TE UVS Niederösterreich 1996/05/09 Senat-MI-95-006

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Veröffentlicht am 09.05.1996
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) insofern Folge gegeben, als das Straferkenntnis hinsichtlich des Vorwurfes des Betriebes einer Autodromhalle ohne Bewilligung und der Aufstellung und des Betriebes einer Autodromhalle ohne Genehmigung behoben wird und das Verwaltungsstrafverfahren hinsichtlich dessen Punkt 1., soweit die Aufstellung und der Betrieb einer Autodromhalle angelastet wird, nach §45 Abs1 Z3 und zu Punkt 2., soweit er sich auf die Aufstellung und den Betrieb der Autodromhalle bezieht, ebenfalls nach §45 Abs1 Z3 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) eingestellt wird.

 

Die Tatumschreibung wird folgendermaßen neu gefaßt:

1.)

Frau M K hat in der Zeit vom 9.9.1994, 19,00 Uhr, bis 11.9.1994, 22,00 Uhr, auf dem Festgelände des Bezirkswinzerfeste in P***dorf eine Schießbude betrieben, somit eine Veranstaltung, die im Umherziehen durchgeführt wird, abgehalten, ohne im Besitz einer diesbezüglichen Bewilligung gewesen zu sein.

 

2.)

Sie hat in dem im Punkt 1. dieses Bescheides genannten Tatzeitraumes und Tatort eine Schießbude betrieben, obgleich für diese Betriebsstätte keine Genehmigung vorlag.

 

Die Übertretungsnormen haben, statt den diesbezüglichen Anführungen im angefochtenen Bescheid, folgendermaßen zu lauten:

 

Zu Punkt 1.) §23 iVm §5 Abs1 Z5 NÖ Veranstaltungsgesetz und zu Punkt

2.) §23 Abs1 iVm §15 Abs1 NÖ Veranstaltungsgesetz.

 

Zu Punkt 1.) wird gemäß §23 Abs1 NÖ Veranstaltungsgesetz eine Geldstrafe in der Höhe von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage) und zur Übertretung zu Punkt 2.) nach §23 Abs1 NÖ Veranstaltungsgesetz ebenfalls eine Geldstrafe in der Höhe von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage) verhängt.

 

Gemäß §64 Abs2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 wird der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz mit S 400,-- festgesetzt.

 

Gemäß §59 Abs2 AVG sind die Strafbeträge und der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz (insgesamt S 4.400,--) innerhalb von 2 Wochen ab der Zustellung dieses Bescheides zu bezahlen.

Text

Mit Straferkenntnis vom 10.1.1995, Zl 3-*****-94, erkannte die Bezirkshauptmannschaft xx die Rechtsmittelwerberin schuldig, eine Übertretung nach §5 Abs1 Z5 NÖ Veranstaltungsgesetz und eine solche nach §15 Abs1 NÖ Veranstaltungsgesetz begangen zu haben.

 

Gemäß §23 NÖ Veranstaltungsgesetz wurden jeweils Geldstrafen in der Höhe von S 5.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 5 Tage) verhängt.

 

Gemäß §64 Abs2 des Verwaltungsstrafgesetzes wurde der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz mit S 1.000,-- festgesetzt.

 

Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird der Rechtsmittelwerberin zur Last gelegt, daß sie am 9.9.1994 - 19,00 Uhr bis 11.9.1994 - 22,00 Uhr zumindest aber am 9.9.1994 - 19,00 Uhr, 10.9.1994 - 02,00 Uhr, 10.9.1994 - 19,00 Uhr, 11.9.1994 - 04,00 Uhr, 11.9.1994 - 19,00 Uhr und 11.9.1994 - 22,00 Uhr, im Ortsgebiet P***dorf, B******straße - Festgelände - es als Veranstalter im Sinne des §2 des NÖ Veranstaltungsgesetzes zu verantworten habe, daß

1. eine Schießbude und eine Autodromhalle ohne Bewilligung öffentlich aufgestellt und betrieben worden und somit eine bewilligungspflichtige Veranstaltung im Umherziehen durchgeführt worden seien und

2. eine Schießbude und eine Autodromhalle (genehmigungspflichtige Betriebsstätten) ohne Genehmigung aufgestellt und betrieben worden seien.

 

In der fristgerecht wegen Schuld und Strafe eingebrachten Berufung wird von der Rechtsmittelwerberin im wesentlichen ausgeführt, daß es nicht richtig sei, daß sie ohne Bewilligung eine Schießbude und eine Autodromhalle betrieben habe oder betreibe. Für den Fall, daß sie einmal keine Genehmigung haben sollte, dann werde das Objekt auch nicht aufgestellt.

 

Es sei eine Schießbude aufgestellt gewesen, eine des Herrn R S und eine des Herrn F K und seien für beiden Genehmigungen vorhanden gewesen. Weitere Schießbuden seien nicht vorhanden gewesen. Auf der Genehmigung des Herrn F S aus L***, N*******straße **, für die Veranstaltung in P***dorf, sei auch die Genehmigung für ihren Kastenwagen und Autodromwagen darauf gestanden und sei diese Genehmigung von der NÖ Landesregierung erteilt worden.

 

Ihr Einkommen sei zu hoch eingeschätzt worden und belaufe sich zwischen S 7.000,-- und S 9.000,-- monatlich. Es wurde die Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses beantragt.

 

Aufgrund des Berufungsvorbringens wurde am 19.4.1996 eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt und wurde in dieser Beweis durch die zeugenschaftliche Einvernahme von Herrn E F, der für die Vollziehung des NÖ Veranstaltungsgesetzes zuständigen Abteilung, erhoben. Desweiteren wurde der gesamte Akt verlesen.

 

Aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ist davon auszugehen, daß tatsächlich von der Rechtsmittelwerberin beim Bezirkswinzerfest in P***dorf zu den im angefochtenen Straferkenntnis angeführten Zeiten eine Schießbude betrieben wurde und sie den erhebenden Gendarmeriebeamten gegenüber keine Betriebsstättenbewilligung im Sinne des §15 Abs1 NÖ Veranstaltungsgesetz vorweisen konnte.

 

Aufgrund der Einvernahme des Zeugen E F ist davon auszugehen, daß die Rechtsmittelwerberin zu den Tatzeiten auch nicht im Besitze einer Bewilligung war, die sie zur Durchführung einer Veranstaltung, nämlich den Betrieb einer Schießbude, eine Veranstaltung, die im Umherziehen durchgeführt wird, war.

 

Die Rechtsmittelwerberin hat im gesamten Verfahren kein nachvollziehbares und überprüfbares Vorbringen erstattet, welches es der Behörde ermöglicht hätte, nachzuprüfen, ob die gegenständliche Betriebseinrichtung aufrecht genehmigt war.

 

Hinsichtlich des Vorwurfes des Betriebes ohne entsprechende Betriebsstättenbewilligung für ein Autodromzelt hat das Ermittlungsverfahren ergeben, daß in der Autodromhalle eine Tanzveranstaltung durchgeführt wurde. Nicht ermittelt werden konnte, ob diese Tanzveranstaltung von der Rechtsmittelwerberin durchgeführt wurde und ob die Autodromhalle im Rahmen der Bewilligung eines Autodroms, lautend auf M B, als Bestandteil eines Autodroms, mitbewilligt wurde. Ebenfalls als gesichert angesehen kann werden, daß die Halle nicht zur Durchführung von Tanzveranstaltungen genehmigt wurde.

 

Es wird festgestellt:

 

Gemäß §23 Abs1 NÖ Veranstaltungsgesetz begeht eine Verwaltungsübertretung, wer einem Gebot oder Verbot dieses Gesetzes zuwiderhandelt, welche von der Bezirksverwaltungsbehörde, im örtlichen Wirkungsbereich einer Bundespolizeibehörde von dieser, mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,-- oder mit einer Arreststrafe bis zu 6 Wochen zu ahnden ist.

 

Gemäß §5 Abs1 Z5 NÖ Veranstaltungsgesetz bedürfen Veranstaltungen, die im Umherziehen durchgeführt werden, einer Bewilligung.

 

Im Hinblick darauf, daß es sich bei einer Schießbude um eine solche Betriebseinrichtung handelt, die zur Durchführung von Veranstaltungen im Umherziehen zu dienen bestimmt ist, hätte die Rechtsmittelwerberin eine entsprechende Bewilligung der NÖ Landesregierung bedurft, die jedoch nicht vorlag.

 

Wenn nunmehr in der Berufung die Rechtsmittelwerberin behauptet, daß sie eine Bewilligung zum Betrieb der Schießbude gehabt habe, so steht dieses Vorbringen im Widerspruch zu der glaubwürdigen Aussage des Zeugen E F, wonach als gesichert angesehen werden kann, daß die Rechtsmittelwerberin nicht im Besitz einer derartigen Bewilligung war.

 

Gemäß §15 Abs1 NÖ Veranstaltungsgesetz dürfen Veranstaltungen nur in Betriebsstätten und gegebenenfalls unter Verwendung einer Betriebseinrichtung durchgeführt werden, die von der Behörde unter Bedachtnahme auf die gesundheits-, bau-, feuer- und sicherheitspolizeilichen sowie betriebstechnischen Erfordernisse zur Durchführung derartiger Veranstaltungen genehmigt wurden. Nach §15 Abs2 NÖ Veranstaltungsgesetz sind für die Genehmigung zuständig:

a) im Hinblick auf die örtliche Gesundheits-, Bau- und Feuerpolizei sowie die örtliche Sicherheitspolizei die Gemeinde;

b) in betriebstechnischer Hinsicht, soweit es sich um ortsfeste, nicht mit besonderen technischen Einrichtungen ausgestattete Betriebsstätten oder Betriebsreihenrichtungen handelt, die Gemeinde;

c) im übrigen die Landesregierung.

 

Gemäß §15 Abs4 NÖ Veranstaltungsgesetz bedürfen einer besonderen Genehmigung nicht, nicht ortsfeste Betriebsstätten oder Betriebseinrichtungen, die von der zuständigen Behörde eines anderen Bundeslandes für die betreffende Veranstaltung genehmigt wurden.

 

Im Hinblick auf das nunmehr unter Punkt 2.) aufrecht gehaltene rechtswidrige Verhalten hat die Rechtsmittelwerberin kein Vorbringen erstattet, das es der Behörde ermöglicht hätte, Nachprüfungen dahingehend anzustellen, ob die von der Rechtsmittelwerberin betriebene Schießbude, zumal sie deren Betrieb in der Berufung auch nicht abstritt, als im Sinne des §15 NÖ Veranstaltungsgesetz genehmigt angesehen werden kann.

 

Trotz des im Verwaltungsverfahren vorherrschenden Grundsatzes der Offizialmaxime besteht eine Mitwirkungspflicht der Partei immer dann, wenn der amtswegigen Wahrheitsforschung faktische Grenzen gesetzt sind.

 

Im Hinblick auf den Umstand, daß im Verwaltungsstrafverfahren von der Gültigkeit des Kumulationsprinzipes auszugehen ist, stellen die Veranstaltung eines Autodroms ohne Bewilligung und die Verwendung eines solchen ohne entsprechende "Betriebsstättenbewilligung" eigene Delikte dar.

 

Wenngleich die Berufungsbehörde, wenn die Strafbehörde erster Instanz von einer Übertretung ausging, tatsächlich aber zwei vorliegen, dies in ihrer Entscheidung richtig stellen könnte, sofern das Verbot der "reformation in peius" berücksichtigt wird, erweisen sich die Tatumschreibungen zu diesen Delikt als "nicht konkret".

 

Nach §44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

 

§44a Z1 VStG beinhaltet das sogenannte "Konkretisierungsgebot".

 

Demnach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so zu umschreiben, daß eine eindeutige Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und muß der Beschuldigte rechtlich davor geschützt werden, wegen selbigen Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Die Tatumschreibung ".... eine Autodromhalle aufgestellt und betrieben, sohin eine bewilligungspflichtige Veranstaltung im Umherziehen durchgeführt ...." enthält keine Angaben, von welcher Veranstaltung die Behörde tatsächlich ausging. In gleicher Weise hätte es in Bezug auf die erforderliche "Betriebsstättengenehmigung" der Anführung bedurft, für welche genauen Zwecke gegenständliche Autodromhalle zu dienen bestimmt war.

 

Für das Vorliegen von Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgründen hat es keine Anhaltspunkte ergeben.

 

Zur Strafbemessung wird erwogen:

 

Gemäß §19 Abs1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß §19 Abs2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Gemäß §16 Abs1 VStG ist, wenn eine Geldstrafe verhängt wird, zugleich für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen.

 

Gemäß §16 Abs2 VStG darf die Ersatzfreiheitsstrafe das Höchstmaß der für die Verwaltungsübertretung angedrohten Freiheitsstrafe und, wenn keine Freiheitsstrafe angedroht und nicht anderes bestimmt ist, zwei Wochen nicht übersteigen. Eine Ersatzfreiheitsstrafe von mehr als sechs Wochen ist unzulässig. Sie ist ohne Bedachtnahme auf §12 VStG nach den Regeln der Strafbemessung festzusetzen.

 

Die Strafdrohungen dienen dem Schutz der Einhaltung der Bestimmungen des NÖ Veranstaltungsgesetzes.

 

Einerseits soll sichergestellt werden, daß nur solche Personen Veranstaltungen durchführen, die eigenberechtigt, die die entsprechende körperliche Verfassung und die erforderliche Verläßlichkeit besitzen sowie eine Betriebsstätte oder Betriebseinrichtung, die zur Durchführung der entsprechenden Veranstaltung geeignet ist.

 

Darüberhinaus soll durch die Betriebsstättengenehmigung sichergestellt werden, daß die entsprechende Betriebssicherheit gegeben ist.

 

Im Hinblick auf den Umstand, daß davon auszugehen ist, daß die entsprechenden Bewilligungen nicht vorlagen, ist von der Schädigung und Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohungen dienen, auszugehen. Berücksichtigt wird in diesem Zusammenhang, daß durch die Taten sonst keine nachteiligen Folgen eingetreten sind.

 

Unter Berücksichtigung der von der Rechtsmittelwerberin nunmehr angegebenen Einkommensverhältnisse, daß sie zumindest fahrlässig gehandelt und dem von der Strafbehörde erster Instanz herangezogenen Erschwerungsgrund - für das Vorliegen von Milderungsgründen hat das Verfahren keine keine Anhaltspunkte ergeben -, gelangt die erkennende Behörde zu der Auffassung, daß die nunmehr festgesetzten Strafen der Schuld- und Tatangemessenheit entsprechen.

 

Sie sind notwendig, um die Rechtsmittelwerberin in Hinkunft zur genaueren Beachtung der Bestimmungen des NÖ Veranstaltungsgesetzes zu veranlassen.

 

Die Strafen sind auch aus generalpräventiven Erwägungen notwendig und wären niedrigere Strafen keine geeignete Abschränkung für präsumtive Täter.

 

Im Hinblick auf den Umstand, daß bezüglich des Punktes 1. und 2. des angefochtenen Straferkenntnisses, sofern diese sich auf die Autodromhalle beziehen, eine taugliche Verfolgungshandlung, die innerhalb der Frist des §31 Abs2 VStG erfolgt wäre, nicht erkennbar, ist bezüglich dieser Delikte Verfolgungsverjährung eingetreten und hätte eine Bestrafung nicht mehr erfolgen dürfen.

 

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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