TE UVS Niederösterreich 1996/03/21 Senat-WU-95-029

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Veröffentlicht am 21.03.1996
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG  F o l g e  gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß §45 Abs1 Z3 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG eingestellt.

Text

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx vom 21. Februar 1995, 3-*****-94, wurden über den Beschuldigten J Z wegen Übertretung nach "§74 Abs2 iVm §367 Z25 Gewerbeordnung 1994 (Punkt 8. des Bescheides vom 7.8.1986, **-*-***)" und wegen Übertretung nach "74 Abs2 iVm §367 Z25 Gewerbeordnung 1994 (Punkt 2. des Bescheides vom 19.11.1990, **-*-***)" gemäß "§376 Z25 GewO 1994" bzw "§367 Z25 GewO 1994" zwei Geldstrafen zu je S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen: jeweils 72 Stunden) verhängt und ihm die Tragung eines anteiligen Kostenbeitrages zum erstinstnazlichen Verfahren in Höhe von insgesamt S 600,-- auferlegt.

 

In diesem Straferkenntnis wird dem Beschuldigten als Inhaber einer Betriebsanlage (Spritzlackiererei) im Standort **** K*************-K*******, H********** ***, angelastet, diese Anlage "zumindest bis 6.10.1994 betrieben zu haben, ohne daß die mit Bescheid vom 7.8.1986 vorgeschriebene Auflage 8 und die mit Bescheid vom 19.11.1990 vorgeschriebene Auflage 2 erfüllt gewesen seien".

 

Abgesehen von dieser Tatanlastung sind im Spruch des Straferkenntnisses die angeführten zwei Auflagenpunkte wie folgt wörtlich zitiert:

 

"Auflage 8 des Bescheides vom 7.8.1986:

Die Farbfiltermatten und die Aktivkohle sind regelmäßig zu erneuern.

 

Auflage 2 des Bescheides vom 19.11.1990:

Für die Spritzlackieranlage und die Aktivkohlefilteranlage ist ein Betriebsbuch zu führen, in dem die Spritzzeiten sowie sämtliche Wartungsarbeiten an der Aktivkohlefilteranlage sowie allfällige Störungen und deren Ursachen einzutragen sind. Diese Aufzeichnungen sind ebenso wie der gesonderte Nachweis über die regelmäßige Kontrolle der Aktivkohlefilteranlage durch eine einschlägige Fachfirma und über den Austausch nicht mehr weiter verwendbarer Aktivkohlefiltermassen in der Betriebsstätte für jeweils mindestens 3 Jahre zur Einsichtnahme durch die Behörde aufzubewahren. Diese Bestätigung über die regelmäßige fachmännische Kontrolle kann auch im Betriebsbuch erfolgen."

 

In der dagegen eingebrachten Berufung vom 8. März 1995 bestreitet der Beschuldigte den Vorwurf, die Filtermedien seiner Lackierkabine nicht ordnungsgemäß gewartet zu haben. Er führe den Auflagen entsprechend seit Jänner 1991 für die Lackierkabine ein Prüfbuch, in dem die regelmäßigen Wartungen (Reinigen bzw Austausch der Filtermedien) festgehalten würden. Abschließend verweist er noch darauf, daß ein permanenter Austausch der Aktivkohle durch eine Fachfirma aus Kostengründen nicht möglich sei. Schließlich müsse auch jeweils das Filtermedium entsorgt werden, was eine nicht zu vernachlässigende Umweltbelastung ergäbe. Er habe daher eine Änderung der Auflage 2 des Bescheides vom 19.11.1990 beantragt. Zum erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt, zur vorgenommenen Tatanlastung im angefochtenen Straferkenntnis und zum Berufungsvorbringen ist in rechtlicher Hinsicht folgendes festzustellen:

 

Gemäß §367 Z25 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen ist, wer Gebote oder Verbote von gemäß §82 Abs1 oder §82a Abs1 erlassenen Verordnungen nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen der §§74 bis 83 und 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält.

 

Gemäß §44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er auf nicht auf Einstellung lautet - die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu beschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt wurde, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht. Durch die derart konkretisierte Umschreibung der angelasteten Tat soll der Beschuldigte in die Lage versetzt werden, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen; außerdem soll der Beschuldigte rechtlich davor geschützt werden, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

§367 Z25 GewO 1994 stellt eine sogenannte Blankettstrafnorm dar und verweist ua auf in Bescheiden enthaltene Auflagen, die damit Teil des gesetzlichen Tatbildes werden.

 

Damit Bescheidauflagen überhaupt als Teil eines gesetzlichen Tatbildes herangezogen werden dürfen, müssen sie selbst im Hinblick auf das darin enthaltene Ge- oder Verbot dem Erfordernis der Konkretheit entsprechen.

 

Der im Straferkenntnis zitierte Auflagenpunkt 8 des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft xx vom 7.8.1986, **-*-***, "wonach die Farbfiltermatten und die Aktivkohle regelmäßig zu erneuern sind", entspricht selbst nicht dem Gebot der notwendigen Konkretheit und eignet sich sohin nicht als gesetzlicher Tatbestand. Durch das Wort "regelmäßig" ist in keiner Weise zum Ausdruck gebracht, in welchen zeitlichen Abständen die Farbfiltermatten und die Aktivkohle zu erneuern sind bzw bleibt es dem Betreiber dieser Anlage überlassen, die Zeitabstände für die diesbezüglichen Erneuerungen nach eigenem Gutdünken festzulegen. In diesem Zusammenhang ist auch auf die im erstinstanzlichen Verwaltungsakt einliegende Verhandlungsschrift vom 6.10.1994, **-*-***, zu verweisen, in welcher das Verlangen der Behörde festgehalten ist, der Betriebsinhaber habe von der Herstellerfirma (der Spritzlackieranlage) eine technisch nachvollziehbare Bestätigung darüber vorzulegen, "in welchen Zeitabständen die Aktivkohleanlage auszutauschen ist" (Seite 5 unten bzw Seite 6).

 

Da sohin die Auflage selbst nicht "konkret" ist, hätte sie als Straftatbestand nicht herangezogen werden dürfen.

 

Abgesehen von diesen Überlegungen ist auch die vorgenommene Tatanlastung, nämlich die Auflage 8 "nicht eingehalten zu haben", derart unpräzise, daß auch sie gegen das Konkretisierungsgebot des §44a Z1 VStG verstößt. Aus der Tatanlastung geht nämlich nicht hervor, ob lediglich die Farbfiltermatten nicht oder nicht regelmäßig erneuert worden sind, bzw ob sich dieser Vorwurf lediglich auf die Aktivkohleerneuerung bezieht oder sowohl Farbfiltermatten und Aktivkohle nicht oder nicht regelmäßig erneuert wurden.

 

Ebenso ergibt sich aus der Tatanlastung hinsichtlich der Nichterfüllung der Auflage 2 des Bescheides vom 19.11.1990 nicht, ob das verlangte Betriebsbuch überhaupt nicht geführt wurde bzw trotz Führung eines solchen lediglich die Spritzzeiten bzw die Wartungsarbeiten an der Aktivkohlefilteranlage oder die allfälligen Störungen und deren Ursachen nicht eingetragen gewesen sind oder ob diese Aufzeichnungen oder lediglich der Nachweis über die regelmäßige Kontrolle der Aktivkohlefilteranlage durch eine einschlägige Fachfirma und über den Austausch nicht mehr verwendbarer Aktivkohlefiltermassen nicht mindestens 3 Jahre zur Einsichtnahme durch die Behörde aufbewahrt worden sind.

 

Da sohin eine den Anforderungen des §44a Z1 VStG entsprechende Tatanlastung innerhalb der 6-monatigen Verjährungsfrist nach §31 VStG nicht vorgenommen worden ist (auch aus der Begründung des Straferkenntnisses läßt sich hiefür nichts gewinnen) und es der Berufungsbehörde verwehrt ist, im Rahmen der ihr nach §66 Abs4 AVG zustehenden Befugnisses Tatbestandselmente im Spruch eines Strafbescheides zu ergänzen, wenn sie nicht eine entsprechende Deckung in einer Verfolgungshandlung finden, ist daher im Gegenstande Verfolgungsverjährung eingetreten und war aus diesem Grunde der Berufung Folge zu geben.

 

Bemerkt wird noch, daß die im Straferkenntnis angeführte Zitierung der Strafnormen nicht der Vorgabe des §44a Z3 VStG entspricht.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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