahrzeug des Berufungswerbers, an die genau Marke konnten sie nicht mehr erinnern, es sei jedenfalls ein  größeres Fahrzeug in der Art eines Geländewagens gewesen, sei ihnen dadurch aufgefallen, daß es im Ortsgebiet vor dem Hause A******* 95 fünf Fahrzeuge überholt hätte und infolge der von den überholten Fahrzeugen eingehaltenen Geschwindigkeit von 50 km/h bei diesem Überholvorgang die im Ortsgebiet höchstzulässige Geschwindigkeit von 50 km/h erheblich überschritten hätte. Aufgefallen sei ihnen auch, daß mehrere Fahrzeuge überholt worden seien, diese einen geringen Tiefenabstand eingehalten hätten, der überholende Fahrzeuglenker deswegen nicht hätte erkennen können, daß er sich nach dem Überholvorgang wieder in den Verkehr wieder einordnen würde können, ohne andere Straßenbenützer zu gefährden oder zu behindern. Dieser vorschriftswidrig ausgeführte Überholvorgang sei der Grund für die durchgeführte Lasermessung gemessen. Beide Beamten gaben an, daß sie einen Ablesefehler des Kennzeichens ausschließen könnten und daß eine Anhaltung des Fahrzeuglenkers nicht erfolgt sei, da die Lasermessung im sogenannten Nachschuß durchgeführt worden sei und eine Anhaltung nur aufgrund einer Nachfahrt hätte erfolgen können. Nach Ansicht der Berufungsbehörde ist es einem geschulten Straßenaufsichtsorgan durchaus zuzumuten, daß dieser ein Kennzeichen richtig ablesen und wiedergeben kann. Es besteht keine gesetzliche Verpflichtung zur Anhaltung des Lenkers bei Feststellung einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit. Auch ist nach Ansicht der Berufungsbehörde das Fahrzeug des Berufungswerbers hinreichend konkretisiert, in dem das Kennzeichen richtig wiedergegeben wurde und besteht kein Zweifel, daß es sich bei dem Fahrzeug um jenes des Berufungswerbers handelt, nur weil die Marke des vom Berufungswerbers gelenkten Fahrzeuges von den beiden Meldungslegern nicht richtig erkannt wurde.

 

Demgegenüber steht die Verantwortung des Berufungswerbers, welcher im erstinstanzlichen Verfahren, auf welches er von ihm auch im Berufungsverfahren Bezug nimmt, angegeben hat, daß er sich an den 15. April 1994 nicht mehr erinnern könne, aber sicherlich keine anderen Verkehrsteilnehmer bei einem etwaig durchgeführten Überholvorgang behindert oder gefährdet habe und die Geschwindigkeit sicher nicht in dem ihm vorgeworfenen Ausmaß überschritten habe.

 

Diese Verantwortung des Berufungswerbers ist nicht geeignet, die Aussagen der beiden Zeugen zu entkräften, da sich dessen Verantwortung auf allgemein gehaltene Aussage und Vermutungen beschränkt.

 

Rechtlich folgt daher:

 

Gemäß §16 Abs1 litc StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges nicht überholen, wenn er nicht einwandfrei erkennen kann, daß er sein Fahrzeug nach dem Überholvorgang in den Verkehr einordnen kann, ohne andere Straßenbenützer zu gefährden oder zu behindern.

 

Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes ist objektiv erwiesen, daß der Berufungswerber die in Rede stehende Verwaltungsübertretung begangen hat.

 

Subjektiv ist dem Beschuldigten an der Verwirklichung des Ungehorsamsdeliktes fahrlässiges Verschulden anzulasten.

 

Unter Außerachtlassung der notwendigen Sorgfaltspflicht hat der Berufungswerber den Überholvorgang begonnen, obwohl für ihm zu Beginn des Überholvorganges aufgrund mehrerer Fahrzeuge, die im Kolonnenverkehr fuhren und einen geringen Tiefenabstand einhielten, nicht einwandfrei erkennbar war, daß er sein Fahrzeug nach dem Überholvorgang in den Verkehr wieder einordnen wird können, ohne andere Straßenbenützer zu gefährden oder zu behindern.

 

Gemäß §20 Abs2 StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges, sofern die Behörde nicht gemäß §43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erläßt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h fahren. Wie sich aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt, hat der Berufungswerber die zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet erheblich überschritten.

 

Er hat daher den Tatbestand des §20 Abs2 StVO in objektiver Hinsicht verwirklicht.

 

Zur subjektiven Tatseite ist auszuführen, daß der Berufungswerber die Geschwindigkeit in einem derartigen Ausmaß überschritt, daß er die Verwirklichung des §20 Abs2 StVO ernstlich für möglich halten mußte und sich offensichtlich mit ihr abgefunden hat. Es ist dem Berufungswerber daher diesbezüglich bedingter Vorsatz anzulasten. Festzuhalten ist, daß zur Erfüllung des gesetzlichen Tatbestandes des §20 Abs2 StVO die Feststellung der genauen gefahrenen Geschwindigkeit nicht erforderlich ist.

Das Tatbild dieser Verwaltungsübertretung ist bei jeder auch noch geringfügigen Überschreitung der gesetzlich zulässigen Höchstgeschwindigkeit erfüllt.

 

Der Schuldberufung war somit keine Folge zu geben.

 

Hinsichtlich der Strafbemessung ist wie folgt auszuführen:

 

Gemäß §19 VStG ist die Grundlage für die Bemessung der Strafe das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Darüber hinaus sind die Erschwerungs- und Milderungsgründe, das Ausmaß des Verschuldens sowie die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Der 47-jährige verheiratete Berufungswerber verfügt laut eigenen Angaben über ein monatliches Nettoeinkommen als Transportunternehmer von S 20.000,--, und ist für ein Kind sorgepflichtig. Hinsichtlich seines Vermögens machte er keine Angaben.

 

§16 Abs1 litc StVO dient der Vermeidung einer Gefährdung anderer Straßenbenützer bei Überholmanövern. Der Berufungswerber hat durch seinen Überholvorgang den Schutzzweck der Norm deutlich zuwider gehandelt. Der Unrechtsgehalt der Tat ist daher erheblich.

 

Die Verletzung einer dem Interesse aller Verkehrsteilnehme dienenden Schutzvorschrift, wie §20 StVO eine darstellt, vergrößert die sich aus dem Straßenverkehr ergebenden Gefahren für das Leben, die Gesundheit oder die körperliche Sicherheit von Menschen, wobei demjenigen, der der Vorschrift zuwider handelt auch die Einsicht in die diesbezügliche Gefahrenvergrößerung vermittelt wird.

 

Bei Einhaltung einer Geschwindigkeit von 84 km/h im Ortsgebiet ist der Unrechtsgehalt gravierend.

 

Eine Vorstrafenabfrage seitens der Bezirkshauptmannschaft xx hat ergeben, daß der Berufungswerber mehrere Verwaltungsvorstrafen aufweist.

 

Als mildernd war bei der Strafbemessung daher kein Umstand zu werten, als erschwerend war die vorsätzliche Geschwindigkeitsüberschreitung zu werten.

 

Unter Berücksichtigung des Unrechtsgehaltes der Tat, der allseitigen oben ausgeführten, Verhältnisse und des Verschuldensgrades, ist der Unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich zu der Überzeugung gekommen, daß die von der erstinstanzlichen Behörde verhängten Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen als durchaus schuld- und tatangemessen sind und auch generalpräventive Zwecke erfüllen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §64 Abs2 VStG, wonach als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahren 20 % der verhängten Geldstrafe obligatorisch festzusetzen sind.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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