Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Mag Schwächter über die Berufung des Herrn Nikolaus H, vertreten durch Rechtsanwaltskanzlei, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 23. Bezirk, vom 14.2.1995, Zl MBA 23-S 2192/94, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung vom 1.12.1995 und 29.1.1996, entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß die Wortfolge "als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung der L GmbH nach außen Berufener im Sinne des § 9 Abs 1 VStG" durch die Wortfolge "als gewerberechtlicher Geschäftsführer der
L GmbH" ersetzt wird und die verletzte Rechtsvorschrift "§ 366 Abs 1 Z 1 GewO 1973 idF der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl Nr 29/1993" lautet.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG wird dem Berufungswerber daher ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind S 200,--, auferlegt.
Begründung:
Das angefochtene Straferkenntnis enthält folgende Tatanlastung:
"Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung der "L GmbH" nach außen Berufener im Sinne des § 9 Abs 1 VStG zu verantworten, daß diese Gesellschaft mit dem Sitz in Wien, O-Straße, am 7. Oktober 1993, in der weiteren Betriebsstätte in Wien,
G-straße, das Gastgewerbe in der Betriebsart eines Buffets, ausgeübt hat (zur Gewerbeausübung wurden gegenüber der Kühlvitrinen der Feinkostabteilung in einer Entfernung von ca 2 m Stehpulte zur Verabreichung von Speisen, bzw zum Ausschank von Getränken errichtet.
Die Zubereitung der Speisen erfolgte in der eigens in der Feinkostabteilung installierten Küche) ohne im Besitz einer entsprechenden Gewerbeberechtigung gewesen zu sein
Zum Zeitpunkt der Revision wurden folgende Speisen und Getränke mittels Anschlages angeboten:
Seelachs gratiniert m Käse und Schinken überbacken S 49,--
gebackener Seelachs mit Salat ........... S 39,--
Wiener Schnitzel vom Schwein mit Salat ........... S 49,--
gebackener Leberkäse mit Salat ........... S 35,--
Sekt/Orange ........... S 16,--
Cola, Orangensaft pro 0,25 Liter ........... S 12,--"
Dadurch habe der Berufungswerber § 366 Abs 1 Z 1 GewO 1973 verletzt, weswegen über ihm gemäß § 366 Abs 1 Einleitungssatz GewO 1973 eine Geldstrafe von S 1.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit ein Tag Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt und ihm ein Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von S 100,-- auferlegt wurde.
Dagegen richtet sich die vorliegende Berufung, in der der Berufungswerber vorbringt, daß gemäß § 159 Abs 1 Z 5 GewO 1994 jedenfalls der Ausschank von nicht alkoholischen kalten Getränken erlaubt sei und kein strafbarer Tatbestand vorliege. Die Behörde sei auch nicht auf das von ihm vorgelegte Schreiben der Kammer der gewerblichen Wirtschaft eingegangen, in welchem ausgeführt sei, daß sich die in der Filiale dargebotenen Speisen sehr wohl als Speisen einfacher Art, wie sie in der Gewerbeordnung vorgesehen seien, darstellten. Zum Tatzeitpunkt seien die Speisen von Frau Annemarie V zubereitet worden, die seit der Öffnung der Filiale im November 1992 in der Feinkostabteilung der gegenständlichen Filiale gearbeitet habe
und seit September 1993 auch Feinkostleiterstellvertreterin gewesen sei. Die in der Feinkostabteilung beschäftigten Angestellten haben neben ihrer Verkaufstätigkeit die Speisen zubereitet und an die Kunden verabreicht. Die Behörde habe den wesentlichen Punkt des Straferkenntnisses, nämlich zu begründen, weshalb es sich hierbei nicht um einfache Speisen im Sinne der Gewerbeordnung handle, negiert, indem sie eine Begründung in diesem Punkt verweigert habe. Sie hätte sich jedenfalls mit dem Schreiben der Kammer der gewerblichen Wirtschaft auseinanderzusetzen und die beantragten Zeugeneinvernahmen durchzuführen gehabt.
Der vorliegenden Berufung war aus folgenden Gründen keine Folge zu geben:
Gemäß § 165 Abs 1 GewO 1973 (idF der GewerberechtsNov 1992) stehen den Gewerbetreibenden, die den Kleinhandel mit Lebensmitteln ausüben,
im Rahmen ihrer Gewerbeausübung auch folgende Rechte zu:
1. das Zubereiten von Fleisch, Fleischwaren, Fisch und Geflügel in einfacher Art, von Salaten, Brotaufstrichen und belegten Brötchen;
2. die Verabreichung der in Z 1 genannten Speisen mit den üblichen kalten Beigaben, wie Essiggemüse, Mayonnaise, Senf, Kren, Brot und Gebäck, in einfacher Art in den dem Verkauf gewidmeten Räumen;
3. der Verkauf von warmen oder angerichteten kalten Speisen im Umfang
der Z 1 und 2;
4.
die Zubereitung von Frucht- und Gemüsesäften;
5.
der Ausschank von Milch, Milchmischgetränken, nicht alkoholischen kalten Getränken und Flaschenbier in den dem Verkauf gewidmeten Räumen;
6. die Verabreichung von vorverpackt angeliefertem Speiseeis in den dem Verkauf gewidmeten Räumen.
Gemäß Abs 2 dieser Bestimmung muß bei Ausübung der Rechte gemäß Abs 1
der Charakter des Betriebes als Lebensmittelhandelsbetrieb gewahrt bleiben; es dürfen hiefür keine zusätzlichen Hilfskräfte verwendet werden.
Gemäß § 366 Abs 1 Z 1 GewO 1973 (idF der GewerberechtsNov 1992) begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.
Am 1.12.1995 und 29.1.1996 fand vor dem Unabhängigen
Verwaltungssenat
Wien eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, in der Herr Gerhard H, Organ der Magistratsabteilung 59 - Marktamtsabteilung für den 23. Bezirk, Herr Kurt F, Bezirksverkaufsleiter, und Frau Annemarie V, ehem Feinkostleiterstellvertreterin, als Zeugen einvernommen wurden.
Der Zeuge Gerhard H gab über Vorhalt seiner Anzeige vom 13.10.1993 folgendes an:
"Vor der Feinkostabteilung waren ca 3 Stehpulte für je zwei Verabreichungsplätze aufgestellt. Gegenüber diesen Tischen stand eine
langgezogene Vitrine, die dann in die Käseabteilung und Wurstabteilung überging. Hinter einem Teil der Vitrine, in einer Nische, war ein Herd, eine Friteuse und eine Spüle für die Herstellung der Speisen aufgestellt. Auf den Tischen waren Karten mit
der Tageskarte aufgestellt, wo die in der Anzeige angeführten Speisen
und Getränke aufgelistet waren. Wenn in meiner Anzeige angeführt ist,
daß die Herstellung der Speisen durch einen gelernten Koch erfolgt sei, so war das so, daß in dieser Kochnische ein in Kochkleidung gekleideter Herr, der sich auch mir gegenüber als Koch ausgegeben hat, dort hantiert hat. Den Namen dieses Herrn habe ich mir allerdings nicht aufgeschrieben, da ich alleine aufgrund des Anbietens von Sekt/Orange davon ausgegangen bin, daß bereits dadurch ein Gastgewerbe ausgeübt wird. Bei einer solchen Erhebung ist üblicherweise auch der Filialleiter anwesend. Meiner Erinnerung nach waren zum Erhebungszeitpunkt lediglich Gäste, die Getränke konsumierten, anwesend und kann ich daher nicht sagen, ob dieser Koch
auch die Bestellungen entgegen genommen hat oder ob dies durch ein weiteres Verkaufspersonal vorgenommen worden ist. Wenn ich in meinem Schreiben vom 9.1.1995 Herrn K und Herrn L als Küchenleiter angegeben
habe, so habe ich diese Angaben aufgrund einer telefonische Anfrage in der Zentrale der L GmbH erhalten.
Über Befragen des BwV: Meiner Erinnerung nach war zum Erhebungszeitpunkt zwar der Herd, nicht aber die Friteuse in Betrieb.
Ich nehme an, daß dieser Koch keine langwierigen Vorbereitungsarbeiten durchgeführt und auch keine fertigen Warenvorräte hergestellt hat, sondern vielmehr auf Bedarf direkt zubereitet hat."
Der Zeuge Kurt F gab an:
"Zum Erhebungszeitpunkt am 7.10.1993 war ich Bezirksverkaufsleiter für die gegenständliche Filiale. Ich war dies seit Eröffnung dieser Filiale im November 1992. Für das Arbeitsprogramm, welches für diese Filiale vorgesehen ist, sind mindestens 6 Mitarbeiter für die Feinkostabteilung notwendig. In solchen Feinkostabteilungen gibt es üblicherweise einen Feinkostleiter, einen Stellvertreter und Verkäuferinnen. Bei der Aufnahme des Feinkostleiters und dessen Stellvertreter nehmen wir darauf Bedacht, daß diese eine abgeschlossene Kochausbildung oder von einem artverwandten Beruf haben. Ich kann mich erinnern, daß es in der gegenständlichen
Filiale
Probleme mit dem Feinkostleiter gegeben hat und daß Frau V als dessen
Stellvertreterin auch zeitweise die Abteilung alleine geführt hat. Hinsichtlich des Mitarbeiterstandes am 7.10.1993 müßte es aber in der
Zentrale Unterlagen geben. Wenn laut Aussage des Marktamtsbeamten am Erhebungstag ein Koch in der Feinkostabteilung anwesend gewesen sein soll, der sich als solcher auch deklariert und in dieser Kochnische hantiert habe, so ist das durchaus möglich, da normalerweise der Feinkostleiter gelernter Koch ist und sofern dieser nicht verhindert ist, dieser doch meistens die Kocharbeit ausführt. Zu den Aufgaben des Feinkostleiters gehören einerseits die Bestellungen, die Personaleinteilung, Warenpräsentation, Warenpflege, Qualitätskontrolle, Abschriften erfassen. Ich nehme an, daß jemand, der eine Kochausbildung hat, eher die Kocharbeiten ausführt, doch bleibt es dem jeweiligen Feinkostleiter überlassen, entsprechend den täglichen Erfordernissen die Arbeitseinteilung zu treffen und für diese Kocharbeit auch jemand anderen einzuteilen. Wenn diese Kocharbeit nicht zum Arbeitsprogramm gehören würde, so meine ich, daß
ausgehend vom Umsatz der Feinkostabteilung dieser Filiale, ein- bis eineinhalb Mitarbeiter eingespart werden könnten.
Über Befragen des BwV: Ob für diese Verabreichung von Speisen und Getränken eine Gewerbeberechtigung aufrecht war, habe ich mich nicht gekümmert und kenne ich auch nicht die Hintergründe, warum der Antrag
auf eine Gewerbeberechtigung für das Gastgewebe in der gegenständlichen Filiale wieder zurückgezogen worden ist."
Die Zeugin Annemarie V gab an:
"Ich war etwa 2 Jahre lang in der gegenständlichen Filiale als Feinkoststellvertreterin beschäftigt, und zwar vom Oktober 1992 bis 31.1.1994. Es hat in dieser Zeit mehrere Kontrollen gegeben und kann ich mich daher nicht mehr erinnern, ob ich bei der gegenständlichen Kontrolle am 7.10.1993 anwesend war. Grundsätzlich wurde nur in der Mittagszeit Essen zubereitet und verabreicht. Diverse Getränke wurden
jedoch auf Wunsch der Kunden auch außerhalb der Mittagszeit ausgeschenkt. Bei Eröffnung war die Arbeitseinteilung so, daß eine Verkaufskraft bei der Wurst, eine bei der Käseabteilung und eine weitere bei der Fischabteilung war. Wenn nun ein Kunde zB Schnitzel bestellen wollte, so hat eine von diesen dreien, je nachdem, wer von ihnen Zeit gehabt hat, diese Bestellung entgegengenommen und hat die bereits vorbereiteten, dh bereits fertig panierten Schnitzel einfach in die Friteuse eingelegt. In der Zwischenzeit hat diese dann die weiteren Kunden betreut. Wenn in der Anzeige von einem gelernten Koch
die Rede ist, so handelt es sich dabei sicherlich um den Abteilungsleiter, da sämtliche Abteilungsleiter gelernte Köche waren.
Erst bei Bestellung wurden die diversen Speisen fertiggestellt, was ohnedies nur einige Minuten gedauert hat. Das schmutzige Geschirr wurde von den Gästen großteils auf die Vitrine zurückgestellt und mußte auch die jeweilige Verkäuferin dieses Geschirr in die Küche bringen und bei Gelegenheit in den Geschirrspüler einschlichten. Am Anfang bei Eröffnung der Filiale hatten wir noch mehr Kunden und hatten wir meiner Erinnerung nach an einem sehr guten Tag ca 60-70 Menükunden. Eine Arbeitseinteilung in der Weise, daß eine Verkäuferin
wirklich nur die Kunden für die Wurst bzw für den Käse bzw für die Zubereitung der Menüs bedient hätte, hat es nicht gegeben, sondern war es so, daß jeder alles machen mußte, je nachdem, wer gerade frei war. Anfangs waren wir noch zu sechst, doch waren aufgrund von Krankenständen bzw von Kündigungen und freien Tagen lediglich vier bis fünf anwesend. Obwohl die Kochtätigkeit doch sehr aufwendig ist, kann ich mir nicht vorstellen, daß, hätte es diese Kochtätigkeit in der gegenständlichen Filiale nicht gegeben, Personal eingespart werden hätte können, da wir ohnedies zu wenig Personal gehabt haben und aufgrund dieser hohen Arbeitsbelastung Verkaufspersonal nicht sehr lange geblieben ist.
Über Befragen des BwV: In dieser Feinkostabteilung haben alle Verkaufskräfte die Speisen zubereitet. Grundsätzlich war es so, daß der Koch, das war der Abteilungsleiter, die Kocharbeit verrichten sollte und wir den Koch unterstützen sollten, doch war es auch so, daß der Abteilungsleiter nicht immer anwesend war und wir dann die Kocharbeit selbst machen mußten. Der Abteilungsleiter hat aber nicht nur die Kocharbeit gemacht, sondern hat so wie wir auch im Verkauf gearbeitet. Wenn der Abteilungsleiter jedoch zB krank gewesen ist, haben wir auch die Vorbereitungsarbeiten für die Kocharbeit gemacht, wobei es sich ja um Speisen gehandelt hat, die auch Anfängerinnen ohne großartige Einschulung zubereiten konnten."
Aufgrund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung wird festgestellt, daß am 7.10.1993 in der gegenständlichen Betriebsanlage
der L GmbH die im Spruch angeführten Getränke ausgeschenkt bzw die im
Spruch angeführten Speisen in der Mittagszeit zubereitet und verabreicht wurden, was vom Berufungswerber auch nicht bestritten wird. Vor der langgezogenen Kühlvitrine der Feinkostabteilung waren drei Stehpulte mit je zwei Verabreichungsplätzen aufgestellt. Aufgrund der Angaben des Zeugen H, wonach zum Zeitpunkt der Erhebung in der Kochnische ein in Kochkleidung gekleideter Herr, der sich ihm gegenüber auch als Koch ausgegeben habe, hantiert habe, steht fest, daß die verabreichten Speisen zur Tatzeit ausschließlich von diesem zubereitet wurden. Aufgrund der Angaben des Zeugen Kurt F und der Zeugin Annemarie V ist davon auszugehen, daß es sich dabei um den Abteilungsleiter gehandelt hat, der zwar grundsätzlich die Kocharbeit
verrichtete, zu dessen Aufgaben jedoch ua auch die Abwicklung der Bestellungen, die Warenpräsentation, die Warenpflege, die Qualitätskontrolle und das Verfassen von Abschriften gehörten und der
darüberhinaus auch im Verkauf der Feinkostabteilung mitgearbeitet hat. Wenn der Abteilungsleiter nicht anwesend war, so wurde die Kocharbeit samt Vorbereitungsarbeiten von den übrigen Angestellten der Feinkostabteilung neben ihrer Verkaufstätigkeit verrichtet. In diesem Fall wurden die Bestellungen der Getränke und Speisen von jener Verkaufskraft entgegengenommen, die gerade "frei" war. Diese hat dann auch die jeweilige, schon vorbereitete Speise fertig zubereitet. Das schmutzige Geschirr wurde großteils von den Gästen auf die Vitrine zurückgestellt und von den Verkaufskräften bei Gelegenheit in den Geschirrspüler eingeschlichtet. Diese Festellungen
gründen sich im wesentlichen auf die Aussagen der Zeugen H, F und V, die einen glaubwürdigen und zuverlässigen persönlichen Eindruck machten und deren Angaben auch in keinem Widerspruch zueinander stehen.
Aufgrund dieser Feststellungen ist davon auszugehen, daß die L GmbH aufgrund des ihr gemäß § 165 GewO 1973 zustehenden Nebenrechtes berechtigt war, die angebotenen Speisen und Getränke, jedoch mit Ausnahme von Sekt/Orange, zu verabreichen bzw auszuschenken, da es sich nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien bei den
im vorliegenden Fall angebotenen Speisen im Hinblick auf die zur Zubereitung erforderlichen Arbeitsschritte unzweifelhaft um "Speisen einfacher Art" im Sinne des § 165 Abs 1 leg cit (nunmehr § 159 GewO 1994) handelt, durch die Aufstellung von drei Stehpulten mit je zwei Verabreichungsplätzen vor der langgezogenen Kühlvitrine der Feinkostabteilung der Charakter des Betriebes als Lebensmittelhandelsbetrieb gewahrt geblieben ist und zur Ausübung dieses Nebenrechtes auch keine zusätzlichen Hilfskräfte verwendet wurden. Auch wenn - wie im vorliegenden Fall laut Einschätzung des Zeugen Kurt F, wonach für den Fall, daß diese Kocharbeit nicht zum Arbeitsprogramm gehören würde, ausgehend vom Umsatz dieser Feinkostabteilung, ein- bis eineinhalb Mitarbeiter eingespart werden könnten - aufgrund der durch die Ausübung des Nebenrechtes gemäß § 165 leg cit bedingten Mehrarbeit zusätzliche Verkaufskräfte verwendet
werden, so liegt eine diesbezügliche Überschreitung dieses Nebenrechtes und damit eine unbefugte Gastgewerbeausübung nur dann vor, wenn zusätzliche Hilfskräfte, wie zB Servierpersonal oder eine eigene Küchenhilfe, die ausschließlich mit der Zubereitung und Verabreichung von Speisen betraut sind, verwendet werden, nicht aber,
wenn Verkaufspersonal neben seiner hauptsächlichen Verwendung im Verkauf auch im Rahmen der Ausübung des Nebenrechtes herangezogen wird und dabei mitwirkt.
Im vorliegenden Fall hat die L GmbH jedoch durch den Ausschank von Sekt/Orange den Rahmen des ihr gemäß § 165 leg cit zustehenden Nebenrechtes überschritten und dadurch das Gastgewerbe in der Betriebsart eines Buffets - wenn auch nur in einem Detailbereich - ausgeübt, ohne dazu berechtigt zu sein, sodaß daher von der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes der dem Berufungswerber zur Last gelegten Verwaltungsübertretung auszugehen war. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, daß die im 2.Satz des Spruches wiedergegebene Auflistung der mittels Anschlags angebotenen Speisen und Getränke in Verbindung mit der im 1. Satz des Spruches enthaltenen Tatanlastung nicht als Umschreibung hinsichtlich der Verwirklichung des Tatbestandes der unbefugten Gewerbeausübung durch Anbieten im Sinne des § 1 Abs 4 zweiter Satz GewO 1973 zu qualifizieren ist, sondern lediglich der Gesamtdarstellung der in der
gegenständlichen Betriebsanlage ausgeübten gastgewerblichen Tätigkeiten, durch die eine Beurteilung einer Überschreitung des der L GmbH zustehenden Nebenrechtes gemäß § 165 leg cit erst ermöglicht wird, dient.
Bei einer Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs 1 Z 1 GewO 1994 handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt, weil zum Tatbestand weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört und die Verwaltungsvorschrift über das zur Strafbarkeit erforderliche Verschulden nichts bestimmt (vgl VwGH 27.3.1990, 89/04/0226). In einem solchen Fall ist gemäß § 5 Abs 1 VStG Fahrlässigkeit anzunehmen, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Das bedeutet, daß der Beschuldigte initiativ alles darzulegen hat, was für seine Entlastung spricht, was in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismittel bzw die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen hat.
Insofern der Berufungswerber auf das Schreiben der Kammer der gewerblichen Wirtschaft hinsichtlich der Verkaufsrechte im Lebensmitteleinzelhandel verweist und damit einen Schuldausschließungsgrund im Sinne des § 5 Abs 2 VStG geltend macht, ist festzuhalten, daß nach § 5 Abs 2 VStG das Vorliegen eines Rechtsirrtums, bei welchem der Täter über die rechtliche Seite der Tat irrt und deshalb das Unrecht seines Verhaltens nicht erkennt, nur
dann entschuldigt, wenn dieser erwiesenermaßen unverschuldet ist. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt jedoch selbst guter Glaube den angeführten Schuldausschließungsgrund dann nicht her, wenn es Sache der Partei ist, sich mit den einschlägigen Vorschriften vertraut zu machen und im Zweifel bei der Behörde anzufragen (vgl VwGH 16.12.1986, 86/04/0133). Wer ein Gewerbe betreibt, hat sich vor der Ausübung über die das Gewerbe betreffenden
Vorschriften zu unterrichten (vgl VwGH 28.4.1992, 91/04/0323). Die Kammer der gewerblichen Wirtschaft weist in ihrem Schreiben nach Wiedergabe des Wortlautes des § 165 Gewerbeordnung 1973 (idF der GewerberechtsNov 1992) ua darauf hin, daß zwar Milch, Milchmischgetränke (Frappes), alkoholfreie kalte Getränke (Limonaden, Soda- und Mineralwasser), Flaschen-(Dosen-)Bier (kein offenes Bier!),
Obst- und Gemüsesäfte, nicht aber Spirituosen, Wein und Faßbier ausgeschenkt werden dürfen. Wenn nun trotz Kenntnis des Wortlautes des § 165 GewO 1973 sowie der dazu von der Kammer der gewerblichen Wirtschaft mitgeteilten ergänzenden Hinweise in der Feinkostabteilung
der gegenständlichen Betriebsanlage im Tatzeitpunkt auch Sekt/Orange S 16,-- ausgeschenkt wurde, ist davon auszugehen, daß der Berufungswerber sich der Pflichtwidrigkeit seines Verhaltens doch bei
gehöriger Aufmerksamkeit bewußt sein hätte können und - sollte ein Rechtsirrtum tatsächlich vorgelegen sein - dieser nicht unverschuldet
und daher unbeachtlich sei und dem Berufungswerber nicht im Sinne
des
§ 5 Abs 2 VStG zu entschuldigen vermag.
Wenn - wie im vorliegenden Fall - eine gewerberechtlich nicht gedeckte Tätigkeit im sachlichen Zusammenhang mit einer durch eine vorhandene Gewerbeberechtigung gedeckte Tätigkeit steht, so trifft die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung für die unbefugte Tätigkeit den gewerberechtlichen Geschäftsführer (vgl VwGH 21.3.1995,
94/04/0249). Da der Berufungswerber zum Tatzeitpunkt laut Auskunft des Zentralgewerberegisters auch gewerberechtlicher Geschäftsführer der L GmbH war, war ihm die vorliegende Verwaltungsübertretung aufgrund des sachlichen Zusammenhanges in seiner Eigenschaft als gewerberechtlicher Geschäftsführer zuzurechnen. Die diesbezügliche Änderung im Spruch diente somit lediglich der Richtigstellung der Organfunktion des Berufungswerbers.
Zur Strafbemessung:
Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von
Geldstrafen zu berücksichtigen.
Jede unbefugte Ausübung eines Gewerbes, dh jede Ausübung eines solchen, ohne im Besitz der hierfür erforderlichen Gewerbeberechtigung zu sein, schädigt in nicht unerheblichem Maße das
öffentliche Interesse am Ausschluß nicht berechtigter Personen, dessen Durchsetzung die Strafdrohung dient. Da die L GmbH das gegenständliche Gastgewerbe jedoch nur in einem Detailbereich, nämlich durch Ausschank von Sekt/Orange, unbefugt ausgeübt hat, war im vorliegenden Fall der Unrechtsgehalt als gering anzusehen. Daß die Einhaltung der verletzten Rechtsvorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe, oder daß die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden
können, ist weder hervorgekommen noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen, sodaß das Verschulden des Berufungswerbers nicht als geringfügig angesehen werden kann.
Bei der Strafbemessung waren keine Umstände als erschwerend zu werten; Milderungsgründe sind keine hervorgekommen. Mangels Angaben des Berufungswerbers mußten die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse geschätzt werden und war zumindest von durchschnittlichen Einkommensverhältnissen auszugehen. Sorgepflichten konnten mangels eines Anhaltspunktes nicht zugunsten des Berufungswerbers berücksichtigt werden.
Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und den bis S 50.000,-- reichenden gesetzlichen Strafrahmen erscheint die verhängte
Geldstrafe in der Höhe von S 1.000,-- durchaus angemessen und keineswegs zu hoch, zumal dem Berufungswerber auch der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nicht mehr zugute kommt und die Strafe von der Erstbehörde ohnedies im Hinblick auf den Unrechtsgehalt der Tat im untersten Bereich des Strafrahmens festgesetzt wurde.
Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens
stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs 1 und 2 VStG.