Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Karl-Heinz Liebenwein über die Berufung des Herrn W. M., vertreten durch Dr. M. R., Rechtsanwalt in W., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Mürzzuschlag vom 28.3.1995, GZ.: 15.1-1994/1192, wie folgt entschieden:
Spruch I
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Widerruf der Einschränkung der Berufung auf die Strafhöhe als unzulässig zurückgewiesen. Spruch II
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der auf die Strafhöhe eingeschränkten Berufung insoweit Folge gegeben, als die Strafen zu Punkt 1.) und
2.) mit je S 2.000,-- (je 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) und zu Punkt 3.) mit S 1.000,-- (20 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) bemessen werden. Der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens erster Instanz vermindert sich somit auf insgesamt S 500,--.Dieser Betrag ist binnen vier Wochen bei sonstigen Zwangsfolgen zu entrichten.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde wurden dem Berufungswerber insgesamt drei Verwaltungsübertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 zur Last gelegt, wobei insgesamt Geldstrafen in der Höhe von S 7.500,-- (im Falle deren Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen in der Dauer von 3 Tagen und 12 Stunden) verhängt wurden. Gleichzeitig wurden dem nunmehrigen Berufungswerber gemäß § 64 VStG S 750,-- Verfahrenskosten vorgeschrieben. Während zunächst in offener Frist gegen das angefochtene Straferkenntnis der belangten Behörde vom bevollmächtigten Vertreter des Berufungswerbers Berufung hinsichtlich Schuld und Strafe eingebracht wurde, ist diese offensichtlich aufgrund der Ergebnisse des zwischenzeitig durchgeführten Ermittlungsverfahrens der erkennenden Behörde mit Schriftsatz vom 20.2.1996 ausdrücklich auf die Strafhöhe eingeschränkt worden. Mit Schriftsatz vom 21.3.1996 hat der Berufungswerber schließlich über seinen neuen ausgewiesenen Vertreter einen Vollmachtswechsel bekanntgegeben, den Widerruf der Einschränkung der Berufung auf die Strafhöhe erklärt, sowie ein Formblatt hinsichtlich der aktuellen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse in Vorlage gebracht.
Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark stellt hiezu
nachfolgendes fest:
Zu Spruch I:
Eine (volle) Berufung kann zwar auf die Strafhöhe eingeschränkt, nicht jedoch nach erfolgter Einschränkung außerhalb der Rechtsmittelfrist (wieder) auf die Frage der Schuld erweitert werden (vgl. VwGH 30.1.1987, 86/18/0185). So ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen, sobald außerhalb der Rechtsmittelfrist eine nur (noch) gegen die Strafhöhe gerichtete Berufung vorliegt. Da während des Berufungsverfahrens mit der Erklärung bzw. Bekanntgabe des ausgewiesenen Vertreters des Berufungswerbers vom 20.2.1996 ausdrücklich nur mehr die Strafhöhe bekämpft wurde, ist mit Einlangen dieses Schriftsatzes bei der erkennenden Behörde der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses der belangten Behörde in Rechtskraft erwachsen (VwGH 16.9.1971, 1268 u. a./70) und war daher auch gemäß § 51 e Abs 2 VStG eine öffentliche, mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen.
So ist ein Widerruf der Einschränkung der Berufung auf die Strafhöhe dahingehend, daß diese wiederum auch gegen den Schuldspruch gerichtet ist, nicht zulässig. Zur Begründung dieser Feststellung wird auf die per analogiam anzuwendende Regelung im Zuge der Einbringung eines Einspruchs gegen eine Strafverfügung im Sinne des § 49 Abs 2 VStG verwiesen, der zufolge ein zunächst auf Strafe und/oder Kosten beschränkter Einspruch, solange die Einspruchsfrist noch nicht abgelaufen ist, auf die Frage der Schuld erweitert werden kann (vgl. VwGH 30.1.1987; 86/18/0185). Ebenso kann nur dann eine Zurückziehung des ursprünglich nur gegen den Strafausspruch und/oder den Kostenausspruch erhobenen Einspruchs erfolgen, wenn die Strafverfügung nicht außer Kraft getreten ist, was nur im Falle möglich ist, als bei einem rechtzeitig, somit innerhalb der Rechtsmittelfrist ursprünglich erfolgten, auf die Strafhöhe eingeschränkten Einspruch, die Strafverfügung nicht außer Kraft getreten ist. Völlig unerheblich müssen des weiteren die Ausführungen des Berufungswerbers bleiben, wonach er sich angeblich am 2.2.1996 von seinem früheren Vertreter, der namens des Berufungswerbers die Einschränkung der Berufung auf die Strafhöhe bekanntgegeben hat, getrennt habe und deshalb eine seitens des Rechtsanwalts Dr. H. der erkennenden Behörde am 20.2.1996 übermittelte Mitteilung, wonach das Rechtsmittel, wie erwähnt, ausdrücklich auf die Strafhöhe eingeschränkt werde, nicht akzeptiere. Festgestellt wird, daß zweifelsfrei unter ausdrücklicher Berufung auf die erteilte Vollmacht gegen den Bescheid der belangten Behörde durch die Rechtsvertreter des Berufungswerbers ein Rechtsmittel eingebracht wurde. Zu Handen der Genannten wurde auch das Ergebnis des durchgeführten Ermittlungsverfahrens dem Berufungswerber nachweislich zur Kenntnis gebracht und erfolgte mit dem bereits mehrfach zitierten Schriftsatz vom 20.2.1996 schließlich die Mitteilung, wonach das Rechtsmittel ausdrücklich auf die Strafhöhe eingeschränkt wird. Für die erkennende Behörde bestand nicht die geringste Veranlassung, zu diesem Zeitpunkt anzunehmen, daß das Vollmachtsverhältnis seitens des Berufungswerbers mit seinem Rechtsvertreter aufgelöst wurde.
Vielmehr wurde der Widerruf der Vollmacht dem Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark erst mit Schreiben vom 21.3.1996 erstmalig zur Kenntnis gebracht. Somit wurde der erkennenden Behörde gegenüber der Vollmachtswechsel erst mit 22.3.1996 (Datum des Einlangens der diesbezüglichen Mitteilung) wirksam. Zur Wirksamkeit des Widerrufs einer Vollmacht genügt es nicht, wenn dieser Widerruf dem Rechtsanwalt bekanntgegeben wird, vielmehr hätte dieser auch der Behörde gegenüber mitgeteilt werden müssen (vgl. VwGH 14.2.1984, 81/05/0041 u. a.).
Auf den verfahrensgegenständlichen Fall bezogen bedeutet dies, daß die Erklärung vom 20.2.1996 dem bereits ab dem Zeitpunkt der Einbringung der Berufung bevollmächtigten Rechtsvertreter des Berufungswerbers und somit dem Berufungswerber zuzurechnen war und zufolge der vorstehenden Ausführungen die in jeder Hinsicht rechtsverbindliche Wirkung (hier: ausdrückliche Einschränkung eines Rechtsmittels auf die Strafhöhe) entfaltete. Eine anderslautende, in eigenem Namen des Berufungswerbers abgegebene Stellungnahme lag zum Zeitpunkt des Einlangens der Erklärung vom 20.2.1996 nicht vor. Daraus ergibt sich, daß der erkennenden Behörde gegenüber der zu diesem Zeitpunkt bevollmächtigte Vertreter des Berufungswerbers eine Erklärung dergestalt abgab, als durch diese der Schuldspruch des angefochtenen Bescheides der belangten Behörde in Rechtskraft erwachsen ist und eine (vier Wochen später erfolgte) widersprechende Erklärung daher als unzulässig, weil mit der Rechtskraft des Schuldspruchs unvereinbar, zurückzuweisen war.
Zu Spruch II:
Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Gemäß § 4 Abs 1 lit a StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stehen, sofort anzuhalten, um auch den sonstigen gesetzlich festgelegten Lenkerverpflichtungen nachzukommen. Der Lenker hat sich nach dem Anhalten etwa auch zu vergewissern, ob durch den Unfall eine Situation entstanden ist, die es notwendig macht, Maßnahmen zur Vermeidung von Schäden für Personen oder Sachen zu treffen. Diese Bestimmung dient daher dem Schutz von Personen, der Abwendung von Sachschäden und soll auch die Mitwirkung an der Sachverhaltsfeststellung gewährleisten. Gemäß § 4 Abs 1 lit c StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken. Die Mitwirkungspflicht dient dem Zweck, den Organen der öffentlichen Sicherheit die Aufnahme des Tatbestandes zu erleichtern und zu gewährleisten, daß die Behörde ein der Wirklichkeit entsprechendes Bild des Unfallherganges, seiner Ursachen und Folgen gewinnt (VwGH 13.11.1967, Slg. 7219/A, 2.5.1965, 2210/65 und 13.3.1979, ZVR 1980/117).
Zweck des § 4 Abs 5 StVO 1960 ist es, den am Unfall beteiligten Fahrzeuglenkern die Möglichkeit zu geben, ohne unnötigen Aufwand und Schwierigkeiten klarstellen zu können, mit wem man sich hinsichtlich der Schadensregelung in der Folge auseinanderzusetzen haben wird (VwGH 19.12.1975, 2085/74; 14.9.1983, ZVR 1984/264). Die Verständigungspflicht ist nur im Interesse der Geschädigten zur Ermöglichung der Durchsetzung allfälliger Schadenersatzansprüche festgelegt (VwGH 9.9.1968, Slg. 7319/A; 17.12.1982, ZVR 1984/60). Gegen die zuvor angeführten Schutzzwecke der übertretenen Normen hat der Berufungswerber durch sein Verhalten offenkundig vorsätzlich verstoßen. Als erschwerend waren zwei zur Tatzeit noch nicht getilgte, rechtskräftige Übertretungen der StVO, als mildernd nichts zu werten. Unter zusätzlicher Berücksichtigung der vom Berufungswerber selbst bekanntgegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse (derzeit arbeitslos, monatliches Nettoeinkommen ca. S 6.000,--, keine Sorgepflichten und kein Vermögen, keine Schulden) war es möglich, die Strafe wie im Spruch ersichtlich herabzusetzen.
Die nunmehr verhängten Strafen in der aus dem Spruch II ersichtlichen Höhe erscheinen auch unter dem Gesichtspunkt der Erzielung spezialpräventiver Effekte, der Berufungswerber möge in Zukunft von Übertretungen derselben Art abgehalten werden, als ausreichend. Aus den genannten Feststellungen erübrigt sich daher ein näheres Eingehen auf die weiteren Berufungsvorbringen und war somit spruchgemäß zu entscheiden.