Gemäß §66 Abs4 AVG iVm den §§24, 51 Abs1 und 51e Abs2 VStG wird der Berufung Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.
Im übrigen wird die "hilfsweise und aus Gründen verfahrensrechtlicher Vorsicht" erhobene Berufung gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 27.11.1995, Zahl, soweit damit der Verfall hinsichtlich 12 Spielapparate ausgesprochen wird, als unzulässig zurückgewiesen.
Begründung
Mit einem Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Innsbruck wurde Herrn J H vorgeworfen, er habe eine Veranstaltung entgegen einem Verbot nach §25 Abs1 Z3 des Tiroler Veranstaltungsgesetzes durchgeführt, da am 9.6.1995 um 14.30 Uhr in Innsbruck, Lokal "V", festgestellt worden sei, daß 12 TV-Spielautomaten aufgestellt bzw. betrieben worden seien. Dabei handle es sich um Geldspielautomaten, bei denen den Benützern vermögenswerte Gewinne ausgefolgt oder in Aussicht gestellt worden seien, unabhängig davon, ob Gewinn oder Verlust ausschließlich oder überwiegend vom Zufall abhängen oder nicht.
Weiters wurden gemäß §31 Abs3 des Tiroler Veranstaltungsgesetzes 12 Stück Geldspielapparate sowie das darin enthaltene Geld für verfallen erklärt.
Mit Schreiben vom 27.12.1995 wurde seitens der Rechtsvertreter der Berufungswerberin gegenüber der Erstbehörde folgendes mitgeteilt:
"Bereits zu dem beim Veranstaltungsamt der Bundespolizeidirektion Innsbruck geführten Verwaltungsverfahren wurde bekanntgegeben, daß sich die seinerzeit beschlagnahmten 12 Spielautomaten im Eigentum bzw. Anwaltschaftsrecht der einschreitenden M S befinden. Gleichzeitig wurde der Antrag auf unverzügliche Ausfolgung der 12 entfernten und sichergestellten Automaten an die Einschreiterin gestellt. Die gesetzlichen Voraussetzungen für den Verfall sind jedenfalls nicht gegeben. Beantragt wird daher erneut, die Automaten unverzüglich auszufolgen sowie weiters die als Verfallsbeteiligte Parteistellung genießende Einschreiterin von sämtlichen verfahrensrelevanten Vorgängen zu unterrichten und all fällige Entscheidungen an diese zuzustellen."
In der Folge erging der nunmehr angefochtene Bescheid, mit welchem dieser Antrag wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde. In der Begründung wurde im wesentlichen darauf verwiesen, daß der Verfall der Apparate mit 15.12.1995 in Rechtskraft erwachsen sei. Dies habe zur Folge, daß der Eigentümer und die an der Sache dinglich Berechtigten ihre Rechte verlieren würden.
Dagegen wurde nunmehr Berufung erhoben. In der Begründung wurde ausgeführt, daß das Straferkenntnis gegenüber Herrn J H in Rechtskraft erwachsen sein möge, keinesfalls jedoch der Verfall der Gegenstände mangels bisheriger Zustellung dieses Straferkenntnisses an die Berufungswerberin.
Weiters wurde auf die die Behörde treffenden Verpflichtungen auf § 28 Abs4 des Tiroler Veranstaltungsgesetzes verwiesen. Weiters wurde geltend gemacht, daß ein Straferkenntnis, soweit es auch eine Verfallserklärung enthalte, dem vom Täter verschiedenen Verfügungsberechtigten die Parteistellung im Strafverfahren zuzuerkennen sei und daher dem Eigentümer von Geldspielapparaten im Verwaltungsstrafverfahren gegen den Betreiber die im §8 AVG (24 VStG) normierten Rechte zukommen würden. Voraussetzung für die rechtswirksame Erlassung eines Bescheides im Sinne des §62 AVG sei aber, daß jeder Bescheid allen Parteien des Verfahrens mitgeteilt werde. Die Nichtzuziehung einer gemäß §8 AVG in Betracht kommenden Partei führe dazu, daß der betroffenen Partei das Recht der Geltendmachung ihrer Parteirechte, insbesondere auch gegenüber einem sonst in Rechtskraft erwachsenen Bescheid gewahrt bleibe. Mangels Zustellung des Straferkenntnisses an die Berufungswerberin sei diese als sogenannte übergangene Partei zu bezeichnen. Es würden daher ihr gegenüber die Wirkungen des Verfalles nicht eintreten und sei die im angefochtenen Bescheid der Erstbehörde zum Ausdruck gebrachte Rechtsansicht unzutreffend.
Es werde daher die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit beantragt, auch werde die Zustellung des Straferkenntnisses gegen J H verlangt. Weiters werde "hilfsweise und aus Gründen verfahrensrechtlicher Vorsicht" gegen das Straferkenntnis im Verwaltungsverfahren J H, soweit es den Verfall von 12 Geldspielautomaten betreffe, Berufung erhoben. Der Verfall dieser Spielautomaten samt dem darin enthaltenen Geld sei zu unrecht erfolgt. Auch werde um Übersendung einer kompletten Aktenkopie unter Bekanntgabe der hiefür auflaufenden Kosten ersucht.
Auf Sachverhaltsebene ist folgendes festzuhalten:
Am 9.6.1995 kam es durch das mobile Einsatzkommando der Bundespolizeidirektion Innsbruck im Lokal "V" zu einer Nachschau sowie zu einer Sicherstellung von Spielautomaten. Insgesamt wurden 12 Geldspielapparate sichergestellt.
Mit einer Kundmachung vom 4.7.1995 wurde seitens der Bundespolizeidirektion Innsbruck bekanntgegeben, daß am 9.6.1995 12 Spielautomaten im Lokal "V" ohne Bewilligung aufgestellt und betrieben worden seien und diese gemäß §28 Abs4 des Tiroler Veranstaltungsgesetzes ohne vorangegangenes Verfahren entfernt und sichergestellt worden seien. Die Eigentümer würden aufgefordert, sich binnen eines Monats bei der Bundespolizeidirektion zu melden und ihr Eigentum nachzuweisen. Im Falle des Verstreichens dieser Frist bewirke dies den Verfall der Spielapparate einschließlich des darin enthaltenen Geldes zugunsten des Landes. Im übrigen werde über den Verfall oder der eventuellen Rückgabe im Rahmen des anhängigen Verwaltungsstrafverfahrens entschieden werden.
Eine derartige Kundmachung erging auch an die Berufungswerberin.
Mit einem Schreiben vom 4.8.1995 (Eingangsdatum bei der Bundespolizeidirektion Innsbruck 7.8.1995) - also somit noch innerhalb der Monatsfrist - wurde seitens der Berufungswerberin bekanntgegeben, daß sämtliche der 12 beschlagnahmten Spielautomaten in ihrem Eigentum stehen würden bzw. sie ein Anwartschaftsrecht habe. Hinsichtlich 8 der beschlagnahmten Spielautomaten würde allerdings Eigentumsvorbehalt der Firma I GmbH bestehen, da diese noch nicht zur Gänze abbezahlt seien. Aufgrund des bestehenden Anwartschaftsrechtes sei jedenfalls die Berufungswerberin verfügungsberechtigt. Gleichzeitig wurde der Antrag gestellt, die 12 entfernten und sichergestellten Automaten unverzüglich der Berufungswerberin auszufolgen.
Auch erging ein mit 3.8.1995 datiertes Schreiben der Firma I an die Bundespolizeidirektion Innsbruck, mit welchem diese erklärte, daß sie hinsichtlich 6 TV-Spielautomaten mit näher bezeichneten Serialnummern ihre Ansprüche an den sichergestellten Geräten anmelde.
Nachdem der Versuch, den Beschuldigten J H einzuvernehmen fehl schlug, erließ die Bundespolizeidirektion Innsbruck das bereits erwähnte Straferkenntnis vom 27.11.1995, mit welchem auch gemäß §31 Abs3 des Tiroler Veranstaltungsgesetzes 12 Stück Geldspielapparate sowie das darin enthaltene Geld für verfallen erklärt wurde. Eine Zustellung dieses Straferkenntnisses erfolgte nur an Herrn J H. Die Zustellung ist durch Hinterlegung am 1.12.1995 ausgewiesen.
Mit Schreiben vom 27.12.1995 machte die Berufungswerberin neuerlich ihre Rechte an den 12 Spielautomaten geltend. Über den diesbezüglichen Antrag entschied die Erstbehörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid.
In rechtlicher Hinsicht ergibt sich folgendes:
Der Ausspruch des Verfalls hat im Straferkenntnis (Strafverfügung) zu erfolgen. Stehen die Gegenstände, auf die sich der Verfall beziehen soll, im Eigentum eines Dritten (d.h. nicht des Täters oder der Mitschuldigen) oder haben Dritte dingliche Rechte an der Sache, so sind auch sie Partei des Verwaltungsstrafverfahrens (§ 24 VStG, §8 AVG, VwGH 27.9.1963, Zahl 593/62, 21.12.1988, Zahl 88/01/0211). Sie können den Ausspruch über den Verfall wie der Beschuldigte bekämpfen (§51 Abs1 VStG). Mit der Rechtskraft des Verfallserkenntnisses verlieren Eigentümer und dinglich Berechtigte ihre Rechte (vgl. VwGH 16.12.1987, Zahl 86/01/0264).
Die Berufungswerberin ist im Recht, wenn sie die Rechtsansicht vertritt, daß das in Rede stehende Straferkenntnis in bezug auf den Beschuldigten in Rechtskraft erwachsen sei, nicht jedoch ihr gegenüber. Ein Straferkenntnis kann nur den Parteien gegenüber in Rechtskraft erwachsen, gegen die es erlassen wird (vgl. das bereits oben erwähnte Erkenntnis des VwGH vom 21.12.1988 und die dort zitierte Vorjudikatur).
Im gegenständlichen Fall wurde jener Bescheid, mit welchem auch der Verfall ausgesprochen wurde, nicht an die Berufungswerberin zugestellt. Er wurde daher auch nicht gegen sie erlassen. Der angefochtene Bescheid ist daher mit Rechtswidrigkeit behaftet. Der angefochtene Bescheid war daher aufzuheben.
Die Erstbehörde wird daher zunächst eine Zustellung des Bescheides vom 27.11.1995 gegenüber der Berufungswerberin sowie allenfalls anderen Verfallsbeteiligten vorzunehmen haben. Erst nach dem Zeitpunkt der Zustellung kann rechtswirksam eine Berufung (gegen den Verfall) erhoben werden.