Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Klaus Stühlinger über die Berufung des Herrn Ing. S.G., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Paul Herzog, Kirchgasse 12, 5730 Mittersill, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 19.4.1995, GZ.: A 4 - St 893/1-1994/306, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, der angefochtene Bescheid behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.
Auf Grundlage des der gemäß § 51 Abs 1 VStG sachlich und örtlich zuständigen Berufungsbehörde vorliegenden Verfahrensaktes der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz in Verbindung mit durch die Berufungsbehörde ergänzend durchgeführten Erhebungen ergibt sich folgender Sachverhalt:
Mit Mitteilung der Wirtschaftskammer Steiermark vom 14.10.1994 wurde das Gewerbeamt des Magistrates Graz darauf hingewiesen, in der Zeitung Die Woche - Graz aktiv vom 12.10.1994 sei von einer Firma N. eine Ankündigung hinsichtlich eines Sensations-Lagerverkaufes von Orientteppichen mit bis zu 70 Prozent Reduzierung direkt im Z., erfolgt; diese Firma N. verfüge auf diesem Standort weder über eine Gewerbeberechtigung, noch eine Bewilligung zur Ankündigung eines Ausverkaufes, sodaß der Verdacht einer unbefugten Gewerbeausübung sowie einer Übertretung des § 33 a Abs 1 UWG bestünde.
Von Seiten des Magistrates Graz wurden daraufhin Erhebungen durchgeführt, die zum Ergebnis hatten, die im Firmenbuch des Landesgerichtes für ZRS Graz am 23.9.1994 eingetragene Firma A. G. u. Co KEG habe am 7.10.1994 am Standort G., den Betrieb des Handelsgewerbes angemeldet und die Kenntnisnahme
von Herrn Ing. S.G. zum gewerberechtlichen Geschäftsführer beantragt, das diesbezügliche Gewerbeanmeldungsverfahren würde zu GZ.: A4-K 1051/94/1 geführt.
Aus einem Aktenvermerk vom 23.1.1995 geht hervor, die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz ginge somit davon aus, eine unbefugte Gewerbeausübung könne ebensowenig vorliegen, wie eine Übertretung des UWG. Es wurde jedoch gegen den namhaft gemachten gewerberechtlichen Geschäftsführer Ing. S.G. das Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet und mit dem im Spruch dieses Bescheides näher bezeichneten Straferkenntnis vom 19.4.1995 über ihn auf Rechtsgrundlage der §§ 63 Abs 3, 370 Abs 2 und 368 Z 4 GewO 1994 eine Geldstrafe von S 2.000,--, im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag, verhängt, da er es laut Anzeige der Wirtschaftskammer Steiermark vom 14.10.1994 als gewerberechtlicher Geschäftsführer der A. G. u. Co KEG in Ausübung des Gewerbes am Standort G., zu verantworten hätte, daß in der Zeitung Die Woche - Graz aktiv vom 12.10.1994 ein Sensationslagerverkauf von Orientteppichen im Z., unter der Bezeichnung Firma N. von der genannten KEG angekündigt worden wäre,
obwohl in das Firmenbuch eingetragene juristische Personen bei Ankündigungen im Geschäftsverkehr die in das Firmenbuch eingetragene Firma zu verwenden hätten.
Diese Verwaltungsübertretung war dem Beschuldigten wortgleich im Ladungsbescheid vom 24.1.1995, der als einzige Verfolgungshandlung zu werten ist, vorgehalten worden; das Straferkenntnis wird im wesentlichen damit begründet, der Tatbestand sei aufgrund der Anzeige der Wirtschaftskammer erwiesen und der Beschuldigte hätte sich trotz rechtsgültiger Zustellung des Ladungsbescheides nicht geäußert.
Gegen dieses Straferkenntnis hat Ing. S.G. fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung eingebracht und zunächst darauf hingewiesen, bei der Gewerbeinhaberin handle es sich nicht um eine juristische Person, sondern um eine im Firmenbuch eingetragene Kommandit-Erwerbsgesellschaft. Im übrigen sei auf die genannte Anzeige in der erwähnten Zeitung die Bestimmung des § 63 Abs 1 zweiter Satz (gemeint dritter Satz) anzuwenden, wonach, so wird in der Berufung ausgeführt, eine andere Bezeichnung als die protokollierte Firma verwendet hätte werden dürfen, sofern eine Verwechslung oder Irreführung nicht erfolge.
Die Berufungsbehörde ist bei ihrer Entscheidung von
folgenden Überlegungen ausgegangen:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde,
sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht im Verwaltungsstrafverfahren den Parteien das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung.
Gemäß § 51e Abs 1 VStG ist, wenn die Berufung nicht zurückzuweisen oder nicht bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, eine öffentliche, mündliche Verhandlung anzuberaumen, zu welcher die Parteien und eventuell Sachverständige und Zeugen zu laden sind; dies ist im konkreten Fall aus folgenden Gründen nicht erforderlich:
Gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet. Gemäß § 45 Abs 2 AVG hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Weiters sind gemäß § 25 Abs 2 VStG die der Entlastung des Beschuldigten dienlichen Umstände in gleicher Weise zu berücksichtigen wie die belastenden. Abgesehen von der Gewerbeausübung durch natürliche Personen ist es gemäß den Bestimmungen des § 9 Abs 1 GewO 1994 zulässig, wenn juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechtes (offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften) sowie eingetragene Erwerbsgesellschaften (offene Erwerbsgesellschaften und Kommandit-Erwerbsgesellschaften) Gewerbe ausüben, diese
müssen jedoch einen Geschäftsführer oder Pächter bestellt haben. Im übrigen gelten die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes über Personengesellschaften des Handelsrechtes auch für eingetragene Erwerbsgesellschaften mit Ausnahme der Fälle der §§ 10, 63 Abs 3 zweiter Satz und 85 Z 2.
Daraus ergibt sich, daß auch die Bestimmungen des § 63 GewO 1994 über die Namensführung und Bezeichnung
der Betriebsstätten für in das Firmenbuch eingetragene Kommandit-Erwerbsgesellschaften gelten, die Ausnahme des § 63 Abs 3 zweiter Satz leg. cit. bezieht sich ausschließlich auf den Gebrauch der gewählten Firma vor Eintragung in das Firmenbuch.
Da gemäß § 63 Abs 3 somit für in das Firmenbuch eingetragene juristische Personen und Personengesellschaften des Handelsrechtes - somit auch für eingetragene Kommandit-Erwerbsgesellschaften - die Bestimmungen des Abs 1 sinngemäß gelten, ist es zulässig, im übrigen Geschäftsverkehr, insbesondere in Ankündigungen, Abkürzungen des Namens oder andere Bezeichnungen zu verwenden, wenn diese Abkürzungen und Bezeichnungen kennzeichnungskräftig sind und wenn die Verwendung nicht in einer Weise erfolgt, die geeignet ist, Verwechslungen oder Irreführungen herbeizuführen. Im konkreten Fall ergibt somit die rechtliche Beurteilung der dargestellten Rechtslage, daß, wie bereits in der Berufung ausgeführt, die Gewerbeinhaberin, bei welcher es sich um keine juristische Person handelt, aufgrund der Gewerbeanmeldung vom 7.10.1994 zumindest berechtigt war, in Ankündigungen entsprechende Abkürzungen etc. im Sinne der bereits angeführten gesetzlichen Bestimmungen zu verwenden. Eine Verwaltungsübertretung im Sinne der Bestimmung des § 368 Z 4 GewO 1994, wonach eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu S 15.000,-- zu bestrafen ist, begeht, wer die Bestimmungen über die Namensführung und die Bezeichnung der Betriebsstätte (§§ 63 bis 66) nicht einhält, hätte somit nur begangen werden können, wäre die gewählte Abkürzung nicht kennzeichnungskräftig oder in einer Weise erfolgt, die zur Herbeiführung von Verwechslungen oder Irreführungen geeignet gewesen wäre. Diesbezügliche Überlegungen gehen aus dem durchgeführten Verwaltungsstrafverfahren der Erstinstanz jedoch nicht hervor, der Schuldspruch im angefochtenen Straferkenntnis unterstellt der gewerbeinhabenden Firma lediglich, nicht die in das Firmenbuch eingetragene Firma in der näher konkretisierten Ankündigung verwendet zu haben, Überlegungen dahingehend, ob die verwendete Abkürzung tatsächlich zulässig gewesen bzw. die vorgenommene Ankündigung nicht eine Verletzung des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 - UWG in der Fassung des Wettbewerbs-Deregulierungsgesetzes 1992 darstellen könnte bzw. würde, sind aus dem Verfahrensakt der Erstinstanz nicht erkennbar.
Hinsichtlich jener Verwaltungsübertretung, die dem nunmehrigen Berufungswerber als gewerberechtlichem Geschäftsführer der Gewerbeinhaberin vorgeworfen worden ist, ist somit festzustellen, daß eine solche nicht vorliegt, da nicht beurteilt werden kann, ob die gewählte Abkürzung kennzeichnungskräftig oder zur Herbeiführung von Verwechslungen geeignet gewesen wäre, sodaß im Sinne der angeführten, gesetzlichen Bestimmungen spruchgemäß zu entscheiden war.