Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG), BGBl Nr 51/1991 Folge gegeben, das erstinstanzliche Straferkenntnis behoben und gemäß §45 Abs1 Z2 VStG, BGBl Nr 52/1991 idgF die Einstellung des Verfahrens verfügt.
Mit dem bekämpften Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx vom 12.04.1995, Zl 3-*****-93, wurde über Herrn G*** A******* in seiner Eigenschaft als Vorstandsmitglied und damit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der B**** W********** AG mit dem Sitz in W** N****** wegen zweier Übertretungen der Bestimmung des §3 FrNArbG eine Geldstrafe von S 1.000,--, hinsichtlich des Punktes 2. von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe im Nichteinbringungsfalle zu Punkt 1: 1 Tag, zu Punkt 2: 2 Tage), gemäß §9 Abs1 leg cit verhängt.
Angelastet wurde ihm, dafür verantwortlich zu sein, daß in der B****-Filiale in D****** W*****, B******straße **, die zwei spruchgenannten Arbeitnehmerinnen nach 20.15 Uhr beschäftigt wurden.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschuldigte durch seine ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht Berufung und begründete vorliegendes Rechtsmittel sowohl mit Verletzung von Verfahrensvorschriften als auch mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit des Bescheides.
Im einzelnen wurde dazu ausgeführt, daß für die verfahrensgegenständliche Filiale gemäß §9 VStG ein verantwortlicher Beauftragter bestellt worden sei, dieser leitende Angestellte seiner Bestellung nachweislich zugestimmt habe und die Bestellungsurkunde samt Zustimmungsnachweis vor dem Tatzeitpunkt dem zuständlichen Arbeitsinspektorat übermittelt worden sei, und dieser Dienstnehmer die entscheidungsrelevanten Kriterien für die Annahme des leitenden Angestellten erfülle.
Im übrigen bestünden gegen die Anwendbarkeit des §9 ArbIG erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken, wie dies seitens eines bekannten Verwaltungsjuristen in jüngster Vergangenheit publiziert worden wäre.
Der Sachverhalt werde seiner Richtigkeit nach bekämpft und könne selbst bei der objektiven Richtigkeit der Tatanlastungen den Einschreiter kein Verschulden treffen, da er ein umfassendes und wirksames Kontrollsystem im Unternehmen aufgebaut habe. Es werde daher die Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses, Einstellung des Strafverfahrens und in eventu die Herabsetzung der verhängten Strafe beantragt.
Das am Verfahren mitbeteiligte Arbeitsinspektorat hat nach Kenntnis des Berufungsvorbringens den gestellten Strafantrag vollinhaltlich aufrechtgehalten.
Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat daher erwogen wie folgt:
Ohne auf das materiellrechtliche Vorbringen und die geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken weiter einzugehen, ist dem Berufungsvorbringen des Beschuldigten zu folgen und erweist sich vorliegendes Rechtsmittel als berechtigt.
Gemäß der Bestimmung des §51e Abs1 VStG konnte von der Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.
I
Zur Frage der rechtswirksamen Bestellung von verantwortlichen Beauftragten gemäß §9 Abs2 und 3 VStG iVm §23 ArbIG:
Ausgehend von den durch das Berufungsvorbringen und der Amtskenntnis des Senates als erwiesen anzusehenden Verantwortungsbereichen und Kompetenzen eines auf der dritten Ebene der betrieblichen Hierarchie stehenden Rayonsleiters, respektive Filialinspektors, der spruchgenannten Gesellschaft, der unwidersprochenen, schlüssigen und gleichfalls amtsbekannten beruflichen Anforderungen und Kriterien eines Filialinspektors, ist dieser als leitender Angestellter im Sinne des §23 Abs2 ArbIG für verfahrensgegenständliche zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen anzusehen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner aktuellen und nunmehr gesichert anzusehenden Rechtsprechung zum Ausdruck bringt, liegt es im Wesen der Funktion eines Filialinspektors, am Ort des Geschehens für die Einhaltung bestimmter rechtlicher Gebote und Verbote durch entsprechende Anweisungen im Zuge seiner wöchentlichen Kontrollen von Filialen und das Treffen von Anordnungen gegenüber von Filialleitern zu sorgen.
Der namhaft gemachte Filialinspektor wäre entsprechend seiner Funktion im gegenständlichen Verfahren in der Lage gewesen, für die Einhaltung jener Vorschrift des FrNArbG zu sorgen, deren Verletzung dem Rechtsmittelwerber mittels angefochtenem Bescheid zur Last gelegt wurde. Dafür zu sorgen, daß entsprechend den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen die Arbeitszeitgrenzen und die Beschäftigungsverbote während der Nachtzeit für Dienstnehmerinnen eingehalten werden, ist eine geradezu typische Angelegenheit, die sinnvollerweise in den Verantwortungsbereich eines leitenden Dienstnehmers, der auf der dritten Stufe der firmeninternen betrieblichen Hierarchie steht, übertragen werden kann (vgl analog VwGH vom 7.4.1995, Zl 94/02/0470 und VwGH vom 9.6.1995, Zl 95/02/0046).
Im gegenständlichen Verfahren sind somit die in §23 Abs2 ArbIG erforderlichen Kriterien der rechtswirksamen Bestellung von verantwortlichen Beauftragten gemäß §9 Abs2 und 3 VStG erfüllt.
Allein im Hinblick auf die obigen Ausführungen war das bekämpfte Straferkenntnis aufzuheben und spruchgemäß zu entscheiden, wobei auf das weitere Berufungsvorbringen nicht näher einzugehen ist.