TE UVS Steiermark 1996/04/04 30.12-5/96

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Veröffentlicht am 04.04.1996
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Wigbert Hütter über die Berufung des Herrn Ing. W.S., geb. am 19.10.1935, vertreten durch Dr. G. D. und Dr. H. K., Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Liezen vom 21.3.1995, GZ.: 15.1 1993/4709, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird die Berufung dem Grunde nach abgewiesen.

Hinsichtlich der Strafhöhe wird der Berufung dahin Folge gegeben, daß nach § 19 Abs 1 und 2 VStG über den Berufungswerber eine Geldstrafe von S 4.000,-- (Ersatzarrest 1 Tag) verhängt wird.

Dadurch vermindert sich der Kostenbeitrag für das Verwaltungsstrafverfahren erster Instanz auf S 400,--. Dem Berufungswerber wird aufgetragen, die Geldstrafe und den Kostenbeitrag binnen vier Wochen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Gemäß § 65 VStG entfällt die Vorschreibung eines Kostenbeitrages für das Berufungsverfahren.

Der Spruch des Straferkenntnisses wird 1. in der Sachverhaltsumschreibung wie folgt korrigiert: Der Satzteil als den Arbeitgeber, die Firma B.-P. BaugmbH., Hoch- und Tiefbau, R., satzungsgemäß zur Vertretung nach außen berufenes Organ im Sinne des § 9 Abs 1 VStG 1991 wird durch den Satzteil als handelsrechtlicher Geschäftsführer der B.-P. Baugesellschaft m. b.H. mit Sitz in politischer Gemeinde R. ersetzt;2. bezüglich der verletzten Rechtsvorschriften wie folgt neu gefaßt: § 14 Abs 3 und 6 Arbeitnehmerschutzgesetz - ANSchG - i.V.m. § 80 Abs 1,

1.

Satz, Bauarbeiterschutzverordnung - Bau-VO - und § 85 Abs 1,

1.

Satz, Allgemeine Arbeitnehmerschutzverordnung - AAV; 3. bezüglich der bei Verhängung der Geldstrafe angewendeten Gesetzesbestimmung wie folgt korrigiert: § 31 Abs 2 lit. h ANSchG.

Text

Die belangte Behörde (die Bezirkshauptmannschaft L.) warf dem nunmehrigen Berufungswerber (Bw) im

angeführten Straferkenntnis folgenden Sachverhalt vor:

Anläßlich einer am 23. September 1993 durch das Arbeitsinspektorat L. auf der Baustelle Wohnhaus-Neubau in T. durchgeführten Baustellenkontrolle sei festgestellt worden, daß er als den Arbeitgeber, die Firma B.-P. BaugmbH., Hoch- und Tiefbau, R., satzungsgemäß zur Vertretung nach außen berufenes

Organ im Sinne des § 9 Abs 1 VStG 1991 dafür verantwortlich sei, daß den fünf auf der Baustelle beschäftigten Arbeitnehmern keine entsprechende eigene Abortanlage, die den diesbezüglichen sanitären Anforderungen entsprochen hätte, zur Verfügung gestellt worden sei und auch die Benützung einer fremden Anlage nicht sichergestellt gewesen sei. Die Abortanlage habe aus einer Blechhütte und einer ausgehobenen Grube

sowie einem völlig desolaten und verschmutzten Sitzbrett aus Schalholz bestanden.

Dadurch sei § 80 Abs 1 BauVO i.V.m. § 85 Abs 1 AAV verletzt worden. Nach § 33 Abs 7, 1. Satz, ANSchG

i. V.m. § 31 Abs 2 lit. p leg. cit. wurde eine Geldstrafe von S 5.000,-- (Ersatzarrest 5 Tage) verhängt.

Der Beschuldigte berief. Auf der gegenständlichen Baustelle sei im Sommer 1993 eine Toilettanlage eingerichtet worden, bei der es sich um ein vorgefertigtes Klosett wie es normgerecht im Handel und auf sonstigen Baustellen verwendet würde. Der angebliche Zustand, wie er im Bescheid festgestellt sei, sei zweifellos darauf zurückzuführen, daß die Abortanlage von den Dienstnehmern nicht benützt und deshalb auch nicht

sauber gehalten worden sei. Es bestehe keine

gesetzliche Verpflichtung des Beschuldigten, die eingerichtete Abortanlage auch sauber und in Ordnung zu halten. Mit der Installation einer Abortanlage, die den gesetzlichen Erfordernissen entspreche, habe der Beschuldigte seine Verpflichtungen erfüllt, alles weitere sei in den Verantwortungsbereich der Dienstnehmer

selbst gefallen. Dies könne der Zeuge Herr A. P., wegen dessen unterbliebener Vernehmung das Verfahren der

ersten Instanz mangelhaft geblieben sei, bestätigen. Dazu komme, daß in der näheren Umgebung des Baustellenbereiches die Toilettanlagen von zwei Gasthäusern zusätzlich zur Verfügung gestanden seien, die immer benützt hätten werden können. Die Ruhetage und Öffnungszeiten (dieser Gasthäuser) hätten auf die Benützungsmöglichkeit der Anlagen keinen Einfluß

gehabt, der Zugang sei den Dienstnehmern jederzeit möglich gewesen.

Zudem sei die verhängte Geldstrafe unangemessen hoch.

Wenn überhaupt von einem Tatbestand gesprochen

werden könne, sei der Unrechtsgehalt so gering.

Anschließend wird die Einstellung des Verfahrens, allenfalls die Verfahrensergänzung durch die erste Instanz, in jedem Fall das Absehen von der Verhängung einer Strafe, zumindest deren entsprechende

Herabsetzung beantragt.

Zu GZ.: 15.1 1993/4420 wurde von der belangten

Behörde mit Straferkenntnis vom 21.3.1995 der weitere

handelsrechtliche Geschäftsführer der B.-P.

Baugesellschaft m.b.H., Herr DI M. L., bestraft. Auch er erhob Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark. Wegen des sachlichen

Zusammenhangs wurde das genannte Verfahren (UVS 30.11-68/95) gemeinsam mit dem vorliegenden mit Zustimmung sämtlicher Parteien am 27. März 1996 in Gegenwart des Vertreters beider Bw, jedoch in Abwesenheit der letzteren, und in Gegenwart eines Vertreters des Arbeitsinspektorates L. als mitbeteiligter Partei verhandelt. Dabei wurden der Arbeitsinspektor und Anzeigenleger Herr Ing. H. H. sowie der vormalige Polier der B.-P. Baugesellschaft m.b.H., Herr A. P., als Zeugen vernommen.

Aufgrund der Beweisergebnisse gelangt der Unabhängige Verwaltungssenat zu folgenden Feststellungen:

Herr Ing. W. S. ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der B.-P. Baugesellschaft m.b.H. mit Sitz in R.. Diese Gesellschaft betrieb in T. ab Mai 1993 eine Baustelle, auf welcher am 23.9.1993 fünf Arbeitnehmer der Gesellschaft beschäftigt waren. Von der Arbeitgeberin war eine Abortanlage auf der Baustelle aufgestellt worden, die am 23.9.1993 folgendermaßen beschaffen war: Das Gehäuse bestand aus einer Blechhütte, die über eine Senkgrube gestellt war. Den Boden bildete ein Rost, der die Abortanlage gegen die Senkgrube hin nicht abschloß, sodaß man durch den Rost in die Senkgrube sehen

konnte. Als Sitzfläche diente eine verschmutzte Preßspanplatte, die Öffnung in der Sitzfläche wies keinen Deckel auf. Auf dem Boden an die Wand gelehnt stand eine von den Arbeitern aus Styropor selbstgefertigte Klobrille. Die Abortanlage wurde von den Arbeitnehmern nur im Notfall benützt. Sie wurde nie geputzt. Ansonsten suchten die Arbeitnehmer ein nahegelegenes Gasthaus auf, das zum Großteil geöffnet war. Eine Abmachung mit dem Gastwirt über die Klosettbenützung durch die Arbeitnehmer bestand nicht. Sie waren zeitweise als Gäste im Lokal und haben dabei das WC benutzt, ab und zu gingen sie nur ins Gasthaus, um das WC zu benutzen. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den Aussagen des Herrn Ing. H. und des Herrn A. P. sowie aus dem Foto im erstinstanzlichen Akt. Wenn der Vertreter des Berufungswerbers im Schlußwort die Beiziehung eines Amtssachverständigen zum Beweis dafür beantragte,

daß die Anlage den gesetzlichen Voraussetzungen

entsprach und die ins Treffen geführten Mindeststandards

nicht dem Gesetz oder anderen Vorschriften zu

entnehmen seien, war dieser Beweisantrag schon

deswegen nicht mehr zu beachten, weil er erst nach

Schluß des Beweisverfahrens gestellt wurde. In der Berufung selbst war von ihm nur die Einvernahme des Zeugen P. beantragt worden. Die Berufungsbehörde hatte von sich aus Herrn Ing. H. als Zeugen geladen. Der Bw war bei der öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht zugegen und konnte nicht als Partei vernommen werden. Seine Einvernahme oder die Aufnahme weiterer Beweise erwiesen sich nicht als notwendig, eine Vertagung war daher nicht vorzunehmen (§ 51 h Abs 1 VStG). Da die Ladung zu Handen des Parteienvertreters

ordnungsgemäß zugestellt war, wird durch das Nichterscheinen des Bw auch die Fällung des Erkenntnisses nicht gehindert (§ 51 f Abs 2 VStG).

Nach § 14 Abs 3 ANSchG müssen für die Arbeitnehmer

entsprechend ausgestattete Abortanlagen in

ausreichender Zahl und in geeigneter Lage zur Verfügung stehen. Bei Beschäftigung männlicher und weiblicher Arbeitnehmer muß hinsichtlich der Einrichtung und Benützung der Abortanlagen auf die Verschiedenheit der Geschlechter Rücksicht genommen werden.

Nach § 14 Abs 6 ANSchG ist auf Arbeitsstellen außerhalb des Standortes des Betriebes den Abs 1 bis 4 tunlichst Rechnung zu tragen.

Nach § 80 Abs 1 erster Satz BauVO muß auf jeder

Baustelle eine entsprechende eigene Abortanlage

vorhanden oder die Benützbarkeit einer entsprechenden

fremden Anlage sichergestellt sein.

Nach § 85 Abs 1 AAV müssen den Arbeitnehmern

entsprechend ausgestattete Abortanlagen zur Verfügung stehen, die den diesbezüglichen sanitären Anforderungen entsprechen. Sie müssen möglichst so angelegt sein, daß sie ohne Gefahr einer Erkältung benützt werden können. Abortanlagen müssen sich in der Nähe von Arbeitsplätzen sowie von Räumen zum Aufenthalt

während der Arbeitspausen und von Wasch-, Bade- und Umkleideräumen befinden. Nach § 2 BauVO gelten bei

den unter den Geltungsbereich dieser Verordnung

fallenden Arbeiten, sofern im nachstehenden nicht

anderes bestimmt wird, auch die einschlägigen

Vorschriften der Allgemeinen

Dienstnehmerschutzverordnung, BGBl. Nr. 265/1951, in der jeweils geltenden Fassung.

Soweit in anderen Rechtsvorschriften auf die allgemeine Dienstnehmerschutzverordnung hingewiesen wird,

bezieht sich zufolge des § 93 Abs 5 AAV dieser Hinweis nunmehr auf die AAV und auf den nicht durch diese Verordnung außer Kraft getretenen Teil der ADSV.

Nach dem Wortlaut des § 2 BauVO (Arg.: auch) i.V.m. § 93 Abs 5 AAV sind bei den unter den Geltungsbereich der BauVO fallenden Arbeiten (vgl. deren § 1) grundsätzlich die einschlägigen Vorschriften der AAV zusätzlich zu denen der BauVO anzuwenden. Dieser Grundsatz steht

unter dem Vorbehalt, daß im nachstehenden, d. h. in den weiteren, dem § 2 BauVO folgenden Bestimmungen

dieser Verordnung nicht anderes bestimmt, also die Anwendung auch der AAV ausgeschlossen wird (VwGH 24.9.1990, Zl. 90/19/0184).

Da die BauVO nur von einer entsprechenden Abortanlage spricht, darüber hinaus aber keine zusätzlichen Anforderungen aufzählt, ist im vorliegenden Fall der erste Satz des § 85 Abs 1 zusätzlich heranzuziehen, der eine solche entsprechende Ausstattung der Abortanlagen verlangt, daß sie den diesbezüglichen sanitären Anforderungen entsprechen.

Anders als der Bw meint, kommt es somit nicht darauf an, daß ein vorgefertigtes Klosett wie es normgerecht im Handel und auf sonstigen Baustellen verwendet wird - sollte es sich um ein derartiges Klosett gehandelt haben - , sondern darauf, daß den sanitären Anforderungen entsprochen wird, und zwar unabhängig davon, ob der Abort vorgefertigt wurde und normgerecht im Handel .......... verwendet wird.

Es liegt auf der Hand und bedarf nicht der Beiziehung eines Amtssachverständigen, daß ein Abort, der nur mit einem Rost gegen die Senkgrube abgeschlossen ist,

dessen Sitzfläche aus einer Preßspanplatte besteht, die keinen Deckel aufweist und der nie gereinigt wird, den sanitären Anforderungen nicht entspricht. Die Einrichtung einer Abortanlage auf einer Baustelle, bestehend aus einer rohen Spanplatte, entspricht nicht den hygienischen Anforderungen, wie sie von heutigen Abortanlagen auf Baustellen zu fordern sind (UVS Kärnten, KUVS-1162- 1165/3/92 vom 28.4.1993).

Es war somit auf der Baustelle in T. keine Abortanlage für die Arbeitnehmer vorhanden, die den diesbezüglichen sanitären Anforderungen entsprach.

Da die Abortanlage den sanitären Anforderungen entsprechen muß, ist entgegen der Meinung des Bw

darin auch die Verpflichtung des Arbeitgebers enthalten, entsprechende Vorsorge für eine regelmäßige Reinigung der Abortanlage zu treffen.

Aber auch die Benützbarkeit einer entsprechenden

fremden Anlage war nicht sichergestellt: Bei seiner Einvernahme vor der belangten Behörde am 25.11.1993 gab der Bw an, Herr A. P. habe bekanntgegeben, daß

das gegenständliche WC seit längerem Zeitraum nicht benutzt werde und daß in einer Entfernung von ca. 100 m die Möglichkeit bestanden habe, im Gasthof S. die WC-Anlagen zu benutzen. Laut Stellungnahme der mitbeteiligten Partei vom 5.1.1994 brachte eine Erhebung am 15.12.1993 das Ergebnis, daß das Gasthaus S. erst seit Anfang Oktober geöffnet hatte, und zwar täglich, außer Montag, ab 16.00 Uhr. Das Gemeindeamt T. teilte mit Schreiben vom 28.8.1995 der Berufungsbehörde zu UVS 30.11-68/95 mit, daß der Gasthof S. in T. 1 in der Zeit August/September 1993 von Frau J. S. geführt

worden sei. Bei einer weiteren Einvernahme vor der belangten Behörde am 11.2.1994 korrigierte der Bw seine Aussage dahin, daß die Arbeitnehmer in das Gasthaus T. gegangen seien, um dort die Abortanlagen zu benutzen. Laut dem den Parteien bei der Verhandlung zur Kenntnis gebrachten Aktenvermerk vom 21.8.1995 ist der T. von 7.30 Uhr bis 24.00 Uhr geöffnet, hat am Mittwoch

Ruhetag und am Donnerstag erst ab 16.00 Uhr geöffnet. Auch wenn die Arbeitnehmer zeitweise als Gäste im Lokal waren (offenbar im T.) und dabei das WC benutzt haben und ab und zu nur ins Gasthaus gegangen sind, um das WC zu benutzen, liegt darin nicht die im § 80 Abs 1 BauVO als Alternativmöglichkeit zur eigenen

Abortanlage geforderte Sicherstellung der Benützbarkeit einer entsprechenden fremden Anlage. Die WCs eines Gasthauses sind für dessen Gäste bestimmt. Eine Gasthaustoilette hat in der Regel nicht die Funktion einer öffentlichen Toilette. Wenn daher die Arbeitnehmer von Zeit zu Zeit die Toilette des Gasthauses benutzten, ohne dort Gäste zu sein, liegt darin mangels einer entsprechenden Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem Gastwirt, die den Arbeitnehmern die

jederzeitige Benützbarkeit der Gasthaus-Toilette ermöglicht, keine Sicherstellung, da in einem solchen Fall die Arbeitnehmer auf die Duldung ihrer Toilettenbenützung durch den Gastwirt angewiesen sind. Durch die Sicherstellung der Benützbarkeit erhalten die Arbeitnehmer einen Anspruch. Im vorliegenden Fall

wurden sie aber zu Bittstellern, wenn sie die Toilette des Gasthauses benützen wollten, ohne dort Gäste zu sein. Es liegt somit eine Verletzung der §§ 14 Abs 3 und 6 ANSchG i.V.m. 80 Abs 1, 1. Satz, 1. und 2. Satzteil, BauVO und 85 Abs 1, 1. Satz, AAV vor.

Für diese Übertretung haftet der Bw im Grunde des § 9 Abs 1 VStG als handelsrechtlicher Geschäftsführer des Arbeitgebers, der B.- P. Baugesellschaft m.b.H.

§ 5 (Schuld) Abs 1 VStG lautet:

(1)Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei

Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiters anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Verwaltungsübertretungen, zu deren Tatbestand der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört, werden als Ungehorsamsdelikte bezeichnet. (VwGH 5.9.1978, 2787/77)

Bei diesen Delikten hat jedoch der Täter die von ihm behauptete Schuldlosigkeit glaubhaft zu machen und es obliegt ihm, alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. (s. VwSlg 7087 A/1967 und VwGH 20.5.1968, 187/67). Der Gesetzgeber belastet sohin den Täter in einem solchen Fall schon durch den objektiven

Tatbestand und präsumiert die Schuld bis zur Glaubhaftmachung des Gegenteils durch den Beschuldigten. (VwGH 21.10.1977, 1793/76, ebenso VwGH 13.2.1979, 2969/77)

Der Bw machte keine Umstände geltend, daß ihn kein

Verschulden trifft. Er gab insbesondere den Dienstnehmern keinen Auftrag zur Reinigung der Abortanlage. Aus der Zeugenaussage des Herrn Ing. H. ergibt sich, daß bereits am 18.8.1993 der mangelhafte Zustand der Abortanlage bei einer Kontrolle beanstandet worden war, worüber der Bw mit Schreiben des Arbeitsinspektorates Leoben vom 6. September 1993,

Punkt 12., informiert wurde.

Es liegt daher grobe Fahrlässigkeit vor.

Die belangte Behörde nahm die Bestrafung nach § 33 Abs 7 erster Satz ANSchG i.V.m. § 31 Abs 2 lit. p leg. cit. vor. Die Heranziehung dieser Sanktionsnorm war aus folgendem Grund unzutreffend: Nach § 31 Abs 2 ANSchG begehen Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte eine Verwaltungsübertretung und sind, sofern die Tat nicht nach anderen Gesetzen strenger zu bestrafen ist, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen, wenn sie (lit. h) keine ausreichenden oder entsprechenden Waschgelegenheiten oder keine entsprechenden Aborte in ausreichender Zahl zur Verfügung stellen (§ 14). Nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 7. Dezember 1979, Zl. 106/78, wird durch ein den Bestimmungen der lit. a bis lit. o des § 31 Abs 2 ANSchG widersprechendes Verhalten allein der einschlägige Straftatbestand der lit. a bis lit. o erfüllt, soweit eine Verordnung lediglich ein bereits durch lit. a bis lit. o unter Strafe gestelltes Verhalten näher bestimmt. Da § 80 Abs 1 Bau-VO und § 85 Abs 1 AAV, jeweils 1. Satz, nähere Bestimmungen über Abortanlagen enthalten, wäre die Verletzung dieser Bestimmungen nur dann nach § 31 Abs 2 lit. p i.V.m. § 33 Abs 7 erster Satz ANSchG zu bestrafen gewesen, wenn § 14 Abs 3 ANSchG keine

Bestimmungen über Abortanlagen enthielte, deren Verletzung nicht nach § 31 Abs 2 lit. h ANSchG zu bestrafen wäre. Im vorliegenden Fall ist somit trotz Verletzung (auch) der §§ 80 Abs 1 Bau-VO und 85 Abs 1 AAV § 31 Abs 2 lit. h ANSchG die zutreffende Strafnorm. Der Spruch des Straferkenntnisses war daher bezüglich der verletzten Rechtsvorschriften neu zu fassen und bezüglich der bei Verhängung der Geldstrafe

angewendeten Gesetzesbestimmung zu korrigieren.

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Im vorliegenden Fall ist eine entsprechende Schutzzweckverletzung gegeben.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen.

Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Anders als die belangte Behörde im Straferkenntnis bei der Begründung der Strafbemessung ausführte (als strafmildernd wurde nichts berücksichtigt), war der Bw zur Tatzeit unbescholten (siehe Telefax der belangten Behörde zu UVS 30.13-58/95-3). Die Unbescholtenheit bildet einen Milderungsgrund. Erschwerungsgründe sind nicht gegeben. Der Bw hat ein monatliches

Nettoeinkommen von S 32.000,-- und ist für seine Gattin sorgepflichtig. Die von der belangten Behörde verhängte Geldstrafe von S 5.000,-- war wegen der Außerachtlassung des Milderungsgrundes der Unbescholtenheit auf S 4.000,-- (Ersatzarrest 1 Tag) herabzusetzen. Diese Strafhöhe wird auch der groben Fahrlässigkeit sowie general- und spezialpräventiven Überlegungen gerecht.

Wegen der Strafherabsetzung entfällt ein Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren (§ 65 VStG).

Der Spruch des Straferkenntnisses war in der Sachverhaltsumschreibung dahin zu korrigieren, daß der Bw die Verwaltungsübertretung als handelsrechtlicher Geschäftsführer der B.-P. Baugesellschaft m.b.H. zu verantworten hat.

Der Berufungsantrag war somit dem Grunde nach

abzuweisen, während ihm bezüglich der Strafhöhe im angeführten Ausmaß stattzugeben war.

Schlagworte
Abortanlagen zur Verfügung stellen Baustelle
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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