TE UVS Steiermark 1996/01/08 30.10-10/95

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Veröffentlicht am 08.01.1996
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Einzelmitglied Dr. Karin Clement über die Berufung des Herrn E.G., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Franz Unterasinger, Radetzkystraße 8, 8010 Graz, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg vom 12.12.1994, GZ.:

15.1 1994/3551, ohne Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung zu Punkt 1.) des Straferkenntnisses Folge gegeben, und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt. Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird die Berufung zu Punkt 2.) des Straferkenntnisses abgewiesen. Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens einen Betrag von S 500,-- binnen 2 Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Text

Mit dem aus dem Spruch ersichtlichen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 22.02.1994, um 00.15 Uhr, in Kraubath,

Gemeindegebiet Groß St. Florian, auf der Gemeindestraße auf Höhe des Anwesens H., Kraubath,

in Fahrtrichtung Mettersdorf als Lenker des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen DL.. (PKW)

1.) dieses nicht so weit rechts gelenkt, wie ihm dies unter die Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung und Belästigung anderer Straßenbenützer und ohne Beschädigung von Sachen möglich gewesen

wäre, zumal er mit seinem Fahrzeug rechts von der Fahrbahn abgekommen sei und mit diesem gegen den Gartenzaun des R.H. in Kraubath gestoßen sei (der Gartenzaun sei auf eine Länge von ca. 10 Meter beschädigt worden);

2.) nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Gendarmerie- bzw. Polizeidienststelle verständigt habe, obgleich sein Verhalten am angeführten Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall

mit Sachschaden gestanden sei und er dem Geschädigten auch nicht seinen Namen und seine

Anschrift nachgewiesen habe.

Er habe dadurch die Rechtsvorschriften zu 1.) des § 7 Abs 1 StVO und zu 2.) des § 4 Abs 5 StVO 1960 verletzt und wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe zu

1.) von S 1.500,-- (2 Tage Ersatzarrest) und zu 2.) von S 2.500,-- (3 Tage und 12 Stunden Ersatzarrest) verhängt. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, mit welcher zu Punkt 1.) ausgeführt wird, daß das Rechtsfahrgebot dem Schutz vor allen möglichen Gefahren des Straßenverkehrs vom linken Straßenfahrbahnteil her diene, es handle sich um ein Rechtsfahrgebot und soll den Kraftfahrer dieses Gebot anhalten, möglichst weit rechts zu fahren, um andere Verkehrsteilnehmer nicht zu behindern. Zu Punkt 2.) des Straferkenntnisses wird ausgeführt, daß der Berufungswerber an Ort und Stelle einen Zettel mit seinem Namen und seinem Wohnort hinterlassen habe

und er über einen längeren Zeitraum versucht habe, den Geschädigten zu wecken und vom Vorfall in Kenntnis zu setzen. Er habe 8 Stunden später die Meldung beim Gendarmerieposten erstattet, da er davon ausgegangen sei, daß der zuständige Gendarmerieposten nicht besetzt gewesen sei. Die Meldung am nächsten Morgen sei daher ohne unnötigen Aufschub erfolgt. Im übrigen sei die verhängte Strafe zu hoch.

Da zu Punkt 1.) des Straferkenntnisses bereits aufgrund der Aktenlage ersichtlich ist, daß das Strafverfahren einzustellen ist und zu Punkt 2.) des Straferkenntnisses nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird und die Geldstrafe S 3.000,-- nicht übersteigt, kann eine öffentliche, mündliche Verhandlung gemäß § 51 e Abs 2 VStG unterbleiben.

Zu Punkt 1.) des Straferkenntnisses:

Die Bestimmung des § 7 Abs 1 StVO normiert die in Österreich geltende Rechtsfahrordnung, wonach der Lenker eines Fahrzeuges soweit rechts zu fahren hat, wie ihm dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer und ohne Beschädigung von Sachen möglich ist. Dieses Rechtsfahrgebot soll einerseits den Gegenverkehr schützen und andererseits auch jede Gefahr vom linken Fahrbahnteil her verhindern.

Entgegen der Ansicht der belangten Behörde kann dieser Bestimmung nur entnommen werden, sich bei Benützung der Fahrbahn so weit als hier umschrieben (Sicherheitsabstand) rechts zu halten, nicht jedoch ein Verbot, die Fahrbahn nach rechts hin zu verlassen. Auch die Wendung ohne Beschädigung von Sachen bezieht

sich im gegebenen Zusammenhang auf den vom rechten Fahrbahnrand einzuhaltenden Abstand. Das Verbot der Beschädigung von Sachen auf einem rechts von der Fahrbahn gelegenen Zaun läßt sich daraus nicht ableiten (VwGH 10.10.1995, 95/02/0276). Da somit keine Verwaltungsübertretung nach § 7 Abs 1 StVO aufgrund der Tatsache, daß der Berufungswerber einen rechts neben der Fahrbahn liegenden Gartenzaun mit seinem

PKW beschädigt hat, vorliegt, war das Verwaltungsstrafverfahren hinsichtlich Punkt 1.) des Straferkenntnisses einzustellen.

Zu Punkt 2.) des Straferkenntnisses:

Ausgehend von dem vom Berufungswerber in seiner Berufung dargestellten Sachverhalt, daß er an Ort und Stelle einen Zettel mit seinem Namen und seinem Wohnort hinterlassen habe, nachdem er über einen längeren Zeitraum versucht habe den Geschädigten zu wecken und er infolge Scheiterns dieses Versuches acht Stunden später bei der Gendarmerie den Vorfall gemeldet habe, da er angenommen habe, daß der Posten in der Nacht unbesetzt sei, wird nachfolgende rechtliche Beurteilung vorgenommen:

Gemäß § 4 Abs 5 StVO haben alle im Absatz 1

genannten Personen, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Absatz 1 genannten Personen, oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

Zweck des Identitätsnachweises im Sinne des § 4 Abs 5 leg. cit. ist es, dem durch einen Unfall Geschädigten die Möglichkeit zu geben, ohne unnötigen Aufwand und Schwierigkeiten klarstellen zu können, mit wem er sich hinsichtlich der Schadensregelung in der Folge auseinanderzusetzen haben wird. Der Geschädigte muß in die Lage versetzt werden, seine aus dem Verkehrsunfall resultierenden Schadenersatzansprüche gegenüber dem Schädiger geltend zu machen. Der Identitätsnachweis orientiert sich daher an die Anforderungen einer Klage als Schriftsatz gemäß § 226 ZPO. Von einem Nachweis der Identität (Name, Anschrift) kann nur dann gesprochen werden, wenn sich der Schädiger dem Geschädigten gegenüber mittels

einem amtlichen, mit einem Lichtbild versehenen Dokumentes ausweist, aus dem zweifelsfrei die Identität des Schädigers geschlossen werden kann (VwGH 23.10.1986, 86/02/0064). Die bloße Nennung der gesetzlichen Daten reicht daher nicht, da ein Nachweis der Identität nicht darin bestehen kann, unbewiesene Behauptungen aufzustellen. Der vom Berufungswerber

am Tatort hinterlassene Zettel kann daher nicht als Nachweis im Sinne des Gesetzes anerkannt werden. Da, wie der Berufungswerber selbst ausführt, der Versuch, die geschädigte Person zu wecken und somit persönlich Kontakt aufzunehmen, scheiterte, wäre eine unverzügliche Meldung bei der nächsten Gendarmeriedienststelle gesetzeskonform gewesen. Daß der Berufungswerber tatsächlich versucht hatte, die nächste Gendarmeriedienststelle zu verständigen, behauptet dieser nicht einmal selbst, zumal er in der Berufung ausführt, daß er annahm, daß der Gendarmerieposten in der Nacht nicht besetzt gewesen sei. Der Gendarmerieposten Groß St. Florian ist von 07.00 Uhr bis 24.00 Uhr besetzt und erreichbar und besteht in der Nachtzeit ab 24.00 Uhr eine Anrufumleitung zur Bezirksleitzentrale Deutschlandsberg. Aber auch der wohnortzuständige Gendarmerieposten des Berufungswerbers in Preding war in der Zeit von 00.00 Uhr bis 04.00 Uhr am 22.02.1994 mit zwei Beamten besetzt und wären diese erreichbar gewesen. Eine Meldung durch den Berufungswerber um 08.45 Uhr war jedenfalls zu spät, zumal eine Verständigung ohne unnötigen Aufschub zu erfolgen hat, wobei dieses Begriffspaar nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes streng auszulegen ist.

Einerseits hätte der Berufungswerber bereits um 07.00 Uhr die Möglichkeit gehabt, den Gendarmerieposten

Groß St. Florian als nächste Sicherheitsdienststelle zu verständigen, andererseits gilt die Ausnahme, daß am nächsten Morgen eine rechtzeitige Unfallmeldung erstattet werden kann, wenn der Gendarmerieposten während der Nacht nicht besetzt ist, nicht für den Fall, wenn die Meldung aufgrund der irrtümlichen Meinung unterbleibt, daß der Gendarmerieposten unbesetzt sei (VwGH 20.09.1973, ZVR 1974/204). Der Berufungswerber führt selbst aus, daß er der Meinung gewesen wäre, der Gendarmerieposten sei nicht besetzt gewesen, behauptet jedoch nicht einmal Versuche unternommen zu haben, eine rechtzeitige Meldung zu erstatten. Es ist zwar richtig, daß der Begriff ohne unnötigen Aufschub einer exakten zeitlichen Bestimmung nach Sekunden, Minuten oder Stunden nicht zugänglich ist und nach der Lage des Einzelfalles zu beurteilen ist, die dazu vom Berufungswerber zitierte Judikatur in ZVR 1975/94 betrifft jedoch nicht diese Sachlage. Wenn der Beschädiger den Geschädigten nicht sofort verständigen kann, muß er unverzüglich Meldung erstatten. Eine Meldung nach 8 Stunden ist aus vorgenannten Gründen in diesem Fall zu spät erfolgt.

Es bleibt daher zu prüfen, ob die über den Berufungswerber verhängte Strafe schuld- und tatangemessen ist.

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen.

Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß

anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Nach dem vom Berufungswerber im erstinstanzlichen Verfahren bekanntgegebenen Einkommens-,

Vermögens- und Familienverhältnissen, welche in der Berufung nicht präzisiert wurden, verdient dieser monatlich netto S 14.500,-- und treffen ihn keine Sorgepflichten. Auch bei ungünstigsten persönlichen Verhältnissen ist im Hinblick auf den Unrechtsgehalt der Tat und das Verschulden des Berufungswerbers - dieser mußte als geprüfter Kraftfahrzeuglenker die Bestimmungen des § 4 StVO kennen - erscheint die von der Erstbehörde verhängte Strafe auch unter Berücksichtigung des Milderungsgrundes der Unbescholtenheit angemessen. Erschwerungsgründe

liegen keine vor.

Gemäß § 64 Abs 2 VStG sind die Kosten für das Strafverfahren erster Instanz mit 10 Prozent der verhängten Strafe, für das Berufungsverfahren mit weiteren 20 Prozent der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit S 20,-- zu bemessen.

Die Festsetzung des Kostenbeitrages des Verwaltungsstrafverfahrens zweiter Instanz ergibt sich aus § 64 VStG, wonach im Fall der vollinhaltlichen Bestätigung des Verwaltungsstrafverfahrens erster Instanz durch die Berufungsbehörde dieser Betrag mit 20 Prozent der verhängten Strafe festzusetzen ist.

Schlagworte
Rechtsfahrgebot Fahrbahnrand Abkommen von der Fahrbahn Tatbestandsmerkmal
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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