Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Einzelmitglied Dr. Herbert Thaller über die am 29.11.1995 beim Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark eingelangten Beschwerde des Herrn W. und der Frau E.R., diese vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Alfred Lind und Dr. Klaus Rainer, Graz, Kaiserfeldgasse 22, wegen Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Versiegelung und Absperrung der Baustelle sowie durch Verbringung von Baumaterialien und Geräten in amtliche Gewahrsame durch Organe der Baubehörde erster Instanz der Marktgemeinde Kalsdorf, wie folgt entschieden:
Der Antrag, der Unabhängige Verwaltungssenat wolle die im Rahmen der faktischen Amtshandlung am 23.11.1995 in K., K. 9, veranlaßte Versiegelung der Baustelle aufheben, die Behörde erster Instanz zur Herausgabe der in amtliche Gewahrsame genommenen Baumaschinen, Baustoffe etc. zu veranlassen, wird abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben gemäß § 79 a AVG in der ab 1.1.1996 geltenden Fassung iVm § 53 Abs 1 letzter Satz des Verwaltungsgerichtshofsgesetzes 1985 (VwGG) iVm § 1 Z 3 und 4 der Verordnung des Bundeskanzlers über die Pauschalierung der Aufwandersätze für den Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand in Verfahren vor den Unabhängigen Verwaltungssenaten wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Aufwandersatzverordnung UVS), der belangten Behörde (Bürgermeister der Marktgemeinde Kalsdorf) S 3.365,-- zur ungeteilten Hand binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Mit Schriftsatz vom 27.11.1995, welcher am 29.11.1995 beim Unabhängigen Verwaltungssenat eingelangt ist, wird vom Vertreter der Beschwerdeführer die am 23.11.1995 am Grundstück Nr. 43, KG G., K., K. 9, im Rahmen einer faktischen Amtshandlung vorgenommene Versiegelung der Baustelle und die Gewahrsamnahme
von den auf der Baustelle vorhandenen Baustoffen, Bauteilen, Geräten, Maschinen und Bauhilfsmittel als rechtswidrig bekämpft.
Begründend führt die Beschwerde aus, daß der von der Baubehörde erster Instanz mit Bescheid vom 20.11.1995 ausgesprochenen Baueinstellung keine Berechtigung zukomme, da das beabsichtigte Bauvorhaben, die Errichtung einer Lärmschutzwand, kein bewilligungspflichtiges Vorhaben sei. Daher seien die von der Behörde vorgenommenen Akte der Versiegelung rechtswidrig. Der Beschwerde beigelegt waren eine Kopie des Bescheides der Baubehörde vom 20.11.1995, mit welchem die sofortige Baueinstellung verfügt wurde, sowie die gegen diesen Bescheid gerichtete Berufung. Deshalb werde der Antrag gestellt, der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark wolle in Stattgebung der Beschwerde die im Rahmen der faktischen Amtshandlung veranlaßte Versiegelung der Baustelle aufheben und die Behörde erster Instanz zur Herausgabe der in amtliche Gewahrsame genommenen
Baumaschinen, Baustoffe, etc. veranlassen.
Der Unabhängige Verwaltungssenat gab der belangten Behörde Gelegenheit eine Stellungnahme abzugeben und forderte den gegenständlichen Bauakt an. In der Stellungnahme vom 18.12.1995 führte die belangte Behörde nach Darstellung der - in diesem Verfahren nicht entscheidungsrelevanten - Vorgeschichte im rechtlichen Bereich aus, daß das von den Beschwerdeführern beabsichtigte Bauvorhaben (Einfriedung ab einer Höhe von 1,5 m) bewilligungspflichtig und daher auch ein Baueinstellungsbescheid erlassen worden sei. Da der Baueinstellungsbescheid nicht befolgt worden sei, sei am 23.11.1995 von der gesetzlichen Möglichkeit gemäß § 41 Abs 2 des Stmk. Baugesetzes 1995 Gebrauch gemacht
und am 23.11.1995 die Baustelle versiegelt worden.
Sämtliche Baumaschinen seien vorübergehend
beschlagnahmt, jedoch den rechtmäßigen Eigentümern
am darauffolgenden Tag ordnungsgemäß ausgehändigt worden.
Nach telefonischer Kontaktaufnahme der die Beschwerdeführer vertretenden Rechtsanwälte und der belangten Behörde gaben diese mit Schreiben vom 25.1.1996 bzw. vom 5.2.1996 bekannt, daß sie auf die Durchführung der mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat verzichteten. Der von der belangten Behörde vorgelegte Akt wurde dem Beschwerdeführer-Vertreter zur Kenntnis in Kopie übermittelt und langte lediglich der Verzicht auf Durchführung der mündlichen Verhandlung als Antwort ein.
Aufgrund der Angaben in der Beschwerde, der Gegenäußerung der belangten Behörde und des vorgelegten Aktes, ergibt sich folgender nicht bestrittener Sachverhalt:
Aufgrund von Mitteilungen aus der Nachbarschaft führte die Baubehörde am 20.11.1995 auf dem Grundstück der Beschwerdeführer Erhebungen durch. Dabei wurde festgestellt, daß auf dem Grundstück der Beschwerdeführer mit dem Bau einer Lärmschutzwand in Verbindung mit einem Einfahrtstunnel begonnen werden soll. Mit Bescheid vom 20.11.1995 wurde von der Baubehörde mit sofortiger Wirkung die Baueinstellung verfügt und ausgesprochen, daß der allenfalls eingebrachten Berufung gemäß § 41 Abs 5 des Stmk.
BauG 1995 eine aufschiebende Wirkung nicht zukomme. In der Begründung dieses Bescheides wird ausgeführt, daß das beabsichtigte Bauvorhaben (Lärmschutzwand bis zu einer Höhe von 2,75 m und Überdachung des Einfahrtsbereiches im Ausmaß von ca. 30 m2) eine bewilligungspflichtige Baumaßnahme sei und eine Baubewilligung hiefür nicht vorliege. Dieser Baueinstellungsbescheid wurde den beiden Beschwerdeführern durch Hinterlegung am 22.11.1995 zugestellt. Bei der am 23.11.1995 um 10.00 Uhr durch Bedienstete des Marktgemeindeamtes Kalsdorf durchgeführten Überprüfung der Baustelle wurde die Fortsetzung der Bauarbeiten festgestellt und im Beisein eines Arbeiters der bauausführenden Firma die nunmehr angefochtenen faktischen Amtshandlungen gesetzt, worüber auch eine Niederschrift aufgenommen wurde.
Die Aushändigung der in Gewahrsame genommenen
Baumaschinen erfolgte sodann am 24.11.1995.
Die Rechtsbeurteilung ergibt folgendes:
Gemäß § 67 a Abs 1 Z 2 AVG entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes.
Gemäß § 41 Abs 2 des Stmk. BauG 1995, der sich im fünften Teil dieses Gesetzes mit der Überschrift baupolizeiliche Maßnahmen befindet, kann die Baubehörde die Baustelle versiegeln oder absperren und die an der Baustelle vorhandenen Baustoffe, Bauteile, Geräte, Maschinen und Bauhilfsmittel in amtlichen Gewahrsam bringen, wenn unzulässige Bauarbeiten trotz verfügter Baueinstellung fortgesetzt werden. Wie die oben zitierte Überschrift zeigt, handelt es sich bei den in § 41 Abs 2 des Stmk. BauG 1995 enthaltenen Verfügungen um Maßnahmen, welche in verfahrensfreier Weise von der Behörde ergriffen werden können. Daher ist auch die vorliegende von der Baubehörde am 23.11.1995 gesetzte Handlung als Maßnahme zu qualifizieren, weshalb die Beschwerde jedenfalls zulässig ist.
Die Maßnahme nach § 41 Abs 2 des Stmk. BauG 1995
setzt voraus: Eine unzulässige Bauarbeit, eine verfügte Baueinstellung und eine Fortsetzung dieser Bauarbeiten. Die Unzulässigkeit der Bauarbeiten wird bereits im Baueinstellungsbescheid ausgesprochen, welcher von
der belangten Behörde auch mit Bescheid vom 20.11.1995 erlassen wurde. Des weiteren wurde auch die Baueinstellung verfügt, da dieser Baueinstellungsbescheid am 22.11.1995, gerichtet an beide Beschwerdeführer, durch Hinterlegung zugestellt wurde. Selbst die Fortsetzung der Bauarbeiten liegen diesfalls vor, da aufgrund der Kontrolle der Baustelle am 23.11.1995 die Bauarbeiten weiter durchgeführt wurden und daher auch ein Bauarbeiter der bauausführenden Firma auf der Baustelle anwesend war. Im übrigen wurden diese Fakten weder in der Beschwerde noch später bestritten. Daß die am 23.11.1995 anläßlich der Setzung der angefochtenen Maßnahme durchgeführten Bauarbeiten nicht mit jenen vom Baueinstellungsbescheid umfaßten Bauarbeiten ident seien, wurde ebenfalls nicht behauptet.
In Verkennung der Rechtslage führen die Beschwerdeführer aus, daß aufgrund der
angenommenen Bewilligungsfreiheit der von ihnen gesetzten Baumaßnahmen die Sperre der Baustelle rechtswidrig gewesen sei. Dem ist entgegenzuhalten, daß sich der UVS nicht mit der Frage auseinanderzusetzen hat, ob der der angefochtenen Maßnahme vorangegangene Bescheid, der die Baueinstellung verfügt, zu Recht erging, da gegen diesen Bescheid dem Bescheidadressaten das Rechtsmittel der Berufung an die Baubehörde zweiter Instanz möglich ist. Von dieser Möglichkeit haben die Beschwerdeführer auch Gebrauch gemacht. In diesem Baueinstellungsbescheid wird hinlänglich begründet, warum die getätigten Bauarbeiten der Bewilligungspflicht unterliegen. Insofern ist der Unabhängige Verwaltungssenat an die Qualifizierung der Bauarbeiten hinsichtlich ihrer Bewilligungspflicht an diesen Bescheid gebunden und ist es nicht Absicht des Gesetzgebers gewesen, ein- und diesselbe Bautätigkeit in der Frage der Bewilligungspflicht durch zwei verschiedene Behörden (Baubehörde und Unabhängiger Verwaltungssenat) beurteilen zu lassen.
Da somit die vom Gesetz her geforderten Voraussetzungen zur Durchführung der in § 41 Abs 2 Stmk. BauG enthaltenen baupolizeilichen Maßnahmen vorliegen, konnte der Unabhängige Verwaltungssenat in diesen von der Baubehörde erster Instanz gesetzten Handlungen keine Rechtswidrigkeit erkennen. Die Beschwerden waren daher abzuweisen.
Gemäß § 79 a AVG haben die im Verfahren nach § 67 c obsiegenden Parteien Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wird eine Beschwerde abgewiesen, dann ist die belangte Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei (§ 79 a Abs 3 AVG). Die Höhe des Aufwandersatzes ist nach der Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl. 855/1995 zu beurteilen, wonach sich für die Berechnung des Aufwandersatzes für den Vorlageaufwand der belangten Behörde als obsiegende Partei, S 565,-- und für den Ersatz für den Schriftsatzaufwand der belangten Behörde als obsiegende Partei S 2.800,-- als Pauschalbetrag ergibt. Da gemäß § 79 a Abs 7 AVG die Vorschriften der §§ 52 bis 54 des Verwaltungsgerichtshofsgesetzes 1985 auch für den Aufwandersatz nach Abs 1 Geltung haben, kam § 53 Abs 1 letzter Satz VwGG zum Tragen, wonach im Falle mehrerer Beschwerdeführer, die einen Verwaltungsakt gemeinsam in einer Beschwerde anfechten, den Aufwandersatz zu gleichen Teilen zu leisten haben. Es war somit auch hinsichtlich der Kosten spruchgemäß zu entscheiden.