Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.
Der Berufungswerber hat gemäß §64 Abs1 und 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG S 200,-- als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens binnen 2 Wochen zu zahlen. Innerhalb gleicher Frist sind der Strafbetrag und die Kosten des Verfahrens erster Instanz zu bezahlen (§59 Abs2 AVG).
Der Unabhängige Verwaltungssenat für das Land NÖ kann dem vorliegenden Verwaltungsstrafakt 3-****-94 der Bezirkshauptmannschaft xx folgende Anzeige des Gendarmeriepostens H***********, GZ P-***/94-D, entnehmen:
"a) Darstellung der Tat
Der verdächtige Lenker des PKW, Kennzeichen **-****, Marke Mercedes 190C dunkel lackiert, fuhr am 26. Juni 1994, um 21,15 Uhr, im Gemeindegebiet E*******, Bezirk xx, NÖ, auf der Bundesstraße ***, nächst dem StrKm 1,2 bei der Fahrt in Richtung M*********, wobei er
a) versuchte zwei PKWs zu überholen, obwohl er nicht einwandfrei erkennen konnte, daß er sein Fahrzeug nach dem Überholvorgang in den Verkehr einordnen wird können, ohne andere Straßenbenützer zu gefährden oder zu behindern (Das Überholmanöver wäre nur möglich gewesen, wenn die Linksabbiegespur - Richtung Hafen befahren worden wäre) und
b) in weiterer Folge den Lenker eines überholten Fahrzeuges dadurch behinderte, indem er sich unmittelbar vor ihm wieder einreihte. Der überholte PKW-Lenker mußte dadurch seine Fahrgeschwindigkeit verringern.
b) Beweismittel
Dienstliche Wahrnehmungen von RevInsp W des GP E******* und RevInsp D, während einer Sektorstreife. Die Beamten führten im Gemeindegebiet von E******* auf der Bundesstraße ***, bei StrKm 1,250 (1. Hafenzufahrtsstraße) Geschwindigkeitsmessungen durch. In diesem Bereich ist eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 70 km/h. Dabei fiel den Beamten der angezeigte PKW-Lenker auf, wie er mit sichtlich überhöhter Geschwindigkeit zwei PKWs, unmittelbar vor dem Kreuzungsbereich mit der Hafenzufahrt überholen wollte. Als er während des Überholmanövers die Beamten erblickte, brach er das Überholmanöver plötzlich ab und drängte sich zwischen zwei mit etwa 70 km/h fahrende Fahrzeuge (Abstand der Fahrzeuge ca 20 - 30 m) hinein, wodurch der Lenker des überholten Fahrzeuges sichtlich abbremsen mußte. Die Geschwindigkeit des angezeigten Fahrzeuges nach dem Überholvorgang betrug 72 km/h (Lasermessung).
Es war noch Tageslicht und die Fahrbahn war trocken. Eine Anhaltung des Fahrzeuges war nicht möglich."
In einem rechtzeitigen Einspruch gegen die zunächst erlassene Strafverfügung vom 16. August 1994, 3-****-94, hat der Beschuldigte ausgeführt:
"Nicht ich habe ein gefährliches Verhalten gesetzt, sondern der vor mir überholte Fahrzeuglenker, da dieser während meines Überholvorganges verpflichtet gewesen wäre sein Tempo zu vermindern und den nötigen Sicherheitsabstand zu dem vor ihm fahrenden KFZ einzuhalten. Auf keinen Fall aber hätte er beschleunigen dürfen. Dies hat er aber getan!"
Mit einer ergänzenden Relation vom 12. September 1994, GZ P-***/94-D, hat der Anzeiger das Anzeigevorbringen jedoch vollinhaltlich aufrechterhalten:
"Von den Beamten konnte nicht wahrgenommen werden, daß die überholten Fahrzeuge ihre Geschwindigkeit erhöht hätten und war dies sicherlich augenscheinlich nicht der Fall.
In diesem Bereich ist eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 70 km/h und die überholten Fahrzeuge fuhren mit 70 km/h (Lasermessung). Die Geschwindigkeit des Angezeigten war augenscheinlich höher, und zwickte sich dieser, nachdem er die Beamten erblickte, zwischen den beiden Fahrzeugen wieder auf seinen Fahrstreifen, wobei das überholte Fahrzeug merklich abbremsen mußte."
Am 11. Oktober 1994 hat der Beschuldigte vor der im Rechtshilfewege ersuchten Bezirkshauptmannschaft xy dazu Stellung genommen:
"Das Fahrzeug, welches von mir überholt wurde, hat während des Überholvorganges die Geschwindigkeit erhöht. Nachdem ich mich wieder rechts einordnete, mußte dieses KFZ nicht wegen mir abbremsen. Möglicherweise hat dieser Lenker auf Grund des Ansichtigwerdens der Gendarmeriebeamten sein KFZ abgebremst. Überdies verweise ich auf meine Einspruchsangaben vom 29.08.1994 und ersuche um Einstellung dieses Strafverfahrens."
Die Bezirkshauptmannschaft xx hat jedoch darauf folgendes Straferkenntnis vom 18. Oktober 1994, 3-****-94, erlassen:
"Sie haben als Fahrzeuglenker folgende Verwaltungsübertretung begangen:
Tatzeit: 26.6.1994 - 21,15 Uhr
Tatort: Gemeindegebiet E*******, auf der B***, bei Strkm 1,2
Richtung M*********
Fahrzeug: PKW - **-****
Tatbeschreibung
Überholt, obwohl Sie nicht einwandfrei erkennen konnten, daß Sie Ihr Fahrzeug nach dem Überholvorgang in den Verkehr einordnen können, ohne andere Straßenbenützer zu gefährden oder zu behindern. (Sie wollten zwei Fahrzeuge überholen und behinderten den Lenker eines überholten Fahrzeuges in der Folge dadurch, daß Sie sich unmittelbar vor diesem einreihten, sodaß der Lenker dieses Fahrzeuges abbremsen mußte)."
Dadurch übertretene Verwaltungsvorschrift, verhängte Strafe und entstandene Verfahrenskosten:
Übertretung gemäß §99 Abs3 lita, §16 Abs1 litc StVO 1960
Geldstrafe gemäß
§99 Abs3 lita StVO 1960 1.000,00 S
Ersatzfreiheitsstrafe: 60 Stunden
Vorgeschriebener Kostenbeitrag gemäß
§64 Abs2 des Verwaltungsstrafgesetzes 100,00 S
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Gesamtbetrag 1.100,00 S"
Gegen diese Entscheidung hat der Beschuldigte rechtzeitig berufen und geltend gemacht, daß der Bescheidspruch dem §44a VStG nicht Rechnung trage. Die bloße Tatanlastung ohne jenen Umstand näher zu umschreiben, warum der Beschuldigte nicht habe einwandfrei erkennen können, den Überholvorgang vorschriftsgemäß zu beenden, um sich in den Verkehr wieder einzuordnen, stelle keine entsprechende Tatumschreibung dar.
Die Behörde sei verpflichtet, im Spruch des Straferkenntnisses in unmißverständlicher Weise anzugeben, welcher Umstand das einwandfreie Erkennen des Wiedereinordnens nach dem Übervorgang verhindert haben soll.
Da im gegenständlichen Zeitpunkt weder Gegenverkehr noch eine besondere Gefahrenlage herrschte, habe der Beschuldigte keine Veranlassung gesehen, den Überholvorgang nicht durchzuführen. Es fehle somit auch an der Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens des Beschuldigten. Der Beschuldigte habe seinen Überholvorgang deshalb nicht fortgesetzt, weil er sich noch vor Beginn der Sperrlinie habe wieder rechts einordnen wollen. Da die Geschwindigkeit des vom ihm überholten Fahrzeuges kurzfristig nach Beginn seines Überholvorganges erhöht worden sei, habe er den Überholvorgang nicht fortführen können, zumal er die Geschwindigkeitsbeschränkung einhalten und das Überfahren der Sperrlinie habe verhindern wollen. Eine Geschwindigkeitsreduktion des vom Beschuldigten überholten Fahrzeuges wäre unter der Bedingung der Einhaltung des notwendigen Sicherheitsabstandes des überholten zu dem vor diesem fahrenden Fahrzeug beim Wiedereinordnen des Beschuldigten nicht notwendig gewesen. Auch habe sich dieser Abstand deshalb noch verkürzt, weil der überholte Fahrzeuglenker unmittelbar nach Beginn des Überholvorganges durch den Beschuldigten seine Geschwindigkeit erhöht habe. Entgegen der Ansicht der Erstbehörde sei es dabei unmöglich, dem Beschuldigten eine überhöhte Geschwindigkeit anzulasten. Alle drei Fahrzeuge hätten die Geschwindigkeit bloß aufgrund der vorliegenden Geschwindigkeitsbeschränkung bei Ansichtigwerden der Gendarmerie vermindert.
Dazu ist seitens der Berufungsbehörde auszuführen:
Der Beschuldigte verkennt den Tatvorwurf, wenn er vermeint, daß ihm die Überschreitung der höchstzulässigen Fahrgeschwindigkeit zur Last gelegt werde. Es wird ausschließlich ein fehlerhafter Überholvorgang gemäß §16 Abs1 litc StVO 1960 vorgeworfen:
Dem vorliegenden Aktengeschehen entnimmt die Berufungsbehörde, daß auf der B*** im Bereich des StrKm 1,250 drei Fahrzeuge in Richtung M********* hintereinander unterwegs waren, wobei sich der Beschuldigte zunächst in dritter Position befand.
Der Abstand des ersten zum zweiten Fahrzeug wird vom Beschuldigten in seinem Rechtsmittel mit "weniger als der Sicherheitsabstand" bezeichnet. Seitens der Gendarmeriebeamten wird der Abstand mit ca 20 bis 30 m dargestellt, dies bei einer Fahrgeschwindigkeit von ca 70 km/h. - Dies entspricht in etwa dem gesetzlich vorgeschriebenen Mindestabstand beim Hintereinanderfahren, da als Sicherheitsabstand zwischen den einzelnen hintereinanderfahrenden Fahrzeugen mindestens der Reaktionsweg einzuhalten ist, der in Metern 3/10 der eingehaltenen Geschwindigkeit in km/h beträgt (VwGH 21.9.1984, 84/02/0198).
Wenn der Beschuldigte nun vermeint, er hätte überholen dürfen, weil weder Gegenverkehr noch eine besondere Gefahrenlage herrschte, so ist diese Rechtsmeinung falsch:
Mehrere hintereinander fahrende Fahrzeuge dürfen nur dann überholt werden, wenn der Lenker sicher erkennen kann, daß er sein Fahrzeug ohne Gefährdung oder Behinderung wieder einordnen kann. Nur wenn der Überholende dabei beachtet, daß der nach dem Einordnen dem Hintermann verbleibende Abstand der Bestimmung des §18 Abs1 StVO 1960 entspricht, somit auch nach dem Überholmanöver zwischen allen Fahrzeugen mindestens jeweils der Sicherheitsabstand eingehalten wird, kann gesagt werden, er habe im Sinne §16 Abs1 litc erkennen können, daß er sein Fahrzeug nach dem Überholvorgang in den Verkehr einordnen kann, ohne andere Straßenbenützer zu gefährden oder zu behindern (VwGH 4.7.1963, 1372/61).
Da der Beschuldigte in seiner Berufung dagegen selbst angibt, daß die beiden vor ihm fahrenden Fahrzeuge bereits zu Beginn des Überholvorganges nicht einmal den gesetzlich vorgesehenen Sicherheitsabstand zueinander eingehalten haben, somit ein Einordnen zwischen diesen Fahrzeugen unter Berücksichtigung der obgenannten Gesetzesbestimmungen für den Beschuldigten unmöglich war, wäre ein Überholmanöver des Beschuldigten dann und nur dann zulässig gewesen, wenn ein gleichzeitiger Überholvorgang beider vor dem Beschuldigten fahrender Fahrzeuge geplant bzw zulässig gewesen wäre.
In dieser Hinsicht wird aber seitens der Gendarmerie dargetan, daß das Überholmanöver beider Fahrzeuge zugleich nur möglich gewesen wäre, wenn der Beschuldigte die Linksabbiegespur Richtung Hafen gesetzwidrig befahren hätte.
Auch der Beschuldigte gibt in seiner Berufung selber an, daß das Überholen auch des zweiten vor ihm fahrenden Fahrzeuges bei Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften wie Geschwindigkeitsbeschränkung und Sperrlinie nicht möglich gewesen sei. Dies alles, obwohl der Lenker des in erster Position fahrenden Fahrzeuges entsprechend der eigenen Ausführungen des Beschuldigten seine Fahrgeschwindigkeit nicht erhöht, sondern sogar reduziert hat.
In Übereinstimmung mit der Entscheidung der Bezirkshauptmannschaft gelangt somit auch die Berufungsbehörde zu dem Ergebnis, daß der Beschuldigte ein Fehlverhalten gesetzt hat und eine Strafe zu Recht ausgesprochen wurde.
Entgegen der Rechtsmeinung des Beschuldigten ist anzuführen, daß der Bescheidspruch nach Ansicht der Berufungsbehörde ausreichend bestimmt ist, da dem Konkretisierungsgebot des §44a VStG, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen und den Täter vor einer Doppelbestrafung zu schützen, hinreichend Rechnung getragen wird. Im Gegenteil erweist sich der Spruch im angefochtenen Straferkenntnis durch den Klammerausdruck "Sie wollten .... abbremsen mußte" sogar als überbestimmt und wäre dieser Klammerausdruck noch entbehrlich.
Zur Strafhöhe war seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates schließlich noch zu erwägen:
Da der Beschuldigte über seine allseitigen Verhältnisse keine Angaben gemacht hat, ist die Bezirkshauptmannschaft unwidersprochen geblieben davon ausgegangen, daß der Beschuldigte an Einkommen monatlich ca S 20.000,-- netto beziehe. Die Berufungsbehörde nimmt zugunsten des Beschuldigten weiters an, daß Vermögenswerte nicht vorhanden sind und eine Sorgepflicht für wenigstens drei Personen besteht.
Mildernd kann - wie von der Bezirkshauptmannschaft dargestellt - die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit gewertet werden, straferschwerend erscheint kein Umstand.
Wie die Bezirkshauptmannschaft richtig ausführt, dient die verletzte Gesetzesbestimmung der Vermeidung einer Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer und damit auch dem Schutz des nachfolgenden Verkehrs. Diesem Schutzzweck hat der Beschuldigte zuwidergehandelt und ist für die Verwirklichung der Verwaltungsübertretung eine konkrete Gefährdung oder Behinderung nicht erforderlich.
Bei der Strafzumessung ist auch davon auszugehen, daß durch die Verhängung einer Strafe nicht nur der Beschuldigte selbst, sondern daneben nach Möglichkeit noch andere Verkehrsteilnehmer von der Begehung gleichgelagerter Verwaltungsstraftaten abgehalten werden sollen, sodaß eine allgemein abhaltende generalpräventive Wirkung zusätzlich entsteht.
Unter Berücksichtigung all dieser Umstände kann die Berufungsbehörde nicht finden, daß die von der Behörde I Instanz verhängte Geldstrafe von S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 60 Stunden) unangemessen hoch wäre. Die verhängte Geldstrafe hält sich bloß im untersten Bereich des vom Gesetz vorgeschriebenen Strafrahmens (bis zu S 10.000,--/ Ersatzfreiheitsstrafe zwei Wochen) und erscheint die verhängte Strafe durchaus als schuld- und tatangemessen.
Als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens waren gemäß §64 Abs1 und 2 VStG 20 % der in erster Instanz verhängten Geldstrafe, somit S 200,--, vorzuschreiben.