TE UVS Steiermark 1996/02/27 30.16-109/95

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Veröffentlicht am 27.02.1996
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Karl-Heinz Liebenwein, über die Berufung des Herrn W. Z., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 12.9.1995, GZ.:

15.1-1994/15011, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 27.2.1996, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird die Berufung mit der Maßgabe abgewiesen, als der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses im Sinne des § 44 a Z 2 VStG dahin ergänzt wird, als die verletzte Verwaltungsvorschrift lautet: "§§ 74 Abs 1 iVm 7 Abs 1 lit c, 9 Abs 1 lit a und 8 lit f LMG 1975".

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens einen Betrag von S 160,-- binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu bezahlen. Bezüglich der Vorschreibung der Untersuchungskosten gemäß § 45 Abs 2 LMG wird jedoch der Berufung insoweit Folge gegeben, als der dem Berufungswerber im Sinne des § 64 Abs 3 VStG auferlegte Betrag mit S 375,-- festgesetzt wird.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe es als gemäß § 9 VStG Verantwortlicher der Firma N. Handels-GesmbH. zu verantworten, daß, wie anläßlich einer lebensmittelpolizeilichen Revision am 17.6.1994 im Lager der genannten Firma in G., P.-straße Nr. 41 festgestellt, "zarte Heringfilets in fruchtiger Tomatencreme mit Tomatenstücken" der Firma F. mit einer verbotenen gesundheitsbezogenen Angabe ("gesunde Ernährung mit gutem Geschmack") in Verkehr gebracht wurde, wodurch er eine Verwaltungsübertretung nach § 8 lit f LMG 1975 begangen habe. Auf der Rechtsgrundlage des § 74 Abs 1 LMG wurde daher über den Berufungswerber eine Geldstrafe in der Höhe von S 800,-- (im Falle deren Uneinbringlichkeit 36 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Neben der Vorschreibung von Verfahrenskosten im Sinne des § 64 Abs 1 VStG wurden dem Berufungswerber gemäß § 45 Abs 2 LMG ferner S 1.273,-- an Untersuchungskosten auf Grundlage des § 64 Abs 3 VStG auferlegt. Gegen dieses Straferkenntnis wurde in offener Frist Berufung eingebracht, wobei u. a. ausgeführt wurde, daß der Berufungswerber schon einmal wegen eines Produktes mit gesundheitsbezogenen Angaben derselben Firma verurteilt worden wäre und er nicht nochmals für das gleiche Produkt abgestraft werden könnte. Das Produkt habe keinerlei Mängel hinsichtlich der Zusammesetzung und dem Inhalt aufgewiesen, es handle sich somit um ein reines Formvergehen. Im übrigen würde das Produkt im gesamten EU-Raum anstandslos vertrieben.

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 27.2.1996 entschieden:

Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung.

Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Die erkennende Behörde nimmt auf Grund des Ergebnisses des durchgeführten Ermittlungsverfahrens als erwiesen an, daß am 17.6.1994 im Lager der Firma N. HandelsgesmbH. in G., P.-straße (der Berufungswerber ist handelsrechtlicher Geschäftsführer und demnach zur Vertretung dieser Firma nach außen berufen) das Produkt der Firma F. "zarte Heringsfilets in fruchtiger Tomatencreme mit Tomatenstücken" in verpackter Form (Dose), somit ein dem Lebensmittelgesetz 1975 unterliegendes Produkt gelagert wurde. Damit ist auch ein Inverkehrbringen im Sinne des § 1 Abs 2 leg. cit. gegeben. Auf der Verpackung des angeführten Lebensmittels befand sich der Hinweis "gesunde Ernährung mit gutem Geschmack". Diese Feststellungen stützen sich auf die Anzeige des Magistrates Graz vom 21.10.1994 in Verbindung mit dem amtlichen Untersuchungszeugnis vom 25.8.1994 der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Graz, wonach durch die bereits erwähnte gesundheitsbezogene Angabe gegen das Verbot des Inverkehrbringens von Lebensmitteln verstoßen wurde, da das genannte Lebensmittel somit als falsch bezeichnet zu beurteilen ist. Nach § 8 lit f LMG 1975 sind Lebensmittel, Verzehrprodukte und Zusatzstoffe u. a. dann falsch bezeichnet, wenn sie mit verbotenen gesundheitsbezogenen Angaben (§ 9) in Verkehr gebracht werden. Im Sinne des § 9 Abs 1 lit a LMG ist es u. a. verboten, sich beim Inverkehrbringen von Lebensmitteln auf die Verhinderung, Linderung oder Heilung von Krankheiten oder Krankheitssymptomen, auf physiologische oder pharmakologische, insbesonders jungerhaltende, schlankmachende oder gesunderhaltende Wirkungen zu beziehen oder den Eindruck einer solchen Wirkung zu erwecken. Wer entgegen dem Verbot des § 7 Abs 1 lit c LMG Lebensmittel, Verzehrprodukte und Zusatzstoffe in Verkehr bringt, die falsch bezeichnet sind, begeht eine Verwaltungsübertretung gemäß § 74 Abs 1 LMG und ist mit einer Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen. Im konkreten Fall ist daher gestützt auf das unbedenkliche Gutachten der B. in G. zweifelsfrei davon auszugehen, daß es sich bei der Aufschrift "gesunde Ernährung mit gutem Geschmack" um eine verbotene gesundheitsbezogene Angabe handelt, weshalb die dem Berufungswerber angelastete Verwaltungsübertretung eindeutig als erwiesen gilt. Dem Berufungsvorbringen kommt keine Relevanz zu, da die diesem Verfahren vorangegangene Übertretung des Berufungswerbers offensichtlich zwar auch ein Produkt der Firma F. betraf, jedoch unbestritten ein anderes Lebensmittel (Pasteten) und darüberhinaus Gegenstand dieses Verwaltungsstrafverfahrens das Inverkehrbringen eines falsch bezeichneten Lebensmittels am 17.6.1994 ist. Unerheblich ist ferner auch die Rechtfertigung des Berufungswerbers, wonach die gleichen Produkte im gesamten EU-Raum anstandslos vertrieben würden, da für die erkennende Behörde das zur Tatzeit geltende innerstaatliche Recht anzuwenden ist. Hinzuweisen ist schließlich darauf, daß nach ständiger Rechtsprechung (siehe VwGH 29.6.1981, 3417/78, VwSlg 10502/A) bei Prüfung der Frage, ob eine gesundheitsbezogene Angabe im Sinne des § 9 Abs 1 LMG vorliegt, die Verkehrsauffassung, also der Eindruck, der sich beim flüchtigen Lesen für einen nicht unbeträchtlichen Teil der Interessenten ergibt, von Bedeutung ist, wobei auch auf den Gesamteindruck der Mitteilung Bedacht zu nehmen ist. Gerade die Verwendung der Bezeichnung "...... gesunde Ernährung ......"

erscheint durchaus geeignet, gerade bei flüchtigem Lesen bei einem nicht unbeträchtlichen Teil der Kaufinteressenten den Eindruck zu erwecken, daß es sich gerade beim verfahrensgegenständlichen Produkt um ein besonderes - bezogen auf die Gesundheit - Lebensmittel handelt, wodurch auch ein allenfalls wettbewerbsverzerrendes Element gegenüber anderen ähnlichen Produkten gegeben ist. Hinsichtlich der Strafbemessungsgründe gemäß § 19 Abs 1 und 2 VStG wird festgestellt, daß der Berufungswerber zumindest grobfahrlässig gegenüber den Schutzinteressen der übertretenen Norm, nämlich den Konsumenten vor Vortäuschungen jeglicher Art, so insbesonders auch vor Erzeugung des Eindrucks physiologischer Wirkungen bei Lebensmitteln zu schützen, verstoßen hat.

Da der Berufungswerber es trotz ordnungsgemäß ausgewiesener Ladung unterlassen hat, zur öffentlichen mündlichen Verhandlung zu erscheinen, wurde das Strafverfahren unter Hinweis auf § 51 f Abs 2 VStG in seiner Abwesenheit durchgeführt und daher in Ermangelung entsprechender Angaben ein monatliches Nettoeinkommen von S 12.000,-- des Berufungswerbers angenommen.

Auch unter Berücksichtigung dieser Aspekte erscheint die seitens der Erstinstanz verhängte Geldstrafe in der Höhe von S 800,-- bei einem Strafrahmen von bis zu S 50.000,-- ohnedies im unteren Bereich gelegen und durchaus auch in dieser Höhe gerechtfertigt und schuldangemessen, wobei als mildernd nichts, als erschwerend zumindest eine einschlägige Vorstrafe gewertet wurde. Somit sprechen auch spezialpräventive Gründe, der Berufungswerber möge von der Begehung gleichartiger Übertretungen abgehalten werden, für die verhängte Geldstrafe.

Die Ergänzung des Spruchs betreffend die verletzte Verwaltungsvorschrift war deshalb geboten, da zwar unter wörtlicher Wiedergabe der Bestimmungen der §§ 9 Abs 1 lit a bzw. 7 Abs 1 lit c LMG 1975 bei den Ausführungen zu der als erwiesen angenommenen Tat (§ 44 a Z 1 VStG), jedoch bei der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift lediglich § 8 lit f LMG 1975 wiedergegeben wurde, der lediglich aussagt, was generell unter "falscher Bezeichnung" eines Lebensmittels zu verstehen ist. Die Richtigstellung, respektive Ergänzung der verletzten Verwaltungsvorschrift durch die Berufungsbehörde war auch nach Ablauf der einjährigen Verfolgungsverjährungsfrist für derartige Verwaltungsübertretungen möglich, da dem Berufungswerber während des gesamten Verfahrens kein anderer Sachverhalt zur Last gelegt wurde (vgl. VwGH 22.5.1985, 85/03/0081). Der Verwaltungsgerichtshof hat aber auch zur Frage der Änderung der Strafsanktionsnorm ausgesprochen, daß hinsichtlich einer rechtlichen Qualifikation keine Verfolgungsverjährung eintreten kann (VwGH 23.3.1984, 83/02/0159).

Zum Ausspruch bezüglich der Untersuchungskosten, die der Berufungswerber im Sinne des § 45 Abs 2 LMG an die B. in G. zu entrichten hat, ist eingangs grundsätzlich festzuhalten, daß diesem nur jene Barauslagen (Untersuchungskosten) vorzuschreiben sind, die mit seiner Bestrafung in einem kausalen Zusammenhang stehen. Nach Lage der Verfahrensakten hat die B. in G., die zur Untersuchung der ihr zugekommenen Lebensmittelproben im Rahmen ihres Wirkungskreises verpflichtet ist (§ 43 LMG) die verfahrensgegenständlichen Proben untersucht und begutachtet. Als relevant für das Verwaltungsstrafverfahren wurde "lediglich" festgestellt, daß bei der untersuchten Probe, die eine gesundheitsbezogene Angabe trägt, ein Verstoß gegen das Verbot des Inverkehrbringens gemäß § 7 Abs 1 lit c LMG 1975 vorliegt. Die B. in G. hat - unwidersprochen übernommen seitens der belangten Behörde - S 1.273,-- an Untersuchungskosten in Rechnung gestellt. Enthalten in diesem Betrag sind auch S 675,--, die mit Schreiben vom 28.12.1994 der genannten Untersuchungsanstalt für die Abgabe einer Stellungnahme im Ermittlungsverfahren  beansprucht wurden. Dieser Betrag war nicht zuzusprechen, da dem Beschuldigten im Strafverfahren nach dem zweiten Satz des § 45 Abs 2 LMG nur der Ersatz der Untersuchungskosten, nicht aber für eine Stellungnahme vorzuschreiben sind (vgl. VwGH 16.2.1982, ZfVB 1982/3/863 u. a., sowie Kommentar zu § 45 LMG Barfuß - Smolka - Onder, Lebensmittelrecht, Manz Verlag Wien, 2. Auflage).

Hinsichtlich des Betrags von S 598,-- an Untersuchungskosten hat die B. in G. mit Schreiben vom 23.11.1995 der erkennenden Behörde mitgeteilt, daß sich dieser Betrag aus S 287,50 für eine allgemeine Beschreibung und S 310,50 für die Beurteilung der Kennzeichnung zusammensetzt. Dazu ist zunächst auf den Gebührentarif BGBl. Nr. 437/1977 i.d.g.F. zu verweisen, der als Grundlage für die Berechnung der Untersuchungskosten heranzuziehen ist. Unter Berücksichtigung der einschlägigen Judikatur, wonach im Falle eines Schuldspruchs auch nur jene Kosten zuzusprechen sind, welche für eine derartige Beurteilung erforderlich sind (vgl. VwGH 29.3.1995, 92/10/0463) ergibt sich aus der Sicht der erkennenden Behörde somit, daß dem Berufungswerber daher auch nur jener Aufwand respektive dessen Kosten in Rechnung zu stellen sind, die unbedingt erforderlich waren, um die Feststellungen treffen zu können, daß ein untersuchtes Produkt letztendlich als falsch bezeichnet qualifiziert wurde.

Gemäß Gebührentarif A (allgemeiner Teil) leg. cit. sind daher für eine einfache Begutachtung 15 Punkte, sowie für eine Beschreibung von Proben (Beschaffenheit) inklusive allgemeiner Verwaltungsaufwand bei verpackten Waren (1. Packung) ebenfalls 15 Punkte zulässig, wobei ein Punkt zufolge BGBl. Nr. 477 1994 mit a S 12,50 bewertet wird. Demnach ergibt sich somit ein Betrag für die Untersuchungskosten in der Höhe von insgesamt S 375,-- (30 Punkte a S 12,50), die der B. in G. auch zuzusprechen sind. Eine Legitimation zur Vorschreibung eines Mehraufwandes in der Höhe von S 223,-- (Differenz der zugesprochenen S 375,-- auf die beantragten S 598,--) konnte nicht festgestellt werden bzw. konnte auf Grund der obigen Ausführungen bezogen auf den Schuldspruch keine Notwendigkeit erkannt werden, für allenfalls durchgeführte weitere Untersuchungen, die mit dem Schuldspruch in keinem Kausalzusammenhang stehen, zusätzliche Kosten zuzusprechen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Untersuchungskosten Lebensmitteluntersuchung Falschbezeichnung Barauslagen
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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