TE UVS Steiermark 1996/02/07 30.3-82/95

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Veröffentlicht am 07.02.1996
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Erich Kundegraber über die Berufung des Herrn DI R. B., geb. am 17.3.1953, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Leoben vom 3.11.1995, GZ.: St 3824/95, wie folgt entschieden:

Der Berufung wird in Punkt 1.) gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) insoweit

Folge gegeben,

als die Strafe auf S 500,-- (im Uneinbringlichkeitsfall 1 Tag Ersatzfreiheitsstrafe) reduziert wird.

Dadurch vermindert sich der Kostenbeitrag für das Verwaltungsstrafverfahren erster Instanz auf den Betrag von S 50,--; wobei dieser Betrag binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten ist. Hinsichtlich Punkt 2.) wird der Berufung

Folge gegeben,

das Straferkenntnis behoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG zur Einstellung gebracht.

Text

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe -am 14.4.1995

um ca. 12.40 Uhr in L., in der Wohnung im Hause A. Nr. 14, Tür 5,

1.) durch lautstarkes Schreien ungebührlicherweise störenden Lärm erregt (dieser Lärm drang durch die geöffnete Wohnungstüre in das Stiegenhaus) und

2.) dadurch, daß er versuchte, sein Kind Barbara Buxbaum an sich zu ziehen, den öffentlichen Anstand verletzt (sein Kind wurde dabei, da Frau Ursula Buxbaum und Frau Riener ebenfalls versuchten das Kind an sich zu ziehen, verletzt)-

und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach 1.) § 1 zweiter Fall LGBl. 158/75 und 2.) § 1 erster Fall LGBl. 158/75 begangen. Hiefür wurde gemäß § 3 Abs 1 leg. cit. jeweils eine Geldstrafe von S 1.000,-- (im Uneinbringlichkeitsfall 4 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt und gemäß § 64 VStG die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens der Behörde erster Instanz mit S 200,-- vorgeschrieben.

Übertretung in Punkt 1.):

In diesem Punkte wurde die Berufung im Zuge der öffentlichen, mündlichen Verhandlung am 7. Februar 1996 der Höhe nach eingeschränkt und wurde ersucht im Hinblick auf die dargestellte Situation (Scheidungsverfahren) sowie der bisherigen Unbescholtenheit des Berufungswerbers eine Strafmilderung herbeizuführen.

Da somit lediglich die Höhe der verhängten Strafe bekämpft wurde, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen (VwGH 16.9.1971, 1268 u. a./70).

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 1 zweiter Fall LGBl. Nr. 158/1975 begeht eine Verwaltungsübertretung derjenige, der ungebührlicherweise störenden Lärm erregt. Gemäß § 3 Abs 1 leg. cit. ist derjenige von der Bezirksverwaltungsbehörde, in örtlichem Wirkungsbereich einer Bundespolizeibehörde von dieser, mit einer Geldstrafe bis S 3.000,-- oder mit Arrest bis zu 2 Wochen zu bestrafen.

Durch das lautstarke Schreien in einem Mehrparteienhaus während einer Auseinandersetzung mit seiner damaligen Ehefrau hat der Berufungswerber in ungebührlicher Weise störenden Lärm erregt. Durch diesen Lärm wurden auch andere Hausbewohner in ihrer Ruhe gestört. Hiebei ist zu bemerken, daß auch ein heftig geführtes Streitgespräch im Zuge einer Auseinandersetzung keinesfalls ein derartiges Verhalten entschuldigt und wäre es dem Berufungswerber durchaus zumutbar gewesen, die Auseinandersetzung in einem ruhigeren Ton zu führen, um auch eine weitere Eskalation zu vermeiden. Der Berufungswerber hat damit gegen den Schutzzweck des § 1 zweiter Fall LGBl. 158/1975 verstoßen.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG war noch zu prüfen, ob Erschwerungs- und Milderungsgründe vorliegen, bei deren gegenseitiger Abwägung eine Strafmilderung möglich wäre.

Aufgrund der aus dem Akt ersichtlichen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse (Überbrückungshilfe vom Arbeitsamt mit täglich S 386,--, vermögenslos, Sorgepflicht für ein Kind im Alter von 8 Jahren) als auch der bisherigen Unbescholtenheit des Berufungswerbers und des abgelegten Geständnisses konnte eine Reduzierung der Strafe vorgenommen werden.

Übertretung in Punkt 2.):

Dem Berufungswerber wurde in diesem Punkt vorgeworfen, daß er -sein Kind Barbara Buxbaum an sich zu ziehen versuchte- und dadurch den öffentlichen Anstand verletzt habe. Hiebei wird grundsätzlich bemerkt, daß das Ansichziehen eines Kindes in der im Spruch angeführten Weise, noch keine Verletzung des öffentlichen Anstandes hervorruft und das Verhalten des Berufungswerbers in diesem Punkte, um den Tatbestand der öffentlichen Anstandsverletzung zu erfüllen, näher zu umschreiben gewesen wäre. Daß bei diesem Vorgang

das Kind verletzt wurde, ist für die Umschreibung des Tatbestandes im Sinne des § 44 a Z 1 VStG nicht relevant, sondern müßte das -Ansichziehen- eines Kindes in der Art und Weise geschehen und auch umschrieben sein, daß es das Anstandsgefühl eines durchschnittlich empfindenden Menschen stört. Es war daher auch nicht mehr weiter einzugehen, ob in concreto eine Sukzessivöffentlichkeit bei der Anstandsverletzung in der Wohnung des Berufungswerbers vorlag.

Dem Berufungsantrag, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren zur Einstellung zu bringen, konnte daher in diesem Punkte mangels Vorliegen einer Verwaltungsübertretung stattgegeben werden.

Schlagworte
Anstandsverletzung Tatbestandsmerkmal Auseinandersetzung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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