Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Klaus Stühlinger über die Berufung des Herrn Dr. E.F., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Hartberg vom 4.10.1995, GZ.: 15.1 1994/5244, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, der angefochtene Bescheid behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.
Auf Grundlage des der gemäß § 51 Abs 1 VStG sachlich und örtlich zuständigen Berufungsbehörde vorliegenden Verfahrensaktes der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz in Verbindung mit durch die Berufungsbehörde ergänzend durchgeführten Erhebungen ergibt sich folgender Sachverhalt:
Mit dem im Spruch dieses Bescheides näher
bezeichneten Straferkenntnis vom 4.10.1995 war über Herrn Rechtsanwalt Dr. E.F. als bestelltem Masseverwalter über das Vermögen des Herrn A.P., E., W. 60, Tischlermeister, auf Rechtsgrundlage der §§ 41 Abs 4 und 367 Z 9 GewO 1994 eine Geldstrafe von S 2.000,--, im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag, verhängt worden, da er zumindest seit 16.2.1994 bis 11.8.1994 als Fortbetriebsberechtigter (Masseverwalter) das Fortbetriebsrecht für das gegenständliche Gewerbe ausgeübt haben soll, ohne die gemäß § 41 Abs 4 GewO 1994 erforderliche Bestellung eines Geschäftsführers angezeigt zu haben.
Weder der ausführlichen Begründung dieses Bescheides, noch dem diesem vorangegangenen Verwaltungsstrafverfahren erster Instanz kann entnommen werden, um die Ausübung welchen
Gewerbes es sich hiebei gehandelt haben soll; der einzige, diesbezüglich denkbar erscheinende Zusammenhang könnte sich daraus ergeben, daß jene Person, über deren Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden war, als Tischlermeister bezeichnet worden ist. Weiters ergibt sich aus dem Verwaltungsstrafverfahren erster Instanz, daß der Tatzeitraum laut Strafverfügung vom 6.9.1994 von 25.1.1994 bis zum 6.9.1994 angenommen wurde,
aufgrund des Ladungsbescheides vom 24.10.1994 wurde der Tatzeitraum ab 25.1.1994 bis zu diesem Datum angenommen, laut Aufforderung zur Rechtfertigung vom 15.12.1994 seit 25.1.1994 bis zu diesem Datum sowie laut Straferkenntnis vom 4.10.1995 soll der Tatzeitraum vom 16.2.1994 bis 11.8.1994 angenommen werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Berufung, in welcher der Sachverhalt bestritten und die rechtliche Beurteilung des angefochtenen Straferkenntnisses in Zweifel gezogen sowie der Antrag gestellt wird, in Stattgebung der Berufung das Straferkenntnis aufzuheben.
Die Berufungsbehörde ist bei ihrer Entscheidung von
folgenden Überlegungen ausgegangen:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde,
sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht im Verwaltungsstrafverfahren den Parteien das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung.
Gemäß § 51e Abs 1 VStG ist, wenn die Berufung nicht zurückzuweisen oder nicht bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, eine öffentliche, mündliche Verhandlung anzuberaumen, zu welcher die Parteien und eventuell Sachverständige und Zeugen zu laden sind; die Durchführung einer Berufungsverhandlung war aus folgenden Gründen nicht erforderlich:
Gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen. Gemäß § 31 Abs 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung im Sinne
des § 32 leg cit vorgenommen worden ist; die Verjährungsfrist bei einer Verwaltungsübertretung wie der verfahrensgegenständlichen beträgt sechs Monate, diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat.
Gemäß § 32 VStG ist Beschuldigter die im Verdacht einer Verwaltungsübertretung stehende Person von dem Zeitpunkt der ersten, von der Behörde gegen sie gerichteten Verfolgungshandlung bis zum Abschluß der Strafsache. Verfolgungshandlung ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigter gerichtete Amtshandlung.
Als verjährungsunterbrechende Verfolgungsschritte gelten alle Handlungen der Behörde, die nach Art und Bedeutung die Absicht der Behörde zum Ausdruck bringen, den gegen eine bestimmte Person wegen einer bestimmten Tat bestehenden Verdacht auf eine im Verwaltungsstrafgesetz vorgeschriebene Weise zu prüfen, sohin den behördlichen Verfolgungswillen in Richtung einer bestimmten stafbaren Handlung zu verwirklichen (VwGH 12.5.1989, 87/17/0152). Eine Verfolgungshandlung muß, damit sie den Eintritt der Verfolgungsverjährung ausschließt, wegen eines bestimmten (strafbaren) Sachverhalts erfolgen. Dies erfordert unter anderem, daß sie sich auf alle, die Tat betreffenden Sachverhaltselemente zu beziehen hat.
Eine Verfolgungshandlung unterbricht somit nur dann die Verjährung, wenn sie sich auf alle der Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente bezogen hat (VwGH 19.9.1984, Slg 11525A, vgl. auch VwGH 22.12.1992, Zl. 91/04/0199).
Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat (z. B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was das erstgenannte Erfordernis anlangt, sind entsprechende, das heißt, in Beziehung zur vorgeworfenen Straftat stehende, wörtliche Ausführungen erforderlich.
Gemäß der gesetzlichen Bestimmung des § 366 Abs 1 Z 1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.
Gewerbsmäßigkeit im Sinne des § 1 Abs 2 GewO 1994 liegt dann vor, wenn eine Tätigkeit selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist; hiebei macht es keinen Unterschied, ob der durch die Tätigkeit beabsichtigte Ertrag oder sonstige wirtschaftliche Vorteil im Zusammenhang mit einer in den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fallenden Tätigkeit oder im Zusammenhang mit einer nicht diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeit erzielt werden soll.
Gemäß § 41 Abs 1 Z 4 GewO 1994 steht unter anderem
das Recht, einen Gewerbebetrieb aufgrund der Gewerbeberechtigung einer anderen Person fortzuführen (Fortbetriebsrecht), dem Masseverwalter für Rechnung der Konkursmasse zu. Wenn das Fortbetriebsrecht nicht einer natürlichen Person zusteht, die das Vorliegen der für die Ausübung des betreffenden Gewerbes vorgeschriebenen persönlichen Voraussetzungen nachweist, ist gemäß § 41 Abs 4 leg. cit. ohne unnötigen Aufschub ein Geschäftsführer zu bestellen.
Eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu S 30.000,- zu bestrafen ist, begeht gemäß § 367 Z 9
GewO 1994 - diese gesetzliche Bestimmung wurde dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses zugrundegelegt - wer ein Fortbetriebsrecht für ein Gewerbe ausübt, ohne die gemäß § 41 Abs 4 erforderliche Bestellung eines Geschäftsführers angezeigt zu haben. Der Masseverwalter ist nicht gesetzlicher Vertreter des Gemeinschuldners. Im Grunde des § 41 Abs 1 Z 4 GewO 1994 ist der Masseverwalter (lediglich) berechtigt, das Gewerbe nach dem Stand, in welchem
es sich im Zeitpunkt der Eröffnung des Konkurses befindet (vgl. § 44), fortzuführen und insoweit im eigenen Namen auf Rechnung der Konkursmasse auszuüben (vgl. VwGH 30.3.1993, 91/04/0020).
Die Tätigkeit des im Konkurs über das Vermögen eines Gewerbetreibenden bestellten Masseverwalters unterliegt dann nicht der Gewerbeordnung, wenn die Absicht des Masseverwalters lediglich auf die Liquidierung des Unternehmens gerichtet ist und sein Verhalten keine Tätigkeiten umfaßt, die typischerweise die Ausübung des Gewerberechtes bilden und somit eine solche Ausübung indizieren würden. Trifft also der Masseverwalter nur Maßnahmen, die von ihm zum Zwecke einer
unmittelbaren Verwertung organisiert werden und dem Gesamtbild nach im wesentlichen nur aus einem einzigen Handlungsablauf bestehen, so entspricht seine Liquidationstätigkeit nicht dem Tatbestandsbild der Fortführung des Gewerbebetriebes (VwGH 30.5.1980, Slg. 10149).
Im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens erster Instanz
wurde dem nunmehrigen Berufungswerber nur
vorgeworfen, das Fortbetriebsrecht für ein Gewerbe ausgeübt zu haben, ohne die gemäß § 41 Abs 4 GewO
1994 erforderliche Bestellung eines Geschäftsführers angezeigt zu haben.
Voraussetzung dafür, daß diese Tätigkeiten überhaupt in den Anwendungsbereich des Gewerberechtes fallen bzw. als Ausübung eines bestimmten Gewerbes anzusehen gewesen wäre, wäre, daß diese Tätigkeiten die beschriebenen Merkmale der Gewerbsmäßigkeit
aufwiesen (vgl. VwGH 28.1.1983, 81/04/0037). Es wären daher die Merkmale der Gewerbsmäßigkeit im Tatvorwurf so konkret zu beschreiben gewesen, daß als wesentliche Tatbestandsmerkmale erkannt hätte werden können, um welche gewerblichen Tätigkeiten es sich gehandelt haben soll, das heißt also auch, die unbefugte Ausübung welchen Gewerbes dem nunmehrigen Berufungswerber vorgeworfen würde. Nur im Fall einer diesbezüglich konkreten Tatumschreibung innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist hätte es zu einer, die Verfolgungsverjährung unterbrechenden Verfolgungshandlung kommen können, die wiederum zur Grundlage eines Verwaltungsstrafverfahrens hätte werden können (vgl. VwGH 25.2.1992, 91/04/0277). Es wurde dem nunmehrigen Berufungswerber jedoch im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens weder vorgeworfen, die unbefugte Ausübung welchen
Gewerbes er zu verantworten hätte (vgl. VwGH 27.1.1987, 86/04/0199), noch wodurch diese Tätigkeit zur unbefugten Gewerbeausübung geworden sein soll.
Darüber hinaus findet sich im erstinstanzlichen Verfahren auch kein Hinweis hinsichtlich jenes Verhaltens des Berufungswerbers innerhalb des Tatzeitraumes, aus welchem Merkmale der Gewerbsmäßigkeit erkannt
werden könnten bzw. woraus auf das Vorliegen solcher Merkmale hätte geschlossen werden können (vgl. VwGH 15.9.1992, 92/04/0050).
Da somit von keiner, die Verfolgungsverjährung unterbrechenden Verfolgungshandlung ausgegangen
werden kann, besteht auch für die Berufungsbehörde keine Möglichkeit mehr, diese Verfahrensmängel des Verwaltungsstrafverfahrens erster Instanz eventuell in Vollziehung der Bestimmungen des § 66 Abs 4 AVG
durch ergänzende Erhebungen dahingehend, um die Ausübung welchen Gewerbes es sich gehandelt haben soll, nachzuholen bzw. zu sanieren (vgl. VwGH 26.11.1985, 84/07/0399); da eine diesbezügliche Konkretisierung durch die Berufungsbehörde jedoch aufgrund der unbedenklichen Sachverhaltsannahmen des erstinstanzlichen Verfahrens zu erfolgen hätte, wäre bzw. ist dies nicht dadurch möglich, daß durch den Hinweis darauf, der nunmehrige Berufungswerber wäre Masseverwalter eines Tischlermeisters gewesen, es sich bei der in unbefugter Weise vorgenommenen Gewerbeausübung um die Ausübung des Tischlerhandwerks gehandelt haben sollte; der alleinige Hinweis darauf, daß diese Person Tischlermeister wäre, vermag die konkrete Bezeichnung des ausgeübten Gewerbes nicht zu ersetzen.
Ergänzend zu diesen Überlegungen sei noch festgestellt, daß dem nunmehrigen Berufungswerber insgesamt vier verschiedene Tatzeiträume vorgeworfen worden sind.
Hiebei wurde der Beginn des Tatzeitraumes zunächst mit Mitte April 1994, im angefochtenen Straferkenntnis jedoch erstmals mit 16.2.1994 angenommen, das Ende
des Tatzeitraumes laut Straferkenntnis (11.8.1994) ist wesentlich früher angesetzt, als dies in den vorangegangenen Verfahrensschritten geschehen ist, in welchen der Tatzeitraum bis 6.9.1994 bzw. 24.10.1994 bzw. 15.12.1994 angenommen worden ist.
Die Verwaltungsübertretungen des § 366 Abs 1 Z 1 bzw. 367 Z 9 GewO 1994 sind als fortgesetztes Delikt zu werten (VwGH 17.2.1987, 86/04/0212), es ist bzw. wäre somit erforderlich (gewesen), Anfang und Ende des strafbaren Verhaltens in unzweifelhafter Weise konkretisiert anzuführen (VwGH 27.6.1989, 89/04/0002). Wenn auch bei Vergleich der jeweils vorgeworfenen Tatzeiträume davon ausgegangen werden könnte, der Tatzeitraum Mitte April 1994 bis 11.8.1994 sei in die Verfolgungsverjährung unterbrechender Weise vorgeworfen worden, ändert dies insgesamt dennoch nichts daran, daß aufgrund der dargestellten Sach- und Rechtslage nicht alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen worden sind, weshalb im Sinne der angeführten, gesetzlichen Bestimmungen spruchgemäß zu
entscheiden war.