Gemäß §66 Abs4 AVG iVm den §§24, 51 Abs1 und 51e Abs2 VStG wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Gemäß §64 Abs1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 % der verhängten Strafen, das sind jeweils S 1.400,--, zu bezahlen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber folgendes vorgeworfen.
"Der Beschuldigte, J F, hat in den Monaten September 1993 bis April 1994
1. eine Entwässerung (Entwässerungsfläche ca. 15.000 m2)
und
2. eine Geländekorrektur (Geländekorrekturfläche ca. 18.000 m2)
auf der Gp., KG O, in einem Feuchtgebiet im Sinne der Begriffsbestimmung des Tiroler Naturschutzgesetzes, LGBl29/1991 idgF, ohne dem Vorliegen der hiefür gemäß §9 litg und h Tiroler Naturschutzgesetz 1991 notwendigen Bewilligung durchgeführt.
Der Beschuldigte hat dadurch
1. eine Verwaltungsübertretung nach §43 Abs1 lita iVm §9 lith Tiroler Naturschutzgesetz LGBl29/1991 idgF
2. eine Verwaltungsübertretung nach §43 Abs1 lita iVm §9 litg Tiroler Naturschutzgesetz 1991
begangen."
Nach §43 Abs1 letzter Satz wurden über den Berufungswerber zu 1) und 2) jeweils Geldstrafen in der Höhe von S 7.000,-- unter gleichzeitiger Festsetzung von Ersatzfreiheitsstrafen und Verfahrenskosten verhängt.
Dagegen wurde innerhalb offener Frist Berufung erhoben. Der Berufungswerber führt in der Begründung aus, daß er kulturtechnische Maßnahmen (Entwässerungen, Geländekorrektur) durchgeführt habe, um die Bewirtschaftungsverhältnisse zu erleichtern bzw. zu verbessern. Die gegenständlichen Maßnahmen seien im Frühjahr bzw. Frühsommer 1995 naturschutzrechtlich genehmigt worden.
Bei den gegenständlichen landwirtschaftlichen Nutzflächen handelt es sich um mehrmähdige Wiesen, die auch in der Vergangenheit ortsüblich gedüngt und bewirtschaftet worden wären. Aufgrund der immer schwerer werdenden wirtschaftlichen Verhältnisse in der Landwirtschaft, sei man als Bauer gezwungen, die betriebs- und arbeitswirtschaftlichen Reserven auszunützen. Dies sei der Beweggrund für die durchgeführten Maßnahmen gewesen. Durch die bisherige ordnungsgemäße Nutzung sei nicht zu erkennen gewesen, daß es sich um Feuchtflächen handle. Die entsprechenden Kriterien für ein Feuchtgebiet hätten nicht zugetroffen. Auch sei das Gutachten des Amtssachverständigen für Naturkunde widersprüchlich. Einerseits werde festgestellt, daß es sich bei den Flächen um Feuchtflächen nach dem Tiroler Naturschutzgesetz handle, andererseits werde angeführt, daß es sich um keinen sehr erhaltenswerten Pflanzenbestand gehandelt habe. Es sei der Artenreichtum der Pflanzen- und Tierwelt sowie der Naturhaushalt in vertretbarem Ausmaß beeinträchtigt worden.
In der Entscheidungsfindung sei die Feststellung des Vertreters der Bezirkslandwirtschaftskammer Kitzbühel nicht berücksichtigt und sei auch kein landwirtschaftliches Sachgutachten eingeholt worden. Ein landwirtschaftliches Gutachten hätte eindeutig die Notwendigkeit der kulturtechnischen Maßnahmen zur Existenzsicherung des bestehenden landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetriebes "B" ergeben.
Die Vorgangsweise sei weder Absicht noch Willkür gewesen. Es seien die notwendigen betriebs- und arbeitswirtschaftlichen Verbesserungen im Vordergrund gestanden. Auch seien keine Kriterien in Richtung Feuchtflächen im Sinne des Tiroler Naturschutzgesetzes erkennbar gewesen.
Durch den EU-Beitritt sei die wirtschaftliche und finanzielle Leistungkraft in der Landwirtschaft drastisch gesunken. Aufgrund umfangreicher baulicher, betriebs- und arbeitswirtschaftlicher Investitionen seien auch noch Rückzahlungsverpflichtungen gegeben.
Mit Schreiben vom 23.11.1995 wurde der naturkundefachliche Sachverständige der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel unter Berücksichtigung der Einwendungen des Berufungswerbers um Ergänzung seines Gutachtens gebeten.
Dem wurde mit einer Stellungnahme vom 30.1.1996 entsprochen. Dabei wurde folgendes ausgeführt:
"Zu den Einwendungen des Berufungswerbers wird wie folgt Stellung genommen:
1) Ein Feuchtgebiet im Sinn der Begriffsbestimmung des TNSchG 1991 ist vor der Durchführung der mit Schreiben vom 15.9.1994, Zahl 3- 3600/4, beantragten Maßnahmen (Entwässerung, Geländekorrektur) aus folgenden Gründen vorhanden gewesen:
Im Entwurf des Biotopinventars (Begehung durch Mag. Silberberger vom 11.9.1992) wird die ggstl. Fläche als Naßwiese mit starken Beeinträchtigungen durch Düngung und Entwässerung beschrieben. Aus dem beschriebenen Pflanzenbestand, den zum Zeitpunkt der Begehung von Mag. Silberberger frischen und tiefen Entwässerungsgräben und den zum Verhandlungszeitpunkt (23.5.1995) vorgefundenen Pflanzen und Torfbodenresten geht eindeutig hervor, daß es sich um einen vom Wasser geprägten Lebensraum also ein Feuchtgebiet, gehandelt, hat.
2) Hinsichtlich der Tatsache, daß auf der Gp., KG O, ein Feuchtgebiet vorhanden gewesen ist, besteht kein Widerspruch zwischen Befund und Gutachten. Im Befund wurde der technische Bericht des Einreichprojekts wörtlich zitiert. "Diese Fläche war nach meiner Auffassung kein Feuchtgebiet...", ist somit die Meinung des Antragstellers. Im Befund wird diese Meinung jedoch schon durch den Auszug aus dem Biotopinventar und das Ergebnis der Begehung widerlegt. Das Vorkommen von nässeanzeigenden Pflanzen sowie von Torfboden etwa eineinhalb Jahre nach dem erfolgten Entwässerungs- und Planierungsarbeiten gibt neben den Ergebnissen der Biotopkartierung einen guten begründeten Hinweis, daß vor den ggstl. Maßnahmen eine vom Wasser geprägter Lebensraum vorhanden gewesen ist. Solche landwirtschaftliche genutzten Feuchtgebiete unterscheiden sich von durchschnittlichen Mähwiesen durch den Pflanzenbestand und den schlecht bis gar nicht traktorbefahrbaren Boden wesentlich. Diese Eigenschaften eines landwirtschaftlich genutzten Feuchtgebietes sind dem Bewirtschafter üblicherweise gut bekannt. Da bei besonders nassen Standorten verstärkte Düngung, häufiges Mähen und das Anlegen von offenen Gräben nicht den gewünschten Erfolg (Änderung des Pflanzenbestandes, Erhöhung der Bodenfestigkeit) bringen, werden in solchen Fällen oft die wesentlich aufwendigeren Methoden der Verlegung von geschlossen Drainagesystemen mit Rohren und Drainageschotter sowie Geländekorrekturen (Planierung) gewählt, um eine gut traktorbefahrbare Fläche mit für Fettwiesen typischem Pflanzenbestand zu erhalten.
3) Obwohl ein Feuchtgebiet im Sinn der Begriffsbestimmung des TNSchG 1991 auf Gp. 4468 vorhanden war, wurden der Artenreichtum der Pflanzen- und Tierwelt sowie der Naturhaushalt in vertretbarem Ausmaß beeinträchtigt. Beeinträchtigungen waren also sehr wohl vorhanden, aber nicht in einem solchen Ausmaß, daß eine Interessenabwägung notwendig gewesen wäre. Infolge der intensiven Bewirtschaftung der Fläche wurden seltene und an nährstoffarme Verhältnisse angepaßte Vegetationseinheiten bereits stark zurückgedrängt. Daher die verringerte Erhaltungswürdigkeit aus der Sicht des Naturschutzes.
Aus der Tatsache, daß keine Interessenabwägung nötig ist, kann nicht auf das Fehlen eines Bewilligungstatbestandes geschlossen werden. Bei geringfügigen Beeinträchtigungen der Naturschutzinteressen wird üblicherweise keine Interessenabwägung vorgenommen."
Dieses Gutachten wurde dem Berufungswerber mit der Gelegenheit zur Stellungnahme zur Kenntnis gebracht. Dabei wurde in bezug auf den urgierten Verfahrensmangel, daß kein landwirtschaftliches Sachgutachten eingeholt worden sei mitgeteilt, daß die Behörde nach Maßgabe des §52 Abs1 AVG gehalten ist, Amtssachverständige beizuziehen, was im gegenständlichen Fall auch erfolgt sei.
In seinem Schreiben vom 20.2.1996 führte der Berufungswerber im wesentlichen aus, seine hauptsächlichen Kritikpunkte hätten einerseits das Fehlen eines landwirtschaftlichen Gutachtens und andererseits die Beurteilung der landwirtschaftlichen Nutzflächen als Feuchtflächen nach dem Tiroler Naturschutzgesetz betroffen. Es sei vom Naturkundesachverständigen festgestellt worden, daß es sich bei den Flächen um kein erhaltungswürdiges Feuchtgebiet handelte und somit die durchgeführten kulturtechnischen Maßnahmen (Entwässerung und Geländekorrektur) keine wesentlichen nachteiligen Auswirkungen verursacht hätten.
Es werde nochmals ersucht, neben den angeführten Rechtfertigungen auch die zur Zeit schwierige wirtschaftliche Situation in der Landwirtschaft zu berücksichtigen und das angedrohte Strafausmaß aufzuheben bzw. entsprechend zu reduzieren.
Der unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat über die gegenständliche Berufung wie folgt erwogen:
Seitens des Berufungswerbers wird die objektive Tatseite nicht bestritten.
In bezug auf das Verschulden sei festgehalten, daß auf der Grundlage des ergänzenden Gutachtens des Amtssachverständigen für Naturkunde davon ausgegangen werden muß, daß die für Feuchtgebiete maßgeblichen Eigenschaften dem Bewirtschafter
üblicherweise gut bekannt sind. Dies bedeutet, daß der Berufungswerber, wenn er die entsprechende Sorgfalt aufgewendet hätte, jedenfalls vom Vorliegen eines Feuchtgebietes hätte ausgehen müssen.
Das Gutachten bzw. die ergänzende Stellungnahme erweisen sich als schlüssig. Es war daher die Einholung eines weiteren Gutachtens entbehrlich. Daß die vom Berufungswerber durchgeführten Maßnahmen betriebs- und arbeitswirtschaftliche Vorteile bringen, bzw. erbracht haben, wird seitens der Berufungsbehörde nicht in Zweifel gezogen.
Der Berufungswerber hat damit die ihm angelasteten Übertretungen sowohl in subjektiver als auch in objektiver Weise verwirklicht.
Soweit der Berufungswerber darauf verweist, das die durchgeführten Maßnahmen keine wesentlichen nachteiligen Auswirkungen verursacht hätten, ist festzuhalten, daß dies als Kriterium im Rahmen der Strafzumessung zu berücksichtigen ist. Der naturkundefachliche Sachverständige führte diesbezüglich aus, daß der Artenreichtum der Pflanzen- und Tierwelt sowie der Naturhaushalt in vertretbarem Ausmaß beeinträchtigt worden sei.
Der Unrechtsgehalt der angelasteten Übertretung hält sich daher in Grenzen.
In subjektiver Hinsicht ist von grob fahrlässiger Begehungsweise auszugehen. Diesbezüglich sei auf die Ausführungen des Sachverständigen verwiesen, wonach ausreichend Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Feuchtgebietes vorhanden waren.
Als mildernd war die Unbescholtenheit zu werten, ebenso war die nachträgliche Bewilligung der Maßnahmen zugunsten des Berufungswerbers zu berücksichtigen.
Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Berufungswerbers sind zweifelsfrei als schlecht zu bezeichnen.
Dennoch kommt eine Herabsetzung nicht in Betracht. Dies gründet sich in erster Linie darauf, daß der im gegenständlichen Fall zur Anwendung gelangende Strafrahmen eine Bestrafung bis zu S 250.000,-- vorsieht. Die im gegenständlichen Fall ausgemessenen Strafen erreichen nicht einmal 3 % dieser Strafdrohung. Einer Herabsetzung stand aber auch entgegen, daß die durchgeführten Maßnahmen nicht nur einen kleinen Bereich sondern 15.000 m2 bzw. 18.000 m2 betrafen.
Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.