TE UVS Wien 1996/04/15 04/G/33/587/95

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Veröffentlicht am 15.04.1996
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Dr Maukner über die Berufung des Herrn Paul M, vertreten durch Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 10. Bezirk, vom 7.8.1995, Zl

 

MBA 10 - S 3808/95, betreffend Übertretung nach § 367 Z 25 der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) in zwei Fällen, nach durchgeführter öffentlicher Verhandlung am 8.2.1996 und am 21.3.1996 wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung zu Spruchpunkt 1) keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß im Spruch das Wort "zumindest" entfällt. Dem Berufungswerber wird daher zu Spruchpunkt 1) gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind S 240,--, auferlegt. Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung zu Spruchpunkt 2) insofern Folge gegeben, daß im Spruch das Wort "zumindest" und die Tatanlastung hinsichtlich des Vorwurfes "Die in diesem Punkt vorgeschriebene zweite Betätigungseinrichtung war augenscheinlich nicht vorhanden." entfällt. Die zu Spruchpunkt 2) verhängte Geldstrafe von S 1.200,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: ein Tag) wird auf

S

 

600,--, im Falle der Uneinbringlichkeit zwölf Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, herabgesetzt. Dementsprechend wird zu Spruchpunkt 2) der erstinstanzliche Verfahrenskostenbeitrag mit S 60,-- festgesetzt. Dem Berufungswerber wird daher zu Spruchpunkt 2) ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens nicht auferlegt.

Text

Begründung:

1. Das angefochtene Straferkenntnis enthält folgende Tatanlastung:

"Sie haben es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der P Warenhandel Gesellschaft mbH zu verantworten, daß in der Betriebsanlage in Wien, T-straße zumindest am 21.3.1995 die folgenden

 

Auflagen des nachstehend angeführten rechtskräftigen Bescheides nicht

 

eingehalten wurden:

Bescheid vom 4.3.1981, MBA 10 - Ba 27.349/1/80

1) Pkt 3, wonach der rundum laufende Hauptverkehrsweg in einer Mindestbreite von 2,20 m, die übrigen Verkehrswege in einer Mindestbreite von 1,80 m von jeder Verstellung freizuhalten sind, wurde insoferne nicht eingehalten, als der Hauptverkehrsweg an folgenden Stellen eingeengt war. Beim Ende des Ganges 1 durch Zweitplazierungen (Wurstwaren in Körben, bzw in einer Tiefkühltruhe) von 2,20 m auf ca 1,70 m, beim Ende des Ganges 8 durch Getränkekisten

 

(teilweise auf Paletten von 2,20 m auf ca 1,80 m.

Der Nebenverkehrsweg war an folgenden Stellen eingeengt:

Beim Ende der Gänge 6 + 7 durch Getränkekisten von 1,80 m auf ca 1,60

 

m.

Im mittleren Bereich durch Regale (von Gang 6 bis hin zu Gang 2) sowie Zweitplazierungen von 1,80 m auf ca 1,60 m.

Im hinteren Bereich durch Zweitplazierungen von 1,80 m auf ca 1,60

m.

2) Pkt 8, wonach die Betätigungsstellen - mindestens zwei an diametralen Stellen, jeweils in der Höhe eines Ausganges - gemäß ÖNORM F 2030 zu kennzeichnen sind, wurde insoferne nicht eingehalten,

 

als die Betätigungsstelle (im Kassenbereich) der Brandrauchentlüftung

 

nicht gemäß ÖNORM F 2030 als solche gekennzeichnet war. Die in diesem

 

Punkt vorgeschriebene zweite Betätigungseinrichtung war augenscheinlich nicht vorhanden."

Er habe dadurch "§ 367 Z 25 GewO 1994 in Verbindung mit Punkt 3) und

8) des rechtskräftigen Bescheides vom 4.3.1981, MBA 10 - Ba 27349/1/80" verletzt, weswegen über ihn gemäß § 367 Einleitungssatz leg cit zwei Geldstrafen zu je Schilling 1.200,--, zusammen Schilling

 

2.400,--, falls diese uneinbringlich sind, zwei Ersatzfreiheitsstrafen von je einem Tag, zusammen zwei Tage, verhängt

 

und ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von insgesamt Schilling 240,-- auferlegt wurde.

In der dagegen erhobenen Berufung wird im wesentlichen folgendes ausgeführt:

"Als Berufungsgründe werden mangelhafte Tatsachenfeststellung und unrichtige Beweiswürdigung, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht.

1. Ad mangelhafte Tatsachenfeststellung und unrichtige Beweiswürdigung:

Der Spruch entspricht nicht § 44a VStG.

Mir ist vorgeworfen, daß verschiedene Gänge nicht die notwendige Breite aufgewiesen hätten, sondern teilweise verstellt waren, und zwar in Punkt 1 des Bescheides.

Die Tatumschreibung ist jedoch insofern unvollständig, als die Gänge in irgendeiner Form durchnumeriert sind und mir Gänge 1, 6 und 7 vorgehalten werden, ohne daß in diesem Verfahren je konkret beschrieben worden wäre, welche Gänge damit gemeint sind und diese Gänge bezeichnet wurden.

Damit ist aber die Tatortumschreibung nicht ordnungsgemäß. Mir wird weiters vorgeworfen, daß etwa am Ende des Ganges 1, im Bereich Wurstwaren in Körben bzw einer Tiefkühltruhe, eine Einengung vorhanden war.

Ich habe ausdrücklich vorgebracht, daß dort, wo die Körbe gestanden haben könnten, keinesfalls eine Tiefkühltruhe steht, sodaß auch dieser Tatbestand und/oder Tatortbeschreibung so nicht aufrecht zu erhalten ist.

Trotz entsprechenden Vorbringens setzt sich die belangte Behörde mit den Einwänden nicht weiter auseinander, was unter einem auch als Verfahrensmangel gerügt wird.

In Punkt 2. des Straferkenntnisses wird mir unter anderem vorgeworfen, daß eine zweite Betätigungseinrichtung für die Brandrauchentlüftung "augenscheinlich" nicht vorhanden war. Auch dieser Vorhalt bzw diese Formulierung des Straferkenntnisses entspricht nicht § 44a VStG. Die Behörde hält mir nicht etwa vor, daß

 

sie nicht vorhanden war, sondern, daß sie "augenscheinlich" nicht vorhanden war, das könnte aber höchstens tatbestandsmäßig sein, wenn mir ein augenfälliges Anbringen der zweiten Betätigungseinrichtung vorgeschrieben worden wäre.

Auch der Vorwurf, daß die Betätigungsstelle im Kassenbereich der Brandrauchentlüftung nicht gemäß Ö-Norm F 2030 als solche gekennzeichnet war, ist so nicht ausreichend, weil die Behörde nicht darstellt, ob und welche Kennzeichnungselemente ihr gefehlt haben, was für einen ordnungsgemäßen Vorhalt notwendig wäre. Weiters stellt die Behörde nicht dar, wo ich die Verwaltungsübertretung begangen haben soll, ob sie also von einer Übertretung am Sitz des Unternehmens, also in der J-Gasse, oder in der Filiale ausgeht, es nennt den Sitz des Unternehmens nicht einmal und widerspricht das der Verwaltungsgerichtshofsjudikatur. Weiters nennt der Bescheid keine Uhrzeit, obwohl natürlich gerade bei

 

so kurzfristigen Verstellungen die Uhrzeit wesentlich gewesen wäre, auch für die rechtliche Beurteilung.

Die belangte Behörde hält mir einen "zumindest"-Zeitraum vor. Dies ist jedenfalls unzulässig. Die Behörde hätte meinen konkreten Tatzeitraum vorzuhalten, aber keinen "Mindestens"- und/oder "Längstens"-Tatzeitraum. Die Formulierung "zumindest" läßt vermuten, daß die Behörde - freilich ohne jeden Beweis - davon ausging, daß die

 

gegenständlichen Beanstandungen längere Zeit gedauert hätten, also schon im Spruch erkennen läßt, daß sie von einer Vermutung zum Nachteil des Beschuldigten ausgeht. Eine "Zumindest"-Vorschreibung ist jedenfalls keine konkrete Tatzeitumschreibung, eine Änderung außerhalb der Verjährung all dieser Punkte ist freilich nicht möglich, weil der Beschuldigte diesbezüglich ja in seiner Verteidigung behindert war und ein Berufungsverfahren das Verfahren

1.

Instanz nicht zu ersetzen vermag.

2.

Ad Mangelhaftigkeit des Verfahrens:

Ich habe vorgebracht, daß ich der handels- und gewerberechtliche Geschäftsführer der P WarenhandelsgesmbH bin, daß diese Gesellschaft 25 Lebensmittelmärkte bundesweit betreibt, wobei jeder einzelne dieser Märkte Flächen von mehreren tausend Quadratmetern umfaßt, in der Regel mehr als 30 Mitarbeiter beschäftigt, ein Warensortiment von

 

rund 15.000 Artikel, also mehrere hunderttausend Stück Ware umsetzt. Ich habe weiters vorgebracht, daß es nicht nur ausdrücklich bestellte

 

und vollausgebildete und anordnungsbefugte Marktleiter in jedem einzelnen dieser Märkte gibt, sondern eben auch Stellvertreter und verschiedene Abteilungsleiter.

Ich habe weiters vorgebracht, daß ich ein taugliches Überprüfungssystem eingerichtet habe, daß mehrere Märkte durch Marktinspektoren überprüft werden, daß ich mit diesen Marktinspektoren Kontakt halte, regelmäßig Inspektionsberichte über stattgefundene Kontrollen bekomme und selbst - natürlich notgedrungen

 

-

stichprobenweise immer wieder alle Märkte überprüfe. Ich habe weiters vorbegracht, daß sich das System unserer Inspektoren

 

bewährt hat, daß der jeweilige Inspektor nicht an bestimmten festgesetzten Tagen sondern auch für den Marktleiter überraschend erscheint, aber regelmäßig überprüft.

Ich habe weiters vorgebracht, daß es Brandmeldeübungen gegeben hat, bei denen natürlich die Notausgänge und Beleuchtungen und Hinweisschilder überprüft wurden, welche Überprüfungen von dritter Seite durchgeführt wurden, die ebenfalls zu keinen Beanstandungen geführt haben.

Ich habe vorgebracht, daß es regelmäßige Inspektionssitzungen gibt, bei denen auch über die Überprüfungen der Betriebsanlagenauflagen gesprochen wird, daß ich Inspektionsberichte erhalte, die ebenfalls keine Beanstandungen ergeben haben, und habe unter Beweis gestellt und vorgebracht, daß im gegenständlichen Markt Kontrollen im Beanstandungsmonat stattgefunden haben, die keine Beanstandung ergeben haben.

Daneben werden Marktleiter und Marktleiterstellvertreter auch auf ihre Kontrollpflichten schriftlich aufmerksam gemacht. Für all dies habe ich auch urkundlichen Beweis angeboten. Ich habe weiters vorgebracht, daß es sich bei den gegenständlichen Beanstandungen um reine Augenblicksgebrechen gehandelt haben muß, wie

 

sich schon aus der Art der Beanstandung ergibt.

Zum Beweis für all dieses Vorbringen habe ich mich, neben den vorgelegten Urkunden, auf die Einvernahme des zuständigen Filialinspektors berufen.

Ich habe daneben vorgebracht, daß es konzernweit eine eigene Filialbauabteilung gibt, die für die Einhaltung von Betriebsanlagenvorschriften in baulicher Hinsicht und Ausstattungshinsicht zuständig ist, die unter Leitung eines Prokuristen und voll anordnungsbefugten Abteilungsleiter mit technischer Ausbildung steht und mehrere Techniker beschäftigt, sodaß, wenn mir ein Ausstattungsmangel vorgeworfen würde, diesen die Verantwortung treffen würde, bzw die Einrichtung einer Filialbauabteilung, die ich natürlich - soweit mir das als Kaufmann möglich ist - immer wieder überprüfe, und die Ausstattung der Bauabteilung mit tauglichem Personal ebenfalls ein taugliches Kontrollsystem darstellt.

Zum Beweise hierfür berufe ich mich nunmehr im Berufungsverfahren ergänzend zu den Beweisanträgen 1. Instanz, die allesamt auch im Berufungsverfahren wiederholt werden, auch auf die Einvernahme des Prok Franz R, pA J-AG, Bauabteilung, S-gasse, Wien. Das Bezirksamt geht auf keinen der Beweisanträge ein. Es begründet auch nicht, warum es die Beweisanträge für entbehrlich hält, sie vernimmt weder den Marktleiter noch den Marktinspektor ein, noch hält

 

es einen Lokalaugenschein ab.

All diese Beweisanträge stellen aber taugliche Beweisanträge zum Nachweis für das Funktionieren und das Kontrollieren des Kontrollsystems dar und gerade diesen Mangel wirft mir das Bezirksamt

 

ohne jede Deckung im Beweisverfahren vor.

Ich habe immerhin 11 Beilagen zum urkundlichen Nachweis für das Funktionieren des Kontrollsystems vorgelegt, auf die die Behörde mit keinem Wort eingeht, sondern - offensichtlich satzbausteinweise - mir

 

vorhält, ich hätte nicht auf Grundlage entsprechend des Tatsachenvorbringens dargelegt, daß das Kontrollsystem, insbesondere bezüglich der verfahrensgegenständlichen Filiale, funktionieren sollte und hätte nicht dargestellt einzelne Maßnahmen aufzuzeigen, die sicherstellen, daß die auf die jeweilige übergeordnete Ebene erteilte Anordnung zur Einhaltung der Verwaltungsvorschriften in der entsprechenden Filiale auch tatsächlich befolgt werden. Gerade das weisen die vorgelegten Beilagen aus, bzw hätte sich dies aus der Einvernahme von Marktleiter und Filialinspektor ergeben. Der guten Ordnung halber wird darauf hingewiesen, daß etwa die Beilage bezüglich der Brandschutzübungen, die quartalsmäßig durchgeführt werden, sogar von dritter Seite stammten, und gerade im Rahmen der Brandschutzübungen natürlich die Freihaltung der Wege und die Bezeichnung von Notausgängen, so wie alle mit der Brandsicherung in Zusammenhang stehenden Auflagenpunkte kontrolliert werden. Auch hierbei gab es durchwegs nur positive Ergebnisse. Ich habe weiters vorgebracht, daß keine Mängel anläßlich all dieser Überprüfungen bekannt wurden oder mir gemeldet wurden, und auch meine

 

stichprobenweisen Überprüfungen keine Mängel ergeben haben, und es sich erkennbar bei den Beanstandungen - wenn man von diesen ausginge - um Augenblicksgebrechen handeln mußte, etwa wenn ein Gang verengt wird, oder sich eine Beschriftung ablöst, die ja auch bisher noch nicht beanstandet war.

Daß gerade die hier gegenständlichen Beanstandungen von mir nicht entdeckt werden konnten, ergibt sich aber einerseits aus der Art der Beanstandungen aber auch aus meinem Vorbringen über das funktionierende Kontrollsystem.

Das Bezirksamt geht weiters davon aus, daß ich die Tatbestandsmäßigkeit und den objektiven Sachverhalt als solchen nicht

 

bestritten hätte.

Das Bezirksamt tut dies zu unrecht.

Ich habe ausführlich vorgebracht, daß ich mir die gegenständlichen Beanstandungen - außerhalb eines Augenblicksgebrechens anläßlich des Kontrollbesuches durch den Anzeigeleger - nicht erklären konnte, ich habe aber ausdrücklich auch vorgebracht, daß beide Betätigungsstellen, wie in Punkt 2. begehrt, vorhanden sind - deswegen behilft sich die Behörde offensichtlich mit dem Vorhalt "augenscheinlich" - ohne daß die Behörde dazu Feststellungen trifft. Alles in allem ist daher das Verfahren in einem Umfang mangelhaft geblieben, daß darauf eine Entscheidung nicht gestützt werden kann. Daß aber die Durchführung des Verfahrens erst in 2. Instanz solche Verfahrensmängel nicht heilen kann, ergibt sich einerseits daraus, daß dem Beschuldigten dadurch eine volle Beweisinstanz genommen wäre,

 

und der Gesetzgeber in Übereinstimmung mit der MRK ein mehrstufiges Verfahren vorsieht und wohl auch daraus, daß - wenn dies möglich wäre

 

-

der Beschuldigte unbillig finanziell, allein durch die erhöhten Kosten, belastet würde.

Daneben haben die Unabhängigen Verwaltungssenate (zB Oberösterreich, SZ UV 1 OÖ-6/1995) bereits in publizierten Entscheidungen klargestellt, daß der UVS höchstens zu Verfahrensergänzungen, keinesfalls aber zur Durchführung des Verfahrens, berufen sein kann, er würde ansonsten damit die vom Gesetzgeber zugewiesene Rolle verlassen.

Schon aus diesem Grunde wäre daher das Straferkenntnis des Bezirksamtes aufzuheben.

 3. Ad unrichtige rechtliche Beurteilung:

Vorerst wird - um Wiederholungen zu vermeiden - auf obiges Vorbringen

 

verwiesen. Dieses Vorbringen wird auch zum Vorbringen im Rahmen des Berufungsgrundes der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhoben. Das Magistratische Bezirksamt interpretiert die Norm des § 5 VStG rechtsirrig.

Nun gesteht zwar auch das Bezirksamt zu, daß bei der Fülle der Aufgaben von mir nicht verlangt werden könnte, daß ich alle Überprüfungsaufgaben selbst durchführe, weil das schon physisch nicht

 

möglich wäre.

Das Bezirksamt gibt keine Begründung dafür ab, warum es der Meinung sei, daß das Kontrollsystem unter vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschrift nicht mit guten Grund erwarten

 

lassen. Ich habe das Kontrollsystem und die verschiedenen Kontrollstufen, die nicht nur in Anweisungen bestehen, ausführlich dargestellt.

Wenn mir daher das Bezirksamt vorwirft, ich hätte das Kontrollsystem in generell abstrakter Weise glaubhaft gemacht und nicht die einzelnen Maßnahmen aufgezeigt, die sicherstellen, daß die auf die jeweils übergeordnete Ebene erteilte Anordnung zur Einhaltung der Verwaltungsvorschrift in der entsprechenden Filiale auch tatsächlich befolgt werden, so geht es nicht von meinem Vorbringen und Beweisanbot aus.

Ich habe umfänglich urkundlichen Beweis dafür vorgelegt, daß die Kontrollen auch durchgeführt werden und nicht nur in Anweisungen bestehen. Ich habe mich zum Nachweise dafür auf Zeugen berufen. Nun kann mir aber wohl nicht das Bezirksamt zum Vorwurf machen, daß es Beweisanbote nicht aufnimmt bzw auf die vorgelegten Urkunden nicht eingeht.

Daß dieses Kontrollsystem kontrolliert wird, daß es Besprechungen und

 

Berichte gibt, daß die Kontrollen auch durchgeführt werden, daß der zuständige Filialinspektor sich im gegenständlichen Markt aufhielt, und daß mich auch kein Auswahlverschulden treffen kann, all das habe ich ausführlichst vorgebracht und dafür Beweise angeboten bzw vorgelegt.

Das Bezirksamt stellt letztendlich fest, daß "alleine die Tatsache, daß es zu der gegenständlichen Verwaltungsübertretung gekommen ist, zeige, daß auch nicht vom Vorhandensein eines wirksamen Kontrollsystems ausgegangen werden kann".

Damit bedient sich das Bezirksamt allerdings eines In-sich-Argumentes.

Würde man dieser Interpretation des Magistratischen Bezirksamtes folgen, würde dies bedeuten, daß im Verwaltungsstrafrecht bei Ungehorsamsdelikten das Verschulen irrelevant wäre, weil man dann jedesmal davon ausgehen könnte, daß - wenn ein Verwaltungsverstoß gesetzt wird - kein ausreichendes Kontrollsystem vorhanden ist. Diese Auslegung des § 5 VStG widerspricht nicht nur der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, sondern wäre darüberhinaus auch verfassungswidrig und MRK-widrig.

Der Verfassungsgerichtshof hat wiederholt und ausführlich dargestellt, daß eben der § 5 VStG keine Schuldvermutung für den Beschuldigten darstellt, von der er sich freizubeweisen habe, weil sonst die Norm verfassungswidrig wäre, sondern daß - wenn das mangelnde subjektive Verschulden eingewandt ist, und dieses nicht von

 

vorne herein als reine Schutzbehauptung abgetan werden kann - die Behörde von amtswegen das Verschulden zu überprüfen hat. Der Verfassungsgerichtshof hat - gerade wegen der harten Kritik, der der § 5 VStG von Lehre und Rechtsprechung ausgesetzt war - auch darauf hingewiesen, daß bei einer Überspannung des Anspruchs, den man

 

an den Beschuldigten stellen kann, um sein mangelndes Verschulden glaubhaft zu machen, der § 5 VStG verfassungswidrig ausgelegt würde, was im Einzelfall zu überprüfen wäre (siehe zB EvBl 18/1995). Gerade im gegenständlichen Fall aber habe ich ausführlich dargestellt, warum mich kein Verschulden treffen kann, eben weil ich nicht nur ein Kontrollsystem geschaffen habe - wie mir das auch das Bezirksamt zugesteht - sondern weil dieses Kontrollsystem auch ständigen Kontrollen unterworfen ist, und daher die Einhaltung von Verwaltungsverstößen hintanhält.

Gerade die Art der gegenständlichen Beanstandungen stellt auch deutlich dar, daß es sich um Augenblicksgebrechen handelt, die auch vom besten Kontrollsystem und dem bestkontrolliertesten Kontrollsystem praktisch nicht zu verhindern sind.

Auch so ausgefeilte Kontrollsysteme wie jene der Flugsicherung können

 

wohl nicht verhindern, daß ein hervorragend ausgebildeter Flugkapitän

 

im falschen Augenblick den falschen Knopf drückt, und kann dies wohl nicht dem Funktionieren oder Nichtfunktionieren eines Systems vorgeworfen werden."

2. Am 8.2.1996 fand vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an der der Vertreter des Berufungswerbers teilnahm, und in der das erhebende Organ (Herr Werkmeister Martin O), der für den Markt in Wien, T-straße, zuständige Filialinspektor (Herr Rudolf S) sowie der Leiter der Bauabteilung (Herr Prokurist Franz R) als Zeugen einvernommen wurden.

Da der Vertreter des Berufungswerbers den Antrag auf Einvernahme des als Zeugen namhaft gemachten Leiters des Marktes in Wien, T-straße, der sich für die Nichtteilnahme an der Verhandlung am 8.2.1996 entschuldigt hatte, aufrecht hielt, wurde die Verhandlung am 21.3.1996 zur Einvernahme dieses Zeugen fortgesetzt. Der Vertreter des Berufungswerbers hat auf die öffentliche Verkündung

 

des Berufungsbescheides verzichtet.

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:

Zu Spruchpunkt 1):

Dem Berufungsvorbringen, wonach hier ein Verstoß gegen § 44a VStG vorliege, weil die Tatumschreibung insofern unvollständig sei, als die Gänge in irgendeiner Form durchnumeriert seien und ihm Gänge 1, 6

 

und 7 vorgehalten würden, ohne daß in diesem Verfahren je konkret beschrieben worden wäre, welche Gänge damit gemeint seien, ist auf die diesbezüglichen übereinstimmenden Zeugenaussagen des Meldungslegers und des Marktleiters hinzuweisen, wonach in dem gegenständlichen Markt in jedem Gang in der Mitte Überkopftafeln mit der entsprechenden Nummer des Ganges deutlich sichtbar und erkennbar angebracht seien. Der Marktleiter hat dazu weiters ausgeführt, daß die Numerierung dieser Gänge schon in dieser Form bei seiner Übernahme des Marktes (1.3.1995) vorhanden gewesen sei, durch ihn nicht verändert worden sei und auch "jetzt" noch unverändert sei. Zu dem Vorbringen, er habe ausdrücklich vorgebracht, daß dort, wo die

 

Körbe gestanden haben könnten, keinesfalls eine Tiefkühltruhe stehe (in der Rechtfertigung vom 20.6.1995 wird dazu ausgeführt, daß die Bezeichnung Tiefkühltruhe im Vorhalt zur Rechtfertigung unrichtig sei, es handle sich um eine Wurstkühltruhe; weiters wird ausgeführt, daß es sich bei der besagten Kühltruhe nicht um ein fix montiertes Gerät handle, sondern um eine auf Rollen montierte Truhe, die offenbar von Konsumenten oder erst kurz vor der Kontrolle auch von Hilfskräften verschoben worden sei), ist zu erwidern, daß das gemäß §

 

44a Z 1 VStG an die Tatumschreibung zu stellende Erfordernis nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem Fall ein verschiedenes ist. Im vorliegenden

 

Fall ist es aber unter Bedachtnahme auf die Tatanlastung nicht von Bedeutung, welche Kühltemperaturen die Kühltruhe aufweist, weshalb es

 

auch nicht erforderlich ist, in der Tatanlastung für die Kühltruhe den technisch exakten Begriff "Wurstkühltruhe" anzugeben, sondern ist

 

die optische Umschreibung "Tiefkühltruhe" bei einer solchen Tatanlastung ausreichend. Im übrigen räumt der Berufungswerber in der

 

obzitierten Rechtfertigung vom 20.6.1995 selbst ein, daß es sich bei dem Begriff "Tiefkühltruhe" um einen "landläufig" verwendeten Ausdruck handelt. Schließlich spricht auch der Marktleiter, der sich an die Einengung in diesem örtlichen Bereich durchaus noch erinnern konnte, bei seiner Zeugenaussage mehrfach (und ausschließlich) von einer Tiefkühltruhe.

Auch zu dem Vorwurf, daß der Bescheid keine Uhrzeit nenne, obwohl "natürlich" gerade bei so kurzfristigen Verstellungen die Uhrzeit wesentlich gewesen wäre (auch für die rechtliche Beurteilung), ist auf das bereits oben Gesagte zu verweisen, daß das gemäß § 44a Z 1 VStG an die Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem Fall ein verschiedenes ist. Im vorliegenden

 

Fall hat aber - entgegen der Auffassung des Berufungswerbers - die Angabe der Uhrzeit auf die Beurteilung der Rechtswidrigkeit des dem Berufungswerber zur Last gelegten Verhaltens keine Relevanz, weshalb durch die Angabe des Tages die Tatzeit ausreichend konkretisiert worden ist.

Zusammenfassend ist daher zu sagen, daß der Berufungswerber aufgrund der Tatanlastung in der Lage war, auf diesen konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen,

 

und auch davor geschützt ist, wegen desselben Verhaltens nochmals zur

 

Verantwortung gezogen zu werden, weshalb davon auszugehen ist, daß die gegenständliche Tatanlastung dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z 1 VStG entspricht.

Zu Spruchpunkt 2:

Zu dem Berufungsvorbringen, wonach der Vorwurf, daß die Betätigungsstelle im Kassenbereich der Brandrauchentlüftung nicht gemäß Ö-Norm F 2030 als solche gekennzeichnet gewesen sei, so nicht

ausreichend sei, ist zu erwidern, daß die Tatanlastung (" ... nicht ... als solche gekennzeichnet war") in einer jeden Zweifel

ausschließenden Weise von einer nicht vorhandenen, also zur Gänze fehlenden Kennzeichnung (entsprechend der Ö-Norm F 2030) ausgeht, weshalb auch hier die gegenständliche Tatanlastung dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z 1 VStG entspricht. Im Hinblick darauf, daß nach der Zeugenaussage des Meldungslegers er nicht mit Sicherheit sagen könne, ob die bescheidmäßig vorgeschriebene Betätigungseinrichtung vorhanden gewesen sei oder nicht, hatte schon aus diesem Grund die Tatanlastung "Die in diesem Punkt vorgeschriebene zweite Betätigungseinrichtung war augenscheinlich nicht vorhanden." zu entfallen.

Zu der Behauptung in der Berufung, wonach die Behörde nicht darstelle, wo der Berufungswerber die Verwaltungsübertretung begangen

 

haben soll, genügt der Hinweis, daß im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses als Tatort konkret die "Betriebsanlage in Wien, T-straße" bezeichnet wird.

Zur Frage der Verantwortlichkeit:

Es steht außer Streit, daß der Berufungswerber im Tatzeitraum gewerberechtlicher Geschäftsführer der P Warenhandel Gesellschaft mbH

 

für die in Wien, T-straße, gelegene Betriebsanlage gewesen ist, weshalb die Erstinstanz zu Recht den Berufungswerber als Verantwortlichen für die Nichteinhaltung der gegenständlichen Verwaltungsvorschriften nach der Gewerbeordnung 1994 herangezogen hat

 

(§ 370 Abs 2 GewO 1994).

Zur Frage des Verschuldens:

Die vom Berufungswerber als Zeugen für die Richtigkeit des in den Berufungsausführungen geschilderten Kontrollsystems namhaft gemachten

 

Personen sagten bei ihrer zeugenschaftlichen Einvernahme folgendes aus:

Herr Maximilian S (Marktleiter):

"Ich bin seit dem 1.3.1995 Marktleiter in Wien 10, T-straße; insgesamt bin ich schon seit etwa 15 Jahren Marktleiter. Ich kann mich an die Überprüfung am 21.3.1995 durch Hrn Wkm O noch in

 

etwa erinnern. Ich habe Hrn Wkm O bei seiner Überprüfung dieser Betriebsstätte begleitet. Nach der Überprüfung sind wir in mein Büro gegangen und habe ich dann die von Hrn Wkm O ausgefertigte Niederschrift auch unterfertigt.

Zu den Einengungen möchte ich festhalten, daß die Tiefkühltruhe auch zum Zeitpunkt der Überprüfung unverändert auf dem vorgesehenen Platz stand, sodaß durch die Tiefkühltruhe keine Einengung gegeben war.

Die

 

Tiefkühltruhe ist fixiert und kann gar nicht verstellt werden. Die Einengung in diesem Bereich war vielmehr durch verstellte Plazierungskörbe während der Schlichtung gegeben.

Die Numerierung der Gänge ist durch Oberkopftafeln erkennbar, die in den Gängen deutlich sichtbar und erkennbar angebracht sind. Die Numerierung dieser Gänge war schon in dieser Form bei meiner Übernahme des Marktes (1.3.1995) gegeben und ist durch mich nicht verändert worden. Die Numerierung ist auch jetzt noch unverändert. Die Zahl der Mitarbeiter in diesem Markt beträgt etwa 30.

Über Befragen des BwV:

Die Verkaufsfläche beträgt etwa 1.200 m2. Die Marktfläche insgesamt beträgt etwa 2.500 m2. Im Markt werden etwa 14.000 verschiedene Artikel angeboten.

An die Zweitplazierungen bei der Überprüfung kann ich mich nicht mehr

 

genau erinnern, weiß aber, daß Hrn Wkm O im Bereich der Parfumeriewaren Zweitplazierungen beanstandet hat. Was die Kennzeichnung der Betätigungsstelle der Brandrauchentlüftung betrifft, kann ich mich noch erinnern, daß die Kennzeichnung fehlte. Ich habe aber sofort eine handschriftlich vorgenommene Kennzeichnung angebracht; es ist dann ungefähr zwei Wochen später eine der ÖNORM F 2030 entsprechende Kennzeichnungstafel von der Bauabteilung in zweifacher Ausfertigung übermittelt worden, die dann unverzüglich angebracht worden ist.

Ich werde laufend vom zuständigen Filialinspektor durchschnittlich einmal wöchentlich überprüft. Auch Herr Dir M überprüft persönlich den Markt längstens alle zwei Wochen.

Es gibt auch noch einen anderen Inspektor, der für die Überprüfung und Kontrolle der Frischwaren zuständig ist. Diese Inspektion erfolgt

 

durchschnittlich zweimal wöchentlich."

Herr Prokurist Ing Franz R (Leiter der Bauabteilung):

"Ich bin Leiter der Bauabteilung. Ich bekomme alle gewerbebehördlichen Genehmigungsbescheide, meine Aufgabe ist es, für eine diesen Bescheidauflagen entsprechende Einrichtung und Ausstattung der Betriebsanlagen zu sorgen. Ich bin mir sicher, daß ich auch im gegenständlichen Fall im Jahre 1981 für eine dem Genehmigungsbescheid entsprechende Einrichtung und Ausstattung des Marktes gesorgt habe. Ich habe mich im Jahre 1981 persönlich davon überzeugt, daß alle die Einrichtung und Ausstattung betreffenden Auflagen erfüllt sind. Im Zeitpunkt dieser Überprüfung (Jahr 1981) war mit Sicherheit eine der ÖNORM F 2030 entsprechende Kennzeichnung und auch die zweite vorgeschriebene Betätigungseinrichtung vorhanden.

 

Die zweite Betätigungseinrichtung war auch im Tatzeitraum vorhanden. Ob im Tatzeitraum eine der ÖNORM F 2030 entsprechende Kennzeichnung vorhanden war, kann ich jedoch nicht sagen.

Von der Bauabteilung werden initiativ keine Überprüfungen vorgenommen. Allerdings werden vom Magistrat der Stadt Wien regelmäßig - durchschnittlich einmal jährlich - (angesagte) Überprüfungen der gewerblichen Betriebsstätten vorgenommen, an der dann ein Mitarbeiter meiner Bauabteilung teilnimmt. Werden bei solchen Überprüfungen Mängel festgestellt, für deren Behebung die Bauabteilung zuständig ist, wird innerhalb kürzester Frist für deren Behebung Sorge getragen.

Weiters weise ich darauf hin, daß das Unternehmen, welches entsprechend der Bescheidauflage die Elektrobefunde erstellt (Pkt 25 des Genehmigungsbescheides vom 4.3.1981), auch den Pkt 8 dieses Bescheides in Ansehung des Schalters einer Überprüfung unterzieht.

Über Befragen des BwV:

Bei der nunmehr als fehlend beanstandeten Kennzeichnung der Betätigungsstelle handelte es sich um eine Klebefolietafel. Insbesondere bei den älteren Märkten kommt es regelmäßig vor, daß ein

 

Mitarbeiter der Bauabteilung einmal oder zweimal jährlich einen Markt

 

aufsucht, weil seitens des Marktes ein entsprechendes Ersuchen gestellt wird. Der Mitarbeiter, der dann diesen Markt aufsucht, hat von mir den Auftrag, bei dieser Gelegenheit den Markt insgesamt auf offensichtliche Mängel in Ansehung der gewerbebehördlich vorgeschriebenen Auflagen zu überprüfen."

Herr Rudolf Schuch (Filialinspektor):

"Ich war im Tatzeitraum der für den Markt Wien, T-straße, zuständige Filialinspektor. Es gibt eine Gruppe von Filialinspektoren, die für die Frischwaren zuständig sind, und eine zweite Gruppe von Filialinspektoren, zu der ich gehöre, die für den übrigen Bereich zuständig sind. Mein Verantwortungsbereich läßt sich aus dem im Akt einliegenden Inspektionsberichtsformular entnehmen. Aus dem geht hervor, daß ich unter anderem auch für die Kontrollen der "gesetzlichen Sicherheitsbestimmungen laut der Betriebsanlagengenehmigung (Notausgänge, Fluchtwege, Feuerlöscher, etc) bzw Bescheidauflagen" zuständig bin. Ich bin für die Kontrolle von 10 Märkten zuständig. Ich kontrolliere die Märkte in Wien etwa einmal bis zweimal wöchentlich, die in den Bundesländern etwa einmal im Monat. Diese Überprüfungen finden unangesagt statt. So eine Überprüfung dauert etwa einen halben Arbeitstag.

Wenn ich zu meinen im Akt einliegenden Inspektionsberichten zu der Anmerkung "durchbesprochen" gefragt werde, führe ich aus, daß die Genehmigungsbescheide durchschnittlich zweimal im Jahr schwerpunktsmäßig durchbesprochen werden, aber bei jeder Inspektion jedenfalls die Einhaltung der Bescheidauflagen in Richtung Notausgänge, Verkehrswege und Feuerlöscher kontrolliert werden. Stelle ich Mißstände wiederholt fest, gebe ich dem Herrn Dir M Bericht, die teils schriftlich und teils mündlich erfolgen. Inspektionssitzungen finden regelmäßig in Abständen von einem bis zwei Monaten statt. Solche Inspektionssitzungen dauern in etwa einen halben Arbeitstag.

Über Befragen des BwV:

Bei den Inspektionssitzungen wird regelmäßig auch der Problembereich Überprüfung der Einhaltung der Betriebsanlagenbescheide besprochen. Wie aus dem Übergabeprotokoll vom 1.3.1995 hervorgeht, war ich bei der Übergabe des Marktes an Herrn S anwesend."

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien zweifelt nicht an der Richtigkeit des vom Berufungswerber geschilderten Kontrollsystems. Dennoch entspricht dieses Kontrollsystem nicht den Anforderungen, die

 

der Verwaltungsgerichtshof an ein effizientes, das Verschulden des gewerberechtlichen Geschäftsführers ausschließendes Kontrollsystem stellt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muß dem Gewerbeinhaber zugebilligt werden, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu übertragen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. In diesem Fall ist das mangelnde Verschulden im Sinne des § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG dadurch nachzuweisen, daß alle Maßnahmen getroffen wurden, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen (vgl ua VwGH 20.10.1970,

 

VwSlg 7.890/A, VwGH 18.9.1987, 86/17/0021). Die strafrechtliche Verantwortlichkeit für die Einhaltung gewerberechtlicher Vorschriften

 

trifft einen Gewerbeinhaber (oder eine ihm hinsichtlich der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit gleichgestellte Person) somit dann, wenn er den Verstoß bei pflichtgemäßer Aufmerksamkeit hätte hintanhalten können. Der Gewerbeinhaber hat dafür zu sorgen, daß der Gewerbebetrieb im Einklang mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften geführt wird, seine Angestellten in dieser Hinsicht zu überprüfen bzw solche Vorkehrungen zu treffen, die eine entsprechende Überwachung sicherstellen (vgl VwGH 19.6.1990,

 

90/04/0027).

Allgemeine Behauptungen darüber, daß Überprüfungen laufend erfolgten,

 

sind nicht geeignet, die für die Annahme einer Entlastungsbescheinigung im Sinne des § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG erforderliche Beurteilung zu erlauben (vgl ua VwGH 6.11.1974, 1779/73), da ihnen nicht zu entnehmen ist, worin die Überprüfung bestanden haben soll (vgl VwGH 9.10.1979, 2762/78). Wenn nun der Berufungswerber hinsichtlich der subjektiven Tatseite vorbringt, daß er durch die Einrichtung des in der Berufung dargelegten Kontrollsystems alle Maßnahmen getroffen habe, die mit gutem Grund die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen erwarten ließen, ist ihm entgegenzuhalten, daß diese ganz allgemein die Existenz eines Kontrollsystems im Betrieb behauptende Darstellung, ohne konkret darzulegen, wie dieses Kontrollsystem im einzelnen, insbesondere in der gegenständlichen Betriebsanlage, funktionieren soll, zur Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG vor dem Hintergrund der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als nicht ausreichend und

 

die subjektive Tatseite daher als erfüllt anzusehen ist, da diese allgemein gehaltenen Ausführungen lediglich auf zwar regelmäßig, jedoch nur stichprobenweise durchgeführte Kontrollen schließen lassen, die allerdings kein die verwaltungsstrafrechliche Verantwortlichkeit ausschließendes wirksames Kontrollsystem darstellen (vgl ua VwGH 18.10.1994, 93/04/0075), zumal diesen Ausführungen nicht zu entnehmen ist, daß und inwiefern der Berufungswerber ein der Einhaltung der gegenständlichen verletzten Rechtsvorschriften dienendes wirksames Vorgehen und entsprechende wirksame Kontrollen durchgeführt hätte.

Auch die oben wiedergegebenen Aussagen der vom Berufungswerber namhaft gemachten Zeugen sind so allgemein gehalten, daß sie die Annahme auf ein die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit ausschließendes wirksames Kontrollsystem nicht zu stützen vermögen, zumal auch diese Aussagen beispielsweise keine Angaben darüber enthalten, worin die Überprüfungen des Berufungswerbers in der gegenständlichen Betriebsanlage bestanden haben. Dies wäre gerade im vorliegenden Fall von besonderer Bedeutung gewesen, zumal der Berufungswerber schon wegen Übertretung des § 367 Z 26 GewO 1973 in Verbindung mit einer Auflage des oben zitierten Betriebsanlagenbescheides vom 3.4.1981, Zl MBA 10 - Ba 27349/1/80, in

 

der Betriebsanlage Wien, T-straße, rechtskräftig bestraft worden ist.

Aus diesen Gründen war das Straferkenntnis in der Schuldfrage zu

bestätigen.

Zur Strafbemessung:

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von

 

Geldstrafen zu berücksichtigen.

Gemäß § 367 Abs 1 Z 25 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle mit Geldstrafe bis

 

zu S 30.000,-- zu bestrafen ist, wer (ua) die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält.

Die Taten schädigten in nicht unerheblichem Maße das durch die gesetzliche Vorschrift geschützte Interesse an der Einhaltung von Bescheidauflagen für gewerbliche Betriebsanlagen, die ein gefahrloses

 

Betreiben der Betriebsanlage gewährleisten sollen. Deshalb war der Unrechtsgehalt der Taten an sich, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, groß. Bei der Strafzumessung wurde (wie schon von der Erstinstanz) das Ausmaß der Verletzung von Bescheidauflagen für gewerbliche Betriebsanlagen und das Ausmaß der damit verbundenen Verletzung des Interesses an einer Hintanhaltung (ua) einer Schädigung oder Gefährdung von Leben und Gesundheit der Kunden berücksichtigt. Im Hinblick darauf, daß die Tatanlastung im Spruchpunkt 2) nunmehr lediglich die fehlende Kennzeichnung der Betätigungsstelle (im Kassenbereich) der Brandschutzentlüftung gemäß Ö-Norm F 2030 umfaßt und der objektive Unrechtsgehalt dieser Verwaltungsübertretung daher als geringer einzustufen ist, war die zu

 

diesem Spruchpunkt verhängte Strafe auf das im Spruch ersichtliche Ausmaß herabzusetzen.

Daß die Einhaltung der verletzten Rechtsvorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder daß die Verwirklichung der Tatbestände aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist weder hervorgekommen, noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen.

Bei der Strafbemessung war (wie schon von der Erstinstanz) kein Umstand als mildernd zu werten (im Hinblick darauf, daß der Berufungswerber zu GZ: MBA 16 - S/4600/93 wegen Übertretung von Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes mit einer rechtskräftigen

 

Verwaltungsvorstrafe vorgemerkt ist, kommt ihm auch der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nicht mehr zugute), auch Erschwerungsgründe sind keine hervorgekommen

 

(die bereits oben erwähnte, mit Straferkenntnis des Magistratischen Bezirksamtes für den 10. Bezirk vom 24.1.1994, Zl MBA 10 - S 10764/3,

 

gegen den Berufungswerber wegen Übertretung des § 367 Z 26 GewO 1973 iVm Punkt 5 des rechtskräftigen Bescheides des Magistratischen Bezirksamtes für den 10. Bezirk vom 3.4.1981, Zl MBA 10 - Ba 27349/1/80, verhängte Geldstrafe von S 1.000,-- Ersatzfreiheitsstrafe: 1 Tag wurde erst durch die vom Unabhängigen Verwaltungssenat Wien in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 22.3.1995 vorgenommene öffentliche Verkündung des Berufungsbescheides

 

rechtskräftig, siehe dazu GZ: UVS-04/14/00207/94).

Da der Berufungswerber Angaben über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse unterließ, waren diese zu schätzen. Aufgrund des Alters und der beruflichen Stellung des Berufungswerbers war zumindest von durchschnittlichen finanziellen Verhältnissen auszugehen, wobei allfällig bestehende Sorgepflichten nicht berücksichtigt werden konnten.

Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und auf den bis S 30.000,-- reichenden Strafrahmen sind die verhängten Geldstrafen durchaus angemessen und keinesfalls zu hoch, zumal diese ohnehin im untersten Bereich des Strafsatzes festgesetzt wurden. Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens

 

zu Spruchpunkt 1) stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs 1 und 2 VStG.

4. Zum Berufungsvorbringen, wonach die unabhängigen Verwaltungssenate

 

(insbesondere der Unabhängige Verwaltungssenat Oberösterreich) bereits in publizierten Entscheidungen klargestellt hätten, daß der Unabhängige Verwaltungssenat höchstens zu Verfahrensergänzungen, keinesfalls aber zur Durchführung des Verfahrens berufen sein könne, weil er ansonsten die vom Gesetzgeber zugewiesene Rolle verlassen würde, ist darauf hinzuweisen, daß der Verwaltungsgerichtshof dieser Meinung schon wiederholt mit großer Entschiedenheit entgegengetreten ist. So hat der Verwaltungsgerichtshof in seinen Erkenntnissen schon mehrfach betont, daß die unabhängigen Verwaltungssenate keine der nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof angenäherte Entscheidungsbefugnis haben (siehe dazu etwa VwGH 27.4.1995, 95/11/0018) und daß die unabhängigen Verwaltungssenate verpflichtet sind, außer den in § 66 Abs 4 AVG genannten Fällen immer in der Sache

 

selbst zu entscheiden (siehe dazu etwa VwGH 9.6.1995, 95/02/0081). Auch zu dem Vorbringen in der Berufung, daß die Durchführung des Verfahrens erst in der zweiten Instanz die in der Berufung behaupteten Verfahrensmängel nicht heilen könne, weil dem Beschuldigten dadurch eine volle Beweisinstanz genommen wäre und der Gesetzgeber in Übereinstimmung mit der MRK ein mehrstufiges Verfahren

 

vorsehe, ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach sogar in den Fällen, in denen die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt habe, der Unabhängige Verwaltungssenat im Berufungsverfahren im Sinne des Wesens des § 66 Abs 4 AVG die Aufgabe

 

und Stellung der erstinstanzlichen Strafverfolgungsbehörde zu übernehmen habe und von einer Verkürzung des Rechtsschutzes nicht gesprochen werden könne (siehe dazu wiederum das obzitierte Erkenntnis des VwGH 9.6.1995, 95/02/0081). Schon aus diesen Gründen erweisen sich auch die Ausführungen, die darin gipfeln, daß die Berufungsbehörde eine "zumindest"-Tatzeitraumanlastung nicht abändern

 

könne, als nicht zutreffend.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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