TE UVS Steiermark 1996/01/03 303.13-41/95

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Veröffentlicht am 03.01.1996
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch die Kammermitglieder Dr. Renate Merl, Dr. Erwin Ganglbauer und Dr. Herbert Thaller über die Berufung des Rechtsanwaltes Dr. P.K., Masseverwalter des Herrn J.G., gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Graz, Gewerbeamt, vom 17.7.1995, GZ.: A 4 - St 1096/1-1993/1010 wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird die Berufung als unzulässig zurückgewiesen.

Text

Mit Straferkenntnis vom 17.7.1995 wurde Herrn J.G., Z.Straße70, G., zur Last gelegt, er habe laut Anzeige des Arbeitsamtes Graz vom 28.12.1993, wie aus der Anzeige der Bundespolizeidirektion Graz vom 25.11.1993 hervorgeht, den Ausländer M.S., in der Zeit von 3.9.1993 bis zum 20.11.1993 als Hilfsarbeiter in der Gärtnerei G., Z.Straße70 beschäftigt, obwohl für diesen Ausländer weder eine Beschäftigungsbewilligung noch eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz vorlag und ein Arbeitgeber Ausländer nur unter diesen Voraussetzungen beschäftigen darf.

Dieses Straferkenntnis wurde von der Postverwaltung auf Grund der gemäß § 78 Konkursordnung bestehenden Postsperre mangels ausdrücklichen gegenteiligen Vermerks am 24.8.1995 an den Masseverwalter Rechtsanwalt Dr. P.K., zugestellt. Rechtsanwalt Dr. P.K. war mit Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtsachen Graz am 25.10.1990 zum Masseverwalter im Konkursverfahren über das Vermögen des Herrn J.G. bestellt worden. Die mit 24.8.1995 - dem Tag der Zustellung - datierte verfahrensgegenständliche Berufung wurde von Rechtsanwalt Dr. K. laut Poststempel des Postamtes 8010 am 25.8.1995 um 19.00 Uhr zur Post gegeben.

In der Berufung wurde unter anderem ausgeführt:

Wie dem dortigen Amt bekannt ist, wurde mit 25.10.1990 über das Vermögen des Herrn J.G. das Konkursverfahren beim Landesgericht für Zivilrechtsachen Graz eröffnet. Ich wurde zum Masseverwalter bestellt. Ich bin daher zum Einschreiten in der gegenständlichen Rechtsangelegenheit berechtigt und verpflichtet. Als Masseverwalter wurde mir auf Grund der bestehenden Postsperre das Straferkenntnis A 4 - St 1096/1-1993/1010 vom 17.7.1995 am 24.8.1995 zugestellt. Ich erhebe gegen dieses Straferkenntnis innerhalb offener Frist die Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Steiermark.

Das Straferkenntnis wurde am 5.9.1995 durch Hinterlegung ebenfalls an den Beschuldigten J.G.

persönlich zugestellt. Der im Akt aufliegende RSa-Rückschein trägt den Vermerk: Zustellung trotz Postsperre. Mit Schreiben vom 14. Dezember 1995 des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark an Rechtsanwalt Dr. K. wurde dieser in Punkt 4.) gefragt, ob er von Herrn J.G. ausdrücklich den Auftrag erhalten habe, die Berufung vom 24.8.1995 gegen das Straferkenntnis A 4 - St 1096/1-1993/1010 vom 17.7.1995 zu erheben.

Mit Schreiben vom 21. Dezember 1995 teilte Dr. K.

folgendes mit:

Es ist nicht nur ein Konkursverfahren über das Vermögen von Herrn G. anhängig. Es war auch ein Konkursverfahren über das Vermögen der G. Gesellschaft mbH., Gärtnerei, G., Z.Straße70, Geschäftsführer J.G. Junior zu 21 F 1/93 anhängig. Dieses war mit Konkursedikt vom 4.1.1993 eröffnet worden und ist mit Beschluß vom 26.9.1994 aufgehoben worden. Da es sich um die Frage der Geschäftsführung von Herrn G.

entweder im Einzelbetrieb oder in der GesmbH.

gehandelt hat, war meiner Ansicht nach auch ohne Kontakthaltungen mit Herrn G. durch mich als Masseverwalter einzuschreiten, da weder im Konkursverfahren über das Einzelunternehmen, noch über die GesmbH. eine Betriebsfortführung gegeben war. Ich habe mich in allen Verwaltungsstrafverfahren jeweils bemüht, den Behörden klar zu machen, daß infolge der Postsperre Zustellungen jeweils an mich gelangen und bei der Notwendigkeit einer persönlichen Zustellung zu vermerken ist, daß trotz Postsperre persönlich zuzustellen sei. Offensichtlich ist aber ein solches Bemühen gegenüber den Behörden nicht erfolgsorientiert. Mit Schreiben vom 4. Dezember 1995 ersuchte der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark den Bestraften innerhalb einer Woche nach Erhalt bekanntzugeben, ob er Herrn Rechtsanwalt Dr. P.K. zur Erhebung der Berufung vom 24.8.1994 persönlich beauftragt habe. Eine Antwort des Bestraften ist beim Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark nicht eingelangt.

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark stellt hiezu folgendes fest:

Gemäß § 10 AVG, welcher gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren Anwendung findet, können die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr ausdrückliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte Personen vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben. Von der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden. Zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Schreitet ein Rechtsanwalt oder Notar ein, so ersetzt die Berufung auf die ihm erteilte Vollmacht deren urkundlichen Beweis.

Gemäß Abs 2 richten sich Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis nach den Bestimmungen der Vollmacht. Hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen. Die Behörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des § 13 Abs 3 AVG von Amts wegen zu veranlassen.

Gemäß § 1 Abs 1 Konkursordnung (KO) wird durch Eröffnung des Konkurses das gesamte der Exekution unterworfene Vermögen, das dem Gemeinschuldner zu diesem Zeitpunkt gehört oder das er während des Konkurses erlangt (Konkursmasse), dessen freier Verfügung entzogen. Lottogewinne und Spareinlagen bei der Postsparkasse gehören zur Konkursmasse.

Gemäß § 80 Abs 1 KO hat das Konkursgericht bei Eröffnung des Verfahrens von Amts wegen einen Masseverwalter zu bestellen. Lehnt der Bestellte die Übernahme der Tätigkeit ab, wird er seines Amtes enthoben oder fällt er sonst weg, so hat das Gericht von Amts wegen eine andere Person zum Masseverwalter zu bestellen. Die Bestellung eines anderen Masseverwalters ist öffentlich bekanntzumachen.

Gemäß Abs 2 ist zum Massverwalter eine

unbescholtene, verläßliche und geschäftskundige Person zu bestellen. Sie muß ausreichende Fachkenntnisse des Wirtschaftsrechtes oder der Betriebswirtschaft haben oder erfahrene Persönlichkeit des Wirtschaftslebens sein. Wenn der Konkurs ein Unternehmen betrifft, das im Hinblick auf seine Größe eines Standards eine wirtschaftliche Verflechtung oder aus anderen gleichgewichtigen Gründen von wirtschaftlicher Bedeutung ist, ist jedenfalls einem Konkurs- und Ausgleichswesen besonders erfahrene Person heranzuziehen. Erforderliche Anfragen des Gerichtes über diese Eigenschaften sind von den Behörden den zuständigen gesetzlichen Interessensvertretungen umgehend zu beantworten.

Gemäß § 83 Abs 1 Konkursordnung ist der Masseverwalter im Verhältnis zu Dritten außer in den Fällen der §§ 116 und 117 kraft seiner Bestellung befugt, alle Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen vorzunehmen, welche die Erfüllung der Obliegenheiten seines Amtes mit sich bringt, insoweit nicht das Konkursgericht im einzelnen Fall eine Beschränkung der Befugnisse des Masseverwalters verfügt und dem Dritten bekanntgegeben hat.

Gemäß § 78 Abs 1 Konkursordnung hat zugleich mit der Konkurseröffnung das Konkursgericht alle Maßnahmen zu treffen, die zur Sicherung der Masse oder zur Fortführung eines Unternehmens dienlich sind. Vor dessen Schließung hat es den Masseverwalter und den Gläubigerausschuß sowie wenn es rechtzeitig möglich ist, den Gemeinschuldner und sonstige Auskunftspersonen zu vernehmen.

Gemäß Abs 2 hat das Gericht sogleich mit der Konkurseröffnung die Post- und Telegraphendiensstellen die Flugplätze, Bahnhöfe und Schiffstationen, die nach Lage der Wohnung und der Betriebsstätte in Betracht kommen von der Konkurseröffnung zu benachrichtigen. So lange es keinen gegenteiligen Beschluß faßt, haben diese Stellen dem Masseverwalter alle Sendungen auszuhändigen, die sonst dem Gemeinschuldner auszufolgen wären. Dies gilt nicht für die mit der Post beförderten gerichtlichen oder sonstigen amtlichen Briefsendungen, sofern sie mit einem auf die Zuläsigkeit der Zustellung trotz Postsperre hinweisenden amtlichen Vermerks versehen sind.

Gemäß Abs 3 darf der Masseverwalter die ihm ausgehändigten Sendungen öffnen. Er hat gerichtliche und sonstige amtliche Schriftstücke, die die Masse nicht berühren, mit einem auf die Anhängigkeit des Konkursverfahrens hinweisenden Vermerks zurückzusenden. Ansonsten hat der Masseverwalter dem Gemeinschuldner Einsicht in die an diesen gerichteten Mitteilungen zu gewähren und ihm die Sendungen die die Masse nicht berühren, unverzüglich auszufolgen.

Daraus ergibt sich folgendes:

Der Masseverwalter hat auf Grund der vorstehend auszugsweisen zitierten Bestimmungen der Konkursordnung die in der Masse verkörperten Vermögensverhältnisse des Gemeinschuldners zu ordnen und die Masse zu vertreten. In höchstpersönlichen Angelegenheiten - zu welchen auch Verwaltungsstrafverfahren zählen - ist der Masseverwalter nicht ex lege ohne weiteres zur Vertretung berechtigt.

Eine ausdrückliche Bevollmächtigung durch den Beschuldigten zur Vertretung seiner Interessen wurde Rechtsanwalt Dr. P.K. im gegenständlichen Verfahren nie erteilt. Dieser war weder bevollmächtigt, das Straferkenntnis vom 17.7.1995 in Empfang zu nehmen, noch, die Berufung vom 24.8.1995 zu erheben.

Da der Masseverwalter Vertreter der Konkursmasse und nicht des Gemeinschuldners ist und ausschließlich die Interessen der ersteren zu wahren hat - diese werden durch die Verhängung einer Geldstrafe gegen den Gemeinschuldner nicht berührt, dieser hat allenfalls mangels Einbringlichkeit der Geldstrafe die Ersatzfreiheitsstrafe anzutreten - kann auch keine stillschweigende Bevollmächtigung - vergleichbar einer Geschäftsführung ohne Auftrag - konstruiert werden. Es kann daher die Zustellung eines Bescheides an einen Masseverwalter, wie sie die belangte Behörde vorerst vorgenommen hat, keine Rechtswirksamkeit entfalten. Die belangte Behörde hat dies nachträglich selbst erkannt und daher eine Zustellung an den Beschuldigten selbst verfügt.

Da Dr. K. nach seiner Auskunft den am 24.8.1994 in Empfang genommenen Bescheid nicht dem Beschuldigten weitergeleitet hat, erfolgte die Zustellung des Straferkenntnisses vom 17.7.1995 an den Beschuldigten zweifelsfrei durch Hinterlegung beim Postamt 8041 am 5.9.1995.

Die gegenständliche Berufung wurde daher vor Ergehen eines Bescheides erhoben und ist bereits aus diesem Grunde als unzulässig zurückzuweisen, da Berufungen nur gegen Bescheide möglich sind. Bescheidqualität erlangt ein behördliches Schriftstück aber erst mit ordnungsgemäßer Zustellung, zuvor wäre es allenfalls als Bescheidentwurf zu qualifizieren. Die Berufung ist aber darüber hinaus auch deshalb zurückzuweisen, weil sie von einer hiezu nicht legitimierten Person eingebracht wurde.

Schlagworte
Verwaltungsstrafverfahren Masseverwalter Gemeinschuldner Beschuldigter Vollmacht Ausländerbeschäftigung Bevollmächtigung stillschweigend Berufung Bescheid keine Bescheiderlassung Mängelbehebung behebbarer Mangel Zurückweisung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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