TE UVS Steiermark 1996/04/30 30.16-146/95

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Veröffentlicht am 30.04.1996
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Karl-Heinz Liebenwein über die Berufung des Herrn Mag. Th. M., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Mürzzuschlag vom 8.11.1995, GZ.: 15.1- 1995/1536, nach Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung am 30.4.1996, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG (hinsichtlich Punkt 1.) und gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG (hinsichtlich Punkt 2.) eingestellt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 1.2.1995 um 15.15 Uhr in Mitterdorf, auf der S 6, auf der Richtungsfahrbahn Klagenfurt - Wien als Lenker des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen MZ - 5 VHD (PKW)

1.) bei Straßenkilometer 42,304 die durch Straßenverkehrszeichen im dortigen Bereich zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 30 km/h überschritten und

2.) bei Straßenkilometer 42,1 das mittels erhobenen Armes gegebene Haltezeichen eines Sicherheitsorganes mißachtet.

Er habe dadurch zu 1.) § 20 Abs 1 in Verbindung mit § 52 lit. a Z 10 a StVO 1960 und zu 2.) § 97 Abs 5 StVO 1960 übertreten und wurde wegen dieser Verwaltungsübertretungen über ihn zu Punkt 1.) auf der Rechtsgrundlage des § 99 Abs 3 lit. a StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von 1.200,-- (im Falle deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag) und zu 2.) gemäß § 99 Abs 3 lit. j StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von S 500,-- (im Falle deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 12 Stunden) verhängt.

Gemäß § 64 VStG wurden ferner S 170,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vorgeschrieben. Gegen dieses Straferkenntnis wurde fristgerecht Berufung erhoben und u.a. ausgeführt, daß es der zu Punkt 1.) dem Berufungswerber angelasteten Verwaltungsübertretung einer gültigen Rechtsgrundlage ermangle und das Vorliegen eines ordnungsgemäß abgegebenen Haltezeichens angezweifelt werden müsse, da die Entfernung zwischen Meßpunkt und Anhaltung sehr kurz gewesen sei.

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat nach Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung am Sitz der belangten Behörde, bei der auch der Zeuge H. H. gehört wurde, erwogen: Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung.

Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

Zu Punkt 1.) des angefochtenen Straferkenntnisses:

Gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.

Die erkennende Behörde nimmt auf Grund des Ergebnisses des durchgeführten Ermittlungsverfahrens nunmehr als erwiesen an, daß zur Tatzeit und am Tatort auf der S 6 seitens der Straßenmeisterei M. eine Reihe von Maßnahmen gemäß § 44 b StVO 1960 gesetzt wurden, so u.a. auch eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 100 km/h bzw. 80 km/h. Letztere Geschwindigkeitsbeschränkung hat der Berufungswerber, was im Wege der Messung mittels eines Laserverkehrsgeschwindigkeitsmeßgerätes festgestellt wurde, offensichtlich auch überschritten.  Gemäß § 44 b Abs 1 StVO dürfen derartige Maßnahmen mit der Maßgabe veranlaßt werden, als ob die Veranlassung oder Maßnahme von der Behörde (hier: vom Bundesministerium für öffentlichen Verkehr) getroffen worden wären, wenn Unaufschiebbarkeit vorliegt.

Unaufschiebbar im Sinne dieser Bestimmung ist eine Maßnahme dann, wenn sie ihren Grund, wie die dort angeführten Beispiele deutlich zeigen, in unvorhersehbar eingetretenen Ereignissen hat. Nur in diesen Fällen sollen ausnahmsweise auch von den Organen der Straßenaufsicht und des Straßenerhalters unter gewissen Voraussetzungen und bei Beachtung eines bestimmten Verfahrens Maßnahmen, die ansonsten gemäß § 43 Abs 1 lit. a StVO die Behörde zu treffen hat, ergriffen werden dürfen (vgl. VwGH 30.3.1978, 2259/76).

Im konkreten Fall ist zunächst festzustellen, daß die

Straßenmeisterei M. hinsichtlich der bereits erwähnten

verfahrensgegenständlichen Maßnahmen offenkundig erst am 1.2.1995

ein Fax an das Bundesministerium für öffentliche Wirtschaft

gerichtet hat, wobei insbesonders zu bemerken ist, daß weder ein

konkreter Ort ("S ..... Gerichtsverhandlung von Kilometer 42,2 -

Km 41,6 ....") noch irgendeine konkrete Angabe für welchen Zeitraum

diese Maßnahmen getroffen werden sollen (".... von ... 19

.... bis ..... 19 ... ") aus der diesbezüglichen Erledigung zu

ersehen sind. Dazu kommt, daß bereits am 27.12.1994 im Verfahren 2 C 893/94 Y, somit rund fünf Wochen zuvor im Wege einer Ladung des BG K. um Absicherung einer Gerichtskommission, die am 1.2.1995, mit dem Beginn um 14.00 Uhr auf der S 6 tagen wird beim LGK für Steiermark, Verkehrsabteilung, Außenstelle B. a. d. M. ersucht wurde. Wie auch der einvernommene Zeuge Rev. Insp. H. bestätigte, wird in einem derartigen Fall zeitgerecht mit der zuständigen Straßenmeisterei Kontakt aufgenommen, die von sich aus weitere Veranlassungen zu treffen hat, da hiefür der Gendarmerie keine Kompetenzen zukommen.

Daraus folgt somit, daß es sich bei der Anordnung von u.a. Geschwindigkeitsbeschränkungen am 1.2.1995 auf der S 6 bei Straßenkilometer 42,304 um keine unaufschiebbaren Maßnahmen im Sinne des § 44 b StVO 1960 gehandelt hat. Vielmehr wurde durch die zeitgerecht erlassene Ladung des BG K., in der auch exakt der Beginn der Aufnahme der Tätigkeit der Gerichtskommission angeführt wurde, keine im Sinne des Gesetzes unaufschiebbare bzw. unvorhergesehene Maßnahmen hervorgerufen, die die Straßenmeisterei M. egitimiert hätten, ein Verfahren im Sinne des § 44 b StVO 1960, welches noch dazu überaus oberflächlich abgewickelt wurde, durchzuführen. Vielmehr hätte es für die zur Tatzeit und am Tatort nach Ansicht der belangten Behörde in Geltung stehenden, verordnungspflichtigen Maßnahmen eines Verfahrens gemäß § 43 StVO durch die hiefür zuständige Behörde bedurft.

Da somit eine rechtliche Grundlage für die seitens des Berufungswerbers offensichtlich erfolgte Übertretung der verfügten Höchstgeschwindigkeit am Tatort von 80 km/h um 30 km/h zur Tatzeit nicht vorlag, hat dieser die ihm angelastete Verwaltungsübertretung auch nicht begangen und war daher das Verwaltungsstrafverfahren zu Punkt 1.) aus den eingangs angeführten Gründen einzustellen.

Zu Punkt 2.) des angefochtenen Straferkenntnisses:

Gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet. Zunächst ist festzustellen, daß Punkt 2.) des angefochtenen Straferkenntnisses insoferne unvollständig ist, als ein auf § 97 Abs 5 StVO gestützter Schuldspruch eines Bescheides im Sinne des § 44 a lit. a VStG das Haltezeichen so zu umschreiben hat, daß der Fahrzeuglenker die Aufforderung eines Organes der Straßenaufsicht zum Anhalten (als ein Rechtsakt individueller Natur) keine Folge geleistet hat (vgl. VwGH 24.6.1983, 83/02/0035, ZVR 1984/275). Dieser Umstand allein wäre im konkreten Fall jedoch sanierungsfähig gewesen, da eine taugliche Verfolgungshandlung innerhalb der Frist des § 31 Abs 2 VStG durch die zeugenschaftliche Einvernahme des Meldungslegers vom 12.7.1995 erfolgte.

Das durchgeführte Ermittlungsverfahren ergab jedoch aus der Sicht der erkennenden Behörde, daß das vom Meldungsleger gegebene Zeichen zum Anhalten von diesem nicht mit einer jeden Zweifel ausschließenden Klarheit zur Befolgung gegeben werden konnte. Betrachtet man allein die vom Berufungswerber zwischen Meßpunkt (Straßenkilometer 42,304) und dem aus der Sicht des Meldungslegers beabsichtigten Anhaltepunktes (Straßenkilometer 42,1) zurückgelegte Wegstrecke unter Berücksichtigung der dabei gemessenen Geschwindigkeit so ergibt sich rein rechnerisch, daß der Berufungswerber hiefür eine reine Fahrzeit von nur rund 6,7 sec benötigte bzw. zur Verfügung hatte.

Stellt man dieser Fahrzeit gegenüber, daß der Meldungsleger nach Feststellung der gemessenen Geschwindigkeit in Verbindung mit einer gesicherten Ablage des Gerätes am Autodach des Einsatzfahrzeuges so wie der daraufhin erfolgten Amtshandlung zum Anhalten mindestens 2 bis 3 Sekunden benötigte, so ergibt sich, daß der Meldungsleger kaum mehr als 3 Sekunden zur Verfügung hatte, um das von ihm ausführlich beschriebene, den Dienstvorschriften entsprechende Anhaltezeichen zu geben. Es ist daher durchaus möglich, daß ein in dieser kurzen Zeit erfolgtes Zeichen auch unter Berücksichtigung der gegebenen örtlichen Verhältnisse (Absperrungen, Personen auf der gesperrten Fahrbahn, abgestellte Fahrzeuge usw.) vom Berufungswerber nicht richtig gedeutet wurde, wozu abschließend noch zu bemerken ist, daß zumindest laut Anzeige der vorgesehene Anhalteort auch mit jener Stelle ident gewesen sein muß, an der seitens der Straßenmeisterei M. ein Gebotszeichen "vorgeschriebene Fahrtrichtung" (§ 52 b Z 15 StVO 1960) stand, weshalb eine Anhaltung an eben dieser Stelle im Hinblick auf den Umstand, daß es sich um eine Schnellstraße handelt, ohnedies nicht möglich gewesen wäre. Dem Berufungswerber konnte somit nicht nachgewiesen werden, daß er das Haltezeichen, in welcher Form auch immer gegeben, bewußt nicht beachtet hat. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
unaufschiebbare Verkehrsbeschränkung Unaufschiebbarkeit Geschwindigkeitsbeschränkung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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