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L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO Wr §129 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde des BE in W, vertreten durch Dr. RK, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 16. Februar 1999, Zl. UVS- 04/A/40/00474/97, betreffend eine Baustrafe (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 12. September 1995 trug der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, den Eigentümern eines näher bezeichneten Hauses auf, binnen zwölf Monaten nach Rechtskraft des Bescheides den schadhaften und fehlenden Verputz des vierstöckigen Wohngebäudes der linken, der rechten und der hinteren Hofschaufläche instandzusetzen bzw. ergänzen zu lassen. Dieser Bescheid enthielt den Hinweis auf die Möglichkeit eines nachträglichen Vollstreckungsverfahrens und eines Verwaltungsstrafverfahrens. Der Bescheid erging an drei weitere Miteigentümer und an jene Kommanditgesellschaft, bei der der Beschwerdeführer Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft ist. Der KG gehört ein 33/40 Anteil an dieser Liegenschaft.
Auf Grund einer Aufforderung zur Rechtfertigung durch die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz erklärte der Beschwerdeführer, dass er nicht Alleineigentümer sei. Das Abschlagen der losen Verputzteile sei prompt veranlasst worden, um eine mögliche Gefährdung von Personen und Sachen auszuschließen. Die Herstellung des neuen Verputzes bedürfe hingegen einer gemeinsamen Vorgangsweise aller Miteigentümer, da mit den laufenden und künftigen Mietzinseinnahmen eine Finanzierung nicht möglich sei. Es werde daher die Aufnahme eines geförderten Reparaturdarlehens erforderlich sein, dessen Sicherstellung auf der gesamten Liegenschaft zu erfolgen habe. Ausgeführt wurde in diesem Schreiben vom 8. September 1997 auch, dass am selben Tag eine Begehung mit dem Wiener Bodenbereitstellungs- und Erneuerungsfonds zur Feststellung und Genehmigung privilegierter Maßnahmen stattfinden werde. Die Miteigentümer der Liegenschaft seien unauffindbar, weshalb voraussichtlich die gerichtliche Kuratorbestellung erforderlich sein werde.
Mit Straferkenntnis vom 15. Dezember 1997 wurde dem Beschwerdeführer in Anwendung des § 9 VStG zur Last gelegt, dass die KG als Miteigentümerin das Gebäude und die baulichen Anlagen zumindest in der Zeit vom 12. November 1996 bis 7. Juli 1997 nicht in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften der Bauordnung für Wien entsprechendem Zustand erhalten hätte, indem sie es unterlassen habe, den schadhaften und fehlenden Verputz der linken, der rechten sowie der hinteren Hofschauflächen des auf der Liegenschaft befindlichen Wohngebäudes instandzusetzen bzw. ergänzen zu lassen. Der Beschwerdeführer habe daher § 129 Abs. 2 in Verbindung mit § 135 Abs. 1 BO für Wien verletzt, weshalb über ihn eine Geldstrafe von S 40.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe sechs Tage) verhängt wurde. Begründend wurde darauf hingewiesen, dass es auf die Frage der wirtschaftlichen Zumutbarkeit bei Instandsetzungsaufträgen nicht ankomme. Der Beschwerdeführer habe nicht den Nachweis erbracht, alles in seinen Kräften Stehende unternommen zu haben, um das Baugebrechen innerhalb kürzester Zeit zu beseitigen. Diese Verpflichtung treffe jeden einzelnen Miteigentümer einer Liegenschaft.
In der auf Grund der Berufung des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde durchgeführten Verhandlung legte der Beschwerdeführer den Aktenvermerk des Baumeisters St. vom 4. September 1997 vor. Dort wird auf ein Gespräch mit einem Vertreter der Magistratsabteilung 37 am 2. September 1997 verwiesen, bei welchem St. die Baupolizei über bereits eingeleitete Schritte in Richtung auf eine öffentliche Förderung der Sanierung der Liegenschaft informiert hat. Weiters wurde ein Schreiben des Wiener Bodenbereitstellungs- und Stadterneuerungsfonds vom 25. Februar 1998 vorgelegt, wonach ein positives Gutachten für die geplante Sockelsanierung vorliege. Vorgebracht wurde in der Berufungsverhandlung, dass eine Förderung bereits zugesagt worden sei, wobei zu diesem Thema als Zeugen ein Vertreter der Hausverwaltung, Baumeister St., ein Vertreter der Stadtbaudirektion, ein Vertreter der Baupolizei sowie ein Vertreter des Wiener Bodenbereitstellungs- und Stadterneuerungsfonds namhaft gemacht wurden. Abermals wurde in der Berufungsverhandlung darauf hingewiesen, dass der schadhafte Verputz bereits abgeschlagen worden sei.
Der bei der Verhandlung vernommene Vertreter der Baupolizei gab an, dass er zuletzt am 3. November 1998 das Haus besichtigt habe, wofür er ein Foto vorlegte, auf welchem der fehlende Verputz ersichtlich ist. Er gab an, dass im ersten und zweiten Stock etwa 20 % der Verputzfläche fehlten, im dritten Stock etwa 50 % und im vierten Stock etwa 70 bis 80 %, was durch die stärkere Witterungsbetroffenheit in den oberen Stockwerken begründet sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und bestätigte das angefochtene Straferkenntnis. Festgestellt wurde, dass an den genannten Hofschauflächen je nach Stockwerk 20 bis 80 % des Verputzes fehlten. Die Notwendigkeit der Instandsetzung dieser Verputzflächen ergebe sich daraus, dass der Verputz die Mauern vor Feuchtigkeit und vor Substanzherabminderung schütze, ja dass es in strengen Wintern auf Grund des fehlenden Verputzes zu Schimmelbildungen im Rauminneren des bewohnten Gebäudes kommen könne. Der Beschwerdeführer sei seiner Verpflichtung nach § 129 Abs. 2 BO für Wien nicht nachgekommen; seit Zustellung des Bauauftrages am 27. Oktober 1995 hätte der Beschwerdeführer jedenfalls Kenntnis über das Baugebrechen haben müssen. Er hätte das Baugebrechen innerhalb kürzester Zeit beseitigen müssen. Aktivitäten innerhalb des Tatzeitraumes in Richtung auf eine Finanzierbarkeit der Sanierung habe der Beschwerdeführer nicht gesetzt. Es sei ihm im Rahmen einer Geschäftsführung ohne Auftrag als Mehrheitsgesellschafter möglich gewesen, die Mängelbeseitigung zeitgerecht in die Wege zu leiten und sich anschließend an den Minderheitseigentümern zu regressieren. Die behauptete Zusage eines Vertreters der Magistratsabteilung 37, der Beschwerdeführer könne mit der Sanierung vorerst zuwarten, sei erst am 2. September 1997, also nach dem Tatzeitraum, erfolgt.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und
erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 135 Abs. 1 der Bauordnung für Wien (BO) werden Übertretungen der Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen mit Geld bis zu S 300.000,-
- oder mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen bestraft. § 135 Abs. 1 BO ist eine Blankettstrafvorschrift, welche selbst keinen Tatbestand enthält, sondern auf andere Vorschriften, die damit Teil des Verwaltungsstraftatbestandes werden, verweist.
Gemäß § 129 Abs. 2 BO hat der Eigentümer (jeder Miteigentümer) dafür zu sorgen, dass die Gebäude und die baulichen Anlagen (Gärten, Hofanlagen, Einfriedungen u.dgl.) in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften dieser Bauordnung entsprechendem Zustand erhalten werden.
Unbestritten sind im vorliegenden Fall die Verputzschäden an den Hofschauflächen.
Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass fehlender bzw. schadhafter Verputz an Außenwänden ein Baugebrechen darstellt, weil gewöhnliches Rohziegelmauerwerk gegen Witterungseinflüsse anfällig ist, zumal die Niederschläge in die frei gewordenen Mörtelbänder eindringen (siehe die umfangreichen Nachweise bei Geuder-Hauer, Wiener Bauvorschriften3, 559 f). Festgestellt wurde auf Grund des durchgeführten Beweisverfahrens, dass der Verputz die Mauern vor Feuchtigkeit schützt; wenn nunmehr in der Beschwerde darauf hingewiesen wird, dass bei Wasser abstoßenden Ziegeln ein Verputz nicht erforderlich sei, ist diesem Vorbringen das aus § 41 Abs. 1 VwGG abgeleitete Neuerungsverbot entgegen zu halten. Es wäre Sache des Beschwerdeführers gewesen, spätestens in der Berufungsverhandlung die Sachbehauptung aufzustellen, dass bei Errichtung des gegenständlichen Gebäudes wasserdichte Ziegel verwendet worden seien, auf denen sodann ein Verputz angebracht worden sei.
Dem Beschwerdeführer wurde die Unterlassung der Gebrechensbehebung in der Zeit zwischen dem 12. November 1996 und 7. Juli 1997 angelastet. Umstände, die seiner Entlastung während dieses Zeitraumes dienen, hat der Beschwerdeführer aber nicht vorgebracht. Soweit der Beschwerdeführer diesbezüglich auf "bereits eingeleitete Schritte" laut Schreiben vom 4. September 1997 verweist, ist daraus jedenfalls nicht ersichtlich, ob und welche Schritte er vor dem 7. Juli 1997 gesetzt hat.
In ständiger Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass es sich bei einer Verwaltungsübertretung nach § 129 Abs. 2 BO um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 VStG handelt und schon das bloße Nichterfüllen des Gebotes, Gebäude und deren Anlagen in gutem Zustand zu erhalten, als eine Verletzung der gesetzlichen Instandhaltungspflicht eine Strafe nach sich zieht, wenn der Eigentümer nicht aufzuzeigen vermag, dass er während des ihm angelasteten Tatzeitraumes alles in seinen Kräften Stehende (Ausschöpfung der tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten) unternommen hat, das Baugebrechen innerhalb kürzester Zeit zu beseitigen; siehe das hg. Erkenntnis vom 4. Juli 2000, Zl. 99/05/0152).
Allein mit dem Abschlagen des Verputzes hat der Beschwerdeführer, wie bereits dargetan, seiner Verpflichtung nach § 129 Abs. 2 BO noch nicht entsprochen. Die "Unauffindbarkeit" der Minderheitseigentümer exkulpiert ihn schon deshalb nicht, weil für die in § 129 Abs. 2 leg. cit. normierte Instandsetzungspflicht jeder Miteigentümer solidarisch haftet (Geuder-Hauer, a.a.O., 549). Der Beschwerdeführer hat nicht dargetan, dass er während des Tatzeitraumes irgendwelche Schritte hinsichtlich einer Beteiligung der Minderheitseigentümer gesetzt hätte.
Auch soweit der Beschwerdeführer nun die Verantwortlichkeit des Hausverwalters gemäß § 135 Abs. 3 BO ins Spiel bringt, ist ihm das Neuerungsverbot entgegen zu halten. Im Verwaltungsverfahren hat er weder behauptet, dass er sich während des Tatzeitraumes eines Verwalters bedient hätte, noch irgend ein Vorbringen in der Richtung erstattet, woraus die (alleinige) Verantwortung des Verwalters ableitbar wäre.
Die Beschwerde erwies sich somit insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 9. Oktober 2001
Schlagworte
Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Baugebrechen Instandhaltungspflicht Instandsetzungspflicht BauRallg9/3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1999050078.X00Im RIS seit
12.02.2002