TE UVS Steiermark 1996/03/26 30.4-46/96

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Veröffentlicht am 26.03.1996
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Klaus Stühlinger über die Berufung des Herrn Dr. P. K., Graz, vertreten durch Herrn Dr. J. A., p. A. L. & Sch. AG, L. 13, 8020 Graz, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 30.1.1996, GZ.: A 4-St 29/1- 1995/302 (Teil 1. Straferkenntnis) wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird die Berufung als unzulässig zurückgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis wegen Unzuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz behoben.

Text

Auf Grundlage des der gemäß § 51 Abs 1 VStG sachlich und örtlich zuständigen Berufungsbehörde vorliegenden Verfahrensaktes der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz in Verbindung mit durch die Berufungsbehörde ergänzend durchgeführten Erhebungen ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit dem im Spruch dieses Bescheides näher bezeichneten Straferkenntnis vom 30.1.1996 war über Herrn Dr. P. K. als handelsrechtlichem Geschäftsführer und damit zur Vertretung nach außen berufenem Organ der -J. HandelsgesmbH.- mit dem Sitz in Graz, P.-T.-G. 5, auf Rechtsgrundlage der §§ 33 a und b des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb

i. V.m. § 9 Abs 1 VStG eine Geldstrafe von S 2.000,--, im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag, verhängt worden, da er laut Anzeige der Wirtschaftskammer Oberösterreich vom 27.12.1994 dafür verantwortlich wäre, daß von der genannten Gesellschaft am 21.12.1994 in 4910 Ried im Innkreis in do. Schuhhaus ein Räumungsverkauf angekündigt worden war, obwohl die Gesellschaft nicht im Besitz der hiefür erforderlichen Bewilligung gewesen wäre und die Ankündigung eines Ausverkaufes nur mit Bewilligung der nach dem Standort des Ausverkaufes zuständigen

Bezirksverwaltungsbehörde zulässig gewesen wäre.

Diesem Straferkenntnis vorangegangen war eine Anzeige der Wirtschaftskammer Oberösterreich an die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis, worauf diese mit Schreiben vom 11.1.1995, ohne vorher andere Verfahrensschritte durchgeführt zu haben, den Verwaltungsstrafakt gemäß § 27 VStG an den Magistrat der Stadt Graz (gemeint: Bürgermeister der Stadt Graz) abgetreten hat. Diese Behörde hat in der Annahme ihrer sachlichen und örtlichen Zuständigkeit sodann das Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet, erhoben, daß die J.-Handelsgesellschaft mbH. am Standort P.-T.-G. 5 in Graz Inhaberin einer Handelsgewerbeberechtigung

gemäß § 103 Abs 1 lit. b Z 25 GewO 1973,

ausgenommen Kolonial-, Spezerei- und Materialwaren sowie Landesprodukte ist, wobei als gewerberechtlicher Geschäftsführer Herr Dr. P. K. zur Kenntnis genommen worden war; dieser ist auch handelsrechtlicher Geschäftsführer dieses Unternehmens. Erhebungen dahingehend, ob diese GesmbH. am Standort R.i.I.

ebenfalls über eine Gewerbeberechtigung verfügte, ergeben sich aus dem Verwaltungsstrafakt der Erstinstanz nicht.

Gegen das Straferkenntnis vom 30.1.1996 hat Dr. P. K. durch seinen ausgewiesenen Vertreter fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung eingebracht, die im wesentlichen damit begründet wird, entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde würde die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht bestehen, sondern die gewählte Vorgangsweise dem UWG in der Fassung des Wettbewerbs-Deregulierungsgesetzes 1992 entsprechen, weshalb beantragt wird, in Stattgebung der Berufung das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und eine mündliche Berufungsverhandlung durchzuführen. Von seiten der Berufungsbehörde wurde am 25.3.1996 über das Gewerbereferat der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis telefonisch erhoben, daß die J.Handelsgesellschaft mbH. mit dem Sitz in Graz seit 24.3.1992 am Standort R.i.I., Sch.Str. 3, Inhaberin einer auf den Kleinhandel eingeschränkten Handelsgewerbeberechtigung gemäß § 103 Abs 1 lit. b Z 25 GewO 1973, ausgenommen Kolonial-, Spezerei-, Materialwaren sowie von Landesprodukten, ist, diese weitere Betriebsstätte zu der am Standort Graz, P.-T.-G. 5, bestehenden Hauptgewerbeberechtigung wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 13.4.1992, GZ.: Ge - 442/1992, zur Kenntnis genommen; die Kenntnisnahme eines Filialgeschäftsführers wurde nicht angezeigt, gewerberechtlich Verantwortlicher ist somit der gewerberechtliche Geschäftsführer des Standortes Graz, Herr Dr. P.K..

Die Berufungsbehörde ist bei ihrer Entscheidung von

folgenden Überlegungen ausgegangen:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde,

sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht im Verwaltungsstrafverfahren den Parteien das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung.

Gemäß § 51e Abs 2 VStG kann eine Berufungsverhandlung unterbleiben, wenn in der Berufung nur eine unrichtige, rechtliche Beurteilung behauptet wird, oder wenn sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid oder nur gegen die Höhe der Strafe richtet, oder wenn im bekämpften Bescheid eine S 3.000,-- nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, es sei denn, daß eine Partei die Durchführung einer Verhandlung ausdrücklich verlangt. Dies ist im konkreten Fall geschehen, die Durchführung einer Berufungsverhandlung war jedoch aus folgenden Gründen zu unterlassen:

Gemäß § 27 Abs 1 VStG ist für die Durchführung eines Verwaltungsstrafverfahrens örtlich zuständig jene Behörde, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist.

Ist danach die Zuständigkeit mehrerer Behörden begründet oder ist es ungewiß, in welchem Sprengel die Übertretung begangen worden ist, so ist gemäß § 27 Abs 2 leg. cit. jene Behörde zuständig, die zuerst eine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs 2) vorgenommen hat.

Zur Auslegung dieser gesetzlichen Bestimmungen ist die Bestimmung des § 2 Abs 2 VStG mit heranzuziehen, wonach eine Verwaltungsübertretung regelmäßig als dort begangen anzusehen ist, wo der Täter gehandelt hat oder (bei Unterlassungsdelikten) hätte handeln sollen (vgl. VwGH 26.2.1987, 86/08/0231).

Die nunmehr belangte Behörde ist offensichtlich gleich wie die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis, ohne Erhebungen dahingehend geführt zu haben, ob am Standort Ried im Innkreis eine Filiale bzw. weitere Betriebsstätte des Unternehmens besteht, davon ausgegangen, dies wäre nicht der Fall. Auf Grundlage dieser Überlegung sind sodann beide Bezirksverwaltungsbehörden davon ausgegangen, die Vornahme des dem Berufungswerber zur Last gelegten Unterlassungsdeliktes hätte vom Sitz des Unternehmens aus in Graz durchgeführt werden müssen, sodaß im Sinne des § 27 Abs 1 VStG die Zuständigkeit des Bürgermeisters der Stadt Graz und nicht jene der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis angenommen worden ist.

Durch das Vorliegen einer weiteren Betriebsstätte in Ried im Innkreis am bereits erwähnten Standort ergibt sich, daß durch den direkten Zusammenhang der dem nunmehrigen Berufungswerber zur Last gelegten Unterlassung mit dem Bestehen dieser Zweigniederlassung davon auszugehen ist, daß die Einholung der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses als erforderlich bezeichneten Bewilligung unabhängig von der Frage, wie dieser Fragenkomplex rechtlich zu beurteilen wäre, bei der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis zu beantragen gewesen wäre, die somit auch die im Sinne des § 27 Abs 1 VStG örtlich zuständige Behörde zur Durchführung dieses Verwaltungsstrafverfahrens gewesen ist bzw. wäre. Durch den sachlichen Zusammenhang der dem Berufungswerber zur Last gelegten Unterlassung mit dem Standort der weiteren Betriebsstätte in Ried ist somit festzustellen, daß an diesem Standort die entsprechenden Dispositionen zu treffen gewesen wären (vgl. VwGH 7.4.1995, 95/02/0069). Im übrigen ergibt sich sowohl aus den Bestimmungen der §§ 33 a als auch 33 b - letztere wurde dem Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses zugrundegelegt -, daß Voraussetzungen für den Erhalt jener Bewilligung, deren Nichtvorliegen dem Berufungswerber zur Last gelegt worden ist, das aufrechte Bestehen einer am Standort des angekündigten Räumungsverkaufes bestehenden Gewerbeberechtigung ist.

Da somit eine Zuständigkeit der belangten Behörde nicht gegeben war (vgl. VwGH 19.4.1994, 94/11/0055), die Verwaltungsbehörde ihre Zuständigkeit jedoch jederzeit von Amts wegen wahrzunehmen hat (VwGH 19.12.1967, 940/67), war spruchgemäß zu entscheiden.

Dadurch erübrigt sich ein Eingehen auf die Argumentation in der Sache selbst sowie hinsichtlich der Frage, inwieweit die Tatortkonkretisierung den Bestimmungen des § 44 a VStG entspricht.

Schlagworte
unlauterer Wettbewerb Ausverkauf Ankündigung Tatort weitere Betriebsstätte Sitz des Unternehmens Zuständigkeit
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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