TE Vwgh Erkenntnis 2001/10/9 2001/05/0118

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Veröffentlicht am 09.10.2001
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Index

L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Oberösterreich;
L81704 Baulärm Umgebungslärm Oberösterreich;
L82004 Bauordnung Oberösterreich;
L82304 Abwasser Kanalisation Oberösterreich;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);

Norm

BauO OÖ 1994 §31 Abs5;
B-VG Art119a Abs5;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):2001/05/0358 Serie (erledigt im gleichen Sinn):2001/05/0119 E 9. Oktober 2001 2001/05/0120 E 9. Oktober 2001 2001/05/0121 E 9. Oktober 2001 2001/05/0357 E 9. Oktober 2001 2001/05/0359 E 9. Oktober 2001 2001/05/0362 E 9. Oktober 2001 2001/05/0363 E 9. Oktober 2001 2001/05/0364 E 9. Oktober 2001 2001/05/0365 E 9. Oktober 2001 2001/05/0366 E 9. Oktober 2001 2001/05/0361 E 9. Oktober 2001 2001/05/0360 E 9. Oktober 2001

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerden

1. der Elisabeth Selig in Ansfelden, vertreten durch Sattlegger, Dorninger, Steiner & Partner, Anwaltsgemeinschaft in Linz, Figulystraße 27 (Beschwerde Zl. 2001/05/0118) und 2. der Stadtgemeinde Ansfelden, vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwalt in Linz, Landstraße 49 (Beschwerde Zl. 2001/05/0358), gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 15. Februar 2001, Zl. BauR-011126/6-2001-Gr/Vi, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Partei in beiden Beschwerdeverfahren: B & S Vermietungsgesellschaft mbH in Haid bei Ansfelden, vertreten durch Dr. Werner Steinacher und Dr. Alfred Hammerer, Rechtsanwälte in Salzburg, Jahnstraße 11), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin im Verfahren Zl. 2001/05/0118 hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.680,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ist zunächst den Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Dezember 2000, V 71-74/00-6, und vom 12. Dezember 2000, B 1462/97-11, u.a. (hier: B 1463/97-11), zu entnehmen. Daraus ist insbesondere Folgendes hervorzuheben:

Auf Grund des Antrages der Beschwerdeführerin im hg. Verfahren Zl. 2001/05/0118 (in der Folge kurz: Bauwerberin) zur Errichtung eines Wohnhauses mit Garage auf einem Grundstück im Gebiet der beschwerdeführenden Stadtgemeinde wurde am 11. Juli 1996 eine mündliche Bauverhandlung durchgeführt, zu der die nunmehrige mitbeteiligte Partei als Eigentümerin eines benachbarten Betriebes nicht geladen wurde. Mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 15. Juli 1996 wurde die Baubewilligung erteilt. Am 18. Dezember 1996 erhob die mitbeteiligte Partei als übergangene Partei gemäß § 33 der Oberösterreichischen Bauordnung 1994 (O.ö. BauO 1994) Berufung, in welcher sie auf § 31 Abs. 5 O.ö. BauO 1994 gestützte Einwendungen vorbrachte. Im Berufungsverfahren wurde festgestellt, dass die bestehenden Wohnhausbauten 72 m bzw. 93 m von der Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei entfernt seien, während das geplante Bauvorhaben in 118 m Entfernung von der Betriebsanlage errichtet werden solle. Mit Berufungsbescheid vom 11. März 1997 bestätigte der Gemeinderat der beschwerdeführenden Gemeinde den erstinstanzlichen Baubewilligungsbescheid und wies die in der Berufung erhobenen Einwendungen als unbegründet ab. Mit Vorstellungsbescheid der belangten Behörde vom 29. April 1997 wurde der dagegen von der nunmehrigen mitbeteiligten Partei (in der Folge kurz: Nachbarin) erhobenen Vorstellung mit der Feststellung keine Folge gegeben, dass sie durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten nicht verletzt werde.

Dagegen erhob die Nachbarin Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.

Auf Grund dieser Beschwerde (und dreier weiterer vergleichbarer Beschwerden der Nachbarin) hob der Verfassungsgerichtshof mit dem genannten Erkenntnis vom 1. Dezember 2000, V 71-74/00-6, den maßgeblichen Flächenwidmungsplan Nr. 3 in einem näher umschriebenen, hier relevanten Umfang als gesetzwidrig auf. Im Hinblick darauf hob der Verfassungsgerichtshof mit dem weiteren genannten Erkenntnis vom 12. Dezember 2000, B 1462/97-11, ua Zlen., ua den Vorstellungsbescheid vom 29. April 1997 auf und führte dabei aus, die belangte Behörde habe (durch Anwendung des als gesetzwidrig aufgehobenen Flächenwidmungsplanes) eine gesetzwidrige Verordnung angewendet. Es sei "nach Lage des Falles offenkundig, dass ihre Anwendung für die Rechtsstellung der beschwerdeführenden Gesellschaft nachteilig" gewesen sei. Die beschwerdeführende Gesellschaft (das ist die Nachbarin) sei daher durch den genannten Vorstellungsbescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt worden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 15. Februar 2001 hat die belangte Behörde der Vorstellung der Nachbarin gegen den Berufungsbescheid vom 11. März 1997 mit der Feststellung Folge gegeben, dass die Nachbarin durch den bekämpften Berufungsbescheid in ihren Rechten verletzt worden sei, den bekämpften Berufungsbescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zurückverwiesen.

Unter Hinweis auf die zuvor genannten Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes und nach Wiedergabe gesetzlicher Bestimmungen heißt es begründend, der Flächenwidmungsplan Nr. 3 sei für das Zustandekommen des bekämpften Berufungsbescheides vom 11. März 1997 von entscheidungswesentlicher Bedeutung gewesen. Dieser Flächenwidmungsplan sei mit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Dezember 2000 im näher bezeichneten Umfang als gesetzwidrig aufgehoben worden. Demnach habe die Berufungsbehörde bei Erlassung des bekämpften Berufungsbescheides eine gesetzwidrige Verordnung angewendet und es sei nach der Lage des Falles offenkundig, dass ihre Anwendung für die vorstellungswerbende Nachbarin nachteilig gewesen sei. Es sei daher davon auszugehen, dass die Nachbarin durch den bekämpften Berufungsbescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt worden sei. Somit sei der Vorstellung Folge zu geben und der bekämpfte Berufungsbescheid zu beheben gewesen.

Angemerkt wurde im angefochtenen Bescheid weiters, dass der Verfassungsgerichtshof in jenem Erkenntnis vom 1. Dezember 2000 von einer anderen Auslegung des § 31 Abs. 5 O.ö. BauO 1994 ausgegangen sei als die belangte Behörde und die Berufungsbehörde im bekämpften Berufungsbescheid. Demnach komme es bei der Prüfung der Frage, ob Einwendungen der Nachbarn gemäß dieser Gesetzesstelle zu berücksichtigen seien, mit welchen Immissionen geltend gemacht würden, die von einer bestehenden baulichen Anlage ausgingen und auf das geplante Bauvorhaben einwirkten, nicht darauf an, ob bereits in geringerer Entfernung zur Betriebsanlage Wohnbauten bestünden. Vielmehr dürfte (Anmerkung: Konjunktiv im Original) in jedem Einzelfall zu prüfen seien, wie sich die Emissionen eines Betriebes auf das geplante Wohnbauvorhaben auswirkten. So wie bei der Errichtung eines neuen Betriebes in räumlicher Nähe zu rechtmäßig bestehenden Wohnbauten die Auswirkungen des geplanten Betriebes auf die bestehenden Wohnbauten für die Frage der Erteilung der Baubewilligung maßgebend seien, so dürfte (Anmerkung: Konjunktiv im Original) auch bei der Errichtung eines neuen Wohnhauses in räumlicher Entfernung zu einem bestehenden Betrieb die durch den Betrieb verursachte Emissionsbelastung für die Frage der Bewilligungsfähigkeit des Wohnhauses maßgebend sein, und zwar unabhängig davon, ob sich bereits Wohnbauten in geringerer Entfernung vom Betrieb befänden. Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes fehle es an einer sachlichen Rechtfertigung für die Annahme, dass eine vom Gesetz verpönte schwer wiegende Beeinträchtigung ausschließlich dann zu unterbinden sei, wenn die Quelle der Emissionen geschaffen werden solle, nicht hingegen in dem bloß durch die zeitliche Abfolge verschiedenen Fall, dass sie bereits bestehe und erst durch die Errichtung von Wohnhäusern ihre beeinträchtigende Wirkung entfalten könne. Weiters dürfte (Konjunktiv) ein "bisher unbebautes Grundstück" (im Original unter Anführungszeichen) im Sinne des § 31 Abs. 5 leg. cit. auch dann vorliegen, wenn auf der bisher unverbauten Grundfläche zusätzlich auf einem auf einem anderen Teil derselben Parzelle ein neues Wohnhaus errichtet werden solle.

Dagegen richtet sich (zunächst) die zur Zl. 2001/05/0118 protokollierte Beschwerde der Bauwerberin.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie die mitbeteiligte Nachbarin, in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Die betroffene Gemeinde ihrerseits erhob zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 20. Juni 2001, Zlen. B 521/01-5, u.a., die Behandlung dieser Beschwerde (und weiterer vergleichbarer Beschwerden) ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. In der über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde (protokolliert zur Zl. 2001/05/0358) wird inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, beide Beschwerdeverfahren wegen des sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden, und hat erwogen:

Gemäß § 87 Abs. 2 VfGG sind die Verwaltungsbehörden, wenn der Verfassungsgerichtshof einer Beschwerde (gemäß Art. 144 B-VG) stattgegeben hat, verpflichtet, in dem betreffenden Fall mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verfassungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

Mit der im ersten Rechtsgang vor der belangten Behörde ergangenen Vorstellungsentscheidung wurde die Vorstellung der Nachbarin als unbegründet abgewiesen. Über Beschwerde der Nachbarin wurde diese Vorstellungsentscheidung mit dem mehrfach genannten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Dezember 2000 aufgehoben. Im Hinblick auf die Bindungswirkung (§ 87 Abs. 2 VfGG) der in diesem Erkenntnis zum Ausdruck gebrachten Rechtsauffassungen hatte die belangte Behörde im fortgesetzten Vorstellungsverfahren von einer Stellung der mitbeteiligten Partei als Nachbarin im gegenständlichen Bauverfahren auszugehen, ebenso von einer rechtserheblichen Bedeutung des Flächenwidmungsplanes im maßgeblichen Bereich sowie auch von der sich aus der Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof für die nunmehrige mitbeteiligte Partei ergebenden Rechtsstellung. Dabei hatte die belangte Behörde als Gemeindeaufsichtsbehörde im fortgesetzten Vorstellungsverfahren (mangels abweichender gesetzlicher Anordnung), von der Aufhebung des Flächenwidmungsplanes im hier maßgeblichen Bereich abgesehen, dem nun angefochtenen Bescheid die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung der Berufungsbehörde zugrundezulegen, daher im Hinblick auf die zeitliche Lagerung des Falles insbesondere nicht die Oberösterreichische Bauordnung in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 70/1998 anzuwenden.

Soweit daher in den vorliegenden Beschwerden (zum Teil der Sache nach) dahin argumentiert wird, die belangte Behörde habe zu Unrecht eine Stellung der mitbeteiligten Partei als Nachbarin bejaht sowie der Aufhebung des Flächenwidmungsplanes für den relevanten Bereich rechtserhebliche Bedeutung für die Rechtsstellung der Nachbarin beigemessen, ist auf die zuvor dargelegte Bindungswirkung des verfassungsgerichtlichen Erkenntnisses zu verweisen.

Auch der Vorwurf, die belangte Behörde wäre ungeachtet der Aufhebung des Flächenwidmungsplanes im maßgeblichen Bereich verhalten gewesen, selbst zu prüfen, ob die Einwendungen der Nachbarin zu einer Versagung der Baubewilligung zu führen gehabt hätten, verfängt nicht. Die belangte Behörde war zwar berechtigt, aber nicht verpflichtet, hiezu ein eigenes Ermittlungsverfahren durchzuführen (vgl. dazu Neuhofer, O.ö. Baurecht 20005, Seite 333f, mwN).

Die Entscheidung der belangten Behörde, den vor ihr bekämpften Berufungsbescheid mit der Konsequenz aufzuheben, dass diese Frage (ob die Baubewilligung angesichts der Einwendungen der Nachbarin zu Recht erteilt wurde oder nicht) von der zuständigen Gemeindebehörde zu prüfen ist, war daher nicht rechtswidrig.

Abschließend ist darauf zu verweisen, dass die Ausführungen der belangten Behörde am Schluss des angefochtenen Bescheides, wie denn die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes zur Frage der "heranrückenden Bebauung" zu verstehen sein dürften, schon aus der Systematik des angefochtenen Bescheides, aber auch wegen der Verwendung des Konjunktivs nicht als tragende Aufhebungsgründe anzusehen sind.

Die Beschwerde Zl. 2001/05/0118 war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG, die Beschwerde Zl. 2001/05/0358 hingegen gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung (im Beschwerdeverfahren Zl. 2001/05/0118) beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Damit erübrigt sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde Zl. 2000/05/0358 aufschiebende Wirkung zu gewähren.

Wien, am 9. Oktober 2001

Schlagworte

Inhalt der Vorstellungsentscheidung Aufgaben und Befugnisse der Vorstellungsbehörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2001050118.X00

Im RIS seit

06.02.2002

Zuletzt aktualisiert am

08.08.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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