TE UVS Steiermark 1996/01/31 30.4-111/95

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Veröffentlicht am 31.01.1996
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. K. St. über die Berufung des Herrn M. L., G., vertreten durch Rechtsanwälte Dr. B. F., Dr. K. K., Dr. G. F. und Dr. W. St., G., gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt G. vom 23.5.1995, GZ.: A4-St 430/1-1994/307, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit §§ 24 und 45 Abs 1 Z 3 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, der angefochtene Bescheid behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Text

Auf Grundlage des der gemäß § 51 Abs 1 VStG sachlich und örtlich zuständigen Berufungsbehörde vorliegenden Verfahrensaktes der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz in Verbindung mit durch die Berufungsbehörde ergänzend durchgeführten Erhebungen ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit Schreiben vom 9.5.1994 hat die Kammer der Wirtschaftstreuhänder dem Magistrat der Stadt G.

bekanntgegeben, aufgrund zweier in Kopie angeschlossener Honorarnoten der G.M.A.

Unternehmensberatungs GesmbH., Graz, deren Geschäftsführer M. L. und Ing. Ch. W. wären, würde sich ergeben, daß diese Firma für die S. KEG Buchhaltungen erstellt hätte, woraus der Schluß zu ziehen wäre, die Bestimmungen des § 33 Abs 1 lit. b und d der Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnung 1955 seien übertreten worden, da den Wirtschaftstreuhändern die Beratung auf dem Gebiete des Buchführungs- und Bilanzwesens sowie die Anlage, Führung und der Abschluß kaufmännischer Bücher für ihre Auftraggeber vorbehalten wäre.

Aus den in Kopie angeschlossenen Rechnungen bzw. Honorarnoten ergibt sich, daß die G.M.A.

Unternehmensberatung am 20.12.1993 eine Honorarnote ausgestellt hat, durch welche aufgrund einer Vereinbarung vom 1.4.1993 für den Zeitraum Juli bis November 1993 für 2181 Stk. Buchungszeilen und verschiedene Nebenarbeiten im Zeitraum zwischen Oktober und Dezember 1993 ein Gesamtbetrag von S 36.770,40 in Rechnung gestellt worden ist. Weiters ergibt sich aus der Honorarnote vom 15.3.1994, daß gemäß

der Vereinbarung vom 1.4.1993 für 544 Stk.

Buchungszeilen im Dezember 1993 und diverse Zusatzarbeiten im Jänner 1994 ebenfalls ein Gesamtbetrag von S 9.873,60 in Rechnung gestellt worden ist.

In weiterer Folge wurde durch den Bürgermeister der Stadt G. als sachlich und örtlich zuständige Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz das Verwaltungsstrafverfahren gegen die beiden handelsrechtlichen Geschäftsführer bzw. zur Vertretung nach außen berufenen Organe der G.M.A.

Unternehmensberatungs GesmbH. eingeleitet, mit dem

im Spruch dieses Bescheides näher bezeichneten Straferkenntnis vom 23.5.1995 wurde sodann über M. L. auf Rechtsgrundlage der §§ 33 Abs 1 lit. b und d und 56 WTBO eine Geldstrafe von S 3.000,--, im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen, verhängt, da er es laut Anzeige der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom 9.5.1994 und somit als handelsrechtlicher Geschäftsführer bzw. zur Vertretung nach außen berufenes Organ der G.M.A.

Unternehmensberatungs GesmbH. mit dem Sitz in G., zu verantworten hätte, daß für die Firma S. KEG am 20.12.1993 und am 15.3.1994 Buchhaltungen von der genannten GesmbH. erstellt worden wären, obwohl die Gesellschaft nicht Mitglied der Kammer der Wirtschaftstreuhänder wäre und deshalb nicht berechtigt sei, eine solche Tätigkeit gewerbs- oder geschäftsmäßig auszuüben.

Dieser Bescheid wird im wesentlichen damit begründet, der Tatbestand sei durch die Anzeige der Kammer der Wirtschaftstreuhänder erwiesen, die vom Beschuldigten im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens erster Instanz vorgebrachte Argumentation könnte diesen nicht exkulpieren.

Gegen diesen Bescheid hat M. L. fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung eingebracht, die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung in sachverhaltsmäßiger Hinsicht bestritten, diesbezügliche Beweisanträge sowie einen Antrag auf Durchführung einer Berufungsverhandlung und im Anschluß daran auf Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses gestellt.

Die Berufungsbehörde ist bei ihrer Entscheidung von

folgenden Überlegungen ausgegangen:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde,

sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht im Verwaltungsstrafverfahren den Parteien das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung.

Gemäß § 51e Abs 1 VStG ist, wenn die Berufung nicht zurückzuweisen oder nicht bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, eine öffentliche, mündliche Verhandlung anzuberaumen, zu welcher die Parteien und eventuell Sachverständige und Zeugen zu laden sind; die Durchführung einer Berufungsverhandlung war trotz des diesbezüglichen Antrages in der Berufung in Vollziehung der Bestimmungen des § 39 Abs 2 letzter Satz AVG (Grundsatz der Verfahrensökonomie) nicht erforderlich:

Gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen. Als verjährungsunterbrechende Verfolgungsschritte gelten alle Handlungen der Behörde, die nach Art und Bedeutung die Absicht der Behörde zum Ausdruck bringen, den gegen eine bestimmte Person wegen einer bestimmten Tat bestehenden Verdacht auf eine im Verwaltungsstrafgesetz vorgeschriebene Weise zu prüfen, sohin den behördlichen Verfolgungswillen in Richtung einer bestimmten stafbaren Handlung zu verwirklichen (VwGH 12.5.1989, 87/17/0152). Eine Verfolgungshandlung muß, damit sie den Eintritt der Verfolgungsverjährung ausschließt, wegen eines bestimmten (strafbaren) Sachverhalts erfolgen. Dies erfordert unter anderem, daß sie sich auf alle, die Tat betreffenden Sachverhaltselemente zu beziehen hat.

Eine Verfolgungshandlung unterbricht somit nur dann die Verjährung, wenn sie sich auf alle der Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente bezogen hat (VwGH 19.9.1984, Slg 11525A, vgl. auch VwGH 22.12.1992, Zl. 91/04/0199).

Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat (z. B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was das erstgenannte Erfordernis anlangt, sind entsprechende, das heißt, in Beziehung zur vorgeworfenen Straftat stehende, wörtliche Ausführungen erforderlich.

Gemäß den Bestimmungen des § 33 Abs 1 lit. b und d

der Wirtschaftstreuhänder Berufs-ordnung sind den Helfern in Buchführungs- und Steuersachen und Buchführungsgesellschaften unbeschadet der Bestimmungen der § 31 und 32 folgende berufsmäßig ausgeübten Tätigkeiten vorbehalten:

Die Beratung auf dem Gebiete des Buchführungs- und Bilanzwesens.

Die Anlage, Führung und der Abschluß kaufmännischer

Bücher für ihre Auftraggeber.

Gemäß § 56 WTBO begeht, wer, ohne zu einer nach

diesem Bundesgesetz den Wirtschaftstreuhändern vorbehaltenen Tätigkeit befugt zu sein, eine solche Tätigkeit anbietet oder ankündigt oder gewerbs- oder geschäftsmäßig ausübt oder wer eine solche unbefugte Ausübung deckt, eine Verwaltungsübertretung und ist, unbeschadet einer allfälligen strafgerichtlichen oder sonstigen Ahndung, mit einer Geldstrafe bis zu S 100.000,--, in schweren Fällen daneben auch mit einer Arreststrafe bis zu einem Monat, zu bestrafen.

Bei dieser Verwaltungsübertretung des § 56 WTBO handelt es sich um ein fortgesetztes Delikt. Aufgrund der bisherigen Ausführungen ist somit hinsichtlich der Tatzeit eine kalendermäßig eindeutige Umschreibung des Tatzeitraumes erforderlich (vgl. VwGH 11.4.1986, 86/18/0051, 0052). Weder das angefochtene Straferkenntnis, noch ein diesem vorangegangener, als Verfolgungshandlung zu wertender Verfahrensschritt enthält hinsichtlich der Tatzeit andere bzw. konkretere Merkmale als der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses. Es ist somit festzustellen, daß weder der Tag der Anzeige durch die Kammer der Wirtschaftstreuhänder (vgl. VwGH 10.6.1992, 92/04/0062), noch jener des Datums der beiden ausgestellten Honorarnoten in Zusammenhang mit den jeweiligen Tatzeiträumen zu bringen ist, da der Zeitpunkt der Erstellung von Honorarnoten hinsichtlich der Tatzeit nicht in direktem Zusammenhang steht, handelt es sich dabei doch um Tätigkeiten, die nicht typisch zu der angelasteten unbefugten Ausübung von den Wirtschaftstreuhändern vorbehaltenen Tätigkeiten zu zählen ist (vgl. VwGH 5.3.1985, 84/04/0184 Slg. 11694A). Jene Tatzeiten, die sich hinsichtlich dieser Tätigkeiten aus den beiden Honorarnoten vom 12.12.1993 bzw. 15.3.1994 ergeben, somit der Zeitraum von Juli bis November bzw. Oktober bis Dezember 1993 und jener von Dezember 1993 bis Jänner 1994 wurde

dem nunmehrigen Berufungswerber in den

diesbezüglichen gesetzlichen Bestimmungen entsprechender Weise nicht vorgehalten, sodaß von keiner, die Verfolgungsverjährung unterbrechenden Verfolgungshandlung, die zur Grundlage eines Verwaltungsstrafverfahrens hätte führen können, ausgegangen werden kann, sodaß (vgl. VwGH 25.2.1992, 91/04/0277) auch für die Berufungsbehörde keine Möglichkeit besteht, diesbezügliche Verfahrensergänzungen eventuell in Vollziehung der Bestimmungen des § 66 Abs 4 AVG durchzuführen

(VwGH 26.11.1985, 84/07/0399), weshalb im Sinne der angeführten, gesetzlichen Bestimmungen spruchgemäß

zu entscheiden war.

Schlagworte
Wirtschaftstreuhänder fortgesetztes Delikt Honorarnoten Tatzeit Buchführungswesen Bilanzwesen kaufmännische Bücher
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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