Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr 51, keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid vollinhaltlich bestätigt.
Die Berufungswerberin hat gemäß §64 Abs1 und 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl Nr 52, S 1.000,-- als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens binnen 2 Wochen zu zahlen.
Innerhalb gleicher Frist sind der Strafbetrag und die Kosten des Verfahrens erster Instanz zu bezahlen (§59 Abs2 AVG).
Das angefochtene Straferkenntnis hat folgenden Spruch:
"Sie haben am 04.10.1995 um 17.15 Uhr den LKW mit dem behördlichen Kennzeichen ** *** W im Ortsgebiet von M auf dem Parkplatz vor Haus Nr 273 gelenkt und haben
1)
das Fahrzeug bei einem Verkehrsunfall mit Sachschaden nicht sofort angehalten, obwohl das Verhalten am Unfallsort mit dem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stand und
2)
nicht die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall mit Sachschaden ohne unnötigen Aufschub verständigt, obwohl das Verhalten am Unfallsort mit dem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stand und ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift nicht erfolgte.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
1)
2)
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über sie gemäß
1)
2)
folgende Strafe verhängt:
1)
S 3.000,--
2)
S 2.000,--, sind zusammen S 5.000,--
falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von
1)
72 Stunden,
2)
48 Stunden, sind zusammen 120 Stunden.
Ferner haben Sie gemäß §64 des Verwaltungsstrafgesetzes zu zahlen:
1)
S 300,--
2)
S 200,--, sind zusammen S 500,--
als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, ds
10 % der Strafe (je ein Tag Arrest wird gleich 50 S angerechnet); S -- als Ersatz der Barauslagen für --
Der zu zahlende Gesamtbetrag beträgt daher
S 5.500,--"
Begründet wurde diese Entscheidung nach Schilderung des Verfahrensablaufes damit, daß die Beschuldigte die ihr zur Last gelegte Tat nicht bestritten habe, jedoch ausführte, daß sie die ihr vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen nicht bemerkt hätte. Diese Verantwortung habe die Behörde allerdings als Schutzbehauptung gewertet und den Angaben der im Verfahren einvernommenen Zeugen mehr Glauben geschenkt als jenen der Beschuldigten, da sie in ihren Angaben ja keinerlei Strafsanktionen unterliege und darüberhinaus ein Interesse daran habe, straffrei zu bleiben. Es sei jedenfalls mit Strafverhängung vorzugehen gewesen, wobei weder strafmildernde noch straferschwerende Umstände vorlagen und von einem monatlichen Nettoeinkommen der Beschuldigten in Höhe von S 12.000,-- ausgegangen wurde.
In der Berufung gegen diese Entscheidung bringt die Rechtsmittelwerberin vor, sie sei zwar zu dem im Straferkenntnis genannten Zeitpunkt Lenkerin des gegenständlichen Lastkraftwagens mit dem Kennzeichen ** *** W gewesen, hätte jedoch nicht wahrgenommen, daß sie mit diesem LKW ein anderes Fahrzeug beschädigt habe. Aus diesem Grunde beantrage sie jedenfalls die Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses.
Die Berufung ist nicht begründet.
Gemäß §4 Abs1 StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten.
Gemäß §4 Abs5 StVO haben die in §4 Abs1 StVO genannten Personen wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf unterblieben, wenn die im Abs 1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.
Die Anhalteverpflichtung nach §4 Abs1 lita StVO setzt zunächst voraus, daß das Verhalten des Fahrzeuglenkers am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stand. Es kommt somit nicht darauf an, ob dieses Verhalten rechtswidrig oder schuldhaft war. Die Frage, ob das Verhalten einer Person am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stand, ist auf dem Boden der Äquivalenztheorie, die sich einer Eliminationsmethode bedient, zu lösen (VwGH 18.10.1989, Zl. 89/02/0086). Maßgeblich ist somit, unabhängig von der Verschuldensfrage, ob das Verhalten der betreffenden Person örtlich und zeitlich unmittelbar Bedingung für das Entstehen des Unfalles war. Das Verhalten der Berufungswerberin - Ausparken mit dem Lastkraftwagen, wobei sie ein anderes Fahrzeug streifte und hiebei dessen Bordwand, Rücklicht, Blinker und Plane beschädigte - ist jedenfalls für den vorliegenden Verkehrsunfall mit Sachschaden ursächlich. Die Anhaltepflicht setzt allerdings abgesehen vom Vorliegen eines Verkehrsunfalles und des erwähnten ursächlichen Zusammenhanges in subjektiver Hinsicht noch das Wissen um einen Verkehrsunfall voraus, wobei aber nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl VwGH 17.06.1992, Zl. 91/03/0286 nicht unbedingt nur das positive Wissen vom Verkehrsunfall und von ursächlichem Zusammenhang erforderlich ist; vielmehr genügt es - da der Anwendungsbereich des §4 StVO in diesem Zusammenhang nicht auf die Schuldform des Vorsatzes beschränkt ist (§5 VStG) -, wenn die betreffende Person bei gehöriger Aufmerksamkeit den Verkehrsunfall und den ursächlichen Zusammenhang hätte erkennen können; diese Tatbestände sind schon dann gegeben, wenn dem Fahrzeuglenker objektive Umstände zu Bewußtsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewußtsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles zu erkennen vermocht hätte. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner diesbezüglichen Judikatur zum Ausdruck gebracht, daß der Lenker eines Kraftfahrzeuges den Geschehnissen um sein Fahrzeug eine besondere Aufmerksamkeit zu widmen hat und in bestimmten Verkehrssituationen sich durch einen Blick in den Rückspiegel oder eventuell durch ein direktes Zurückschauen die notwendige Übersicht zu verschaffen hat. Dies gilt besonders für riskante Fahrmanöver, so etwa beim Ausparken durch Beobachtung des Verkehrsraumes hinter dem eigenen Fahrzeug, wobei der Fahrzeuglenker angehalten ist, sorgfältig zu beobachten und sich zu vergewissern, ob er durch dieses Fahrmanöver nicht für einen Verkehrsunfall ursächlich gewesen ist. Beim Ein- und Ausparken aus einer Parklücke ist dem diese Lücke begrenzenden Fahrzeugen eine erhöhte Aufmerksamkeit zu widmen - dies in der Hinsicht ob das Fahrmanöver ohne Kontaktierung anderer Fahrzeuge gelungen ist - (VwGH 28.03.1990, Zl. 89/03/0176).
Da die Berufungswerberin bei gehöriger Aufmerksamkeit somit den Verkehrsunfall mit Sachschaden erkennen hätte müssen, wäre sie verpflichtet gewesen, sofort anzuhalten und sich vom Ausmaß des Verkehrsunfalles zu überzeugen, zumal die Verpflichtung gemäß §4 Abs1 lita StVO bei jedem Verkehrsunfall besteht und zwar unabhängig davon, in welcher Person bzw in welcher Sache ein Schaden eingetreten ist. Wenn ein Fahrzeuglenker mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, dann ist er verpflichtet sein Fahrzeug sofort anzuhalten, selbst dann wenn bei einem Verkehrsunfall nur sein Fahrzeug beschädigt worden wäre (VwGH 17.06.1992, Zl. 91/03/0286).
Ebenso besteht gemäß §4 Abs5 StVO die Verpflichtung die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall mit Sachschaden ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, wobei Voraussetzung für die Meldepflicht nach §4 Abs5 StVO einerseits das objektive Tatbestandsmerkmal des Eintrittes eines Sachschadens ist und andererseits in subjektiver Hinsicht das Wissen oder fahrlässige Nichtwissen vom Eintritt eines derartigen Schadens (VwGH 24.10.1984, Zl. 84/02/0038). Eine Verständigung der nächsten Sicherheitsdienststelle im Sinne des ersten Satzes des §4 Abs5 StVO hätte nach dem zweiten Satz der genannten Bestimmung nur dann unterbleiben dürfen, wenn die in §4 Abs1 StVO genannten Personen (Unfallbeteiligte) oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben. Ein derartiger Identitätsnachweis ist allerdings unbestrittenerweise nicht erfolgt.
Zweck der Bestimmungen des §4 der StVO ist, im Hinblick auf die große Zahl der sich täglich ereignenden Verkehrsunfälle sowohl eine schnelle Klärung und Feststellung des jeweiligen Sachverhaltes zu ermöglichen, als auch dem Geschädigten die Möglichkeit zu geben, eine rasche und vollständige Schadensgutmachung zu erlangen. Der Tatunwert der von der Berufungswerberin gesetzten Delikte kann aus diesen Gründen nicht als gering angesehen werden, sowie darüberhinaus keinerlei Milderungsgründe vorlagen, sondern die Berufungswerberin eine Vielzahl von Vormerkungen wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes aufweist, weshalb selbst in Anbetracht des von ihr bekanntgegebenen, eher geringen monatlichen Einkommens, sowie der sonstigen allseitigen Verhältnisse, keine Herabsetzung der von der Erstbehörde verhängten Geldstrafen vorgenommen werden konnte.
Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß §51e Abs2 VStG unterbleiben.
Es war deshalb spruchgemäß zu entscheiden.