Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG), BGBl Nr 51/1991 Folge gegeben, das erstinstanzliche Straferkenntnis behoben und gemäß §45 Abs1 Z2 VStG, BGBl Nr 52/1991 idgF die Einstellung des Verfahrens verfügt.
Mit dem bekämpften Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx vom 27.3.1995, Zl 3-*****-93, wurde über Herrn H****** S****** in seiner Eigenschaft als Vorstandsmitglied und damit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Firma M***** W*********** AG mit dem Sitz in W** N****** wegen zweier Übertretungen der Bestimmung der §23 Abs3 Allgemeine Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV), BGBl Nr 218/1983 idgF eine Geldstrafe von 2 x je S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe im Nichteinbringungsfalle: je 2 Tage) gemäß §31 Abs2 AnSchG verhängt.
Angelastet wurde ihm, dafür verantwortlich zu sein, daß die beiden spruchgenannten Notausgänge einerseits verstellt und andererseits versperrt waren.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschuldigte durch seine ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht Berufung und begründete vorliegendes Rechtsmittel sowohl mit Verletzung von Verfahrensvorschriften als auch mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit des Bescheides.
Im einzelnen wurde dazu ausgeführt, daß für die verfahrensgegenständliche Filiale gemäß §9 VStG der Marktmanager zum verantwortlichen Beauftragten bestellt worden sei, die Konkretisierung der angelasteten Übertretungen nicht ausreichend wäre, verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich des gesamten seitens des Arbeitsinspektorates angestrengten Verwaltungsstrafverfahrens bestünden, dem Beschuldigten kein subjektives Fehlverhalten angelastet werden könne, der Sachverhalt von amtwegen bisher nicht ausreichend geklärt worden wäre und im übrigen sich auch das Ausmaß der verhängten Strafen weder schuldnoch tatangemessen erweise.
Insbesondere wäre die geltendgemachte Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten des Marktmanagers im Hinblick auf dessen Aufgaben und Verantwortungsbereiche eine rechtswirksame gewesen, werde auf dessen umfangreichen Aufgaben und Kontrollbereich verwiesen und aus all den obgenannten Gründen die Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung beantragt. Das angefochtene Straferkenntnis möge behoben und das Strafverfahren eingestellt werden, in eventu wäre die gegen den Beschuldigten verhängte Strafe herabzusetzen.
Im Rahmen des erteilten Parteiengehörs hat das am Verfahren mitbeteiligte Arbeitsinspektorat nach Kenntnis des Berufungsvorbringens im Zuge seiner Gegenäußerungen den gestellten Strafantrag vollinhaltlich aufrecht gehalten.
Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat daher erwogen wie folgt:
Ohne auf das materiellrechtliche Vorbringen des Einschreiters weiter einzugehen, ist den Berufungsausführungen des Beschuldigten zu folgen und erweist sich vorliegendes Rechtsmittel als berechtigt.
Gemäß dem §51e Abs1 VStG konnte von der beantragten Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da sich bereits aus der Aktenlage ergibt, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist.
Im näheren ist dazu auszuführen:
I
Zur Frage der rechtswirksamen Bestellung von verantwortlichen Beauftragten gemäß §9 Abs2 und 3 VStG iVm §23 ArbIG:
Ausgehend von den Berufungsausführungen hinsichtlich des beruflichen Aufgaben- und Verantwortungsbereiches des verfahrensgegenständlich zum verantwortlich Beauftragten namhaft gemachten Marktmanagers der Firma M***** W***********AG und der Amtskenntnis des Senates ist als erwiesen anzusehen, daß dieser auf der vierten Ebene der betrieblichen Hierarchie stehende Marktmanager der spruchgenannten Gesellschaft als leitender Angestellter im Sinne des §23 Abs2 ArbIG für verfahrensgegenständliche zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen anzusehen ist.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner aktuellen und nunmehr als gesichert anzusehenden Rechtsprechung zum Ausdruck bringt, liegt es im Wesen der Funktion eines mit diesen Kompetenzen und Verantwortungsbereichen ausgestatteten Dienstnehmers, am Ort des Geschehens für die Einhaltung bestimmter rechtlicher Gebote und Verbote durch entsprechende Anweisungen im Zuge seiner permanenten Anwesenheit in dem betreffenden Verbrauchergroßmarkt zu sorgen. Der namhaft gemachte Marktmanager, Mitarbeiter der vierten Ebene des Unternehmens, wäre entsprechend seiner Funktion im gegenständlichen Verfahren in der Lage gewesen, für die Einhaltung jener Vorschriften des AnSchG zu sorgen, deren Verletzung dem Rechtsmittelwerber mittels angefochtenem Bescheid zur Last gelegt wurde. Dafür zu sorgen, daß entsprechend den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen Notausgänge weder verstellt noch versperrt seien, ist eine geradezu typische Angelegenheit, die sinnvollerweise in den Verantwortungsbereich eines mit den geschilderten Rechten und Pflichten ausgestatteten Dienstnehmers übertragen werden kann (vgl analog VwGH vom 07.04.1995, Zl 94/02/0470 und VwGH vom 9.06.1995, Zl 95/02/0046).
Im gegenständlichen Verfahren sind somit die in §23 Abs2 ArbIG erforderlichen Kriterien der rechtswirksamen Bestellung von verantwortlichen Beauftragten gemäß §9 Abs2 und 3 VStG erfüllt.
II
Sogar unter der Annahme der nicht rechtswirksamen Bestellung des namhaft gemachten Marktmanagers kann dem Berufungswerber subjektives Verschulden im Sinne des §5 VStG nicht angelastet werden.
Der dem Täter nach §5 Abs1 obliegende Entlastungsbeweis ist einerseits durch den Nachweis erbracht worden, daß die den Beschuldigten treffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen worden ist und andererseits er glaubhaft machen konnte, daß er auch für eine geeignete Kontrolle der beauftragten Person Vorsorge getroffen hat, wie dies durch dem Rechtsmittelwerber im Zuge seiner Berufungsausführungen durch die schlüssige, glaubhafte und mit der Amtskenntnis des Senates in Einklang zu bringende Darlegung des firmeninternen betrieblichen Kontroll- und Verantwortungssystems geschehen ist.
In Hinblick auf die obigen Ausführungen erübrigt sich weiteres Eingehen einerseits auf die geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken und andererseits auf die Frage der ausreichenden Konkretisierung bzw der bekämpften Strafhöhe, war das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und spruchgemäß zu entscheiden.