TE UVS Steiermark 1996/01/17 30.4-110/95

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Veröffentlicht am 17.01.1996
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Klaus Stühlinger über die Berufung von Frau M.A., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Weiz vom 29.5.1995, GZ.: 15.1 1995/211, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird die Berufung dem Grunde nach, jedoch mit der Maßgabe abgewiesen, daß die unter Punkt 1.) verhängte Verwaltungsstrafe mit S 800,--, im Uneinbringlichkeitsfall 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe sowie die unter Punkt 2.) verhängte Strafe mit S 100,--, im Uneinbringlichkeitsfall 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, festgesetzt wird.

Hinsichtlich Punkt 3.) wird die Berufung abgewiesen. Dadurch vermindert sich der Kostenbeitrag für das Verwaltungsstrafverfahren erster Instanz auf 90,--, welcher binnen 2 Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten ist.

Text

Auf Grundlage des der gemäß § 51 Abs 1 VStG sachlich und örtlich zuständigen Berufungsbehörde vorliegenden Verfahrensaktes der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz in Verbindung mit durch die Berufungsbehörde ergänzend durchgeführten Erhebungen ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit dem im Spruch dieses Bescheides näher

bezeichneten Straferkenntnis vom 29.5.1995 waren über

Frau M.A. auf Rechtsgrundlage des § 367 Z 25 GewO

1994 zwei Verwaltungsstrafen verhängt sowie eine Ermahnung ausgesprochen worden, da sie, wie

anläßlich einer Kontrolle durch den bautechnischen Amtssachverständigen am 2.1.1995 festgestellt worden ist, es als Gewerbeinhaberin des Gasthauses in F. 37 unterlassen hätte, bis zu diesem Kontrollzeitpunkt die Auflagen 9., 10. und 17. des Betriebsanlagen-Genehmigungsbescheides der Bezirkshauptmannschaft

Weiz vom 7.5.1991, GZ.: 4.1 A 25-91, zu erfüllen; so sei entgegen der Auflage 9. dieses Bescheides die absturzgefährdete Stelle nicht durch ein Geländer gesichert, entgegen Punkt 10. dieses Bescheides die Trinkwasseruntersuchung nicht jährlich, sondern im Abstand von zwei Jahren und entgegen Punkt 17. ein fest montierter Strahlenschutz zwischen Herd und Propangasflasche nicht angebracht worden; die festgesetzten Verwaltungsstrafen betragen unter Punkt 1.) und Punkt 2.) S 1.500,-- bzw. S 300,--, als Ersatzfreiheitsstrafen wurden 1 Tag und 12 Stunden bzw. 12 Stunden festgesetzt; hinsichtlich Punkt 3.) (Nichterfüllung des Auflagenpunktes 17.) wurde unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit des Verhaltens der Beschuldigten eine Ermahnung ausgesprochen.

Dieses Straferkenntnis wird im wesentlichen damit begründet, die einzelnen Verwaltungsübertretungen

seien durch die Überprüfung durch den Amtssachverständigen erwiesen, die Behauptung der Berufungswerberin, die Sicherung der absturzgefährdeten Stelle dadurch, daß eine Balkontür durch große Blumentöpfe verstellt worden wäre, wurde insofern nicht akzeptiert, als festgestellt wurde, diese Art der Sicherung könne die vorgeschriebene Sicherung

durch ein Geländer nicht ersetzen; hinsichtlich Spruchpunkt 2.) wurde darauf hingewiesen, die Verpflichtung zur Durchführung einer jährlichen Trinkwasseruntersuchung sei einzuhalten und könne auch nicht dadurch aufgehoben werden, daß eine von der Beschuldigten im Zuge des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegte Empfehlung des Gesundheitsreferates der Bezirkshauptmannschaft Weiz ein zweijähriges Untersuchungsintervall akzeptierte; hinsichtlich Punkt 3.) wird in der Begründung ausgeführt, eine Ermahnung sei ausreichend, da diese Auflage in der Zwischenzeit realisiert worden wäre und deren Erfüllung deshalb längere Zeit in Anspruch genommen hätte, da der Gatte der Berufungswerberin längere Zeit schwer krank gewesen sei.

Hinsichtlich der Strafbemessung wurde davon ausgegangen, die Beschuldigte würde - diesbezügliche Erhebungen finden sich im Akt der Erstinstanz nicht - über ein Einkommen von S 15.000,-- verfügen, sei Eigentümerin eines Einfamilienhauses, sorgepflichtig für ein Kind und habe Schulden von ca. S 150.000,--.

Gegen dieses Straferkenntnis hat M.A. fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung eingebracht und diese im wesentlichen in Wiederholung ihrer bisherigen Argumentation damit begründet, in der Zwischenzeit sei das Geländer bereits errichtet worden, es sei jedoch nie möglich gewesen, den Balkon zu betreten, weil vor der Balkontür ein Blumentopf mit ca. 20 kg gestanden sei. Hinsichtlich der Wasseruntersuchung habe sie die telefonische Auskunft vom Wasserrechtsreferat der Bezirkshauptmannschaft Weiz erhalten, eine jährliche Überprüfung sei nicht erforderlich, sondern es genüge eine zweijährige; hinsichtlich Punkt 3.) gab sie an, diese Auflage sei in der Zwischenzeit bereits erfüllt worden. Von Seiten der Berufungsbehörde wurde sodann die Berufungswerberin aufgefordert, ihre Einkommens-, Vermögens- und Familiensituation bekanntzugeben; sie hat daraufhin den Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 1994 vorgelegt, aus welchem sich ergibt, daß sie an Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft sowie aus dem von ihr betriebenen Gewerbebetrieb in diesem Jahr insgesamt Einkünfte von S 17.261,-- erwirtschaftet hätte. Die Berufungsbehörde ist bei ihrer Entscheidung von folgenden Überlegungen ausgegangen:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde,

sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht im Verwaltungsstrafverfahren den Parteien das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung.

Gemäß § 51e Abs 2 VStG ist, wenn in der Berufung ausdrücklich nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird, eine öffentliche, mündliche Verhandlung vor der Berufungsbehörde nur dann anzuberaumen,

wenn dies in der Berufung ausdrücklich verlangt wurde.

Dies ist im konkreten Fall nicht geschehen.

Gemäß der Bestimmung des § 367 Z 25 GewO 1994,

welche die Grundlage des Schuldspruches in allen drei Punkten des angefochtenen Straferkenntnisses bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen ist, wer die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält. Bei der Nichtbefolgung von in einem Betriebsanlagen-Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen

handelt es sich um ein Unterlassungsdelikt, dadurch, daß die gesetzliche Bestimmung des § 367 Z 25 GewO

1994 auf die in den Betriebsanlagen-Genehmigungsbescheiden vorgeschriebenen Auflagen

und Aufträge verweist, wird das jeweilige, in einem solchen Bescheid enthaltene Gebot oder Verbot Teil des Straftatbestandes, was voraussetzt, daß Auflagen so klar gefaßt sein müssen, daß sie dem Verpflichteten jederzeit die Grenzen seines Verhaltens und damit die Einhaltung der Auflagen zweifelsfrei erkennen lassen (VwGH 25.2.1993, 92/04/0164). Dadurch stellt die Nichteinhaltung jedes einzelnen Gebotes oder Verbotes eine (eigene) nach dieser Bestimmung zu ahndende Verwaltungsübertretung dar, wobei unter den Voraussetzungen des § 22 Abs 1 VStG die Strafen nebeneinander zu verhängen sind (VwGH 2.10.1989, 88/04/0032).

Daraus ergibt sich für die insgesamt drei Straftatbestände im angefochtenen Bescheid, daß jede der drei Verpflichtungen in der bezughabenden Auflage des Betriebsanlagen-Genehmigungsbescheides der Gewerbebehörde vom 7.5.1991, GZ.: 4.1 A 25-91, klar und deutlich genug gefaßt worden ist, um für die Verpflichtete das gebotene Tun zweifelsfrei erkennen zu lassen.

Die Beschuldigte und nunmehrige Berufungswerberin hat weder im Zuge des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahrens noch im Berufungsverfahren die ihr zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen in sachverhaltsmäßiger Hinsicht bestritten, jedoch den Standpunkt vertreten, durch Blockieren der Balkontür durch Blumentöpfe die Auflage 9. sinngemäß erfüllt zu haben; weiters vertrat sie die Auffassung, eine Verlängerung des Überprüfungsintervalls der Wasseruntersuchungen durch das Gesundheitsreferat der Bezirkshauptmannschaft Weiz könne von Einfluß auf die Verpflichtung in Punkt 10. des Betriebsanlagen-Genehmigungsbescheides sein; hinsichtlich Punkt 17. dieses Bescheides verwies sie darauf, daß diese Auflage in der Zwischenzeit erfüllt worden wäre.

Es ist somit festzustellen, daß die der Berufungswerberin zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen sowohl in subjektiver, als auch in objektiver Weise als erwiesen anzusehen und somit von ihr zu verantworten sind.

Hinsichtlich der Strafhöhe sind jedoch folgende

Feststellungen zu treffen:

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen.

Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Wie bereits ausgeführt, befindet sich die Berufungswerberin in noch wesentlich schwierigeren wirtschaftlichen Verhältnissen als dies von der Erstinstanz bei der Strafbemessung angenommen worden war.

Ausschließlich unter Berücksichtigung dieser Umstände war es daher durch die Berufungsbehörde möglich, die bereits objektiv äußerst gering bemessenen Verwaltungsstrafen in Punkt 1.) und 2.) noch weiter herabzusetzen, wobei davon ausgegangen werden kann, daß auch die nunmehr festgesetzten Verwaltungsstrafen ausreichen, um die Berufungswerberin oder andere in Zukunft von der Begehung gleicher oder ähnlicher Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

In diesem Zusammenhang sei ergänzend zu den

bisherigen Ausführungen auch noch festgestellt, daß die Verhängung einer Geldstrafe sogar dann als gerechtfertigt anzusehen ist, wenn der Bestrafte über keinerlei Einkommen verfügte. Eine Geldstrafe wäre auch dann zu verhängen, wenn die Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse des Bestraften es wahrscheinlich erscheinen ließen, er würde nicht in der Lage sein, sie zu bezahlen. Nur bei der Bemessung ihrer Höhe sind gemäß § 19 VStG neben den mildernden und

erschwerenden Umständen auch die Vermögens- und Familienverhältnisse zu berücksichtigen (VwGH 6.12.1965, 926/65 Slg. 6818 A).

Hinsichtlich Punkt 3.) war die Berufung abzuweisen, da auch nach Ansicht der Berufungsbehörde die ausgesprochene Ermahnung rechtsordnungskonform

erfolgt ist, sodaß im Sinne der angeführten, gesetzlichen Bestimmungen spruchgemäß zu entscheiden war.

Schlagworte
Auflage Auflagenerfüllung Absturzgefahr Gelände verstellen Gasthaus Gastgewerbe
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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