TE UVS Steiermark 1996/01/22 30.15-152/95

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Veröffentlicht am 22.01.1996
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Einzelmitglied Dr. Renate Merl über die Berufung des Herrn DDr. G.M., vertreten durch Dr. Peter Schweppe, p.A. Steiermärkische Krankenanstalten GesmbH, Stiftingtalstraße 4 - 6, 8010 Graz, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt

Graz, Gewerbeamt, vom 3.10.1995, GZ.: A4-St 686/1- 1993/1012, ohne Durchführung einer öffentlichen, mündlichen

Verhandlung wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden dem Berufungswerber in seiner Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer und damit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ des Arbeitgebers der S. GesmbH insgesamt zwei Übertretungen der AAV, nämlich zu Punkt 1.) des § 13 Abs 1 und 2 leg cit und zu Punkt 2.) des § 12 Abs 1 und 2 leg cit zur Last gelegt und über ihn eine Geldstrafe von je S 5.000,--, somit insgesamt S 10.000,--, verhängt.,

In seiner dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung vom 22.11.1995 verwies der Berufungswerber unter anderem darauf, daß in § 12 AAV eindeutig genau definierte Grenzwerte der Raumtemperatur bestimmt seien. Aus der Strafanzeige gehe jedoch überhaupt nicht hervor, auf welche Messungen sich der Arbeitsinspektor bei der angeblichen Feststellung von unerträglichen raumklimatischen Verhältnissen stützte. Eine offenbar ohne Messung vorgenommene Einschätzung einer Unerträglichkeit sei nicht ausreichend, einen verwaltungsstrafrechtlichen Tatbestand zu setzen, da es an der nötigen Bestimmtheit fehle. Das Arbeitsinspektorat hätte zumindest die Raumtemperatur zu messen gehabt und aufgrund allfälliger Überschreitung der Grenzwerte von nicht gesetzeskonformen Zuständen sprechen können. Gleiches gelte hinsichtlich der Lüftung.

In seiner Stellungnahme zum Berufungsvorbringen teilte das Arbeitsinspektorat Graz mit Schreiben vom 15.1.1996 Nachstehendes mit:

Zum gegenständlichen Verfahren wird mitgeteilt, daß am 10. August 1993 eine Temperatur von 35 Grad Raumtemperatur gemessen wurde, die wesentlich höher als die im § 12 Abs 2 AAV, BGBl. Nr. 218/83 i.d.g.F. von 25 C für Arbeiten mit geringer körperlicher Beanspruchung, angeführt ist.

Von ha. kann einer Einstellung des Verfahrens zugestimmt werden, da bis heute keine weiteren Übertretungen im Portierraum festgestellt wurden.

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark stellt hiezu Nachfolgendes fest:

Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat (z. B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was das erstgenannte Erfordernis anlangt, sind entsprechende, das heißt, in Beziehung zur vorgeworfenen Straftat stehende wörtliche Ausführungen erforderlich.

Der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG wird somit dann Rechnung getragen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen wird, daß er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmal zur Verantwortung gezogen zu werden (Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3.10.1985, Slg. NF 11894/A).

Im Anlaßfall ist hinsichtlich der Tatumschreibung von nachstehender Sach- und Rechtslage auszugehen:

Der Strafantrag vom 10.8.1993 enthält lediglich folgende Tatumschreibung:

1.) Der Raum, in dem sich der Portier aufhält, ist nicht mit einer wirksamen Lüftung gemäß § 13 Abs 1 und 2 der AAV ausgestattet und

2.) der Raum besitzt keine erträglichen raumklimatischen Verhältnisse entsprechend den Bestimmungen des § 12 Abs 1und 2 der AAV.

Auf Seite 2 des Strafantrages wird noch ergänzend ausgeführt, als erschwerend sei zu bemerken, daß durch die hohen Temperaturen bzw. Luftfeuchtigkeit in diesem kleinen Raum von ca. 4 m2 Bodenfläche unerträgliche raumklimatische Bedingungen in den letzten Wochen Juli 1993 und Anfang August 1993 vorhanden waren.

Dieser Tatvorwurf wurde dem Berufungswerber in der als erste Verfolgungshandlung anzusehenden Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 17.8.1993 unter Anschluß der in Fotokopie beiliegenden Anzeige ohne nähere Konkretisierung zur Kenntnis gebracht. Im nunmehr angefochtenen Straferkenntnis wurde die Tatumschreibung durch wörtliche Übernahme der jeweils zitierten Gesetzespassagen ergänzt.

Nach Auffassung der Berufungsbehörde entspricht weder die Tatumschreibung in der Ladung noch jene in dem im übrigen ohnedies weit außerhalb der Frist für die Verfolgungsverjährung ergangenen Straferkenntnis den Anforderungen des § 44 lit a Z 1 VStG. Dies deshalb, da die zitierten Gesetzesbestimmungen, insbesondere jene des § 12 Abs 1 AAV verschiedene Begehungsmöglichkeiten (Überschreitungen der Raumtemperatur, der Luftgeschwindigkeit sowie der relativen Luftfeuchtigkeit bei Verwendung einer Klimaanlage) mit jeweils unterschiedlichen Grenzwerten, diese wiederum gestaffelt nach der Art der Beschäftigung (normale körperliche Beanspruchung bzw. starke körperliche Beanspruchung) vorsehen. Dem Berufungswerber wurde niemals vorgeworfen, welche konkreten Überschreitungen der Grenzwerte am Tattag gemessen wurden und ergeben sich aus dem gesamten erstinstanzlichen Akt keinerlei Anhaltspunkte dahingehend, daß solche Messungen überhaupt durchgeführt wurden.

Erst mit Schreiben vom 15.1.1996 und sohin weit außerhalb jeglicher Frist für die Verfolgungsverjährung wurde im Berufungsverfahren mitgeteilt, welche Tat dem Berufungswerber konkret zur Last gelegt wird, daß nämlich am 10.8.1993 der für Arbeiten mit geringer körperlicher Beanspruchung vorgesehene Grenzwert überschritten wurde, da eine Temperatur von 35 Grad gemessen wurde.

Zusammenfassend ist daher davon auszugehen, daß die völlig unsubstanziiert gebliebenen Tatvorwürfe nicht mit einer wirksamen Lüftung ausgestattet war, ...keine erträglichen raumklimatischen Verhältnisse besessen hat... nicht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44 lit a Z 1 VStG entsprechen. Verwiesen sei unter anderem auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 7.4.1995, Zl. 94/02/0482 zu § 81 Abs 2 AAV. In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich betont, daß der bloße Vorwurf nicht entsprechender Mittel zur Erste-Hilfe-Leistung nicht ausreichend ist, sondern durch eine zumindest demonstrative Aufzählung der fehlenden Behelfe ergänzt werden muß.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und das Straferkenntnis hinsichtlich beider Punkte wegen bereits eingetretener Verfolgungsverjährung einzustellen.

Schlagworte
Arbeitsräume Klima Lüftung Raumtemperatur Arbeiten mit geringer kÖrperlicher Beanspruchung Tatbestandsmerkmal
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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