TE Vwgh Erkenntnis 2001/10/9 98/21/0190

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Veröffentlicht am 09.10.2001
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §6;
AsylG 1991 §7;
AsylG 1997 §19 Abs2;
AsylG 1997 §21 Abs1;
AsylG 1997 §44 Abs4;
AVG §56;
FrG 1997 §61 Abs1;
VwGG §30 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, über die Beschwerde des G, geboren am 26. Dezember 1975, vertreten durch Dr. Wolfgang Vacarescu, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Jakominiplatz 16/II, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 26. Februar 1998, Zl. FR 1475/1997, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Liberia, ein auf § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 7 i. V.m. den §§ 37, 38 und 39 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, gestütztes und auf 10 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot.

Nach den begründenden Ausführungen der belangten Behörde sei der Beschwerdeführer, ohne im Besitz eines gültigen nationalen Reisedokumentes gewesen zu sein, am 8. Dezember 1995 über die slowenisch-österreichische Grenze in das Bundesgebiet gelangt und habe am 13. Dezember 1995 einen Asylantrag gestellt. Eine vorläufige oder befristete Aufenthaltsberechtigung nach den §§ 7 oder 8 des Asylgesetzes 1991 sei ihm nicht erteilt worden. Der Beschwerdeführer habe gegen den im Instanzenzug ergangenen antragsabweisenden Asylbescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. September 1997 Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben, welcher dieser Beschwerde mit Beschluss vom 17. November 1997 die aufschiebende Wirkung zuerkannt habe.

Im Zuge seiner fremdenpolizeilichen Einvernahme vom 19. August 1997 habe der Beschwerdeführer angegeben, arbeits- und vollkommen vermögens- und einkommenslos zu sein. Seinen Unterhalt bestreite er aus Sozialhilfeleistungen in Höhe von monatlich S 2.800,-- sowie durch gelegentliche Geldzuwendungen einer namentlich genannten Freundin, deren Adresse er jedoch nicht kenne.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 18. Juli 1997 sei er wegen § 16 Abs. 2 Z. 2 des Suchtgiftgesetzes zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten rechtskräftig verurteilt worden.

In rechtlicher Beurteilung führte die belangte Behörde aus, dass auf Grund der Angaben des Beschwerdeführers über seine Einkommens- und Vermögenslosigkeit der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG erfüllt sei. Aus diesem Grund sowie insbesondere im Hinblick auf die rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers sei die Annahme im Sinne des § 36 Abs. 1 FrG gerechtfertigt, dass sein weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährde. Dies werde zudem durch den unrechtmäßigen Aufenthalt des Beschwerdeführers seit seiner illegalen Einreise im Jahre 1995 bekräftigt. An der Unrechtmäßigkeit seines Aufenthaltes ändere auch die der Beschwerde gegen den antragsabweisenden Asylbescheid mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. November 1997 zuerkannte aufschiebende Wirkung nichts, da der Beschwerdeführer damit (nur) in jene Rechtsposition versetzt worden sei, die ihm vor Erlassung des Berufungsbescheides des Bundesministers für Inneres zugekommen sei. Auf Grund seiner illegalen Einreise sei es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, einen legalen aufenthaltsrechtlichen Status zu erlangen.

In Bezug auf § 37 FrG führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer keine Nahebeziehungen zu Verwandten oder sonstigen Bezugspersonen in Österreich habe glaubhaft machen können, sodass durch ein Aufenthaltsverbot nicht in sein Privat- oder Familienleben eingegriffen werde. Selbst bei gegenteiliger Auffassung sei aber im Hinblick auf die mit dem Suchtgiftbesitz des Beschwerdeführers und seiner Mittellosigkeit verbundenen Gefahren für die öffentliche Ordnung und das wirtschaftliche Wohl des Landes die Verhängung des Aufenthaltsverbotes jedenfalls zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten und wögen die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes schwerer als die gegebenen privaten Interessen des Beschwerdeführers.

Zur Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes gelangte die belangte Behörde ausgehend vom Gefährdungspotenzial, welches mit dem vom Beschwerdeführer verwirklichten Suchtgiftdelikt einhergehe und welches der Beschwerdeführer aus Gewinnsucht wissentlich herbeigeführt habe, zum Ergebnis, dass die zehnjährige Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes jenem Zeitraum entspreche, nach dessen Ablauf mit einer Einstellungsänderung des Beschwerdeführers zur österreichischen Rechtsordnung und folglich mit einem Wegfall des Grundes für die Verhängung des Aufenthaltsverbotes zu rechnen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Soweit sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf eine ordnungsgemäße Bescheidbegründung verletzt erachtet, ist ihm die bereits zusammengefasst wiedergegebene Begründung des angefochtenen Bescheides entgegenzuhalten, in der klar und nachvollziehbar die zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes führenden Erwägungen der belangten Behörde dargelegt sind.

Das Schwergewicht der Beschwerde liegt im Vorbringen, der Beschwerdeführer halte sich im Hinblick auf den bereits genannten Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. November 1997 über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nunmehr legal in Österreich auf, da ihm "seit Erlassung des Asylgesetzes 1997 mit 1. Jänner 1998 die Rechtswohltat des § 19 Asylgesetz 1997 zukomme, wonach er über die vorläufige Aufenthaltsberechtigung verfüge".

Diesem Vorbringen kommt grundsätzlich deshalb Bedeutung zu, als gemäß § 21 Abs. 1 Asylgesetz 1997 die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nach § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG gegen Asylwerber, denen eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung zukommt und welche die in § 21 Abs. 1 Z. 1 oder 2 Asylgesetz 1997 genannten Voraussetzungen erfüllen, nicht zulässig ist.

Die belangte Behörde ist gegenständlich jedoch zutreffend davon ausgegangen, dass dem Beschwerdeführer zum maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung im Sinn der genannten Bestimmung nicht zukam, weshalb § 21 Abs. 1 Asylgesetz 1997 der Erlassung des Aufenthaltsverbotes im vorliegenden Fall nicht entgegenstand: Soweit der Beschwerdeführer nämlich eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung aus § 19 Asylgesetz 1997 abzuleiten versucht, ist ihm entgegenzuhalten, dass gemäß § 19 Abs. 2 leg. cit. Asylwerbern, die - wie auch unbestritten der Beschwerdeführer - unter Umgehung der Grenzkontrolle oder entgegen den Bestimmungen des zweiten Hauptstückes des Fremdengesetzes eingereist sind, die vorläufige Aufenthaltsberechtigung erst zukommt, wenn sie von der Behörde durch Aushändigung der entsprechenden Bescheinigung zuerkannt wird (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 1998, Zl. 98/02/0182). Dass dem Beschwerdeführer die Bescheinigung einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung ausgehändigt worden sei, wird in der Beschwerde nicht behauptet noch finden sich dafür Anhaltspunkte im Verwaltungsakt.

Nach der Übergangsbestimmung des § 44 Abs. 4 erster Satz Asylgesetz 1997 käme dem Beschwerdeführer aber auch dann eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung zu, wenn er auf Grund der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die Zuerkennung von aufschiebender Wirkung an seine Beschwerde gegen den im Asylverfahren ergangenen Berufungsbescheid (im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Asylgesetzes 1997) zum Aufenthalt berechtigt gewesen wäre. Dies wäre nur dann der Fall, wenn dem Beschwerdeführer während des unter Geltung des Asylgesetzes 1991 durchgeführten verwaltungsbehördlichen Asylverfahrens eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach den §§ 6 und 7 leg. cit. zugekommen wäre (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. Juli 1998, Zl. 98/18/0145, m.w.N.).

Eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung kam gemäß § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991 (nur) jenen Asylwerbern zu, die außer der Voraussetzung der rechtzeitigen Stellung eines Asylantrages auch die Voraussetzungen des § 6 leg. cit. erfüllten. Letzteres trifft aber im Beschwerdefall nicht zu, weil der Beschwerdeführer einerseits unstrittig über Slowenien nach Österreich einreiste und damit das Tatbestandsmerkmal der "direkten" Einreise aus dem Verfolgerstaat (hier: Liberia) nach § 6 Abs. 1 Asylgesetz 1991 nicht erfüllte und andererseits auch nicht behauptet, eine mangelnde Verfolgungssicherheit in den Durchreisestaaten im Sinn des § 6 Abs. 2 Asylgesetz 1991 geltend gemacht zu haben.

Kam aber dem Beschwerdeführer somit schon im Verwaltungsverfahren nach dem Asylgesetz 1991 keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung zu, so konnte er eine solche Rechtsstellung auch durch den genannten Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. November 1997 über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung und folgedessen eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach § 44 Abs. 4 erster Satz Asylgesetz 1997 nicht erlangen. Überdies ist nicht zu sehen, dass die Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 Z. 1 oder 2 AsylG vorlägen, sodass § 21 Abs. 1 AsylG insgesamt der Erlassung eines auf § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG gestützten Aufenthaltsverbotes nicht entgegensteht.

Den Feststellungen der belangten Behörde über die Mittellosigkeit des Beschwerdeführers tritt die Beschwerde nicht entgegen. Im Hinblick auf die wiedergegebenen unbestrittenen Angaben des Beschwerdeführers, er sei vollkommen einkommens- und vermögenslos, begegnet die Auffassung der belangten Behröde, der Beschwerdeführer habe den Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG verwirklicht, beim Verwaltungsgerichtshof keinen Bedenken.

Nach der ständigen hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 20. März 2001, Zl. 98/21/0344, m.w.N.) resultieren aus der Mittellosigkeit eines Fremden die Gefahren der Begehung strafbarer Handlungen und/oder einer finanziellen Belastung der Republik Österreich. Beide Gefahren haben sich im gegenständlichen Fall angesichts der erfolgten strafgerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers nach dem Suchtgiftgesetz sowie der von ihm bezogenen Sozialhilfeleistungen bereits verwirklicht. Zu Recht geht die belangte Behörde daher davon aus, dass die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist und dadurch verstärkt wird, dass sich der Beschwerdeführer, wie ausgeführt wurde, unrechtmäßig in Österreich aufhält.

Unbestritten lässt die Beschwerde die Feststellungen des angefochtenen Bescheides über das Fehlen von familiären und privaten Bindungen des Beschwerdeführers im Inland. Ein im Sinn des § 37 FrG relevanter Eingriff in sein Privatleben ergibt sich damit lediglich aus seinem zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides mehr als zweijährigen Aufenthalt in Österreich. Die Bedeutung dieser Integration erfährt jedoch durch die Unrechtmäßigkeit des Aufenthaltes eine erhebliche Minderung. Der belangten Behörde ist daher nicht entgegen zu treten, wenn sie aus diesen Gründen zu dem Ergebnis gelangte, dass das Aufenthaltsverbot auch bei Berücksichtigung der persönlichen Interessenlage des Beschwerdeführers zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten sei (§ 37 Abs. 1 FrG) und die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung (§ 37 Abs. 2 FrG).

Auch ihre Auffassung, im Hinblick auf die durch die strafgerichtliche Verurteilung zum Ausdruck kommende Gesinnung des Beschwerdeführers sei vor Ablauf von zehn Jahren nicht vom Wegfall der für die Verhängung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Gründe auszugehen, kann nicht als rechtswidrig erkannt werden und wird im Übrigen auch in der Beschwerde nicht bekämpft.

Soweit der Beschwerdeführer die Verletzung von Ermittlungspflichten der belangten Behörde behauptet, legt er nicht konkret dar, durch welche weiteren Ermittlungen die belangte Behörde zu einem für ihn günstigeren Verfahrensergebnis hätte gelangen können.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen. Gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG konnte von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 9. Oktober 2001

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive Bescheide

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1998210190.X00

Im RIS seit

14.01.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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