Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr 51, keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid in seinen angefochtenen Punkten vollinhaltlich bestätigt.
Der Berufungswerber hat gemäß §64 Abs1 und 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - VStG, BGBl Nr 52, S 1.000,-- als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens binnen 2 Wochen zu zahlen.
Innerhalb gleicher Frist sind der Strafbetrag und die Kosten des Verfahrens erster Instanz zu bezahlen (§59 Abs2 AVG).
Das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx vom 18. Oktober 1995, Zahl 3-****-95, hat folgenden Spruch:
"Sie haben als Fahrzeuglenker folgende Verwaltungsübertretung begangen:
Zeit: 6.8.1995 - 18,10 Uhr
Ort: Ortsgebiet von L*****
LH *, H********* von der Ortsmitte kommend bis zum Haus U***** H********** 1 und weiter in Richtung B*********
Fahrzeug: PKW **-*****
Tatbeschreibung:
Das Fahrzeug bei einem Verkehrsunfall nicht sofort angehalten, obwohl das Verhalten am Unfallsort mit dem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stand.
Nicht die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall mit Sachschaden ohne unnötigen Aufschub verständigt, obwohl das Verhalten am Unfallsort mit dem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stand und ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift nicht erfolgte.
Das Fahrzeug gelenkt, obwohl Sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden haben. (Ergebnis der Atemluftuntersuchung am GP L***** am 6. August 1995 um 18,38 Uhr - 0,84 mg/l).
Dadurch übertretene Verwaltungsvorschriften, verhängte Strafen und entstandene Verfahrenskosten:
1.
Übertretung gemäß §99 Abs2 lita, §4 Abs1 lita StVO 1960
Geldstrafe gemäß §99 Abs2 lita StVO 1960
S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden)
2.
Übertretung gemäß §99 Abs3 litb, §4 Abs5 StVO 1960
Geldstrafe gemäß §99 Abs3 litb StVO 1960
S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden)
3.
Übertretung gemäß §99 Abs1 lita, §5 Abs1 StVO 1960
Geldstrafe gemäß §99 Abs1 lita StVO 1960
S 8.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 168 Stunden)"
Die vom ausgewiesenen Vertreter des Rechtsmittelwerbers fristgerecht erhobene Berufung ficht dieses Straferkenntnis in seinen Punkten 1 und 2, mit welchem dem Beschuldigten der Vorwurf gemäß §4 Abs1 lita und §4 Abs5 StVO unterbreitet wird an; ebenso die verhängten Strafen von S 3.000,-- sowie S 2.000,-- der Höhe nach.
Konkret wird ausgeführt, die Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses weiche insoferne von der Realität ab, als unrichtigerweise die Stellungnahme des Beschuldigten vom 29. September 1995 wie folgt zitiert werde:
"... festgestellt, daß der vorliegende Sachverhalt richtig ist, und der Beschuldigte seine Schuld eingesteht."
Die abgegebene Stellungnahme sei aber richtigerweise mit den Worten:
"Der vorliegende Sachverhalt steht fest." erfolgt. Diese beiden Sätze wichen inhaltlich doch extrem voneinander ab. Es stehe nämlich fest, daß der Beschuldigte einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursachte. Fest stehe auch, daß der Beschuldigte im Sinne des §4 Abs1 lita StVO sofort angehalten habe, weil ein Weiterfahren wegen der die Weiterfahrt behindernden Hausmauer nicht möglich war; weshalb der Strafvorwurf ins Leere gehe. Darüberhinaus dürfe der Sachverhalt wie folgt in Erinnerung gerufen werden:
Der Beschuldigte habe den ihm vorgeworfenen Sachverhalt verursacht und sich daraufhin in sein Wohnhaus in S********, B********* 4 begeben, von wo aus er versuchte, die örtliche Gendarmeriedienststelle vom Sachverhalt in Kenntnis zu setzen. Als dies aus nicht nachvollziehbaren Gründen ad hoc nicht gelang, habe er seinen Bekannten gebeten, ihn zum Gendarmerieposten L***** zu chauffieren. Auf dem Wege dorthin, etwa gegen 18,30 Uhr sei er auf das vom Abt Insp M gelenkte Dienstfahrzeug gestoßen, habe anhalten lassen und sich gestellt. Unter Berücksichtigung dieser ungeheuer geringen Zeitspanne vom schädigenden Ereignis um 18,10 Uhr bis zur Stellung um 18,30 Uhr, könne nicht davon gesprochen werden, daß der Beschuldigte nicht ohne unnötigen Aufschub gehandelt habe. Auf die zahllosen Entscheidungen, welche die Formulierung "ohne unnötigen Aufschub" dahingehend interpretieren, daß die verstrichene Zeitspanne immer nach der Lage des Einzelfalles zu beurteilen ist (VwGH 26.6.1974, ZVR 1975/54) werde hingewiesen. Die in zahlreichen Entscheidungen angeführten Zeitspannen wären jeweils jenseits einer Stunde gelegen, sodaß bei einer verstrichenen Zeitspanne von nur 20 Minuten tatäschlich nicht mehr davon gesprochen werden könne, daß die Meldung "mit unnötigem Aufschub" erstattet wurde. Die Gesetzesstelle des §4 Abs1 lita StVO könne wohl nur in der Form verstanden werden, daß es sich um eine Kollission handle, die von zwei (oder mindestens einem) in Bewegung befindlichen Fahrzeug stattfinde. Eine Bestrafung wegen Verstoßes gegen diese Gesetzesstelle könne sohin aus denkunmöglichen Gründen nicht erfolgen, weil der Unfallgegner im vorliegenden Fall ein Wohnhaus war, welches weder gelenkt wurde noch in Bewegung war und der Beschuldigte sein Fahrzeug ohnehin zum Stehen brachte.
Aus diesen Gründen werde beantragt, die Berufungsbehörde möge das Straferkenntnis in den beiden angefochtenen Punkten beheben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich ersatzlos zur Einstellung bringen, bzw in eventu im Hinblick auf das im vorliegenden Verfahren abgelegte Tatsachengeständnis (nicht jedoch hinsichtlich der Schuld) die Strafe schuldangemessen auf das geringstmögliche Ausmaß herabzusetzen.
Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat hiezu erwogen:
Vorweg ist anzumerken, daß das Straferkenntnis in seinem Punkt 3 (Übertretung gemäß §99 Abs1 lita iVm §5 Abs1 StVO) der von der Berufung nicht berührt ist, bereits in Rechtskraft erwachsen ist.
Gemäß §4 Abs1 StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten.
Gemäß §4 Abs5 StVO haben die im Abs1 genannten Personen die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.
Der Darstellung der Tat in der Anzeige, die vom Berufungswerber in seinem Schriftsatz vom 29. September 1995 eingestanden wurde, ist zu entnehmen, daß er im Ortsgebiet von L***** vom H********* in die B********* einbog, hiebei von der Fahrbahn abkam, über den Gehsteig fuhr und gegen die Seitenmauer eines Hauses prallte, wobei er die Fassade dieses Wohnhauses beschädigte. Ohne sich mit dem Geschädigten ins Einvernehmen zu setzen, fuhr er mit seinem Fahrzeug anschließend daran weiter. Dazu bringt der Berufungswerber vor, dieses Verhalten könne nicht den Tatbestand des §4 Abs1 lita StVO erfüllen, weil er sofort nach der Kollission angehalten habe, zumal ein Weiterfahren wegen der die Weiterfahrt behindernden Hausmauern nicht möglich war. Ebenso, daß die Gesetzesstelle des §4 Abs1 lita nur in der Form verstanden werden könne, daß es sich um eine Kollission handle, die von zwei (oder mindestens einem) in Bewegung befindlichen Fahrzeug stattfinde. Weshalb eine Bestrafung wegen eines Verstoßes gegen diese Gesetzesstelle sohin aus denkunmöglichen Gründen nicht erfolgen könne, weil der Unfallgegner eben im vorliegenden Fall ein Wohnhaus war, welches weder gelenkt werden könne noch in Bewegung war und der Beschuldigte sein Fahrzeug ohnehin zum Stehen brachte.
Diese Ansicht ist nach Auffassung der entscheidenden Behörde verfehlt, zumal ein Verkehrsunfall nicht nur dann vorliegt, wenn zwei in Bewegung befindliche Fahrzeuge kollidieren, sondern auch dann, wenn zB ein geparktes Fahrzeug, ein Baum, ein Gartenzaun, oder wie in diesem Fall ein neben der Straße befindliches Haus beschädigt wird. Ausgehend von der erkennbaren Ursächlichkeit des Berufungswerbers für den Verkehrsunfall hätte er eben der nach §4 Abs1 lita bestehenden Anhaltepflicht an der Unfallstelle nachkommen müssen. Dieser Anhaltepflicht kommt der Lenker eines Fahrzeuges nicht schon dadurch nach, daß er zB sein Fahrzeug kurzfristig an der Unfallstelle zum Stillstand bringt, im übrigen aber anschließend daran die Unfallstelle wieder verläßt, ebensowenig kommt der Unfallenker seiner Anhaltepflicht nach, wenn wie vorliegendenfalls, das Fahrzeug infolge des Anpralls an die Hausmauer zwangsläufig zum Stillstand kommt und er anschließend daran mit dem verunfallten Fahrzeug die Fahrt wieder fortsetzt. Hier ist anzumerken, daß das "Anhalten" im Sinne des §2 Abs1 Z26 StVO nicht dem "Anhalten" im Sinne des §4 Abs1 lita StVO gleichzuhalten ist. Aus der Bestimmung des §4 Abs1 lita StVO ergibt sich darüberhinaus auch die Verpflichtung, sich nach dem Anhalten am Unfallort vom Ausmaß des Verkehrsunfalles zu überzeugen, welcher Verpflichtung der Berufungswerber ebenfalls nicht nachgekommen ist.
Nach §4 Abs5 StVO trifft den Unfallenker eine Meldepflicht nach Eintritt eines Sachschadens (objektives Tatbestandsmerkmal) bei Wissen vom Eintritt eines derartigen Schadens (subjektives Tatbestandsmerkmal) der Verwaltungsgerichtshof vertritt hier in seiner ständigen Rechtsprechung (vgl zB VWGH am 3.10.1990, Zl 90/02/0094, 0095) die Rechtsansicht, daß die Auslegung des Begriffes "ohne unnötigen Aufschub" im Sinne des §4 Abs5 StVO nach strengen Gesichtspunkten zu erfolgen hat. Die Meldung hätte somit nach Durchführung der am Unfallort notwendigen, durch das Gebot der Verkehrssicherheit erforderlich erscheinenden Maßnahmen, bzw nach dem vergeblichen Versuch der Beteiligten, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachzuweisen, zu erfolgen gehabt. Der Berufungswerber ist nun erwiesenermaßen mit seinem Fahrzeug von der Unfallstelle weggefahren, nach eigenen Vorbringen zu seinem Haus, von wo aus er versuchte, die Gendarmerie telefonisch vom Verkehrsunfall zu verständigen, welcher Versuch aus unbestimmten Gründen erfolglos blieb, weshalb ihn ein Bekannter, zumal das Unfallauto nun nicht mehr fahrbereit war, auf den Gendarmerieposten bringen wollte und dieser Bekannte das Fahrzeug vor einem entgegenkommenden Streifenwagen der Gendarmerie anhielt. Selbst ausgehend von diesem Vorbringen des Berufungswerbers kann keine Rede davon sein, daß er rechtzeitig im Sinne der zitierten Gesetzesstelle eine Meldung habe erstatten wollen, zumal die Erstattung der Meldung bereits damit unnötigerweise aufgeschoben worden ist, weil den Berufungswerber noch am Unfallort die Verpflichtung getroffen hätte, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle zu verständigen, weshalb der behauptete Versuch der Verständigung etwa 20 Minuten nach dem Unfall mit dem vorherigen Umweg zum Wohnhaus des Berufungswerbers eben nicht als Meldung "ohne unnötigen Aufschub" angesehen werden kann.
Der Zweck der vom Berufungswerber übertretenen Vorschriften besteht darin, ohne besonderen Aufwand unmittelbar nach dessen Eintritt das Ausmaß eines Verkehrsunfalles festzustellen, sowie ebenfalls die Identität der am Unfall Beteiligten für spätere Schadensregulierungen festzuhalten. Aufgrund der Zuwiderhandlung gegen die durch die Gesetzesbestimmungen geschützten Interessen kann der Tatunwert nicht als gering erachtet werden, weshalb die von der Erstbehörde verhängten Geldstrafen dem Verschulden des Bestraften bei der Deliktssetzung durchaus angemessen erscheinen und mit den verhängten Geldstrafen auch die vorhandenen Milderungsgründe der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit sowie des abgelegten Tatsachengeständnisses entsprechend berücksichtigt werden. Von den durchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen, von welchen die Erstbehörde bei der Strafverhängung ausging, erscheint die Höhe der verhängten Strafen ebenfalls angemessen.
Gemäß §51e Abs2 VStG konnte die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen verhandlung unterbleiben.
Es war deshalb spruchgemäß zu entscheiden.