TE UVS Tirol 1996/03/20 3/31-2/1995

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Veröffentlicht am 20.03.1996
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Spruch

Gemäß §66 Abs4 AVG iVm §§24 und 51e VStG wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

Gemäß §64 Abs2 VStG hat der Berufungswerber als weitere Kosten als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens 20 % der verhängten Strafe, das ist im gegenständlichen Fall S 3.000,-- zu bezahlen.

Text

Begründung

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft L wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe es als zur Vertretung nach außen berufenes Organ, nämlich als Vorstandsmitglied der A Aktiengesellschaft, zu

verantworten, daß seit zumindestens 17.12.1990 bis 17.03.1994 in L in der Tankstelle in der K-straße auf Grundstück

KG L die mineralölhältigen Abwässer von der Manipulationsfläche, vom Freiwaschplatz und der Servicehalle zur Versickerung gebracht wurden, ohne daß die A AG im Besitz der hiefür erforderlichen wasserrechtlichen Bewilligung sei. Der Berufungswerber habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach §9 Abs1 VStG 1991 iVm §137 Abs3 litg iVm §32 Abs2 litc Wasserrechtsgesetz 1959 begangen und wurde über ihn gemäß §137 Abs3 litg Wasserrechtsgesetz 1959 eine Geldstrafe in Höhe von S 15.000,-- (Ersatzarrest 8 Tage) verhängt. Ferner wurde er zum Kostenersatz des Strafverfahrens verpflichtet.

 

Der vorgenannte Bescheid wurde den Vertretern des Berufungswerbers am 09.06.1995 zugestellt. Innerhalb offener Frist wurde eine Berufung erhoben, in der im wesentlichen ausgeführt wird, daß der Schuldvorwurf deshalb nicht berechtigt sei, da der Vorstand der A Aktiengesellschaft zweiköpfig sei. Innerhalb des Vorstandes der A Aktiengesellschaft bestehe wie er bereits mehrfach vorgebracht habe eine Geschäftsverteilung, welche zufolge der "Einschreiter" ausschließlich für die Bereiche "Finanz- und Rechnungswesen" zuständig sei. Insbesondere die Zuständigkeit für die Einhaltung der gewerbe- und wasserrechtlichen Bestimmungen im Zusammenhang mit dem Tankstellenbau, das der Tankstellenerhaltung falle daher in das Ressort des anderen Vorstandsmitgliedes. Der "Einschreiter" habe zwar zum Beweis dafür sich auf die Einvernahme des Zeugen Ing. L berufen, der einvernommen worden sei, der exakt jedoch nicht zur Frage Stellung genommen habe, welches Vorstandsmitglied der technischen Abteilung vorgesetzt sei. Die Unterlassung dieser entscheidenden Fragestellung habe der "Einschreiter" in seiner Äußerung vom 27.03.1995 ausdrücklich gerügt und auf die Ergänzungsbedürftigkeit aufmerksam gemacht, jedoch habe die Erstbehörde die erforderliche Ergänzung unterlassen. Damit sei das Verfahren so mangelhaft, daß das angefochtene Straferkenntnis entsprechend rechtswidrig mache. Ebenso sei unterlassen worden, den Zeugen Ing. L dahingehend zu befragen, ob die technische Abteilung der A AG für sich einen verantwortlichen Leiter habe, was ebenfalls einen Verfahrensmangel darstelle, der das angefochtene Straferkenntnis rechtswidrig erscheinen lasse. Rechtlich habe die Behörde auch nicht erkannt, daß nicht ausschließlich die Bestimmung des §9, sondern auch die des §5 VStG heranzuziehen sei. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei die rechtliche Konsequenz daraus, daß im heutigen Wirtschaftsleben die notwendigen Arbeitsteilungen es nicht zulasse, daß sich jeder alle Belange und Angelegenheiten selbst persönlich annehme, sondern ihm zugebilligt werden müsse, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen zu überlassen und die eigene Tätigkeit auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Es ergebe sich nun schon aus der Zeugenaussage des Ing. L, daß die A Aktiengesellschaft eine technische Abteilung habe, die für die Einhaltung der gewerbe- und wasserrechtlichen Bestimmungen zuständig sei. Wird nun ein von einem anderen Vorstandsmitglied der A Aktiengesellschaft - was festzustellen gewesen wäre, hätte die Erstbehörde I. Instanz ein hinreichendes Ermittlungsverfahren geführt, - diese Abteilung wirksam kontrolliert, so kann dem Einschreiter keinesfalls ein Verschuldensvorwurf im Sinne des §5 Abs1 VStG gemacht werden. Selbst wenn man der Behörde I. Instanz zubilligen wollte, der bisher besprochenen Fragen zutreffend gelöst zu haben, so bleibe immer noch ein grober Verfahrensmangel, bei der der Einschreiter sich in der Rechtfertigung vom 27.07.1994 ausdrücklich auf die Frage seiner verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit beschränkt habe und sich andererseits für den Fall eines Verfahrens für den materiellen Vorwurf eine Stellungnahme vorbehalten habe. Die Behörde I. Instanz habe nun das Verfahren ausschließlich zur Frage der Zuständigkeit des Einschreiters in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht geführt, zu keinem Zeitpunkt habe es den Einschreiter bzw. den Vertretern einen Hinweis darauf zukommen lassen, daß sie die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit als erwiesen ansehen und daher nunmehr die vorbehaltene Stellungnahme erforderlich wäre. Es sei dadurch dem Einschreiter sein Recht auf Gehör entzogen worden. Dies mache ebenfalls das angefochtene Straferkenntnis rechtswidrig, wobei der Antrag gestellt werde, der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verfahren einzustellen.

 

Der unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat erwogen wie folgt:

 

Gemäß §51e Abs2 VStG konnte eine mündliche Verhandlung entfallen, weil sich die Berufung nur auf eine unrichtige rechtliche Beurteilung stützt. Unter Heranziehung des Schriftsatzes vom 27.07.1994 (letzter Absatz) ergibt sich, daß der Berufungswerber zur Sache selbst keine Angaben machen konnte, da er von den diesbezüglichen Umständen keine Kenntnis hat. Daher ist auch ausgeschlossen, daß ein wirksames Kontrollsystem aufgebaut worden ist.

 

Aus dem vorgelegten Akt ergibt sich, daß laut Aktenvermerk vom 17.12.1990 die mineralölhältigen Abwässer aus der Waschanlage und aus dem Betankungsbereich über je einen Mineralölabscheider in einem Sickerschacht bei der A Tankstelle auf Grundstück in L versickern, anstatt daß diese mineralölhältigen Abwässer nach Reinigung in einem Mineralölabscheider mit Restölabscheider in die Kanalisation der Stadtgemeinde L abgeleitet wurde. Die A AG wurde auf diesen Umstand bereits hingewiesen. Die Firma A wurde auch im Jahre 1991 an diesen Mißstand mehrmals erinnert. Trotz dieser Erinnerungen hat sich nichts geändert und wurde sogar vom Amt der Tiroler Landesregierung wegen dieser Mißstände am 08.02.1994 eine Verhandlung an Ort und Stelle durchgeführt und erging in weiterer Folge ein Bescheid an die A AG mit dem Auftrag, das bewilligungslose Versickern der Tankstellenabwässer aus dem Betankungsbereich und der Waschanlage durch dauerhaften Verschluß der Einleitungsrohre in die Sickerschächte bis zum 30.04.1994 zu unterlassen. Gegen diesen Bescheid wurde seitens der A eine als "Einspruch" bezeichnete Berufung erhoben, in der auch Bereitschaft erklärt wird, die Verpflichtung zum Anschluß an die Kanalnetzanlage nachzukommen, es wird darauf verwiesen, daß trotz mehrfacher Bemühungen, man keinen Konsens mit den Nachbarn finden konnte, über dessen Grund der Kanalstrang zu führen sei. Man sei aber trotzdem bemüht, den Bescheid in gesetzter Frist nachzukommen. Mit Schreiben vom 21.04.1994 wurde die A AG aufgefordert, den strafrechtlichen Verantwortlichen für die Tankstelle auf Grundstück KGL hinsichtlich der wasserrechtlichen Vorschriften bekanntzugeben, was jedoch nicht erfolgt ist. Daraufhin wurde ein Auszug aus dem Firmenbuch eingeholt und erging am 19.07.1994 an den Beschuldigten die Aufforderung zur Rechtfertigung, wobei ihm der im Spruch angeführte Sachverhalt des Straferkenntnisses vom 29.05.1995 vorgehalten wurde. Von Seiten des Vertreters des Berufungswerbers erging nur eine Rechtfertigung dahingehend, daß innerhalb des Vorstandes der A AG eine Geschäftsverteilung bestehe, wonach der Berufungswerber nur für die Bereiche Finanz und Rechnungswesen zuständig sei und daher ein Schuldvorwurf nicht gegen ihn erhoben werden könne. Hierauf wurde der Beschuldigte nochmals aufgefordert bekanntzugeben, ob ein nach §9 Abs2 und 4 VStG verantwortlich Beauftragter bestellt wurde. Ein solcher Nachweis wurde nicht erbracht. In weiterer Folge wurde vom Magistrat der Stadt Wien Ing. Wolfgang L einvernommen, der bestätigte, daß er im Zeitraum Dezember 1990 bis Juli 1994 bei der Instandhaltung und somit zuständig für die Aufrechterhaltung des Betriebes der Tankstellen war. Er hat allerdings angegeben, daß er für die Neuerrichtung der Tankstellen nicht zuständig sei. Es wurde den Vertretern des Berufungswerbers der ganze Verwaltungsstrafakt zur Kenntnis gebracht und ihnen Gelegenheit gegeben, dazu Stellung zu nehmen. Am 06.03.1995 wurde dann vom Vertreter des Berufungswerbers Akteneinsicht genommen und wurde nur eine Stellungnahme dahingehend abgegeben, daß die Einvernahme des Ing. Wolfgang L ergänzungsbedürftig sei und zwar hinsichtlich der Verantwortlichkeit des anderen Vorstandsmitgliedes und hinsichtlich der Frage, ob es einen verantwortlichen Leiter der Abteilung gäbe.

 

Aus dem vorgelegten Akt ergibt sich, daß die Firma A Aktiengesellschaft L auf Grundstücke KG L eine Tankstelle im Zeitraum 17.12.1990 bis 17.03.1994 betrieb, wobei die mineralölhältigen Abwässer von der Manipulationsfläche, vom Freiwaschplatz und der Servicehalle zur Versickerung gebracht wurden, ohne daß dafür die hiefür erforderliche wasserrechtliche Bewilligung bestand. Es wird auch vom Berufungswerber infolge der vorliegenden Beweisergebnisse nicht bestritten, sondern nur seine Verantwortlichkeit in Abrede gestellt, da er laut seinen Angaben nur für den Bereich Finanz und Rechnungswesen zuständig sei.

 

Dazu ist zu sagen, daß nach §9 Abs1 VStG für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, sofern die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen und soweit nicht verantwortlich Beauftragte bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich ist, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Nach Abs2 legcit sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt und soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, die für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt.

 

Derartige verantwortlich Beauftragte können nur Personen mit Wohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden können, die ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt haben und für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muß dieser Zustimmungsnachweis des verantwortlichen Beauftragten aus der Zeit vor der Begehung der Verwaltungsübertretung stammen und genügt es zur Erbringung des vom Gesetzgeber geforderten Zustimmungsnachweises jedenfalls nicht die Berufung auf eine erst im Verwaltungsstrafverfahren abzulegende Zeugenaussage des verantwortlich Beauftragten oder anderen Personen, mit der die Zustimmung des Erstgenannten zur Bestellung unter Beweis gestellt werden soll. Obwohl der Berufungswerber als nach außen hin zu vertreten befugte Person mehrmals von der Erstbehörde aufgefordert wurde, einen solchen verantwortlichen Beauftragten zu nennen und dessen Zustimmung zur Bestellung nachzuweisen, hat er dieser Aufforderung nicht entsprochen. Er kann sich daher als nach außen hin zur Vertretung berufene Person nicht darauf berufen, daß ein anderes Vorstandsmitglied dafür zuständig ist und eine Verantwortlichkeit seiner Person nicht gegeben sei.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 24.07.1991, Zahl 91/19/0111 ausgesprochen, daß in einem solchen Fall der nach außen hin Verantwortliche sich auch nicht auf die interne Aufgabenverteilung des Vorstandsmitgliedes berufen kann und besteht auch für die Behörde in einem solchen Fall auch keine Veranlassung die "interne Aufgabenverteilung der Vorstandsmitglieder" zu untersuchen, da diese für die strafrechtliche Verantwortlichkeit jedes einzelnen Vorstandsmitgliedes einer Aktiengesellschaft im Sinne des §9 Abs1 VStG irrelevant ist. Gerade die Tatsache, daß in einem großen Unternehmen keine strafrechtlich Verantwortlichen für bestimmte Aufgaben bestellt worden sind, ist ein Hinweis, daß nur ein ungenügendes Kontrollsystem besteht. Weiters ist der Berufungswerber darauf zu verweisen, daß er nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keinen Rechtsanspruch darauf hat, daß ein anderes Vorstandsmitglied bestraft werde. Mangels Bestellung eines strafrechtlichen Verantwortlichen im Sinne des §9 Abs2 VStG ist die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Berufungswerbers gegeben. Der in der Berufung erhobene Einwand hinsichtlich des zuständigen anderen Vorstandsmitgliedes ist daher verfehlt.

 

Was die Höhe der verhängten Strafe anlangt, so ist zu sagen, daß diese nicht überhöht ist, da doch von seiten der Erstbehörde der Zeitraum vom 17.12.1990 bis 17.03.1994 vorgeworfen wird und der mögliche Strafrahmen lediglich zu 15 % ausgeschöpft wurde. Außerdem hat der Berufungswerber die Höhe der verhängten Geldstrafe im Hinblick auf seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse nicht bekämpft, obwohl er von der belangten Behörde aufgefordert wurde, diese bekanntzugeben. Es ist daher davon auszugehen, daß diese diesen entspricht. Der Unrechtsgehalt der begangenen Verwaltungsübertretung ist gravierend, da die Bestimmung des Wasserrechtsgesetzes das Ziel habe, daß es zu geringen Verunreinigungen der Gewässer und der Umwelt kommt wie nur möglich. Mildernd war von der Erstbehörde die Unbescholtenheit des Berufungswerbers gewertet. Selbst wenn man annimmt, daß an und für sich ein anderes Mitglied dafür zuständig ist, scheint die Geldstrafe nicht als überhöht. Daß das Versickern von mineralölhältigen Abwässern von der Manipulationsfläche bzw. vom Freiwaschplatz und der Servicehalle das Grundwasser beeinträchtigen kann liegt auf der Hand. Gemäß §32 Abs2 litc WRG sind Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit beeinträchtigten nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig.

 

Der Bewilligung im Sinne des Abs1 bedürfen jedenfalls Maßnahmen, die zur Folge haben, daß durch Eindringen (Versickern) von Stoffen in den Boden das Grundwasser verunreinigt wird. Nach §137 Abs3 litg begeht eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern die Tat nicht nach Abs4 oder 5 einer strengen Strafe unterliegt, wer ohne die gemäß §32 Abs1 und 2 erforderliche wasserrechtliche Bewilligung oder entgegen einer solchen eine Einwirkung auf Gewässer vornimmt und ist mit Geldstrafen bis zu S 100.000,-- zu bestrafen. Als Vorstandsmitglied der A Aktiengesellschaft hat der Berufungswerber diese Übertretung zu verantworten. Festgestellt wird, daß der Sachverhalt an sich nie bestritten worden ist.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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