Gemäß §66 Abs4 AVG iVm §§24, 51, 51c und 51e VStG wird der Berufung Folge gegeben und werden die Verwaltungsstrafverfahren zu Punkt 1), 2), 3), 4) und 5) gemäß §45 Abs1 Z2 VStG eingestellt.
Begründung
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber folgendes zur Last gelegt: Der Beschuldigte, Dkfm. K. M. , hat es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma K GmbH & Co.KG, mit Sitz in K, und sohin als zur Vertretung nach außen berufenes Organ zu verantworten, daß am 27.06.1995 um 9.30 Uhr in der Firma H ges.m.b.H. in W, anläßlich einer lebensmittelpolizeilichen Revision in einer Stellage im Verkaufsraum dort zu 1) eine Originalpackung mit "Glem-Vital Halt- und Fülle Schaumfestiger Kamille" mit der Kennzeichnung "eine besondere Wirkstoffkombination mit Kamillenextrakt gibt der Frisur optimalen Halt und dem Haar seidigen Glanz. Kräftige Substanzen umhüllen das Haar und verleihen ihm spürbar mehr Fülle und vitale Kraft. Der milde Schaum zieht sanft und gleichmäßig auf jedes Haar. Das Haar verklebt nicht und läßt sich mühelos kämmen. Zu 2) eine Originalflasche mit "Gliss-Kur Pflege Schaumbalsam mit Collagen", 150 ml mit der auf der Verpackung angeführten Kennzeichnung: "Milde Pflegesubstanzen mit Collagen verbessern umgehend und spürbar die Struktur und Kämmbarkeit des Haares und verleihen ihm gepflegten, seidigen Glanz, ohne das Haar zu belasten. Kreatinpflegende Substanzen verbessern nachhaltig die Oberfläche und Struktur des Haares. zu 3) eine Originalkunststoffflasche mit "Glem-Vital Balsam Schaum Henna neutral", 150 ml mit der auf der Verpackung angebrachten Kennzeichnung: "nichtfärbendes Henna ist ein altbewährtes, orientalisches Schönheitsgeheimnis für das Haar. Es ist ein hochwertiger Balsam in Schaumform, der das Haar nicht belastet. Durch seine wertvollen Pflegesubstanzen wird Ihr Haar sofort geschmeidig und angenehm leicht kämmbar. Verleiht Ihrem Haar seidigen Glanz; zu 4) eine Originalkunststoffflasche mit ""Gliss-Kur, Glanz Tonic, 100 ml, mit der auf der Flasche angebrachten Kennzeichnung: .... ist kein Haarspray, sondern ein intensiv wirkendes Pflegeprodukt mit Ei-Lecithin, das gerade für trockenes und sprödes Haar besonders geeignet ist. Das Haar wird wieder geschmeidig und natürlich glänzend und zu 5) eine Originalkunststoffflasche mit "Glem-Vital Balsam Schaum Jojoba", 150 ml, mit dem auf der Verpackung angebrachten Aufdruck ... ist ein hochwertiger Balsam in Schaumform, der speziell auf die Bedürfnisse von trockenem, strapazietem Haar abgestimmt ist. Wertvolles Jojobaöl regeneriert strapaziertes Haar und macht es leicht kämmbar, ohne es zu belasten. Verleiht Ihrem Haar seidigen Glanz. Diese Produkte wurden zu 1) und 3) am 20.4.1994, 2), 4) und
5) am 30.3.1995 vom Beschuldigten geliefert und dort gelagert und somit in Verkehr gebracht, obwohl diese Produkte insofern falsch bezeichnet waren, als es verboten ist, sich auf die Verhütung, Linderung oder Heilung von Krankheiten oder Krankheitssymptomen oder auf physiologische oder pharmakologische, insbesondere jungerhaltende, alterserscheinungshemmende, schlankmachende oder gesundheitserhaltende Wirkungen zu beziehen oder den Eindruck einer solchen Wirkung zu erwecken. Der Beschuldigte hat dadurch Verwaltungsübertretungen zu 1), 2), 3), 4) und 5) nach §9 Abs1 und §26 Abs2 iVm §74 Abs1 Lebensmittelgesetz 1975 begangen. Gemäß 1), 2), 3), 4) und 5) §74 Abs1 LMG 1975 i.d.g.F. wird gegen den Beschuldigten jeweils eine Geldstrafe von 1) - 5) je S 3.000,-- (insgesamt S 15.000,--) verhängt, im Falle der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 1) - 5) je 6 Tagen, also insgesamt 30 Tagen. Die Beitragspflicht zu den Kosten des Strafverfahrens wurde mit S 1.500,-- bestimmt.
In der Begründung verwies die Erstbehörde im wesentlichen auf die Probeziehung des Kontrollorganes des Magistrates der Stadt Wien und dessen Stellungnahme zum Einspruchsvorbringen.
In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung wird die Tatbestandsmäßigkeit bestritten. Im wesentlichen wird vorgebracht:
Das Straferkenntnis ist nicht nur deshalb zu beseitigen, weil es gesetzwidrig ist, sondern auch deshalb, weil es wahllos alles für verboten erklärt, was auf der Packung steht, ohne auch nur im gerinsten zu differenzieren oder gar zu erklären, warum welche Aussage verboten sei. Die Aussage, nichtfärbendes Henna sei ein altbewährtes orientalisches Schönheitsgeheimnis für das Haar - eine Heilanpreisung oder ein Hinweis auf eine physiologische Wirkung? Nichtfärbendes Henna ist ein altbewährtes Schönheitsgehemnis für das Haar. Die Behörde möge in nachvollziehbarer Form erläutern, warum dieser Hinweis verboten sei. Beantragt wurde die Einstellung des Verfahrens. Das Kontrollorgan der Wiener Landesregierung hatte zum Einspruchsvorbringen lediglich folgendes festgestellt: Der in der gegenständlichen Anzeige angeführte Tatbestand nach den Bestimmungen des Lebensmittelgesetzes 1975, u.z. "dermastologisch getestet" stellt nach einem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26.9.1994, Zahl 92/10/0468 eine Übertretung dar und ist daher verboten. Das anzeigelegende Organ hatte in den gegenständlichen Anzeigen bestehendes Recht angewandt unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Andere jüngere Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes, die diese Rechtsmaterie regeln, sind hieramtlich nicht bekannt geworden. Weiters wird mitgeteilt, daß andere gesundheitsbezogene Angaben nur dann zulässig sind, wenn sie über das zuständige Bundesministerium mit Bescheid zugelassen wurden. Solche Bescheide über die Zulassung bestimmter gesundheitsbezogener Angaben betreffend die Firma Schwarzkopf sind hieramtlich nicht bekannt geworden. Die hieramtlichen Anzeigen bleiben daher vollinhaltlich aufrecht.
Nach §9 Abs1 lita Lebensmittelgesetz ist es verboten, beim Inverkehrbringen von Lebensmitteln, Verkehrsprodukten oder Zusatzstoffen sich auf die Verhütung, Linderung oder Heilung von Krankheiten oder Krankheitssymptomen oder auf physiologische oder pharmakologische, insbesondere jungerhaltene, Alterserscheinungen hemmende, schlankmachende oder gesund erhaltende Wirkungen zu beziehen oder den Eindruck einer derartigen Wirkung zu wecken.
Nach §26 Abs1 ist es verboten, kosmetische Mittel in Verkehr zu bringen, die a) bei bestimmungsgemäßen oder vorauszusehenden Gebrauch gesundheitsschädlich sind; b) nicht zugelassene, den Zulassungsbedingungen nicht entsprechende oder unerlaubte Mengen von pharamkologisch wirksamen Stoffen oder Farbstoffen enthalten;
c) verdorben sind; d) falsch bezeichnet sind; e) den nach §27 erlassenen Vorschriften nicht entsprechen. Laut §26 Abs2 LMG gelten §8 Abs2 lita, d und f sinngemäß, §9 gilt mit der Maßgabe, daß nicht irreführende Hinweise auf physiologische oder pharamakologische Wirkungen sowie bildliche Darstellungen zu Erläuterung des Anwendungsbereiches zulässig sind. Werden solche Wirkungen behauptet, sind der Behörde auf Verlangen die wirksamen Komponenten bekanntzugeben. Die Verfolgung einer Person wegen einer der in Abs1 bis 5 angeführten Verwaltungsübertretungen ist unzulässig, wenn gegen sie binnen Jahresfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen wurde. Nachdem die Proben 1) und 3) am 20.4.1994 in Verkehr gebracht wurden, läuft die Verfolgungsverjährungsfrist für die Tatbestände 1) und 3) ab diesem Zeitpunkt. Für diese Fakten wurde keine rechtzeitige Verfolgungshandlung gesetzt, weshalb das Verfahren ohnehin wegen Verfolgungsverjährung einzustellen ist. Bezüglich der Fakten 2),
4) und 5) wurden rechtzeitige Verfolgungshandlungen gesetzt. Der unabhängige Verwaltungssenat kann insbesondere bei Betrachtung der Bestimmung des §26 Abs2 LMG nicht finden, daß die zitierten Aufschriften gesundheitsbezogene Angaben enthalten, die zur Irreführung geeignet sind. Nach Ansicht des unabhängigen Verwaltungssenates handelt es sich um nicht verbotene Hinweise auf physiologische und pharmakologische Wirkungen. Der Konsument erwartet sich gerade von der Beschriftung, ob der Haarbalsam oder das Shampoo für sein spezielles trockenes oder zu fettes Haar geeignet ist oder nicht. Damit wird den Bedürfnissen des Konsumenten geradezu entgegengekommen, aber nicht dessen Irreführung bewirkt. Das Verfahren ist daher in allen Fällen mangels Tatbestandsmäßigkeit einzustellen. Außerdem wäre es bei den Fakten 1) und 3) wegen Verfolgungsverjährung einzustellen.