Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr Hrdliczka über die Berufung des Herrn Alfred A vom 2.3.1995 gegen das
Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Liesing, vom 24.1.1995, Zahl Cst 124786/Li/94, wegen Übertretung des § 23 Abs 1 StVO, entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.
Der Berufungswerber hat gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.
Begründung:
Im angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 12.4.1994 von 08.10 bis 08.45 Uhr in Wien, L-gasse
als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen W-25 das Fahrzeug so abgestellt, daß ein Lenker eines anderen Fahrzeuges am Vorbeifahren bzw Wegfahren gehindert gewesen sei, wodurch eine Verkehrsbeeinträchtigung vorgelegen sei.
Wegen Übertretung des § 23 Abs 1 StVO wurde gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO eine Geldstrafe von S 1.200,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden) verhängt und gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag von
S 120,-- (= 10 % der verhängten Geldstrafe) vorgeschrieben. Dem Akteninhalt ist zu entnehmen, daß der Meldungsleger, ein Sicherheitswachebeamter, bei seinem Einschreiten folgende Situation vorfand:
Am Fahrbahnrand war das Kraftfahrzeug der Aufforderin ordnungsgemäß abgestellt; dahinter stand das Kraftfahrzeug des Berufungswerbers (Mazda) mit ca 5 cm Abstand, davor ein weiteres Kraftfahrzeug mit ca 25 cm Abstand, sodaß ein Ausparken des mittleren Kraftfahrzeuges (der
Aufforderin) nicht (bzw nur äußerst erschwert) möglich war. Der Berufungswerber wandte im gesamten Verwaltungsstrafverfahren gleichlautend ein, daß im Zeitpunkt seines Einparkens das Kraftfahrzeug (der Aufforderin) vor ihm nach vorne mindestens 4 Meter
Platz gehabt habe, um wegzufahren. Dort sei später ein anderes Kraftfahrzeug eingeparkt worden. Erst durch das zuletzt abgestellte Kraftfahrzeug sei das in der Mitte stehende Kraftfahrzeug (der Aufforderin) am Wegfahren behindert worden.
Die Ausführungen des Berufungswerbers wurden von seiner Gattin im "Abschleppverfahren" zeugenschaftlich bestätigt.
Weder der Meldungsleger noch die Aufforderin vermochten diese Angaben
zu entkräften.
Gemäß § 23 Abs 1 StVO hat der Lenker das Fahrzeug zum Halten oder Parken unter Bedachtnahme auf die beste Ausnützung des vorhandenen Platzes so aufzustellen, daß kein Straßenbenützer gefährdet und kein Lenker eines anderen Fahrzeuges am Vorbeifahren oder am Wegfahren gehindert wird.
Bei der Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs 1 StVO handelt es sich schon nach dem klaren Wortlaut um ein Erfolgsdelikt und nicht um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG. Die Beweislast für sein Verschulden hat also nicht der Beschuldigte, sondern die Behörde zu tragen (siehe VwGH 1.12.1977, 250/77). Es kommt ganz eindeutig auf die Situation an, die der Berufungswerber
im Zeitpunkt seines Einparkens vorfand, weshalb die Frage zu klären ist, welcher von den beiden Fahrzeuglenkern infolge objektiven Verstoßes gegen die Bestimmungen des § 23 Abs 1 StVO für das Zustandekommen der Verkehrsbeeinträchtigung als kausal anzusehen war (vgl VwGH 20.2.1981, 02/1658/80; 10.9.1982, 81/02/0112). Da dem Einwand des Berufungswerbers, daß die gegenständliche Verkehrsbeeinträchtigung (Behinderung bzw Hinderung am Ausparken) erst durch das vorschriftswidrige Verhalten eines Dritten herbeigeführt wurde, nicht mit der im Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit entgegengetreten werden konnte, war im Zweifel spruchgemäß zugunsten des Berufungswerbers zu entscheiden.