TE UVS Niederösterreich 1996/02/26 Senat-MD-95-562

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.02.1996
beobachten
merken
Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis behoben.

 

Gemäß §45 Abs1 Z2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG wird die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

Text

Mit dem Straferkenntnis vom 28.3.1995, Zl 3-*****-93, erkannte die Bezirkshauptmannschaft xx den Rechtsmittelwerber als Vorstandsmitglied und damit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Firma M Warenhandels AG mit dem Sitz in **** W* N****** einer Übertretung der §§37 Abs1 iVm §4 Abs2 Z2 MSchG für schuldig und verhängte gemäß §37 Abs1 MSchG hiezu eine Geldstrafe in der Höhe von S 3.000,-- und eine Ersatzfreiheitsstrafe für den Fall der Uneinbringlichkeit in der Dauer von 3 Tagen.

 

Gemäß §64 Abs2 VStG setzt die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz den Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von S 300,-- fest.

 

Dagegen erhob der Beschuldigte fristgerecht Berufung. Als Berufungsgrund wendet der Rechtsmittelwerber verfassungsrechtliche Bedenken gegen §9 Abs3 Arbeitsinspektionsgesetz - ArbIG ein und rügt im wesentlichen, daß gemäß §23 Abs2 ArbIG als leitender Angestellter tatgegenständlicher Filiale Herr C S, Marktmanager, zum verantwortlichen Beauftragten gemäß §9 VStG rechtswirksam bestellt worden sei und dieser Bestellung auch zugestimmt habe.

 

Abschließend beantragt der Rechtsmittelwerber das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verfahren einzustellen, hilfsweise die gegen den Beschuldigten verhängte Strafe herabzusetzen.

 

Das Arbeitsinspektorat für den x Aufsichtsbezirk verweist in einer Stellungnahme vom 24.5.1995 im wesentlichen auf die Ausführungen in der Anzeige und beantragt im Sinne des gestellten Strafantrages abzuschließen.

 

Über Aufforderung des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land NÖ legt das Arbeitsinspektorat für den x Aufsichtsbezirk die Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten gemäß §9 VStG vom 1.1.1993 des Marktmanagers, C S, und dessen Zustimmungserklärung für die Filiale *** der M Handels AG in **** B****, M******** **, sowie die Bestellung des A W zum verantwortlichen Beauftragten gemäß §9 VStG vom 1.1.1993 und dessen Zustimmungserklärung für den Rayon **, der M, Warenhandels-AG, Abteilung Feinkost, der ua die Filiale in **** B****, M******** **, angehört, vor.

Laut Eingangsstampilie des Arbeitsinspektorrates für den y Aufsichtsbezirk ist erstere dort am 5.4.1993 zu

Zl ****/**-*/93 eingelangt und zweitere am 19.5.1993 zu Zl ****/**-*/93. Beim zuständigen Arbeitsinspektorat (AI für den x Aufsichtsbezirk) sind die Bestellungen gemäß §9 VStG laut Mitteilung der Anzeigerin am 1.6.1993 eingelangt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat dazu erwogen:

 

Gemäß §22 Abs1 ArbIG wird die Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten gemäß §9 Abs2 und 3 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl Nr 52 idgjgF für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften und für die Einhaltung dieses Bundesgesetzes erst rechtswirksam, nachdem beim zuständigen Arbeitsinspektorat eine schriftliche Mitteilung über die Bestellung samt einem Nachweis der Zustimmung des/der Bestellten eingelangt ist.

 

 

Gemäß §23 Abs2 ArbIG können Arbeitnehmer/innen für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften und für die Einhaltung dieses Bundesgesetzes zum verantwortlichen Beauftragten gemäß §9 Abs2 und 3 VStG rechtswirksam nur bestellt werden, wenn sie leitende Angestellte sind, denen maßgebliche Führungsaufgaben selbstverantwortlich übertragen sind.

 

Aufgrund der amtsbekannten Hierarchie des Unternehmens im Einklang mit dem Berufungsvorbringen gehört der Marktmanager und der Rayonsleiter bzw Filialinspektor der dritten Führungsebene an und sind jenen laut Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten gemäß §9 VStG unter anderem die Einhaltung von Dienstnehmerschutzbestimmungen, so auch des Arbeitszeitgesetzes unter Einhaltung der Auflagen der Betriebsanlagen Genehmigungsbescheide laut herrschender Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes rechtswirksam übertragen worden.

 

Im ArbIG geht es darum, daß Arbeitnehmer, die zum verantwortlich Beauftragten bestellt werden und damit dem Arbeitgeber die diesbezügliche Verantwortung abnehmen, im Sinne der grundsätzlichen Regelung des §9 Abs4 VStG auch eine entsprechende Anordnungsbefugnis haben sollen, die es ihnen ermöglicht, Verstöße zu verhindern, für die sie verantwortlich gemacht werden können. Dies wird im Hinblick auf die Bestellung eines verantwortlich Beauftragten für einen bestimmten räumlich oder sachlich abgegrenzten Bereich des Unternehmens ein Arbeitnehmer sein, der für diesen Bereich eine spezifische Leitungsfunktion ausübt. Hiefür ist es nicht erforderlich, daß ihm der Einfluß auf die Unternehmensführung zukommt. Den Gesetzesmaterialien ist es bei aller aufgezeigter Unklarheit doch zu entnehmen, daß es dem Gesetzgeber im vorliegenden Zusammenhang in erster Linie auf den Umfang der innerbetrieblichen Befugnisse ankommt. Keinesfalls kann dem §23 Abs2 ArbIG ein Inhalt unterstellt werden, der im Ergebnis dazu führt, daß Arbeitnehmer praktisch niemals zu verantwortlich Beauftragten bestellt werden können, weil unter dem Begriff des leitenden Angestellten nur das Management des Unternehmens zu verstehen ist (VwGH vom 7.4.1995, 94/02/0470).

 

Aufgrund der Struktur des Unternehmens liegt es im Wesen der Funktion eines Marktmanagers bzw Rayonsleiters am Ort des Geschehens für die Einhaltung bestimmter rechtlicher Gebote und Verbote durch entsprechende Anweisungen im Zuge seiner Kontrollen zu sorgen.

 

Die der Beanstandung zugrundeliegende gravide Arbeitnehmerin A W gehörte zur Tatzeit als Backshopverkäuferin der Feinkostabteilung an, sodaß davon auszugehen ist, daß der namhaft gemachte Rayonsleiter für die Abteilung Feinkost seiner Funktion entsprechend in der Lage gewesen wäre, für die Einhaltung jener Vorschriften des MSchG zu sorgen, deren Verletzung dem Rechtsmittelwerber mittels angefochtenem Bescheid zur Last gelegt wurde.

 

Dafür zu sorgen, daß gravide Arbeitnehmerinnen entsprechend den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen des MSchG beschäftigt werden, ist eine geradezu typische Angelegenheit, die sinnvollerweise in den Verantwortungsbereich eines leitenden Dienstnehmers übertragen werden kann, insbesondere da dieser in einem örtlichen Naheverhältnis zu dem Betroffenen Arbeitnehmerinnen steht.

 

Im übrigen besteht hinsichtlich des zeitlichen Wirkungsbereiches vorgenannter Bestellung für die im Spruch genannten Tatzeiträume zwischen 16.6.1993 und 2.7.1993 im Zusammenhalt mit §23 Abs1 ArbIG kein Zweifel. Laut Eingangsstampilie des Arbeitsinspektorrates für den y Aufsichtsbezirk ist die vorgenannte Bestellungsurkunde dort am 19.5.1993 eingelangt und wurde diese an das zuständige Arbeitsinspektorat für den x Aufsichtsbezirk weitergeleitet, wo diese laut Mitteilung der zuständigen Arbeitsinspektorin am 1.6.1993 einlangte.

 

Sohin sind sämtliche erforderliche Kriterien des §23 Abs1 und 2 ArbIG für eine rechtsgültige Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten zur Tatzeit gemäß §9 Abs2 und 3 VStG erfüllt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

 

Angesichts obiger Ausführungen ist ein Eingehen auf das materiell rechtliche Vorbringen sowie die geäußerten verfahrensrechtlichen Bedenken entbehrlich, zumal aus vorgenannten Gründen das Straferkenntnis zu beheben war.

 

Gemäß §51e Abs1 zweiter Fall VStG konnte von der Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten